Josua / Josuabuch
Andere Schreibweise: Jeschua; Joshua (engl.)
(erstellt: Februar 2006)
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1. Name und Personen
Josua (hebr. יְהוֹשֻׁעַ jəhôšua‛ und יֵשׁוּעַ ješûa‘ „JHWH [ist] Retter / Rettung / Hilfe”, in deutschen Übersetzungen auch als Jeschua wiedergegeben) ist ein theophorer, mit Jesus gleichbedeutender Name, den im Alten Testament vier Personen tragen. Die beiden bedeutendsten Namensträger sind Josua, der Sohn des Nun, sowie Josua, der Enkel des Seraja:
1.1. Josua, Sohn des Nun
Josua, der Sohn des Nun, ist nach Num 13,8
Die Funktion Josuas ist zunächst die eines Dieners und Assistenten des → Mose
Dem direkten historischen Zugriff bleibt die Gestalt des Josua zwar entzogen, als Leitfigur der Anfänge Israels in Palästina ist sie jedoch in die Glaubensgeschichte eingegangen. Die Rezeptionsgeschichte betont die militärische Rolle Josuas (Josephus, Antiquitates IV 165; Text gr. und lat. Autoren
1.2. Josua, Enkel des Seraja
Josua, der Enkel des Seraja, in manchen deutschen Übersetzungen als → Jeschua
2. Das Josuabuch
2.1. Aufbau und Inhalt
Das nach Josua, dem Sohn des Nun, benannte Buch besteht aus zwei großen Hauptteilen und einem kleineren Schlussabschnitt:
Auf die Erzählungen von dem Einzug und der Eroberung des Westjordanlandes durch die Israeliten (Jos 1,1-12,24
1. Die Eroberung des Westjordanlandes in Jos 1-12. Der erste Teil des Buches beginnt mit dem Auftrag JHWHs an Josua, das Land westlich des Jordans einzunehmen (Jos 1). Josua schickt daraufhin zwei Kundschafter nach Jericho, wo sie von → Rahab
Den Bewohner von Gibeon gelingt es, sich durch eine List vor der Eroberung zu schützen und ein Bündnis mit Josua zu schließen (Jos 9,1-27
2. Die Verteilung des Westjordanlandes in Jos 13-22. Der zweite Teil des Buches schildert die Verteilung bzw. Verlosung des Landes an die Stämme Israels mit Ausnahme der Stämme Ruben, Gad und dem halben Stamm Manasse, die ihr Gebiet schon im Ostjordanland erhalten haben (vgl. Num 32,1-42
3. Die Abschiedsreden Josuas und sein Tod in Jos 23-24. Der dritte Teil beginnt mit zwei Abschiedsreden Josuas. In der ersten Rede (Jos 23,1-16
2.2. Textüberlieferung
Im Buch Josua bestehen zwischen dem masoretischen Text (MT) und der ältesten Fassung der → Septuaginta
2.3. Entstehung
Die Entstehung des Buches Josua lässt sich modellhaft in 3 Phasen einteilen:
1. Vordeuteronomistische Überlieferungen. Zu den ältesten vordeuteronomistischen Überlieferungen des Josuabuches sind unter anderem die sog. „Stadteroberungsgeschichten“ (Jos 2-9*) zu rechnen. Ob diese Erzählungen bereits in vordeuteronomistischer Zeit zu einem Textzusammenhang vereinigt wurden (M. Noth) oder nicht (V. Fritz), bleibt umstritten. Möglicherweise gehören die Liste der besiegten Könige (Jos 12,7*.9-24), einige in Jos 15-19 enthaltene geografische Beschreibungen und Listen sowie die Erzählung von der Versammlung in Sichem (Jos 24*) ebenfalls zum ältesten Grundbestand des Buches Josua.
2. Deuteronomistische Redaktion(en). Aus der Hand deuteronomistischer Redaktionen stammen vermutlich Reden (Jos 1,1-9
3. Priesterliche Zusätze. Mit ziemlicher Sicherheit ist die Verteilung der Städte an die Leviten (Jos 21,1-42
Letztlich bleibt festzuhalten, dass in Bezug auf den literarischen Entstehungsprozess des Josuabuches lediglich in der grundsätzlichen Anerkennung der deuteronomistischen Redaktionsarbeit Konsens besteht.
