Jabne / Jabneel
Andere Schreibweise: Jabneh; Javne; Javneh; Jamnia; Jamneia; Jawne; Yavne; Yavneh
(erstellt: Januar 2009)
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1. Lage
Jabne (יַבְנֶה javnæh; rabbinisch auch יבנא; griech. iámnia) ist eine Stadt in → Judäa
2. Biblische Überlieferung
Jabne wird erstmals als Jabneel in Jos 15,11
3. Geschichte
Die Küste wurde seit der Bronzezeit besiedelt (Jabne-Jam-Projekt
Im ersten jüdischen Krieg (66-70 n. Chr.) wurde Jabne durch Vespasian eingenommen, jedoch nicht zerstört. Zwischen 70 und 132 n. Chr. war die Stadt Zentrum der pharisäischen Bewegung und Sitz des Gerichtshofs. Bereits vor dem Bar-Kochba-Krieg (132-135 n. Chr.) verlagerte sich ein Teil der jüdischen Selbstverwaltung nach → Galiläa
4. Jabne in der rabbinischen Literatur
In der rabbinischen Literatur wird Jabne als Zentrum des rabbinischen Judentums nach der Tempelzerstörung 70 n. Chr. beschrieben. Demnach erbat sich → Rabban (Rbn.) Jochanan ben Zakkai
Die Ausformung des Traditionsmaterials in Jabne diente als Vorlage der → Mischna
5. Jabne in der Forschung
Aufgrund der Bedeutung von Jabne als Zentrum zur Etablierung des pharisäischen Judentums zwischen 70 und 132 n. Chr. spricht die Forschung von der ‚Epoche von Jabne’. Der Stellenwert der Stadt für die Etablierung des pharisäisch-jüdischen Gemeinwesens nach 70 n. Chr. erschließt sich jedoch hauptsächlich aus den zum Teil tendenziösen rabbinischen Aussagen. In der rabbinischen Literatur wird sich an Jabne zumeist als „Gründungszentrum“ der rabbinischen Bewegung erinnert (Hüttenmeister listet 143 Textstellen auf, in denen auf Jabne Bezug genommen wird). Andere Hinweise lassen ein differenzierteres Bild erahnen. So kann beispielsweise aus der Bemerkung bei Josephus, Jabne diente bereits vor dem ersten jüdischen Krieg als Fluchtstadt für römerfreundliche Juden (De bello Judaico, 4,130; 4,663; Text gr. und lat. Autoren
Eine umfassende Forschungsdebatte entzündete sich an der Hypothese, nach der die biblischen Bücher in Jabne kanonisiert wurden und damit die Spaltung zwischen Christen und Juden besiegelt wurde (ein Überblick zur Forschung gibt Veltri). Seit den 1970er Jahren ist es comminus opinio, dass in Jabne keine Synode (bzw. kein „Konzil“, wie es im Anklang an die christliche Kirchengeschichte häufig formuliert wurde) zur Frage der Kanonizität (→ Kanon
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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2. Weitere Literatur
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Abbildungsverzeichnis
- Karte zur Lage von Jabne. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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