Kulthöhe
(erstellt: Dezember 2008)
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1. Die Wortbedeutung
Dem hebräischen Wort bāmāh (pl. bāmôt) liegt die semitische Wurzel bmt zugrunde, die geographisch etwas Hügeliges oder Erhöhtes bezeichnet sowie im Blick auf Körper den Brust- oder Rückenbereich von Tieren oder Menschen. Die Übersetzung mit „Kulthöhe“ geht davon aus, dass die kultische Verwendung des Begriffs erhöhte Kultplätze meint. Dies entspricht in etwa der Charakterisierung der bāmôt im sogenannten → Deuteronomistischen Geschichtswerk
Auffällig ist, dass der Begriff bāmāh außer im Alten Testament und auf der moabitischen → Meschastele
2. Die Belege
2.1. Außerbiblische Belege
Außerhalb der Bibel ist von einem bāmāh-Heiligtum nur im Text der moabitischen → Meschastele
2.2. Biblische Belege
2.2.1. Vordeuteronomistische Belege
Die vordeuteronomistischen Belegen bieten durchweg neutrale Darstellungen der bāmôt. Die Heiligtümer sind Bestandteil des normalen örtlichen Lebens (1Sam 9,1-10,16
2.2.2. Deuteronomistische Belege
Nach deuteronomistischer Darstellung verstoßen die bāmôt gegen die Bestimmungen der Kultzentralisation (vgl. Dtn 12,2f
Anhand des Verhaltens der Könige wird ein differenziertes Bewertungsmuster (hier dargestellt von schlecht nach gut) etabliert: 1. Ein König, der bāmôt errichtet (Jerobeam, Manasse); 2. ein König, der in den bāmôt opfert (Ahas); 3. ein König, der bāmôt duldet (Joschafat); 4. ein König, der die bāmôt-Verehrung einschränkt (Asa); 5. ein König, der die bāmôt beseitigt (Hiskia, Josia).
Schlechte Könige wie der israelitische → Jerobeam
2.2.3. Nachdeuteronomistische Belege
Im Schrifttum der → Ezechiel-Tradition
3. Die ältere Forschung
Über das Aussehen der Kulthöhen gab es lange einen relativ großen Konsens. Die Kulthöhen (bāmôt) wurden als offene ländliche, eher rustikale Heiligtümer gesehen, deren besonderes Kennzeichen eine natürliche oder künstliche Plattform war. Sie galten als Orte des Volkskultes (Alltagskultes). Die Menschen auf dem Land und in den Städten nutzten die erhöhten Plattformen nach ihren kultischen Bedürfnissen. Im Gegensatz zu einem ausgefeilten Tempelkult stellte man sich den Höhenkult recht einfach vor. Diese Sicht entspricht weitgehend dem Bild, das die deuteronomistische und die chronistische Literatur zeichnet.
In Bezug auf die an den bāmôt verehrten Götter wurden verschiedene Modelle vorgeschlagen: Man charakterisierte die bāmôt als Jahwe-Kultstätten (Welten, 194), als Heiligtümer eines synkretistischen Kultes (Whitney, 146f.) oder gar als Jahwe-feindliche Kultstätten. In diesem Punkt ist auch die biblische Darstellung uneinheitlich (s.o.).
4. Archäologische Funde
Die Sicht von Kulthöhen (bāmôt) als künstlichen oder natürlichen Erhöhungen wurde in der Archäologie breit aufgegriffen. Man bezeichnet Podien, Kultbühnen und erhöhte Installationen, wie sie häufig in Zusammenhang mit Götterfiguren, Stelen, Altären oder identifizierbaren Tempelgebäuden gefunden wurden, als bāmāh „Kulthöhe“.
