Kreter und Pleter
(erstellt: Januar 2019)
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Die Kreter und Pleter, von denen in der Hebräischen Bibel nur im Kontext der Zeit → Davids
1. Name
Die Bezeichnung Kreter und Pleter (hebr. הַכְּרֵתִי וְהַפְּלֵתִי hakkəretî wəhappəletî) ist in der Hebräischen Bibel siebenmal belegt: 2Sam 8,18
An den drei zuletzt genannten Stellen werden die Kreter im Zusammenhang mit den Philistern (hebr. פְּלִשְׁתִּים pəlištîm) erwähnt (vgl. 1Sam 30,16
Es legt sich daher nahe, dass die Bezeichnung Kreter und Pleter für Kreter und Philister steht. Die abweichende Bezeichnung Pleter (hebr. פְּלֵתִי pəletî) statt Philister (hebr. פְּלִשְׁתִּים pəlištîm) wäre der analogen Gentilbildung zu Kreter geschuldet und diente einem Wortspiel. Als gesichert kann diese Identifizierung allerdings nicht gelten (vgl. Noort, 1744).
2. Vorkommen in der Hebräischen Bibel
2.1. Belege
In der Hebräischen Bibel werden die Kreter und Pleter erstmals in der sogenannten Beamtenliste Davids in 2Sam 8,18
Im Rahmen der Beamtenlisten wird stets → Benaja
Auf der Erzählebene sind die Kreter und Pleter vor 2Sam 8,18
So treten die Kreter und Pleter während → Absaloms
Bei dem Zusammenstoß mit → Schimi
Die Kreter und Pleter beteiligen sich also aktiv an der gewaltsamen Durchsetzung königlicher Interessen. Hierfür können sie die unmittelbare Gegenwart des Königs verlassen. Überraschenderweise scheinen sie unter dem Befehl Abischais zu stehen. Dagegen findet sich am Ende der Schilderung des Scheba-Aufstandes in 2Sam 20,23ff
Ebenso setzen die Kreter und Pleter im ersten Buch der Könige den Willen von David durch, als dieser sich – nach der Manipulation durch seine Frau → Batseba
Die Bedeutung der Kreter und Pleter für den Erhalt und die Stabilität der Herrschaft Davids zeigt sich sowohl in ihren Erwähnungen in den Beamtenlisten, als auch in diesen drei kritischen Situationen, ohne dass der Erzähler zu sehr ins Detail geht. Die Beleglage lässt es daher kaum zu, konkrete Aussagen über die Zusammensetzung, Größe, Aufgabe und Struktur der Kreter und Pleter zu machen. Im Rahmen einer kontextuellen Betrachtung können lediglich einige Vermutungen angestellt werden.
2.2. Zusammensetzung
Nach einer Notiz in 1Sam 22,1-2
Die weiteren Erzählungen von David und seinen Männern, die eventuell mit den Kretern und Pletern zu identifizieren sind bzw. diese mit einschließen, lassen lediglich erkennen, dass es sich um eine Gruppe von gewaltbereiten Menschen handelt. Die Erzählung um → Nabal
Der Antrieb dieser Männer scheint allein in ihrer Loyalität gegenüber David zu bestehen, während ihre Zusammengehörigkeit auf der drohenden Verfolgung durch Saul basiert (1Sam 27,1f
Anders verhält es sich bei einer weiteren Gruppe, die David loyal ergeben ist. 600 Gatiter unter der Führung ihres Landsmanns Ittai unterstützen David neben den Kretern und Pletern beim Aufstand seines Sohnes Absalom. Diese Männer werden vom Erzähler insgesamt als Fremde wahrgenommen, so dass David sie zunächst nicht in den Konflikt involvieren will (vgl. 2Sam 15,19ff
Aus diesen Beobachtungen ist zu schließen, dass die Kreter und Pleter ihre Zusammengehörigkeit vor allem aus ihrer Loyalität gegenüber David ableiten, die wiederum mehr in ihrem sozialen und weniger in ihrem ethnischen Status begründet ist.
2.3. Aufgabe
Anhand der Beamtenlisten lässt sich keine konkrete Aufgabe der Kreter und Pleter ableiten. Im Allgemeinen wird angenommen, dass sie als militärische Spezialeinheit bzw. Fremdenlegion oder königliche Leibwache fungierten.
