Höhle
(erstellt: Februar 2012)
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1. Definition von „Höhle“ und hebräische Begriffe
Die Internationale Speläologische Union (ISU) definiert Höhle als „natürlicher, mehr als menschengroßer unterirdischer Hohlraum“ (Bögli, 238). Wenn man dieser Definition folgt, beziehen sich kaum alle der folgenden hebräischen Begriffe auf eine „Höhle“. Hohlräume, die Tieren als Aufenthaltsort dienen (vgl. unten 3.3.3), sind nämlich nicht zwangsläufig menschengroß. Außerdem weist Ri 6,2
Das häufigste hebräische Wort für „Höhle“ ist מְעָרָה mə‘ārāh (40-mal; Schwarzenbach, 49). Zum Wortfeld gehören auch die Begriffe חוֹר chôr „Loch / Spalt“ (1Sam 14,11
Nähere Bestimmungen:
Das Wort mə‘ārāh wird lediglich an acht Stellen (Gen 23,9
Demgegenüber werden die anderen Hohlräume mit wenigen Ausnahmen (chôr: 1Sam 14,11
2. Entstehung und Gestalt von Höhlen
2.1. Geologische Voraussetzungen
Karsthöhlen treten weltweit am häufigsten auf (Kempe / Rosendahl, 11) und zwar häufiger als alle anderen Höhlenarten zusammen (Bögli, 241). Sie überragen andere Höhlen auch in ihrer Größe (Tietze, 433). Die Speläologie beschreibt außerdem unterirdische Hohlräume aufgrund des Muttergesteins als Gips-, Anhydrit-, Salz- und Lavahöhlen (Kempe / Rosendahl, 11). Ferner unterscheidet man Höhlen nach ihrer Entstehung (Bögli, 238-241), Größe, Höhendifferenz, Vernetzung in einem Höhlensystem und hervorstechenden Merkmalen (Bögli, 242-244).
Karsthöhlen finden sich im weitverbreiteten harten Kalk des Negevberglandes, der Berge Judaäs und im galiläischen Bergland (Orni / Efrat, 4-5, 162) sowie vielfach im Kreidekalk des Karmelgebirges (Orni / Efrat, 71; Vieweger, 82; Zwickel, 91). Ferner sind seit 1980 über 100 Salzhöhlen am Westufer des Toten Meeres entdeckt worden (Kempe / Rosendahl, 24-25).
2.2. Entstehung von Karsthöhlen
Ein ausreichendes Wasserangebot sowie die Wasserdurchlässigkeit des Kalkgesteins sind neben der Löslichkeit und der Reinheit des Gesteins wesentliche Voraussetzungen für die Entstehung von Karsthöhlen (Baumhauer, 93; Leser, 312-313). Das Fortschreiten der Auswaschung hängt von der Reinheit des Gesteins, der Temperatur, dem Kohlendioxid-Gehalt der Luft (Baumhauer, 94; Leser, 313-314), der Oberfläche des Gesteins (Zepp, 245) und vorhandenen Fremdionen ab (Bögli, 34-35). Das Alter des Karstes kann nicht immer sicher bestimmt werden. Die Ausprägung von Karstformen hängt von der Dauer des Verkarstungsprozesses und seiner Intensität sowie „vom Ausgangsrelief, der Fazies des verkarstungsfähigen Gesteins und den seinerzeitigen klimaökologischen Bedingungen ab“ (Leser, 316). Fortgesetzte Lösungsvorgänge können kleinere und größere Höhlen zum Einsturz bringen (Leser, 321).
2.3. Höhlen in Palästina
Diese Lösungsvorgänge können periodisch stattfinden (Strobel, 59), so dass Tropfsteinbildung nicht zwangsläufig einsetzen muss. Höhlen können deswegen (in Israel) trocken sein wie die Charitonhöhle in der Wüste Juda (vgl. Strobel, 47 Anm. 7). Die Ehrfurcht vor dieser riesigen Höhle bzw. diesem weitverzweigten Höhlensystem (Strobel, 46) ist wohl kaum singulär.
