Hiwiter
Andere Schreibweise: Hewiter; Heviter; Hivites
(erstellt: März 2019)
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Vermutlich haben die historischen Hiwiter in Kilikien gesiedelt. Trotzdem haben die biblischen Autoren diese Volksgruppe im Norden Palästinas lokalisiert und als Vorbevölkerung stilisiert, die Israel vertreiben musste. Ob sie die Hiwiter im Süden (→ Sichem
1. Name
Manchmal wurde vorgeschlagen, dass der biblische Terminus הַחִוִּי haḤiwwî eine lokale Übernahme des griechischen Wortes Ἀχαιοί Achaioi sei (Margalith 1994), das in hetitischen Quellen angeblich als Aḫḫiyawa und in ägyptischen Belegen als 3ḳywš belegt sei (Wainwright). Allerdings lässt sich die Region Kilikien kaum mit einer griechischen Besiedlung verbinden (Novák), zumal es in Kilikien keine einzige griechische Inschrift aus vorhellenistischer Zeit gibt. Auch die dort bezeugten Eigennamen lassen sich nicht mit einer griechischen Etymologie erklären. Rhodische und ostionische Keramik tritt in Kilikien zudem erst ab dem frühen 7. Jh. v. Chr. auf. Demnach sind die Hiwiter bestenfalls Kilikier, aber keine griechischen Ἀχαιοί Achaioi.
Darüber hinaus hat man bisweilen das Ethnonym הַחִוִּי haḤiwwî mit der syro-anatolischen Gottheit dḪebat zusammengebracht (Heller). Jedoch müsste man den Konsonantenwechsel von dḪebat zu Ḥiwwî schlüssig erklären, zumal die in Palästina belegten Eigennamen mit dem theophoren Element dḪebat gegen einen Wechsel von b zu w sprechen: ‘Abdi-Ḫeba von Jerusalem (→ Abdi Chepa
Aus alledem folgt, dass es sich bei den Hiwitern angesichts der Etymologie vermutlich um eine kleinasiatische Bevölkerungsgruppe handelte, die in Kilikien siedelte (Abb. 1). Inwieweit die biblischen Autoren auf eine zuverlässige historische Erinnerung zurückgegriffen haben, sei freilich dahingestellt, sodass man nicht mit Sicherheit von einem realen Eindringen von Bewohnern Kilikiens nach Palästina rechnen kann.
2. Biblische Überlieferung
Nach dem biblischen Befund gelten die Hiwiter als Volksgruppe, die seit jeher im Land Kanaan ansässig ist. Es verwundert daher nicht, dass in der Toledot Noahs die Hiwiter als Nachkommen Kanaans betrachtet werden (Gen 10,17
Der Volksname Hiwiter steht in den Völkerlisten meist als Kollektivbegriff für eine vorisraelitische Bevölkerungsgruppe (Gen 15,21
Die Israeliten vermögen allerdings die Hiwiter und andere Völker nicht aus dem Verheißungsland zu vertreiben (Ri 3,3.5
Nach Jos 11,3
Die textkritische Überlieferung der → Septuaginta
3. Identifizierung mit anderen Volksgruppen
Schon angesichts des disparaten textkritischen Befundes verwundert es nicht, dass die biblischen Hiwiter immer wieder mit anderen Volksgruppen verbunden werden. Derartige Gleichsetzungen lassen sich aber kaum zuverlässig begründen:
a) Amoriter: Die ethnische Einordnung der Hiwiter als Unterabteilung der Amoriter basiert lediglich auf einer synchronen Lesart von ausgewählten Bibelstellen. So werden die ehemaligen Bewohner → Sichems
b) Awiter: Gelegentlich werden die biblischen Hiwiter mit den Awitern identifiziert, beide Bevölkerungsgruppen mit Eva verbunden und als JHWH-Verehrer klassifiziert (Hoekfeld-Meijer). Hierfür bieten die Texte aber ebenfalls keinen Rückhalt, es sei denn, man bemüht die Lesart der Septuaginta.
