König / Königtum (Alter Orient)
(erstellt: Mai 2020)
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1. Terminologie
Bedingt durch erkennbar monarchische Herrschaftsstrukturen in altorientalischen Gesellschaften haben sich auch in der altorientalistischen Fachliteratur die Begriffe „König“ und „Königtum“ durchgesetzt. Dies scheint insofern gerechtfertigt, als ungeachtet unterschiedlichster Kulturen des Alten Vorderen Orients die Wortzeichen LUGAL (sumerisch „großer Mann“ > „König“), MUNUS.LUGAL (sumerisch „Königin“) und NAM.LUGAL (sumerisch „Königtum“) bis zum Ende der keilschriftlichen Überlieferung in Gebrauch waren und zur Bezeichnung eines politischen Amtes verwendet wurden. Einzelsprachlich verbergen sich hinter dem Sumerogramm LUGAL u.a. babylonisch-assyrisch šarru(m), hethitisch haššu-, hurritisch šarri, elamisch sunki- mit entsprechenden Feminina und Abstrakta. Andere Lexeme, die nach Zeit und Ort variierend Verwendung fanden, sind u.a. sumerisch en, ensi2, assyrisch-babylonisch bēlu(m), malku(m), hethitisch labarna, hurritisch ewerni, elamisch menir. Diese werden auch gern mit „Fürst / Herr“ u.ä. Bezeichnungen übersetzt, womit ein Hinweis auf unterschiedliche Staatskonzeption suggeriert wird, der historisch nicht immer nachweisbar ist.
Der Beitrag behandelt im Nachfolgenden cum grano salis das sumerische, babylonische, assyrische und hethitische Königtum, soweit es für das Alte Testament relevant ist. Gesondert betrachtet wird in Abschnitt 5 das Königtum der Achämeniden.
2. Die Anfänge des Königtums in der schriftlichen Überlieferung
Bereits in den ältesten überlieferten Texten aus dem Ende des 4. Jt.s v. Chr. finden sich in Listen Berufsbezeichnungen, die auf eine Hierarchisierung der Gesellschaft hindeuten (zur Interpretation der Liste „Lu A“ Englund 1998, 103ff.). Kriterien, nach denen das Amt eines „großen Mannes“ (LUGAL) zu erlangen war, sind nicht bekannt und aus später datierten Texten lediglich aus der Perspektive des Amtsinhabers überliefert. Zwar gibt es Hinweise, dass das Königtum in den frühen Phasen der historischen Zeit säkular und militärisch fundiert war (Selz 1998), doch erst durch die Verbindung mit religiösen Ämtern konnte vollumfänglich Macht ausgeübt werden. Das Konzept, einen Herrscher als Statthalter der Götter auf Erden walten zu lassen, sollte sich bis zum Ende der keilschriftlichen Überlieferung erhalten.
Die Entstehung des Königtums ist nur in Form einer Legende überliefert. Die sog. sumerische Königsliste beginnt mit den Worten „Als das Königtum (NAM.LUGAL) vom Himmel herabgestiegen war“. Ungeachtet des fiktiven Charakters nicht nur des vorsintflutlichen ersten Teils der Liste, nach dem die Herrscher einzelner Städte mehrere tausend Jahre regierten, tritt deutlich das Ideal einer von einem Oberhaupt gelenkten politischen Einheit hervor.
3. Kompetenzbereiche / Legitimierung
In der gesamten altorientalischen Überlieferung ist eine strikte Trennung von sakralen und profanen Machtstrukturen nicht zu erkennen. Zu den zentralen Kompetenzbereichen eines altorientalischen Königs zählen Wirtschaft, Militär, Religion und Recht. Könige sind Herrscher über ökonomische, militärische und religiöse Macht, sie agieren als Manager, Krieger und Ritualfachleute.
Das Königtum in den frühen sumerischen Stadtstaaten ist bislang nur vage zu fassen. Erst mit der territorialen Ausdehnung politischer Einheiten in der Mitte des 3. Jt.s v. Chr. gibt es vermehrt Indizien, die auf einen Herrscher in herausgehobener, religiös legitimierter Stellung mit umfassenderen Kompetenzen gegenüber einer breiten Bevölkerungsschicht weisen. Eine endgültige Legitimation durch dynastische Erbfolge ist in der Ur III-Zeit am Ende des 3. Jt.s v. Chr. zu erkennen (Selz 2013, 27). Auch die babylonischen Herrscher rechtfertigten sich durch Abstammung nach dem dynastischen Prinzip und, zunehmend ab der zweiten Hälfte des 2. Jt.s v. Chr., durch die göttliche Auserwählung. Die Wahrung von Frieden und Wohlergehen des Landes waren dabei ausschlaggebende Parameter für herrschaftlichen Erfolg.
