Jochanan ben Zakkai, Rabban
Andere Schreibweise: Johanan; Yohanan
(erstellt: Januar 2009)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/22632/
Rabban (Rbn.) Jochanan ben Zakkai (רבן יוחנן בן זכאי; gest. ca. 80 n. Chr.) gilt als geistiges Oberhaupt der Juden nach der Tempelzerstörung 70 n. Chr. und Begründer des Lehrhauses in → Jabne
1. Traditionen
Die rabbinische Literatur verweist auf das umfassende Wissen von Rbn. Jochanan ben Zakkai über → Tora
Nach der rabbinischen Tradition ist Rbn. Jochanan ben Zakkai Schüler von Hillel (Jerusalemer Talmud, Traktat Nedarim 5,7 39b). Dem Schülerkreis von Rbn. Jochanan ben Zakkai gehörten Rabbi (R.) Eliezer ben Hyrkanos, R. Jehoschu‘a b. Chananja, Jose der Priester, R. Sime‘on ben Natanel und R. Eleazar ben Arach an (Mischna, Traktat Avot 2,8). Die priesterliche Abstammung von Rbn. Jochanan ben Zakkai ist umstritten; Sifre Numeri §123 und Tosefta, Traktat Para 4,6-7 legen sie zwar nahe, sind aber keine historisch zuverlässigen Berichte.
Die amoräische Literatur berichtet über (bibelkundige) Nichtjuden, die sich mit polemischen Fragen zur Schriftauslegungen an Rbn. Jochanan ben Zakkai wenden. Bekannt sind seine Dialoge mit dem römischen Befehlshaber Antigonos (u.a. Jerusalemer Talmud, Traktat Sanhedrin 1 19b-d; Babylonischer Talmud, Traktat Bekhorot 5a; Sifre zu Deuteronomium §351). In einer anderen Erzählung wird Rbn. Jochanan ben Zakkai durch einen Nichtjuden unter Verweis auf die Bestimmungen der → roten Kuh
Rbn. Jochanan ben Zakkai wird auch mit mythischen und kosmischen Traditionen in Verbindung gebracht und als Tradent der Geheimlehre genannt (Tosefta, Traktat Chagiga 2,1-2 und Parallelen).
2. Rabban Jochanan ben Zakkai und Jabne
Die rabbinische Tradition beschreibt seine Flucht in einem Sarg aus dem von römischen Truppen belagerten Jerusalem im Jahr 70 n. Chr., also kurz vor der Eroberung der Stadt, um von Vespasian den Aufbau eines neuen rabbinischen Zentrums in Jabne zu erbitten, was ihm schließlich gewährt wird (Babylonischer Talmud, Traktat Gittin 56a-b; Avot de-Rabbi Natan A 4; Avot de-Rabbi Natan B 6; Klagelieder Rabba 1,31). Die Erzählung wird gemeinhin als „Gründungslegende“ des rabbinischen Judentums bezeichnet. Die „Erfolgsgeschichte“ wird aber nur durch die (tendenziösen) rabbinischen Quellen bestätigt und ist historisch vorsichtig zu bewerten (→ Jabne
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
- Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 1993-2001
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
- Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (im Internet
)
2. Weitere Literatur
- Alon, G., 1938, How Yabneh became R’ Johanan ben Zakkai’s Residence (hebr.), Zion 3/3, 183-214
- Alon, G., 1977, Jews, Judaism and the Classical World (aus dem Hebr. v. I. Abrahams), Jerusalem
- Alon, G., 1980, The Jews in Their Land in the Talmudic Age (70 - 640 C. E.), (aus dem Hebr. v. G. Levi), 2 Bde., Jerusalem
- Bacher, W., 1903, Die Agada der Tannaiten, Bd. 1, Straßburg
- Jacobs., M., 1995, Die Institution des jüdischen Patriarchen (TSAJ 52), Tübingen
- Kister, M., 1998, Legends of the Destruction of the Second Temple in Avot de-Rabbi Natan (hebr.), Tarbiz 67/4, 483–529
- Mantel, H., 1961, Studies in the History of the Sanhedrin, Cambridge
- Neusner, J., 1970, Development of a Legend (SPB 16), Leiden
- Neusner, J., 1970, Life of Rabban Yohanan ben Zakkai: ca. 1-80 C.E., 2. Aufl., Leiden
- Neusner, J., 1970, Studies on the Taqqanot of Yavneh, HTR 63/2, 183-198
- Saldarini, A., 1975, Johanan ben Zakkai’s escape from Jerusalem: Origin and development of a Rabbinic story, JSJ 6/2, 189-204
- Schäfer, P., 1979, Die Flucht Johanan b. Zakkais aus Jerusalem und die Gründung des Lehrhauses in Jabne, in: Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt (ANRW), Teil 2, Bd. 19/2, 43-101
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)