Neben dem allgemeinen Heerbann treten weitere Truppenverbände in den Erzählungen der Samuelbücher auf. Hierzu zählen neben den Kretern und Pletern die sogenannten „Tapferen Männer“ (הַגִּבֹּרִים haggibborîm) bzw. die „Dreißig“, die „Drei“ sowie die Gatiter (vgl. 2Sam 15,18ff
Einzig der Anführer der Kreter und Pleter, Benaja ben Jojada, wird in 2Sam 23,20ff
Andererseits wird er von David über die מִשְׁמַעַת mišma‛at gesetzt (2Sam 23,23b
Setzt man die Beamtenlisten und 2Sam 23,23
2.4. Größe
Würde in 1Sam 22,1f
Betrachtet man die Kreter und Pleter als Leibwache Davids (vgl. dazu oben) in Parallele zu den in 2Sam 15,1
Aber auch die 400 bzw. 600 Männer, die David um sich sammelt, können nicht mit den Kretern und Pletern gleichgesetzt bzw. zu ihnen gerechnet werden, da auch die Gatiter zu dieser Gruppe gezählt werden (vgl. 2Sam 16,6
2.5. Struktur
Über die innere Struktur der Kreter und Pleter ist nichts bekannt, abgesehen davon, dass sie einen Oberbefehlshaber namens Benaja ben Jojada hatten. Die biblischen Belege legen überdies eine freiwillige Zugehörigkeit der Mitglieder zur Gruppe nahe. Über ihre Bezahlung gibt es keine genaueren Nachrichten. Ob sie in Form von Lehensgaben entlohnt wurden, wie dies für den alten Orient häufig belegt ist, bleibt unsicher (vgl. unten).
3. Historische Einordnung
Wesen und Aufbau des Heeres, der Gesellschaft, der Wirtschaft und des Staats hingen im Alten Orient eng miteinander zusammen, ohne dass die jeweiligen Strukturen auf bestimmte Machtbereiche beschränkt gewesen wären (Tallis, 47). Archäologische Funde und ikonographische Darstellungen auf Stelen und Standarten (z.B. in Girsch oder Ur) belegen vielmehr seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. eine hochentwickelte Militärtechnik und Heeresorganisation mit häufig sehr ähnlicher Bewaffnung und Ausrüstung (Tallis, 50f.). Bei der Machtübernahme in einem Großreich konnten daher oft vorhandene Strukturen fortgeführt und in die eigene militärische Organisation eingefügt werden. Die assyrischen Herrscher z.B. konnten bereits auf einen gut organisierten Königshof zurückgreifen, an dem spezialisierte Streitkräfte verschiedene Aufgaben wahrnahmen, die im Kriegsfall sofort rekrutiert werden konnten (vgl. Tallis, 52f.). Der Sold wurde in Form von Verpflegung und Kleidung gezahlt, die Berufssoldaten wurden mit dem vom König gewährten Pachtland (illkum) belehnt (vgl. Tallis, 53).
In Israel und Juda blieb bei der Staatenbildung die verwandtschaftsbasierte Gesellschaftsform auch für die höfische Administration zunächst maßgeblich. Darüber hinaus nahm man aber auch die Dienste ausländischer Spezialisten in den Kreisen der סָרִיסִים sārîsîm „Eunuchen / Höflinge“ in Anspruch (vgl. Kessler, 84f.), die in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zum König standen (Kessler, 86).
In der vorstaatlichen Zeit wurde in Israel im Kriegsfall der (freiwillige) Heerbann der Stämme jeweils unter der Führung eines charismatisch begabten Anführers einberufen. Nach dem Ende der militärischen Auseinandersetzung löste sich die Gruppe wieder auf. Daneben gab es aber auch kleinere, dauerhaft bewaffnete Verbände, die als Outlaws oder „Söldner“ (‛apîru; → Hapiru
Die biblisch erwähnten Einheiten des Heerbannes bzw. der Berufsarmee von 100, 50 und 10 Mann (z.B. Num 31,14
R.A. Gabriel zufolge wählte David seine Leibwache aus den „Dreißig“ aus, die seinen Aufstieg begleitet haben und ihm treu ergeben waren. Sie stellten mit einer Söldnergruppe philistäischer Männer den Kern seiner Armee (vgl. Gabriel, 34f.). Dagegen gibt es keine Belege dafür, dass David oder Salomo die „Dreißig“ und die Kreter und Pleter durch die Vergabe von Lehen an Grund und Boden an sich gebunden hätten, was vielleicht erklärt, warum sie spätestens nach Salomos Thronbesteigung nicht mehr erwähnt werden.
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
- Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006
2. Weitere Literatur
- Bar-Efrat, S., Das erste Buch Samuel. Ein narratologisch-philologischer Kommentar (BWANT 176), Stuttgart 2007
- Gabriel, R.A., The Military History of Ancient Israel, Westport 2003
- Kessler, R., Sozialgeschichte des alten Israel. Eine Einführung, Darmstadt 2006
- Noort, E., Art. Krethi und Plethi, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 4, 4. Aufl., Tübingen 2001, 1743-1744
- Schroer, S., Die Samuelbücher (NSK.AT 7), Stuttgart 1992
- Tallis, N., Krieg im Vorderen Orient, in: P. de Souza (Hg.), Die Kriege des Altertums. Von Ägypten bis zum Inkareich, Leipzig 2008, 47-66
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