Das Konzept, nach dem der König lediglich als von den Göttern erwählter Statthalter und Priester fungierte, hat sich besonders am Beginn des 2. Jt.s v. Chr. in den altassyrischen Quellen erhalten. Nur der Stadtgott Assur trug den Königstitel šarru. Der als ruba’um „Fürst“ agierende Herrscher war zudem zunächst von politischen Institutionen (Versammlungen) im Bereich der Verwaltung abhängig. In der zweiten Hälfte des 2. Jt.s v. Chr. sind diese Strukturen nicht mehr erkennbar. Der Herrscher ist nun König (šarru) und als Stellvertreter auch ein Abbild der Götter auf Erden mit uneingeschränkter Macht.
Die Universalität des Königs scheint darauf hinzuweisen, dass die politische Kraft in einer Person repräsentiert werden konnte. Dies gilt auch für den hethitischen König, dessen weltliche und kultische Macht sich direkt von den Göttern ableitete. Bereits in den Anfängen des hethitischen Staates kann auf die sog. Labarna-Heilsformel verwiesen werden: „Das Land gehört nur dem Wettergott. Himmel und Erde mitsamt der Bevölkerung gehören nur dem Wettergott. Er machte Labarna, den König, zu seinem Verwalter und gab ihm das ganze Land Hattuscha. Labarna soll nun durch seine Hände das ganze Land ständig verwalten. Wer immer der Person und den Bereich des Labarna zu nahe kommt, den möge der Wettergott vernichten.“ (Beckman 1995, 551).
3.1. Wirtschaft und Verwaltung
Im Zentrum der Herrschaftsaufgaben stand das „Management“. In den frühen bekannten Formen sumerischer Palastwirtschaft oblag die Planung der redistributiven Wirtschaftsform und Organisation der Arbeitskräfte für zivile und militärische Aufgaben dem Herrscher (Schrakamp 2013). Die Wirtschaft lag gewissermaßen als Privateigentum in den Händen der königlichen Familie. Mit der Übernahme der Macht durch die semitische Akkade-Dynastie um 2350 v. Chr. nimmt ein bereits eingeleiteter Trend zunehmender Privatisierung außerhalb der Königsfamilie und damit ein Entzug zentraler Kontrolle deutlich zu. Die Einführung eines einheitlichen Maß- und Gewichtssystems sollte diesen Entwicklungen sicherlich Einhalt gewähren. Signifikante Änderungen beim Lenken der Wirtschaft werden unter Ur-Namma (2110-2093 v. Chr.) deutlich. Er schuf ein leistungsfähiges Wege- und Kanalnetz, das u.a. auch zu intensiveren überregionalen Handelskontakten führte. Die Bedeutung der Infrastruktur erkannte auch Schulgi (2092-2045 v. Chr.). Das unter ihm geschaffene Wirtschaftssystem des Reiches von Ur III ist durch zehntausende Urkunden bezeugt. Sie verweisen auf Steuer-, Verwaltungs- und Reichsreformen sowie die Schaffung einer gewaltigen Bürokratie. Der Kalender wurde weitgehend vereinheitlicht und Maße und Gewichte standardisiert (Sallaberger 1999, 141ff.). In den Blickpunkt der sumerischen und altakkadischen Herrscher rückte zunehmend die Erkenntnis, den Wirtschaftssektor durch Vereinheitlichung und die Schaffung räumlicher Ausweitung zu stärken. Mit der Bildung eines altbabylonischen Großreiches (→ Babylonien
In → Assyrien
Aufgrund der eigenartigen Quellenlage im Hethiterreich, die durch das Fehlen von Wirtschafts- und Verwaltungsurkunden geprägt ist, lassen sich über die Managementaufgaben des hethitischen Königs kaum Aussagen treffen. Sicher ist, dass Palast und Tempel als Wirtschaftseinheiten fungierten. Der Erhalt und Ausbau von Infrastrukturen scheint keine zentrale Aufgabe des hethitischen Königs gewesen zu sein. Davon ausgenommen ist die Bevorratung von Lebensmitteln und die massenhafte Haltung von Vieh.