Dies gilt z.B. für eine große elliptische Plattform aus Feldsteinen in → Megiddo
In der Forschung gibt es hinsichtlich der Interpretation archäologischer Funde als Kulthöhen (bāmôt) keinen Konsens, d.h. dass aus archäologischer Sicht bisher keine Kulthöhe eindeutig identifiziert werden konnte (→ Bull Site
5. Die neuere Forschung
Die neuere Forschung fragt zunächst nach der Funktion der Kulthöhen und stellt das Problem ihres Aussehens in den Hintergrund. Sie zeigt, dass die Kulthöhen (bāmôt) als Heiligtümer in Verbindung mit Orten bzw. Städten anzusprechen sind (Ahlström, Barrick, Gleis).
5.1. Zeitliche Einordnung
Die meisten biblischen Belege für die bāmôt beziehen sich auf die Vorkönigszeit und die Königszeit. Die Zerstörung der städtischen Infrastruktur durch die Neubabylonier im 6. Jh. leitet auch das Ende der Kulthöhen (bāmôt) ein. Im Zuge der religiösen Erneuerung Israels nach dem Exil verliert sich ihre Spur.
Fragt man nach dem Alter der alttestamentlichen Belege, dann spannt sich der Bogen von der vorköniglichen Zeit bis in die spätnachexilische Zeit der Chronik-Bücher. Dabei ist zu beobachten, dass die frühen Belege eine sehr konkrete Vorstellung der Kulthöhen (bāmôt) haben (s.u. zu 1Sam 9
5.2. Tempelgebäude
Hinsichtlich ihres Erscheinungsbildes belegen viele Beispiele in der Bibel, dass die Kulthöhen (bāmôt) mit einem Tempel vergleichbar sind.
Hier lassen sich die Erzählung 1Sam 9,1-10,16
Neben den Gebäuden, lässt auch das → Kultpersonal
Für das Nordreich Israel werden die von Jerobeam errichteten Kulthöhen sogar explizit als bêt bāmôt „Kulthöhen-Haus“ bzw. „Kulthöhen-Tempel“ bezeichnet. Es muss offen bleiben, ob es sich hier nur um einen polemischen Sprachgebrauch des → Deuteronomistischen Geschichtswerks
5.3. Tempel mit lokaler Funktion
Die bāmôt sind eng mit den Städten des Landes verbunden (1Sam 9,1-10,16
Die Religion des königzeitlichen Israel und Juda lässt sich auf drei Ebenen beschreiben. Auf oberster Ebene steht der Staatskult mit den Staatsheiligtümern in → Jerusalem
Königlicher Einfluss oder königliches Interesse ist zumindest bis in die Zeit → Hiskias
5.4. Sonderfälle: Palastkapelle und Torheiligtum
Neben den Lokalheiligtümern kennt die Bibel zwei Sonderfälle von bāmôt. Dies sind zum einen bāmôt, die König → Salomo
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- The Interpreter’s Dictionary of the Bible, Nashville / New York 1962 (Supp. 1976) (Art. High Place; Art. Sanctuary)
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
2. Weitere Literatur
- Ahlström, G.W., 1982, Royal Administration and National Religion in Ancient Palestine, Leiden
- Barrick, W.B., 1980, What Do We Really Know About „High-Places”?, SEÅ, 50-57
- Gleis, M., 1997, Die Bamah (BZAW 251), Berlin / New York
- Catron, J.E., 1995, Temple and bāmāh: Some Considerations, in: S.W. Holloway / L.K. Handy (Hgg.), The Pitcher is Broken (Memorial Essays for G.W. Ahlström; JSOT.S 190), Sheffield, 150-165
- Fowler, M.D., 1982, The Israelite bāmâ: A Question of Interpretation, ZAW 94, 203-213
- Welten, P., 1972, Kulthöhe und Jahwetempel, ZDPV 88, 19-37
- Whitney, J.T., 1979, „Bamoth” in the Old Testament, TB 30, 125-147
Abbildungsverzeichnis
- Kultinstallation in Meggido (ca. 2500-1800 v. Chr.). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
- Kultstelen in Geser (ca. 1600 v. Chr.). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1994)
- Kultnische des Heiligtums in Arad mit zwei Mazzeben (Eisenzeit II). © Wolfgang Zwickel
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