Keila
Andere Schreibweise: Keïla, Kegila, Kehila, Keilah, Ceila
(erstellt: Mai 2020)
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1. Name
Bei קְעִילָה Qə‘îlāh „Keïla“ handelt es sich um eine feminine qatīl-Form. Die Etymologie des Toponyms קְעִילָה Qə‘îlāh ist jedoch ungeklärt, auch wenn es die unterschiedlichsten Optionen gibt. Verschiedene innersemitische Vorschläge wurden bislang diskutiert:
1) Oft verbindet man קְעִילָה Qə‘îlāh mit dem in → Ugarit
2) Darüber hinaus wird aber auch erwogen, dass קְעִילָה Qə‘îlāh von arabisch qa‘īl „Hase“ abzuleiten wäre (Borée, 40). Dann würde hier wie bei anderen biblischen Toponymen eine Tierbezeichnung verwendet werden. In diesem „Hasenort“ hat es demnach offenbar viele Hasen gegeben.
3) Schließlich wird eine Verbindung zum arabischen Lexem qu‘al „Weintraube“ gezogen (Jirku 1963, 87). Dann könnte es sich um einen Ort in der Schefela handeln, der für seinen Reichtum an Wein bekannt gewesen wäre. Dies hätte sich dann auch in der Namenswahl durchgesetzt.
4) Neben diesen Ableitungen wird auch an eine akkadische Herkunft des Toponyms Keïla gedacht. Dementsprechend könnte man קְעִילָה Qə‘îlāh von einem Gottesnamen dKi-el-ti ableiten (Jirku 1930, 229). Die Gottheit Kelti ist Sohn der Göttin Ayya, der Gemahlin des babylonischen Sonnengottes, und gilt als vergöttlichte Personifikation des Waldes. Der Name Kelti ist darüber hinaus eine hurritische Lesart des akkadischen Lexems qištu „Wald“, das auch die Nebenform qiltu ausbildet. Allerdings ist die Beziehung Keïlas zu einem fremden Gott eher unwahrscheinlich. Außerdem kann der Konsonant ‘ kaum mithilfe der Form qiltu erklärt werden (van der Toorn, 901).
Eine allgemein akzeptierte Etymologie des Toponyms ist bislang nicht gelungen.
2. Belege
2.1. Keïla in außerbiblischen Quellen
Das Toponym Keïla ist vermutlich in der Amarna-Korrespondenz als URUQiltu belegt (EA 279:12; 280:11.18; 287;11; 289:28; 290:10.18; → Amarnabriefe
Zunächst weist der Stadtfürst Schuwardata darauf hin, dass in Keïla eine Menge von Rebellen Zuflucht fand, die das Umland verwüsteten (EA 279:9-23). Diese Rebellen wurden angeblich von anderen Stadtstaaten unterstützt (EA 287:4-19). Es hat den Anschein, dass Schuwardata zusammen mit → Abdi Chepa
→ Flavius Josephus
Nach → Eusebius
Außerdem liegt nach Eusebius der biblische Ort Keïla, Κεειλά Keeila, acht Meilen östlich von Eleutheropolis auf dem Weg nach → Hebron
Das Habakukgrab (→ Habakuk
1) Die Tradition des Habakukgrabes in Κελα Kela bzw. Κειλα Keila belegt auch der Kirchenhistoriker Sozomenos (Sozomenos, Historia ecclesiastica VII,29). Um das Jahr 385 n. Chr. seien von Bischof Zebennos von Eleutheropolis nach einer Traumvision die Gebeine des Propheten Habakuk an dem Ort Κελὰ Kela und das Grab des Propheten Micha in Berathsatia, zehn Stadien von Kela entfernt, aufgefunden worden.
2) Auch Petrus Diaconus kennt offenbar diese Tradition, verlagert aber das Grabmal an einen Ort namens Bycoyca, der in Eleutheropolis liege (Petrus Diaconus, De locis sanctis V:8). Bei Bycoyca handelt es sich vermutlich um eine Entstellung des Prophetennamens Habakuk. Das Prophetengrab wurde folglich nach dem Namen des Bestatteten benannt.