3.2. Militär
Es sei vorausgeschickt, dass die schriftliche Überlieferung über militärische Aktivitäten zum größten Teil auf Quellen aus dem Norden Mesopotamiens beruht und wir daher nur partiell Informationen über die Struktur und Aktivitäten der Armee zur Verfügung haben.
Während der gesamten Geschichte Mesopotamiens wurden Kriege religiös begründet. Der Feind hat dabei stets gegen den gegnerischen Gott gesündigt, der Sieg über ihn war ein Zeichen der Gerechtigkeit. Frühe Texte der Uruk-Zeit am Ende des 4. Jt.s v. Chr. deuten darauf hin, dass nicht der Herrscher, sondern einem Funktionär die Führungsrolle unter Milizen zugeschrieben wurde, die selbst einen erheblichen Machtfaktor darstellten (Schrakamp 2010). Viele Regenten stammen ursprünglich aus diesem Milieu.
Kriege wurden bis in die Mitte des 2. Jt.s v. Chr. vor allem in Form von Razzien und Überfällen geführt. Für die altbabylonische Zeit sind insbesondere den Gesetzestexten Anhaltspunkte für die Struktur der Armee zu entnehmen. Demnach entstammen Soldaten dem Agrarsektor und waren teilweise in das ilku-Lehenssystem eingebunden. Neben dienstverpflichteten Babyloniern wurden auch (halb-)nomadische Gruppen rekrutiert (Dalley 1995). Zur Erkundung des göttlichen Willens begleitete stets mindestens ein Opferschauer den Feldzug (→ Divination
Ab der Mitte des 2. Jt.s v. Chr. werden Kriege internationaler. Im gesamten Vorderen Orient professionalisieren sich die Truppen personell und technisch. In der Kavallerie, die häufig von Angehörigen des Königshauses angeführt wird, ist der Einsatz von bespeichten Streitwagen üblich. Die Aushebung von Soldaten erfolgte auf verschiedenem Wege. Rationenlisten bestätigen die Existenz eines stehenden Heeres, das durch Landarbeiter ergänzt wurde. Die in den Beistandserklärungen der hethitischen Staatsverträge zur Verfügung zu stellenden Truppen werden durch den jeweiligen König angeführt (Mayer 1995, 419ff.; Beal 1992, 37ff.).
Die Truppenstärke nahm stetig zu: Die Soldaten des eigentlichen assyrischen Kernlandes wurden stets durch zusätzliche Kräfte von außen verstärkt, und mit dem territorialen Wachstum des Reiches nahm der Anteil der Provinztruppen und der Armeen der Vasallenkönige entsprechend zu. Darüber hinaus wurden Kriegsgefangene sowie verschiedene Hilfstruppen den Streitkräften Assyriens eingegliedert (Dalley 1985), was zu ihrer weiteren Heterogenität führte.
Die biblische Überlieferung stellt die Assyrer ausnahmslos grausam und brutal dar, doch zeigen Verwaltungstexte und aramäische Inschriften, dass zwischen Siegern und Besiegten durchaus ein Einverständnis zu erzielen war ‒ solange die assyrischen Interessen gewahrt blieben. Auffällig ist, dass die Bibel die auf zahlreichen Palastreliefs dargestellte Verstümmelung von Deportierten nicht reflektiert.
3.3. Religion
Für eine kultische Verehrung des Königs selbst gibt es kaum Anhaltspunkte. Fälle von Deifizierung des Herrschers bleiben weitestgehend auf die Frühzeit beschränkt (z.B. Naram-Sîn [2273-2219 v. Chr.], Ur-namma, Schulgi, s. Sallaberger 2002; zu einer möglichen Vergöttlichung des hethitischen Herrschers zu seinen Lebzeiten s. Hout 1995).
Der König trägt die Verantwortung für das Kultgeschehen, in dem er eine zentrale Rolle als Vermittler zu den Göttern einnimmt. In der Frühzeit Mesopotamiens ist der Herrscher mit spezifischen priesterlichen Aufgaben versehen. Ob es sich bei der Titulatur EN in der Uruk IV-III-Zeit am Ende des 4. Jt.s v. Chr. auch um einen Priestertitel handelt, ist unklar (Sallaberger 2002).