Es gibt Hinweise, dass Höhlen zumindest teilweise von Menschenhand bearbeitet und erweitert wurden. Ri 6,2
3. Höhlen im Alten Testament
Das Alte Testament gibt einige Hinweise auf die damalige Nutzung von Höhlen, und zwar als Zufluchtsort und als Grabstätte. Lediglich Gen 19,30
3.1. Höhlen als Zufluchtsort
Die Höhle bei Makkeda diente fünf Königen als Zufluchtsort (Jos 10,16
→ David
→ Obadja
Jer 7,11
Keine dieser Stellen legt nahe, dass es sich um reguläre Wohnstätten handelte. Vielmehr belegen die Kontexte die außergewöhnlichen Umstände, in denen Menschen in einer Höhle Unterschlupf fanden. Dies steht auch bei Belegen im Mittelpunkt, die Gericht ankündigen. So verkriechen sich die Betroffenen in Höhlen vor dem Schrecken des Herrn (Jes 2,19
Das Wort mə‘ārāh im Sinne von Höhle bereitet in Jes 32,14
3.2. Höhlen als Grabstätten
Menschen wurden in Palästina seit alters in Grabhöhlen bestattet (→ Grab
In Jos 10
3.3. Weitere Nutzungen
3.3.1. Höhle als reguläre Wohnstätte (Gen 19,30)?
Eine Höhle als reguläre Wohnstätte kann lediglich in Gen 19,30
3.3.2. Höhle zur Verrichtung der Notdurft (1Sam 24)
Eine Episode in 1Sam 24
3.3.3. Höhle als Aufenthaltsort von Giftschlangen (Jes 11,8) oder Löwen (Nah 2,13)
מְאוּרָה mə‘ārāh beschreibt in Jes 11,8
Nah 2,13
3.3.4. Höhle in Jes 42,22?
Die Bedeutung von בַּחוּרִים bachûrîm in Jes 42,22
3.3.5. Höhle in 1Sam 17,23?
In der Erzählung von Davids Kampf gegen → Goliat
4. Bedeutsame Höhlen in der Zeit nach dem Alten Testament
Im Wādī Murabba‘āt (Wadi Murabbaat) (einige Kilometer nördlich von En-Gedi) wurden seit dem Jahre 1946/47 Höhlen und Schriften der sogenannten Qumrangemeinschaft entdeckt (→ Qumran-Handschriften
Die jüdischen Krieger des Bar Kochba-Aufstandes fanden in Höhlen der Wüste Juda zwischen Masada und En-Gedi in den Jahren 130-135 n. Chr. Zuflucht (Keel, 403). Die Römer rieben die Aufständischen in langwierigen Auseinandersetzungen auf, indem sie kleine Gruppen isolierten, diese zerschlugen und erschöpften (Keel, 404). In einer groß angelegten Aktion wurden diese Höhlen durch israelitische Archäologen mit Unterstützung der israelitischen Armee erforscht (Keel, 404; vgl. zur Lage der Höhlen, Keel, 405).
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Abbildungsverzeichnis
- Die Arbelhöhlen am See Genezareth, in denen sich unter anderem in römischer Zeit Widerstandskämpfer versteckten. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Eine der Höhlen bei Chirbet Qumrān. © United Bible Societies
- Eingang der Höhle des Chariton, die ein weitverzweigtes Höhlensystem bietet. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1984)
- Glockenhöhlen von Morescha. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1984)
- Eingang der Karsthöhle Maġarat el-Ğaje im Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ, die über ein Netzwerk von Tunneln, riesige Hallen und Hunderten von kleinen Räumen verfügt. Zeichnung aus: H.B. Rawnsley, The Rock of the Pomegranate, PEFQSt 11 (1879), 118-126, Abb. 2
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