Kultmaske
(erstellt: Dezember 2020)
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Masken sind im gesamten vorderasiatischen Raum bezeugt: Während die ältesten Funde aus dem Neolithikum stammen, zeigt sich eine Blütezeit vom Ende des 2. bis zum Ende des 1. Jt.s v. Chr. Erkennbar ist eine Verbindung mit dem → Tod
Es lassen sich drei Arten unterschieden: Anthropomorphe Masken finden sich (neben ägyptischen Mumienmasken) oft in der Levante, Syrien und Phönizien. Tiermasken stammen von Zypern (u.a. Stiere), aber auch aus Mesopotamien. Als heteromorph („grotesk“) sind die mesopotamischen Humbaba-Masken sowie punische Objekte anzusehen. Ferner können in Syrien, Phönizien, Zypern und Mesopotamien Tonscheiben in der Mitte der Stirn angebracht sein, die eine herausgehobene, eventuell jenseitige Maskenfigur markieren. Masken wurden von Menschen getragen oder an Objekten (z.B. Kultständern) befestigt. Ähnlichkeiten gibt es u.a. zu Protomen, → Amuletten
Bei der Betrachtung von Masken ist zwischen Objekt und Maskenfigur, auf die das Objekt verweist (z.B. Ahnen [→ Totenkult
Träger und Trägerinnen müssen nicht hinter den Masken verschwinden, viel eher können Vervielfältigungen entstehen, wodurch Figur und Träger bzw. Trägerin gleichzeitig sichtbar sind. Die Identifikation der Figuren ist oft unsicher: Für Ägypten sind neben dem vergöttlichten Toten („ach“) → Anubis
Mit dem Hellenismus haben die mit Dionysos und den griechischen Theaterformen (Tragödie, Komödie, Satyrspiel) verbundenen Masken die vorderasiatischen Traditionen zurückgedrängt. Neben den Masken dieser Theaterformen (die aufgrund ihres Materials häufig nicht erhalten und über ikonographische Zeugnisse wie Vasen und Tonnachbildungen zu erschließen sind) gab es auch Totenmasken (z.B. die sogenannte Maske des Agamemnon; Mykene, 16. Jh. v. Chr.) und Masken als Weihgaben, wie im Heiligtum der Artemis Orthia (Sparta, 7.-5. Jh. v. Chr.).
1. Masken in Ägypten
In Ägypten gab es sowohl von Lebenden getragene Masken als auch (weitaus häufiger) Mumienmasken (ḥr „Gesicht / Vorderseite“; tp n sštʒ „Kopf des Geheimnisses“), die (mit der → Mumie
Von Lebenden getragene Masken sind bereits aus prädynastischer Zeit belegt (Hierakonpolis, ca. 3700-3600; Abb. 1). Gefunden wurden zahlreiche Fragmente im Bereich einer Nekropole (meist außerhalb der Gräber). Eine Maske lässt sich gut rekonstruieren: Auffällig sind die schmalen Augen und das spitze Kinn, das wohl einen Bart zeigt, sowie die farbliche Bemalung. Befestigungslöcher liegen hinter den Ohren. Getragen wurden die Masken vermutlich im Kontext der kultischen Jagd. Ein Fund aus der Zeit des Mittleren Reiches stammt aus Lahun und stellt ein bemaltes Objekt aus Kartonage mit Augenöffnungen dar, das Reparaturspuren aufweist, was auf das Tragen und die Pflege der Maske verweist. Als Figur ist → Bes
Mumienmasken finden sich seit dem Alten Reich bis ins 3./4. Jh. n. Chr. und verfügen über einen Kopf- und Brustteil. Im Alten Reich wurden u.a. Kartonagemasken hergestellt, indem Leinenstreifen, mit Gips oder Leim bestrichen, den Toten aufgesetzt und dann als Abdruck bemalt wurden. Ab dem Mittleren Reich sind Helmmasken typisch (Abb. 2), die auf den Schultern ruhen und eine dreiteilige Perücke, gelb- / goldfarbene (göttliche) Haut sowie den Wesech-Halskragen aufweisen.
