Iškur
Andere Schreibweise: Ischkur
(erstellt: Juni 2006)
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1. Name und Frühgeschichte
Der Name des sumerischen Wettergottes (→ Wettergott
2. Entwicklung des Kultes im 3. Jt.
Reicht die Verehrung des Iškur in Babylonien also bis in die prähistorische Zeit zurück, können explizite Zeugnisse für den Kult des Gottes erst in vorsargonidischer Zeit nachgewiesen werden, und zwar für die Städte Lagaš und Adab. Einige Einträge in Verwaltungsurkunden aus Adab beziehen sich wohl auch auf Funktionäre des unweit von Adab gelegenen Karkar. Dort wurde Iškur, wie schon die Götter- und Ortsnamenliste aus Fāra und indirekt die Städteliste aus Uruk belegen (vgl. später v.a. Karkar-Tempelhymne der Encheduana, Utuchengal-Inschrift, Prolog der Gesetze des → Hammurabi
Über die weitere Entwicklung des Kultes im Laufe des 3. Jt.s lässt sich aufgrund der ungünstigen Quellenlage, die unter anderem auch der zweitrangigen Bedeutung des Gottes in den meisten lokalen Panthea Babyloniens geschuldet ist, wenig Gesichertes sagen. Ab der sargonidischen Zeit lassen sich neben sumerischen Personennamen mit dem theophoren Element Iškur auch akkadische Namen mit dem theophoren Element Adad bzw. Adda nachweisen (sumerographisch dIŠKUR, seltener wohl auch syllabisch); akkadische Personennamen mit dem theophoren Element Adad sind dann Ur III-zeitlich bereits weit häufiger als sumerische Iškur-Personennamen; die Tatsache, dass Letztere Ur III-zeitlich bei einer beschränkten Zahl von Bildungstypen eine weit höhere Belegdichte aufweisen als in den vorangehenden Epochen, dürfte nicht nur der Vielzahl der überlieferten Urkunden geschuldet sein, sondern auch auf Einflüsse durch die akkadische Namengebung zurückgehen (zum Verhältnis von Iškur und Adad s. → Adad
3. Der Götterkreis des Iškur
Hinsichtlich der Filiation des Iškur begegnen in der sumerischsprachigen Literatur zwei konkurrierende Überlieferungen. In vielen Texten gilt der Himmelsgott An (Anu) als Vater des Iškur (Adad); diese, wohl schon alte Tradition setzt sich seit der altbabylonischen Zeit ganz durch. Vor allem in mythologischen Passagen, die Iškur als den jugendlichen Krieger beschreiben, der für seinen Vater in den Kampf zieht – ein Motiv, das in erster Linie mit → Ninurta
Als Gemahlin des Iškur gilt die schon Fāra-zeitlich bezeugte Göttin Medimša, deren Name der jüngeren Schreibung ddme-dim2-ša6 zufolge sumerisch als „Schöne Gliedmaßen besitzend“ gedeutet wurde, ohne dass dies die ursprüngliche Etymologie treffen muss. Explizit als Gattin des Iškur lässt sich Medimša erst in Niederschriften der altbabylonischen Zeit nachweisen (Götterlisten, sumerische religiöse Literatur); es gibt aber keinen triftigen Grund, am hohen Alter des Konzeptes zu zweifeln.
Der für die himmlischen Wasser zuständige Iškur wird als Zwillingsbruder des über die unterirdischen Wasser herrschenden An-Sohnes Enki (Ea) gepriesen. Signifikanter Weise findet man das umgekehrte Epitheton nicht in Verbindung mit dem weitaus bedeutenderen Enki, dem es kaum zur Ehre gereicht hätte als Zwilling des zweitrangigen Iškur angerufen zu werden.
Als Wesir und Bote des Iškur gilt der Blitzgott Nimgir, fährt doch der Blitz vom himmlischen Wohnsitz des Iškur hinab zur Erde.
4. Handlungsprofil in der religiösen Literatur
Bis auf wenige Ausnahmen sind uns alle sumerischsprachigen Mythen und Kompositionen der Kultlyrik, die Aufschluss über das Handlungsprofil des Iškur in der religiösen Vorstellungswelt geben können, in Niederschriften der altbabylonischen Zeit überliefert – einer Zeit, in der Iškur und der aus der akkadischsprachigen Tradition stammende Adad längst zu einer einzigen Göttergestalt verschmolzen waren. Es gibt aber keinen Grund den jünger überlieferten Texten (und den in ihnen verarbeiteten Traditionen) insgesamt ein höheres Alter abzusprechen. Im wesentlichen werden drei Motivkomplexe mit Iškur verbunden:
1) der Regenspender, der Vegetation und Tierwelt fördert,
2) der Zerstörer, der mit Sturm und Hochflut Felder und Siedlungen bedroht,
3) der jugendliche Krieger, dessen Wagen – wie Abb. 1 zeigt – von Sturmdämonen gezogenen wird und der für seinen greisen Vater An bzw. Enlil in den Kampf gegen das Feindesland zieht und dieses verwüstet.
Das Motiv des Regenspenders lässt sich schon Fāra-zeitlich belegen (sog. zà-me-Hymnen, vgl. auch die Karkar-Tempelhymne) und ist anscheinend in die Vorstellung von einer zyklischen Wiederkehr des Iškur im Frühjahr eingebettet. Ob dies auch der Hintergrund eines nur fragmentarisch bekannten, schon vorsargonidisch bezeugten Mythos ist, innerhalb dessen Iškur in der Unterwelt gefangen gesetzt wird, bleibt unsicher. Die vielfach vertretene Charakterisierung des babylonischen Wettergottes als eines reinen Sturmgottes, der den als Regengötter zu betrachtenden Wettergottgestalten Syriens und Anatoliens gegenübersteht, stellt daher eine unzulässige Vereinfachung und Generalisierung der Quellenlage dar. Das Motiv des jugendlichen Kriegers ist vor allem aus den an Iškur gerichteten Eršemma-Liedern bekannt, die im hymnischen Lobpreis des Gottes zu Beginn der Kompositionen auch die eindrücklichsten Beschreibungen des wilden, laut brüllenden, alles niederwalzenden Sturmgottes geben. Das Motiv selbst zeigt klare Berührungspunkte zur Ninurta-Mythologie, ohne dass dies zu weitergehenden theologischen Verknüpfungen zwischen Ninurta und Iškur geführt hätte. Ninurta ist wohl einfach der prominenteste Vertreter des Typs des kriegerisch jugendlichen Sohngottes; diese Rolle wurde (partiell) aber auch mit anderen kriegerischen Göttern assoziiert. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass mit Iškur auch das für die Ninurta-Mythologie zentrale Motiv der Erlangung der Königswürde nach der siegreichen Rückkehr verbunden wurde.
5. Zur Ikonographie
→ Wettergott
Literaturverzeichnis
- Schwemer, D., 2001, Die Wettergottgestalten Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen, Wiesbaden (dort weitere Literatur)
- Schwemer, D., im Druck, The Storm-Gods of the Ancient Near East: Summary, Synthesis and Recent Studies, JANER (mit weiterer Literatur)
Abbildungsverzeichnis
- Der Gott Iškur-Adad mit seinem vom Löwendrachen gezogenen Wagen; über dem Löwendrachen die nackte Regengöttin, wohl Medimša-Šāla (akkadzeitliches Zylindersiegel). Aus: R.M. Boehmer, Die Entwicklung der Glyptik während der Akkad-Zeit (UAVA 4), Berlin 1965, Abb. 373
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