In Babylonien stand dem König, dessen besonderes Verhältnis zu den Göttern einen hohen Stellenwert in den Inschriften besitzt, eine Priesterschaft gegenüber. Die Verpflichtungen des Herrschers im Kult – regelmäßige Stiftungen und Zuwendungen an die Tempel, sowie deren Bau und Restaurierung – stellten einen zentralen Aspekt der Königsideologie dar; de facto dürfte den Priestern keine eigenständige Macht zugekommen sein.
Wie bereits durch die Labarna-Heilsformel (s.o. 3. Kompetenzbereiche) ausgedrückt, bestand zwischen dem hethitischen König und den Göttern des Landes ein enges Verhältnis, das sich bildlich in der sog. Umarmungsszene widerspiegelt. Die kultische Verehrung der Götter seitens des Königshauses ist durch eine übergroße Anzahl von Festritualtexten aus dem ganzen Hethiterreich und vor allem der Hauptstadt Hattuscha belegt. Demnach sind die Gaben von Opferspeisen und Trankspenden im Rahmen von Feierlichkeiten vornehmste Aufgabe des hethitischen Herrschers (Haas 1996, 182ff.).
3.4. Recht
Die Wahrung von Recht und Ordnung ist im gesamten Alten Orient eine der von den Göttern auf den König übertragenen obersten Pflichten. Allerdings spielte das Gewohnheitsrecht in allen Zeiten eine wichtige Rolle, wodurch Parallelen mit dem israelitischen Recht erklärbar sind. Umfangreichere mesopotamische Rechtsammlungen sind bislang nur aus der Ur III-Zeit (Ende 3. Jt. v. Chr.), der altbabylonischen (1. Hälfte des 2. Jt.s v. Chr.) und der mittelassyrischen Zeit (2. Hälfte des 2. Jt.s v. Chr.) überliefert. Aus anderen Perioden sind dagegen keine oder nur fragmentarisch überlieferte Sammlungen bekannt, wie bspw. Reformtexte UruKAginas (24. Jh. v. Chr.) oder ein neubabylonisches Gesetzesfragment (1. Jt. v. Chr.). In den Rechtsammlungen verkünden die Herrscher bestimmte Ideen, Prinzipien und reformatorische Tendenzen sowie verschiedene Sanktionen, deren allgemeine Tragweite sie hervorheben wollen. Nur Prolog und Epilog zeigen die politische und soziale Gedankenwelt des Herrschers auf, die aus den eigentlichen Gesetzen nicht direkt ersichtlich werden kann (Roth 1997, 1ff.).
In Assyrien war der König Gesetzgeber und Richter in einer Person und verkörperte die oberste Rechtsinstanz. Er hatte Recht und Gerechtigkeit für die Einwohner seines Landes zu wahren. Auch war es dem assyrischen König auferlegt, für den Erhalt der kosmischen Ordnung zu sorgen.
Aus der Autorität des Königs folgten auch im Hethiterreich Aufgaben in der Rechtsprechung. Die hethitischen Gesetze, die in zwei chronologisch geschiedenen Fassungen erhalten sind, können zwar als Willensäußerung des Königs angesehen werden, einen expliziten Hinweis darauf gibt es aber nicht. Nur in besonders schwerwiegenden Fällen oder in juristischen Angelegenheiten, die unmittelbar mit der Königsfamilie oder Vasallenkönigen zu tun hatten, tritt der König als Rechtsinstanz auf (Hoffner 1997, 4f.).
4. Ausdrucksformen
4.1. Zeremonien
Die gemeinschaftliche Kultausübung, an der sich auch der König beteiligte, war ein zentraler Aspekt mesopotamischer Herrschaftslegitimation. In den Festen wurde die Erneuerung der Beziehungen zwischen den Göttern und dem durch seinen Herrscher vertretenen Land zelebriert. Feierlichkeiten, die unmittelbar auf die Person des Herrschers Bezug nehmen, Investitur und Tod des Königs, sind verhältnismäßig wenig verschriftlicht überliefert, doch veranlassen bereits Hinweise in frühen Königsinschriften zu der Annahme, dass die Verleihung der Herrschaftsinsignien durch die Götter mit einer Zeremonie verknüpft war. Explizite Königsrituale sind aus der nordsyrischen Stadt Ebla aus der Mitte des 3. Jt.s v. Chr. anlässlich der Heirat des Königs und der Installation seiner Gemahlin bekannt (Fronzaroli 1993).