2.4. Historizität der Landnahmeerzählungen
Das Josuabuch kann nicht als historische Quelle der sog. Landnahme des Volkes Israel angesehen werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat es eine solche kriegerische Landnahme als Feldzug des Zwölf-Stämme-Volkes Israel samt der Vernichtung aller Bewohner des Landes nie gegeben. Der in jener Epoche historisch und archäologisch feststellbare Niedergang der kanaanäischen Stadtstaaten samt der Zerstörung einiger Städte ist nicht als das Werk Israels anzusehen. Die Größe → „Israel
2.5. Theologie
Die Erzählungen des Josuabuches heben durch die Darstellung des Einzugs des Volkes Israel von außen in das Land hervor, „dass die Bindung Israels an »das Land« sich ganz der besonderen Zuwendung Gottes verdankt“ (Hentschel, 2004, 210).
2.5.1. Das Land als Gabe JHWHs
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht stellt das Buch Josua nicht die Landnahme in den Mittelpunkt, sondern die Landgabe (Jos 1,2-15
2.5.2. Erfüllung der Verheißungen an die Väter
Dadurch, dass das Buch Josua betont, dass Gott die Zusage des Landbesitzes bereits den Vätern gegeben hat (Jos 1,6
2.5.3. Gottes machtvolles Eintreten für sein Volk
Die deuteronomistisch geprägten Erzählungen des Josuabuches sprechen davon, dass JHWH Krieg für Israel führt (Jos 10,14
2.5.4. Freiheit und Verantwortung
Das Volk Israel ist nach dem Einzug ins Land nicht zur Passivität verurteilt. Vielmehr gilt es, in Freiheit eine Entscheidung zu treffen zwischen dem wahren Gott und den falschen Göttern. Es ist Josua, der die Israeliten an ihre Verantwortung erinnert und sie vor die Wahl stellt, wem sie dienen wollen. Er selbst hat seine Entscheidung bereits getroffen: „Ich aber und mein Haus, wir wollen JHWH dienen“ (Jos 24,15
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff.
- Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Tübingen 1957-1965
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
- Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 1993-2001
- New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998ff.
- Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
- Archaeological Encyclopedia of the Holy Land, New York / London 2001
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Alt, A., 1953, Josua (1936), in: ders., Kleine Schriften I, München, 176-192
- Bieberstein, K., 1995, Josua – Jordan – Jericho. Archäologie, Geschichte und Theologie der Landnahmeerzählungen Jos 1-6 (OBO 143), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
- Boling, R.G., 1982, Joshua (AncB 6), New York u.a.
- Braulik, G., 1997, Die Völkervernichtung und die Rückkehr Israels ins Verheißungsland, in: M. Vervenne / J. Lust (Hg.), Deuteronomy and Deuteronomic literature (BEThL 133), Leuven, 3-38
- Fritz, V., 1994, Das Buch Josua (HAT 1/7), Tübingen
- Fritz, V., 1996, Die Entstehung Israels im 12. und 11. Jahrhundert v.Chr. (BE 2), Stuttgart u.a.
- Görg, M., 1991, Josua (NEB 26), Würzburg
- Hentschel, G., 5. Aufl. 2004, Das Buch Josua, in: E. Zenger u.a. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, Stuttgart, 203-212
- Lohfink, N., 1998, Landeroberung und Heimkehr. Hermeneutisches zum heutigen Umgang mit dem Josuabuch (JBTh 12), Neukirchen-Vluyn, 3-24
- Nelson, R.D., 1997, Joshua (OTL), Louisville
- Noth, M., 2. Aufl. 1953, Das Buch Josua (HAT 1/7), Tübingen
- Schwienhorst, L., 1986, Die Eroberung Jerichos (SBS 122), Stuttgart
- Soggin, J.A., 1972, Joshua (OTL) , Philadelphia
- Zenger, E., 2004, Stuttgarter Altes Testament, Stuttgart
Abbildungsverzeichnis
- Josua als geharnischter Ritter (Werkstatt Lukas Cranachs; 16. Jh.).
- Die Eroberung Jerichos (Jean Fouquet, 1452-1460).
- Die Verlosung des Landes (Raphael; 16. Jh.).
- Die Verlosung des Landes (Julius Schnorr von Carolsfeld; 19. Jh.).
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