Himmelsrichtungen
(erstellt: Dezember 2008)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/21242/
1. Allgemeines
1.1. Altes Testament
Es gibt im Alten Testament unterschiedliche Systeme, die Himmelsrichtungen, deren Vierzahl z.B. Jes 11,12
1. Grundsätzlich richtet sich die „Orientierung“ (vgl. „Orient“) zum Sonnenaufgang im Osten, so dass der sich der Osten vorn (qædæm u. Ableitungen), der Westen hinten (’achǎrê / ’achǎrôn), der Süden rechts (jāmîn / têmān) und der Norden links (śəmo’l) befindet.
2. Osten, Westen und Süden werden nach dem Verlauf der → Sonne
3. Die Himmelsrichtungen werden auch nach geographischen Gesichtspunkten benannt: Das (Mittel-)Meer (jām; → Meer
Im Alten Testament werden diese unterschiedlichen Systeme aber nicht unbedingt in sich konsequent angewendet, weil sich anscheinend die gebräuchlicheren Formen durchsetzten. Der Norden wird z.B. fast immer mit ṣāpôn angegeben, der Ausdruck śəmo’l ist dagegen in der Bedeutung „Norden“ nicht sicher belegt; denn er kann in den infrage kommenden Zusammenhängen auch mit „links“ übersetzt werden (vgl. Gen 13,9
Die Nennung aller vier Himmelsrichtungen kann eine geographisch definierte Gesamtheit bezeichnen: z.B. in Gen 13,14
1.2. Alter Orient
1.2.1. Ägypten
Im Alten Ägypten ist der Blick grundsätzlich entlang der Nilachse zur Quelle nach Süden (rsw.t) gerichtet, so dass der Westen (jmn.t) die rechte Seite, der Osten (j’b.t) die linke einnahm. In Landschaftsdarstellungen ist der Süden folglich oben abgebildet und er wird in Aufzählungen immer vor dem Norden (mḥ.tj) genannt. Die normale Reihenfolge der Aufzählung bei Göttern, Ritualen, Grundstücksgrenzen u.a. ist S-N-W-O. Ähnlich wie im Alten Testament bezeichnen die vier Himmelsrichtungen eine Gesamtheit, z.B. in geographischer oder auch hierotopischer Hinsicht wie bei der Aufzählung der vier Ecken des Heiligtums. Die Himmelsrichtungen werden, auch als Windrichtungen, mit unterschiedlichen Göttern und Göttinnen gleichgesetzt.
1.2.2. Mesopotamien
Die spätbabylonische Tafel BM 92687 blickt aus der Vogelperspektive auf die Erdscheibe, um dem damaligen Betrachter in erster Linie weit entfernte Gebiete zu beschreiben. Die gesamte Erde, in der altorientalischen Kosmologie unterhalb des Himmels angesiedelt, wird in „vier Quadranten“ (akk. kibrāt erbetti) des gesamten Universums (kiššatu[m]) bzw. der Winde (šāru[m]), die auch für die vier Himmelsrichtungen (šadû[m] „Ostwind / Osten“; šūtu „Südwind / Süden“; amurru[m] „Westwind / Westen“; ištānu[m] „Nordwind / Norden“) stehen können, aufgeteilt. Aufgrund der im Zweistromland verbreiteten Astronomie / Astrologie spielen die Himmelsrichtungen, die nicht nur am Auf- und Untergang der Sonne, sondern auch an den Konstellationen der → Sterne
2. Besondere Ausdrücke im Alten Testament
2.1. JHWH / Gott von „Teman“
Sowohl in Hab 3,3
2.2. Der „Feind aus dem Norden“
In Jo 2,20
2.3. Benjamin
Der nach der biblischen Überlieferung (Gen 35,24
2.4. Die „(vier) Enden der Erde“
Die in ägyptischen und mesopotamischen Texten gut belegte Vorstellung von den vier Himmelsrichtungen bzw. Quadranten / Winden der Welt (s.o. 1.2.1. / 1.2.2.) begegnet auch biblisch (s.o. 1.1) als Umschreibung für die Gesamtheit der Erde (vgl. auch Jes 48,20
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff (Art.: ים / ימין / נגף / צפון / קדם)
- Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992 (Art. Himmelsrichtungen)
2. Weitere Literatur
- Haas, V., 1994, Geschichte der hethitischen Religion (HdO 15), Leiden / Boston / Köln
- Horowitz, W., 1988, The Babylonian Map of the World, IRAQ 50, 147-165
- Horowitz, W., 1998, Mesopotamian Cosmic Geography, Winona Lake
- Hunger, H. / Pingree, D., 1999, Astral Sciences in Mesopotamia (HdO 24), Leiden / Boston / Köln
- Keel, O., 2008, JHWH – der Gott aus dem Süden und sein Volk, WUB 49, 50-53
- Morenz, L.D., 2002, Mytho-Geographie der vier Himmelsrichtungen. Drei bzw. vier Fabelwesen in zwei Gräbern des ägyptischen Mittleren Reiches und ägyptisch-altorientalische Kulturkontakte, WO 32, 20-32
- Thiel, W., 1989, „Vom Norden her wird das Unheil eröffnet“. Zu Jeremia 1,11-16, in: V. Fritz (Hg.), Prophet und Prophetenbuch (BZAW 185; FS O. Kaiser), Berlin / New York, 231-245
- Wiebach-Koepke, S., 2007, Sonnenlauf und kosmische Regeneration: Zur Systematik der Lebensprozesse in den Unterweltbüchern, Wiesbaden
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)