Ein bekanntes Beispiel ist auch die mit Edelsteinen und Glas verzierte Maske des → Tutanchamun
2. Masken in Juda / Israel
Die ältesten Masken aus dem judäischen Bergland und der judäischen Wüste stammen aus dem präkeramischen Neolithikum B (Abb. 4). Die Gestaltung ist orientiert an Totenschädeln, was auf einen Ahnenkult hinweist. Nur bei einer der Steinmasken ist der Fundkontext bekannt: eine rechteckige Höhle (8 x 4 m) oberhalb des Naḥal Ḥēmār (Koordinaten: 1854.0611; N 31° 08' 30'', E 35° 22' 20''
Aus der Spätbronzezeit sind zwei anthropomorphe Masken aus → Hazor
In den Texten können Masken nicht sicher identifiziert werden. Oft als solche interpretiert wurde das Tuch, das Mose nach Ex 34,29-35
3. Masken in Syrien und Mesopotamien
Die bisher gefundenen spätbronzezeitlichen Masken sind fast ausschließlich Fragmente aus den syrischen Stätten Tell Munbāqa / Ekalte (Koordinaten: N 36° 13' 06'', E 38° 07' 45''
Ein ikonographischer Hinweis auf das Tragen von Masken findet sich auf einer Stele aus Tell el-Aschara (Schirq bzw. Terqa; Koordinaten: N 34° 53' 59'', E 40° 31' 49''
In Mesopotamien gibt es nur wenige Hinweise auf Masken. Prominent sind die sogenannten Humbaba-Masken, bei denen jedoch zu fragen ist, ob es sich tatsächlich um Masken handelt, da Öffnungen und Befestigungsvorrichtungen fehlen. Eines dieser Objekte (BM 116624; Abb. 7) ist eine weitestgehend flache, altbabylonische Tafel aus Sippar (8,4 x 8,3 cm), auf deren Rückseite zwei Omina stehen, von denen eine auf Darmwindungen verweist, die wie das Gesicht Humbabas aussehen. Ein solches stellt vermutlich die Vorderseite dar: breite Linien bilden Haare, Ohren, Brauen, Augen, Nase, Mund, Zähne und einen Bart. Weitaus sicherer als Maske zu deuten ist ein weniger gut erhaltenes, altbabylonisches Objekt aus Tell ed Dēr (18 x 16 cm), das über offene Pupillen, Befestigungslöcher und eine Aussparung auf der Rückseite auf Höhe der Nase für den Träger bzw. die Trägerin verfügt. Haare sowie geschwungenen Linien über die breite, flache Nase erinnern an Humbaba. Diese heteromorphe Gestaltung findet sich auf verschiedenen Fundobjekten bis in spätbabylonische Zeit.
Neuassyrische Bildquellen (Steinreliefs: BM 124548; 13673; Rollsiegel: BM 129538) zeigen junge Männer, die eine Löwenmaske tragen (Löwenkopf mit geöffnetem Maul, dazu ein knöchellanger Umhang) und dabei eine Peitsche in der Hand halten. Kontext und Bedeutung sind schwer zu erkennen, eine rituelle Funktion ist wahrscheinlich. Hierfür spricht, dass der Träger auf BM 13673 die Finger zum doppelhändigen Schnippen verschränkt hat und in einer Reihe mit klatschenden Personen steht. Eventuell ist die Löwenmaske mit dem Anlegen einer Löwengestalt (Erra-Epos I,34; IV,21) oder mit Lā-tarāk, einem mit Löwen assoziierten Gott, in Verbindung zu bringen. Wie bei Humbaba könnte die Löwenmaske auf einen apotropäischen Gebrauch hinweisen.