c) Horiter: Bisweilen wird ḤWJ zudem als falsche Lesart von ḤRJ gedeutet, sodass Hiwiter entweder textkritisch als Horiter oder als horitische Unterabteilung zu erklären wäre (Speiser). Ob man allerdings in den Textbestand auf diese Weise eingreifen darf, ist fraglich.
d) Hurriter: Gelegentlich wird vermutet, dass Hiwiter und Horiter nur zwei verschiedene Schreibweisen für Hurriter seien, die in Gesamtpalästina siedelten (Eybers). Für diese zweifache biblische Überlieferung der Hurriter als Hiwiter und Horiter könne man zum einen auf die ähnliche Schreibweise von w und r verweisen, zum anderen aber vermuten, dass der entsprechende hurritische Laut zwischen beiden Konsonanten angesiedelt gewesen sei. Angesichts der schwierigen biblischen Beleglage zu Hiwitern, Horitern und Hurritern sollte allerdings von historisch-topographischen Spekulationen jeglicher Art Abstand genommen werden.
Derartige Gleichsetzungen der biblischen Hiwiter mit anderen Volksgruppen und damit verbundene historische Rekonstruktionen der Vorgeschichte Israels sind jedoch nicht ohne Probleme. Hinzu kommt, dass man manche Bibelstellen nicht nach der Septuaginta verändert sollte, da die anderen Textzeugen klar Hiwiter belegen.
4. Soziologische Deutung
Gelegentlich wird Ḥiwwî innersemitisch von einem Substantiv ḥwt „Land / Region“ abgeleitet, das bei der Anfügung der Gentiliznisbe die Femininendung verloren hätte (Lipiński 1992; 2018). Dieser Volksname müsste dann mit „Ureinwohner“ wiedergegeben werden. Außerdem könnte man Ḥiwwî mit dem Lexem ḥawwot „Zeltlager“ verbinden (Dozeman). Dementsprechend würde das Ethnonym Hiwiter „Zeltbewohner“ bedeuten, sodass dieser Terminus eine appellative Bezeichnung für Beduinen gewesen wäre (Böhl). Gegen einen solchen soziologischen Begriff sprechen aber die biblischen Informationen, welche die biblischen Hiwiter in Städten verorten (Day), es sei denn, man kann den Ausdruck עָרֵי הַחִוִּי ‘ārê haḤiwwî „Städte der Hiwwiter“ auch auf Zeltlager beziehen (Hostetter). Außerdem müsste man dann die anderen Gruppenbezeichnungen in den Völkerlisten, bei denen es sich wohl um echte Völkernamen handelt, ebenfalls als soziologische Termini deuten. Ansonsten hätten die biblischen Autoren unterschiedliche Kategorien miteinander vermischt.
Eine innersemitische Etymologie von ḥwt oder ḥawwot ist zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht gerade wahrscheinlich. Dementsprechend ist der kleinasiatischen Deutung des Völkernamens der Vorzug zu geben.
5. Lokalisierung
Aus verschiedenen biblischen Texten lassen sich Hinweise auf die geographische Verortung der Hiwiter entnehmen, auch wenn immer wieder mit traditions- und überlieferungsgeschichtlichen Brüchen zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass die biblischen Autoren nicht notwendigerweise zuverlässige historische Erinnerungen bewahrt haben müssen.
Nach Jos 11,3
Auf eine nördliche Lokalisierung verweist auch Ri 3,3
Nach 2Sam 24,7
Neben dieser nördlichen Lokalisierung der Hiwiter gibt es Hinweise für eine südliche Verortung dieses Bevölkerungselementes. Gemäß Gen 34,2
Nach Jos 9 sind die Bewohner von → Gibeon
Literaturverzeichnis
Datenbank Ortsangeben der Bibel (odb)
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Abbildungsverzeichnis
- Karte zur Herkunft der Hiwiter (neuassyrisch Que / neubabylonisch Ḫuwe) in Kilikien. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Die List der Gibeoniten (Abraham de Blois, 1728).
- Siedlungsgebiet der Hiwiter. © Erasmus Gaß
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