Eine besondere Rolle nahm der König während des Neujahrsfestes in Babylon ein. In dem aus dem 1. Jt. v. Chr. überlieferten elftägigen Fest wurde seine unmittelbare Abhängigkeit zum obersten Stadt- und Landesgott Marduk in Form eines Erniedrigungsritus zelebriert. Am fünften Tag legte der Herrscher seine Insignien vor Marduk ab und ließ sich von einem Oberpriester schlagen und an den Ohren ziehen und musste folgendes negatives Sündenbekenntnis sprechen. „Ich habe nicht gefehlt, Herr der Länder, war nicht nachlässig gegenüber deiner Göttlichkeit. Ich habe Babylon nicht zugrunde gerichtet, nicht seine Vernichtung befohlen, nicht seine Riten in Vergessenheit geraten lassen. Ich habe nicht die unter (göttlichem) Schutz stehenden Bürger geohrfeigt, nicht bewirkt, dass sie verachtet werden! Ich habe achtgegeben auf Babylon, nicht seine Umfassungsmauern zerstört.“ (Farber 1987, 222). Das Fest demonstriert die existentielle Bedeutung des Herrschers für die Aufrechterhaltung des Kultes und damit des Kosmos.
Aus der mittelassyrischen Zeit (zweite Hälfte des 2. Jt.s v. Chr.) ist das sog. Krönungsritual überliefert, das, ähnlich dem Neujahrsritual in Babylon, auf eine jährlich stattfindende Erneuerung des Amtes schließen lässt (Parpola 2017, 14ff.). Nach Vorbild des babylonischen Neujahrsfestes fanden in Übertragung der Marduktheologie auf den Gott Assur durch → Sanherib
Aus hethitischen Orakeltexten ist ein „Fest des Sich (auf den Thron) Setzens“ (EZEN ašannaš) bekannt (Hout 1991), das Hinweise auf die Krönung des Königs enthält. Einzelheiten einer Zeremonie bei Amtseinführung lassen sich bislang jedoch nur der Investitur eines Königssubstituts im sog. Ersatzkönigsritual entnehmen, das infolge einer durch Omen angezeigten Todesbedrohung des Herrschers durchzuführen war. Darin werden die Salbung, die Namensnennung sowie die Bekleidung mit Ornat und Kopfbedeckung beschrieben.(Kümmel 1967, 42-46). Das hethitische Totenritual für den verstorbenen Herrscher beginnt mit den Worten: „Wenn in Hattuscha ein großes Unheil geschieht, indem König oder Königin Gott wird.“ Es dauert 14 Tage und enthält zahlreiche Opferriten, die die Verbrennung des Leibes begleiten (Kassian 2002).
Aus allen Kulturen Vorderasiens sind Rituale überliefert, die der Unversehrtheit des Königs (z.B. Reinigungsrituale) und der Durchführung seiner Aufgaben (z.B. Kriegsrituale) dienten.
4.2. Symbole
Abbildungen von Königen in Form von Statuen und Reliefs verzichten auf individualisierende Züge, ein traditionelles Ornat existiert nicht. Daher ist lediglich anhand von Beischriften der Amtsträger zu ermitteln. Eindeutige Herrschaftsinsignien, wie die in den Texten genannten Kappen, Szepter oder Stab, lassen sich ikonographisch für die frühen Epochen nicht feststellen (Braun-Holzinger 2007). Auch ab der altbabylonischen Zeit sind in der Bildkunst keine eindeutigen Amtsinsignien zu erkennen, obwohl der König nun häufiger mit konischer Mütze, langem Stab und einem kleinen gebogenen Gegenstand in der Hand erscheint. Texte nennen vor allem Stab, Ring und Keule als Insignien. Es bleibt schwierig, die Insignien, die in den Texten genannt werden, und die Insignien, die sich auf den Abbildungen finden, in Beziehung zueinander zu setzen (Ambos 2012, 106f.).
Der hethitische König trägt den in Texten häufig belegten kalmuš ‒ einen langen, unten eingerollten Stab. Im insgesamt repräsentanzarmen Hethiterreich ist der König nur auf wenigen Felsreliefs belegt. Sie zeigen den Herrscher im langen Mantel, mit Kalotte und dem kalmuš oder im Kurzrock mit Hörnerkrone und Bogen und / oder Speer in seiner Hand (Simon 2012).