3) Neben diesen beiden Traditionen des Habakukgrabes (Keïla und Eleutheropolis) überliefert die frühe hagiographische Literatur mit Beit Zouchar im Territorium von Simeon einen weiteren Ort für das Habakukgrab (Vitae Prophetarum 12,1.9).
4) Eusebius selbst erwähnt mit Gabbatha einen vierten Ort für das Habakukgrab. Gabbatha ist zwölf Meilen von Eleutheropolis entfernt (Onomastikon 70:23f.).
Das einzig Sichere aus all diesen unterschiedlichen Traditionen ist lediglich die ungefähre Lokalisierung des Habakukgrabes in der Gegend von Eleutheropolis, auch wenn die exakte Verortung nicht sicher ist.
Hieronymus deutet den schwierigen Eigennamen Ceila als „ad fundam iacta sive suscitans eam aut tollens sibimet“ (Hieronymus, Liber interpretationis hebraicorum nominum 26:6f.): „zu Boden Geworfene oder diese in die Höhe treibend oder vielmehr sich selbst aufhebend“, wobei er offenbar die Wurzel ‘LJ bemüht.
Der Ort Keïla ist schließlich als קעילה Q‘JLH wiederholt in rabbinischen Quellen belegt, wo betont wird, das Keïla nahe an der Grenze liege (Babylonischer Talmud, Traktat Eruvin 45a). Neben der aus der Bibel bekannten Form קעילה Q‘JLH ist die feminine Form קעילית Q‘JLJT in rabbinischer Zeit belegt (Reeg, 575). Offenbar waren Feigen aus dem Ort Keïla sehr bekannt, da diese wiederholt in rabbinischen Quellen genannt werden (z.B. Babylonischer Talmud, Traktat Eruvin 27b; Traktat Joma 76a etc.). Die Feigen aus Keïla entwickelten zudem infolge ihres starken Zuckergehalts berauschende Eigenschaften (Dalman, 33).
2.2. Keïla im Alten Testament
Der Ortsname Keïla wird im Alten Testament 16-mal in der Langform קְעִילָה Qə‘îlāh (Jos 15,44; 1Sam 23,1.2.4.5[2x].6.7.8.10.11.12.13; 1Chr 4,19; Neh 3,17.18) und zweimal in der defektiven Form קְעִלָה Qə‘ilāh verwendet (1Sam 23,3.13). Ein Grund für den Wechsel zwischen defektiver und plene Schreibweise in 1Sam 23 ist nicht zu erkennen.
Die Stadt Keïla wird aufgrund der späten chronistischen Tradition zunächst gerne den Kalebitern zugeordnet (1Chr 4,19
Nach Jos 15,44
Zur Zeit Davids gehörte Keïla offenbar noch nicht zum Stammesgebiet Judas, da sich Davids Männer in Keïla noch mehr vor den Philistern fürchten als in Juda selbst (1Sam 23,3
Nachdem David die Gegner Keïlas geschlagen hatte, versuchte er diese Stadt als Hauptquartier und Rückzugsort gegen Saul zu nutzen. Als Befreier Keïlas übte er offenbar polizeiliche Funktionen aus und lebte auf Kosten der von ihm „befreiten“ Stadt. Vermutlich haben die Dörfer in der Peripherie des judäischen Berglands Saul um Hilfe angerufen, um die Plünderer unter David wieder loszuwerden. Nach 1Sam 23,7
Bei den in 1Sam 23,11f
Zur Zeit → Nehemias
2.3. Lokalisierung und Grabungsbefund
Der biblische Ortsname Keïla ist im arabischen Toponym Chirbet Qīlā (Koordinaten: 1503.1134; N 31° 36' 43'', E 35° 00' 09''
Aufgrund seiner Lage in der östlichen Schefela am Übergang zum judäischen Bergland war Keïla von strategischer Bedeutung. Darüber hinaus lag Keïla an der wichtigen Nordsüdstraßenverbindung, die zahlreiche Städte miteinander verband. Im 2. Jt. v. Chr. war die Gegend um Keïla stark bewaldet und vermutlich nur dünn besiedelt. Aus diesem Grund wäre Keïla eigentlich ein geeigneter Zufluchtsort für die Freischärlergruppe unter David gewesen. Über das nördliche Wādī s-Sanṭ und das südliche Wādī l-Merğ war Chirbet Qīlā zudem für die Philister leicht zu erreichen.
