Konkordanz
(erstellt: Oktober 2009)
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1. Allgemeines
Unter einer Konkordanz (von mittelalterlich-lateinisch concordare „übereinstimmen“) versteht man die alphabetische Zusammenstellung der wichtigsten oder sogar aller in einem bestimmten Textkorpus auftretenden Wörter mit Angabe der Fundstelle. Meist ist der nähere Kontext mit angegeben. Speziell für die Theologie sind eine Reihe von Konkordanzen zum Bibeltext in seinen Ursprachen wie auch seinen unterschiedlichen Übersetzungen erstellt worden. Dabei verfolgen die Konkordanzen weder den Zweck, die Semantik eines Wortes zu erheben (so Wörterbücher), noch bieten sie Informationen zu Realien oder theologischen Begriffen (so Bibellexika), sondern wollen als Hilfsmittel für das Studium der Bibel deren Wortschatz systematisch darstellen. Die Auflistung aller Vorkommen mit den Belegen erfolgt in der Regel in der Reihenfolge der biblischen Bücher.
2. Zur Geschichte der Konkordanzen
Die Idee, den Wortschatz der Bibel systematisch darzustellen, dürfte im Zusammenhang mit dem Bemühen um die sichere Überlieferung des Bibeltextes entstanden sein. Seit Beginn des Kanonisierungsprozesses lassen sich bei den Rabbinen und den späteren Masoreten Bemerkungen zur Wortstatistik nachweisen (Kelley, 4). Diese sog. Masora parva kann folglich zusammen mit der Masora magna als Vorläufer der heutigen Konkordanzen angesehen werden. Erstere gibt am Rand des hebräischen Textes an, wie oft ein Begriff oder eine Wendung in der Bibel vorkommt, und Letztere nennt die Belege und gibt z.T. grammatikalische Erläuterungen zum entsprechenden Begriff. Diese Informationen wurden von den Masoreten bis etwa 950 n. Chr. zusammengestellt und machten zu einigen Begriffen erstmals die Zahl der Belege sowie deren Fundorte greifbar.
Die wissenschaftliche Standardausgabe zum hebräischen Alten Testament, die Biblia Hebraica Stuttgartensia, druckt die Masora parva am Rand mit ab und nennt am Seitenende die Belege oder verweist zumindest auf die Nummer, unter der die Belege in der Masora magna aufgelistet sind. Als Beispiel sei auf Gen 1,2
Was zur Sicherung des Textes eingeführt wurde, diente im Laufe des Mittelalters als Mittel zum theologischen Aufweis der inneren Einheit der Schrift. Das Werk Concordantiae Sancti Jacobi von Hugo von St. Cher (ca. 1190-1263) lässt sich als erste bekannte Konkordanz im eigentlichen Sinne ansprechen. Sie legt den lateinischen Text der Vulgata zugrunde. Im 16. Jh. finden sich erste Konkordanzen zum hebräischen Text (von Rabbi Isaac Nathan, gedruckt 1523), zum griechischen Text des Neuen Testamentes (1546, von Sixtus Betuleius) sowie das von Conrad Kircher 1607 zum griechischen Text der Septuaginta erstellte Werk (Scholtissek 410).
3. Zum Gebrauch von Konkordanzen
Das Arbeiten mit Hilfe von Konkordanzen gehört zum selbstverständlichen Handwerkszeug der Exegese. Sie werden in fast allen Arbeitsschritten der historisch-kritischen Exegese eingesetzt (Becker 170; Kreuzer 49-55). Untersuchungen zum Sprachgebrauch eines Textes können dessen traditionsgeschichtlichen Kontext zeigen sowie Argumente für die literarkritische Analyse und redaktionsgeschichtliche Rekonstruktion bieten.
Konkordanzen zu ursprachlichen Texten, die natürlich entsprechende Sprachkenntnisse voraussetzen, können so aufgebaut sein, dass sie innerhalb eines Begriffs nach den einzelnen flektierten Formen untergliedern, also z.B. alle Vorkommen von ויאמר wajjo’mær „und er sagte“ auflisten (so Mandelkern und Even-Shoshan für die Hebräische Bibel). Sie können aber auch alle Belegstellen unabhängig von der Form einfach in der Reihenfolge ihres Vorkommens in der Bibel zitieren (so Hatch / Redpath zur Septuaginta und Schmoller zum Neuen Testament). Einen Mittelweg bietet für die Hebräische Bibel Lisowsky, der bei Verben nicht nach Formen, aber nach Stämmen untergliedert und bei Substantiven syntaktisch nach ihrem Vorkommen als Subjekt, Objekt und weiteren Belegen. Folglich muss man je nach dem, was man sucht, die eine oder die andere Konkordanz wählen.