4.3. Monumente
Allen mesopotamischen Herrschern war die Errichtung und die Restaurierung von Heiligtümern sowie ihre Ausstattung wichtig. In sumerischen und babylonischen Königsinschriften überwiegen Berichte über ihre immense Bautätigkeit: Zikkurate, Tempel, Paläste und Befestigungswerke entstehen in allen bedeutenden Städten. Einige altorientalische Herrscher gründeten neue Residenzstädte, die ihren Namen trugen, z.B. Kurigalzu I. von Babylonien (um 1400 v. Chr., Dūr-Kurigalzu „Mauer des K.“), Tukultī-Ninurta I. von Assyrien (1243-1207 v. Chr., Kār-Tukultī-Ninurta „Kai des T.-N.“) oder Sargon II. von Assyrien (721-705 v. Chr., Dūr Šarrukîn „Mauer des Š.”) (Pongratz-Leisten 1997).
5. Das Königtum der Achämeniden
Aufschluss über das Selbstbild des achämenidischen Königs (xšāyaθiya-) bieten zunächst die aussagekräftigen Inschriften Darius’ I. Er bezeichnet sich als „Darius, großer König, König der Könige, König in Persien, König der Völker / Länder“ (Darius Bisutun [=DB] I Z. 1f.; vgl. auch Darius Persepolis E [= DPe] Z. 1f; Darius Persepolis H [= DPh] Z. 1f.; Darius Naqsh-e Rostam A [=DNa] Z. 8-12). Zum Begriff dahyu- „Volk / Land“ vgl. Wiesehöfer 1993, 94f.). Ob diese Titulatur traditionell ist, ist zweifelhaft, da die Authentizität der beiden auf Ariaramnes und Arsames (nach Darius Bistutun I Z. 5 der Urgroßvater und der Großvater des Darius) zurückgeführten Inschriften Ariaramnes Hamadan (= AmH) und Arsames Hamadan (= AsH; Kent 1959, 116), die eine ähnliche Titulatur präsentieren, äußerst fraglich ist (Ahn 1992, 166; Briant 2002, 16). Traditionell dürften indes die beiden ersten Glieder der Titulatur („großer König“ und „König der Könige“) sein (Ahn 1992, 217ff.), während die faktische Erweiterung des Machtbereichs sich dann auch in der Titulatur niederschlug. So wird bereits Kyros, von den eher tendenziösen Belegen des Kyros-Zylinders (Z. 20, vgl. Kuhrt 1983, 88f.92f.) und Deuterojesajas (Jes 44,24-45,7
Entsprechend der Programmatik seiner Inschriften, wird auch die administrative Struktur des Achämenidenreichs vor allem mit Darius I. verbunden. Die elamischen Täfelchen aus Persepolis geben einen Einblick in die vom Zentrum Persepolis aus straff organisierte Verwaltung der Persis in den Zeiten von Darius I. bis Artaxerxes I., wobei aber zumeist unklar bleibt, inwieweit die dortige Praxis auch in den eroberten Gebieten Anwendung fand. Briant (2002, 456f. u. passim) weist darauf hin, dass sich z.B. in → Elephantine
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-Lizenz, Attribution-Share Alike 3.0 unported ; Zugriff 20.5.2020 - Assurbanipals Feldzug gegen die Araber (Relief aus seinem Palast in Ninive; 7. Jh. v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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-Lizenz, Attribution-Share Alike 3.0 unported ; Zugriff 20.5.2020 - Stele mit dem Text des Codex Hammurabi (18. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © Sailko, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-3.0 unported; Zugriff 20.5.2020
- Karte der persischen Provinzen nach der Liste Herodots. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Die Völker stützen den Thron Darius’ I. (Ausschnitt aus einem Felsrelief am Grab Darius’ I. in Naqsh-e Rostam; ; 5. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © Diego Delso, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International ; Zugriff 20.5.2020 - Bärtiger Mann in einer Flügelsonne (Nordwestpalast in Nimrud, Raum B Feld 5, 865-860 v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 124551
- Darius und die unterworfenen Völker (Bisutun-Relief, 6. Jh. v. Chr.). Aus: G. Maspero, History of Egypt, Chaldea, Syria, Babylonia and Assyria, Bd. IX, 1903, 174
- Vertreter der Völker bringen dem persischen König ihre Tribute (Relief am Palast [Apadana] der Achämeniden in Persepolis; spätes 6. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © Darafsh Kaviyani (User: Sting), Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 3.0 unported ; Zugriff 20.5.2020
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