Auf Chirbet Qīlā fand man ein halbkreisförmiges Gewölbe, das aus schönem Quader gebaut war, und die Überreste einer Umfassungsmauer. Auf einem benachbarten Hügel im Norden waren mehrere antike Gräber in den Felsen gehauen, die aller Wahrscheinlichkeit nach zu der Nekropole von Chirbet Qīlā gehörten (Guérin, 341; Conder / Kitchener, 118). Bisherige Oberflächenuntersuchungen ergaben, dass es sich bei Chirbet Qīlā um einen befestigten Ort mit Glacis und einem Torkomplex auf der Nordseite handelte. Der Keramikbefund von Chirbet Qīlā deutet in die Mittelbronzezeit, die Spätbronzezeit, die Eisenzeit I und II sowie die persische, hellenistische, römische und byzantinische Periode (Kochavi, 48f. Site 70; Dagan 1992, 161 Site 143; Dagan 2000, 63 Site 188; McKinny, 221). Bei Oberflächenuntersuchungen wurden auch zwei lmlk-Krughenkel gefunden (Alt, 21).
Um das Jahr 2000 wurden über tausend hebräische Bullen bei illegalen Ausgrabungen in Chirbet Qīlā entwendet. Es handelt sich vor allem um Bullen aus der Zeit des Königs → Hiskija
Bei den Ausgrabungen wurden zwei Areale geöffnet. Areal A liegt auf der Westseite, Areal B am südöstlichen Hang. Aufgrund des archäologischen Befundes (Getreidesilo, Weinpresse, Reibsteine, Webgewichte) diente Areal A offenbar zur Herstellung von Lebensmitteln und zur Industrieproduktion. Bei Ausgrabungen hat man in Areal A auch ein lmlk-Stempelsiegel gefunden, das mit Hebron zu verbinden ist (Halayqa, 146-149). In Areal B legte man 20 m der Stadtmauer und einen rechteckigen Turm frei.
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Karte zur Lage Keïlas. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- David rettet Keïla und erbeutet das Vieh der Philister (Holzschnitt; Lutherbibel, 1670). Aus: Biblia, das ist: Die gantze H. Schrifft, Altes und Neues Testaments teutsch, Herrn Doct. Martin Luthers, 1670. 271 (https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/hd/content/pageview/5648488
) - Orte der Daviderzählung. Map of Western Palestine in 26 Sheets from Surveys Conducted for the Committee of the Palestine Exploration Fund / by Lieutenants C.R. Conder and H.H. Kitchener, R.E., during the years 1872-1877, London 1880 (Einzeichnung Erasmus Gaß)
- Dreschplätze bei Chirbet Qīlā. Mit freundlicher Erlaubnis von © Todd Bolen / BiblePlaces.com (Zugriff: 3.3.2020)
- Blick von Süden auf Chirbet Qīlā. Mit freundlicher Erlaubnis von © Todd Bolen / BiblePlaces.com (Zugriff: 3.3.2020)
- Bulle mit Erwähnung Keïlas. Mit freundlicher Erlaubnis von © Robert Deutsch, aus: R. Deutsch, Biblical Period Hebrew Bulla. The Josef Chaim Kaufman Collection, Tel Aviv 2003, 86
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