Konkordanzen zu Übersetzungen können die Stellen streng nach dem Vorkommen eines Begriffs in der Übersetzung auflisten (so die Zürcher Bibel-Konkordanz) oder nach den ursprachlichen Begriffen untergliedern, die der Übersetzung zugrunde liegen (so Young’s Analytical Concordance). In Hatch / Redpath zeigt ein Indexsystem, auf welchen hebräischen Begriff ein griechisches Wort jeweils zurückgeht; zusammen mit dem Supplementband von Muraoka lassen sich auf diese Weise alle hebräischen Äquivalente für griechische Übersetzungsbegriffe zurückverfolgen.
Große Vorteile bieten die inzwischen zahlreich vorliegenden elektronischen Konkordanzen mit ihren zum Teil sehr umfangreichen Suchfunktionen. Sie erlauben es, sehr schnell und einfach nach Wörtern, aber auch nach bestimmten grammatikalischen Formen und sogar Konstruktionen und Wortverbindungen sowie nach dem gleichzeitigen Vorkommen mehrerer Begriffe oder Formen zu suchen, was mit gedruckten Konkordanzen sehr mühevoll ist und einer gewissen Akribie bedarf. Bei einigen Programmen werden zudem Wörterbücher mit Rückübersetzungen mitgeliefert, so dass man rudimentär ausgehend von einer Übersetzung auch ohne oder mit nur geringen altsprachlichen Kenntnissen Beobachtungen zu den jeweiligen Wörtern in der Ursprache machen kann. Meist bieten diese Programme auch Funktionen, die Verteilung der Belege auf die gesamten biblischen Bücher graphisch darzustellen.
Etwaig eingebundene Module für außerbiblische Quellen wie z.B. Inschriften oder die Qumrantexte (so als Zusatzmodule zu Accordance oder zu Logos) erlauben eine umfassende Beurteilung der sprachlichen Gestalt und des Wortschatzes eines Textes. Insgesamt kann die Arbeitserleichterung durch elektronische Konkordanzen bei rechter Benutzung (Trunkierung etc.) erheblich sein. Die Gefahr besteht darin, dass man eventuell die Computeranfrage so eng stellt, dass nur ein Teil der Belege angezeigt wird. Es empfiehlt sich daher immer, auch bei Benutzung einer elektronischen Konkordanz zumindest die numerischen Ergebnisse mit einem gedruckten Werk zu verifizieren.
Wie die gedruckten Konkordanzen unterscheiden sich auch die elektronischen, vornehmlich in den möglichen Such- und Ausgabefunktionen, aber auch im Umfang der über das Programm zugänglichen Sekundärliteratur sowie Kommentarreihen oder thematischen Synopsen. Dabei bieten die Programme BibleWorks, Logos und Accordance eine englische Benutzeroberfläche, die Stuttgarter Elektronische Studienbibel und ihr Pendant, die Mac Studienbibel (mit einer älteren Version von Accordance) eine deutsche. Je spezifischer man eine Suchanfrage stellen möchte, desto komplexer sind auch die Suchbefehle einzugeben, die bei vielen Programmen über spezielle Schaltflächen in drag-and-drop-Menues erreichbar sind. Das Einstellen der einzelnen Kategorien kann z.B. über ausgeschriebene Befehle erfolgen (so SESB / Mac Studienbibel, Logos und Accordance) oder mittels sog. Boole’scher Operatoren, die das Suchen mehrerer Begriffe gleichzeitig ermöglichen (BibleWorks). Daher ist bei jedem Programm mit einer gewissen Einarbeitungszeit zu rechnen, um die gesamte Funktionsbreite des Programmes ausschöpfen zu können.
Als Beispiel für die Genauigkeit der möglichen Suchanfragen sei auf Ex 33,12
Zusammenfassend kann man festhalten, dass die elektronischen Konkordanzprogramme vor allem bei der Suche nach syntaktischen Verknüpfungen von unschätzbarem Wert sind. Der mit dem Einüben der Befehle für die Suchanfragen verbundene Aufwand wird durch die Schnelligkeit der Ausgabe, die komfortablen Exportmöglichkeiten von Ergebnissen und Texten in Textverarbeitungsprogramme sowie u.U. die schnell zugänglichen exegetischen Hilfsmittel mehr als aufgewogen. Dass die gedruckten Konkordanzen trotzdem ihre Berechtigung behalten, liegt zum einen an der Zitationsfähigkeit, zum anderen aber auch daran, dass es bei alphabetischer Auflistung von Belegen ohne datenbankgestützte Aufbereitung zu exegetisch relevanten Beobachtungen kommen kann, die man bei der ursprünglichen Suchanfrage noch gar nicht im Blick hatte. Diese Art von „Zufallsfunden“ kann der Computer nicht liefern.
Literaturverzeichnis
1. Konkordanzen
Gedruckte Konkordanzen
- Abegg, M.G. (Jr.) / Bowley, J.E. / Cook E.M. (Hgg.), Dead Sea Scrolls Concordance, vol. I-II: The Non-Biblical Texts from Qumran part I-II, Leiden / Boston 2003
- Calwer Bibelkonkordanz oder vollständiges biblisches Wortregister. Unveränd. fotomechan. Nachdruck der 3. Aufl. von 1922, Stuttgart 1983
- Denis, A.M., Concordance grecque des pseudépigraphes d’Ancien Testament, Leiden 1987
- Elberfelder Bibel-Konkordanz. Biblisches Wörter-, Zahlen- und Namen-Register, 10. Auflage Wuppertal 1991
- Even-Shoshan, A., A New Concordance of the Bible, 2. Auflage Jerusalem 1990
- Große Konkordanz zur Lutherbibel, Stuttgart 1993
- Hatch, E. / Redpath, H.A., A Concordance to the Septuagint and the other greek versions of the Old Testament (including the Apocryphal Books). 3 Volumes, reprintet in 2 Volumes from the 1879 edition, Grand Rapids 1991
- Lisowsky, G., Konkordanz zum Hebräischen Alten Testament, 3., verbesserte Auflage besorgt von Hans Peter Rüger, Stuttgart 1993
- Mandelkern, S., Veteris Testamenti Concordantiae Hebraicae atque Chaldaicae, Berlin 1937, Nachdruck Graz 1955, Jerusalem 1957
- Muraoka, T., A Hebrew / Aramaic Index to the Septuagint. Keyed to the Hatch-Redpath Concordance, Grand Rapids 1998
- Novae Concordantiae Bibliorum Sacrorum iuxta vulgatam versionem criticam editam quas digessit Bonifatius Fischer OSB, Stuttgart 1988
- Schierse, F.J., Neue Konkordanz zur Einheitsübersetzung der Bibel, Düsseldorf 1996
- Schmoller, A., Handkonkordanz zum griechischen Neuen Testament, 16., von B. Köster neu bearbeitete Auflage, Stuttgart 1989
- Strothmann, W. / Johannes, K. / Zumpe, M., Konkordanz zur Syrischen Bibel. Die Mautbe, Göttinger Orientforschungen 1,33, Wiesbaden 1992
- Vollständige Konkordanz zum griechischen Neuen Testament unter Zugrundelegung aller modernen kritischen Textausgaben und des Textus Receptus, ANTT 4,1-2, neu zusammengestellt unter der Leitung von Kurt Aland, Berlin / New York 1978/1983
- Wahl, C.A., Clavis Librorum Veteris Testamenti Apocryphorum Philologica. Indicem verborum in libris pseudepigraphis usurpatorum adiecit Johannes Baptista Bauer, Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1853, Graz 1972
- Young, R., Analytical Concordance to the Bible on an Entirely New Plan Containing about 311,000 References, Subdivided under the Hebrew and Greek Originals, 22. Aufl. Grand Rapids 1970
- Zürcher Bibel-Konkordanz, Vollständiges Wort-, Namen- u. Zahlen-Verzeichnis zur Zürcher Bibelübersetzung mit Einschluss der Apokryphen. Bearb. von Karl Huber und Hans Heinrich Schmid. Herausgeben vom Kirchenrat des Kantons Zürich. Band 1-3, Zürich 1969-1973
- Accorordance: www.accordancebible.com
(für MacOS) - Bible Works: www.bibleworks.com
(für Windows) - Logos Bible Software: www.logos.com
(für MacOS und Windows; mit umfangreichen exegetischen Hilfsmitteln) - Stuttgarter Elektronische Studienbibel (Windows) / Mac Studienbibel (Mac OS): http://www.sesb-online.de/
2. Lexikonartikel
- Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
3. Weitere Literatur
- Becker, Uwe, Exegese des Alten Testamentes, 2. Aufl. Tübingen 2008
- Kelley, Page H. u.a., Die Masora der Biblia Hebraica Stuttgartensia. Einführung und kommentiertes Glossar, Stuttgart 2003
- Kreuzer, Siegfried: Proseminar I: Altes Testament, 2. überarbeitete und erweiterte Aufl. Stuttgart 2005
- Scholtissek, K., Art. Bibelwissenschaftliche Hilfsmittel, in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br., Bd. 2, 1994, 409-413
Abbildungsverzeichnis
- Codex Leningradensis mit Randmasora. Aus: http://www.usc.edu/dept/LAS/wsrp/educational_site/biblical_manuscripts/LeningradCodex2_e.shtml
- Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS) zu Gen 1,2. (Hervorhebungen Martina Kepper)
- Verteilung des Wortes „Mose“ auf die biblischen Bücher nach Accordance. Export aus Accordance (Martina Kepper)
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