Als Maske ist auch die Kleidung des neuassyrischen und neubabylonischen Fischpriesters anzusehen, der z.B. auf dem Lamaschtu-Relief vor und hinter dem Krankenbett zu sehen ist. Der Fischkopf liegt auf dem Kopf des Trägers und ist mit einem Gewand verbunden, das in eine Schwanzflosse mündet. Womöglich ist die Fischmaske mit Adapa (griechisch: Oannes) zu assoziieren. Als weitere Maskenträger kommen auch die Kultakteure kurgarrû und assinnū in Betracht, deren Spiel mit Geschlechterrollen u.a. für Letztere bedeutet, dass sie auf einer Seite Männer- und auf der anderen Seite Frauenkleidung tragen. Beide gehören zum Kult der → Ischtar
4. Masken in Phönizien und auf Zypern
Aus den phönizischen Gebieten des 1. Jt.s (neben → Tyrus [Koordinaten: N 33° 16' 20'', E 35° 11' 40''
Im westphönizischen Raum (u.a. Karthago) sind zahlreiche Masken belegt, viele in heteromorpher Gestaltung mit breitem Lachen. Diese männlichen Masken (8./7.-2. Jh. v. Chr.) können mit über verschiedene Gesichtspartien verlaufenden Linien und Tonscheiben oder eingeritzten Symbolen verziert sein. Gefunden wurde dieser Typ in Gräbern und Wohnstätten, aber auch im religiösen Kontext (Tempel, Tofet [→ Moloch
Zahlreiche Funde in verschiedenen Varianten bezeugen eine weite Verbreitung von Masken auf Zypern für einen Zeitraum von 1225/1220 v. Chr. bis in hellenistische Zeit (Schwerpunkt: 950-400 v. Chr.). Neben den Masken gibt es auch vereinzelt ikonographische Hinweise auf Siegeln. Besonders häufig wurden Masken in Enkomi, Kithion und Amathous gefunden, als Fundkontexte konnten Heiligtümer oder damit verbundene Metallwerkstätten ausgemacht werden, in Amathous auch Gräber. Anthropomorphe Masken zeigen meist männliche Figuren mit offenen Augen und geschlossenem Mund. Die Masken können Befestigungslöcher aufweisen und farblich bemalt sein. Eine weibliche Protomenmaske mit langen Haaren, geöffneten Augen und lächelndem Mund stammt aus einem Heiligtum in Malloura (zyprisch-archaische Zeit: 750-475). Es finden sich auch theriomorphe Masken, zunächst in Form bearbeiteter Rinderschädel, z.B. aus dem Heiligtum des Barrengottes in Enkomi (1225/1200-1050 v. Chr.). Aus zyprisch-archaischer Zeit stammen Terrakottamasken, die vor allem Stiere, aber auch andere Tiere wie Löwen zeigen. Hier finden sich häufig farbig gestaltete Protome, die mittels Löcher an anderen Gegenständen befestigt werden konnten. Heteromorphe Masken sind seltener, sie verfügen über ausgeschnittene Augen und Mund sowie über gefurchte Gesichtspartien. Farbbemalung ist ebenfalls nicht unüblich und auch die aus anderen Regionen bekannte Tonscheibe in der Mitte der Stirn kann auftreten.
Als weitere Zeugnisse gibt es Trägerfigurinen, die das Auf- oder Absetzen von (meist Stier-)Masken und so die Doppelung von Träger und Figur zeigen (Abb. 9). Die Figuren aus verschiedenen Materialien wie Ton oder Kalkstein zeigen einen überwiegend männlichen Träger, der eine oder beide Hände an die Maske führt. Dass diese Figurinen auch in Gruppen erscheinen, mag auf einen rituellen Kontext mit mehreren Trägern verweisen.
Literaturverzeichnis
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- Totenmaske des Tutanchamun (14. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © MykReeve, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 3.0 unported ; Zugriff 4.1.2021 - Maske aus Ḥorvat Duma (präkeramisches Neolithikum B). Israel Museum, Jerusalem; Inv.-Nr. 1982.2.71; Zeichnung: J. Stein; mit freundlicher Genehmigung von J. Stein
- Maske aus Hazor (Spätbronzezeit). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Maske aus Tell Munbāqa (Spätbronzezeit). Aus: R. Czichon / P. Werner, Ausgrabungen in Tall Munbāqa – Ekalte I. Die bronzezeitlichen Kleinfunde (WVDOG 97), Saarbrücken 1998, Taf. 90; mit freundlicher Genehmigung von D. Machule
- Sog. Humbaba-Maske (Sippar; 1800BC-1600 v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; ME 116624 lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International ; Zugriff 4.1.2021 - Bronzeplakette mit Darstellung der Lamaschtu, der Dämonin des Kindbettfiebers, sowie Fischpriestern vor und hinter dem Krankenbett (7. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © Rama, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-2.0 France; Zugriff 4.1.2009
- Trägerfigurine aus Amathous (600-475 v. Chr.). Limassol District Museum; Inv.-Nr. AM T.219/1; Foto: E. Averett; mit freundlicher Genehmigung vom Department of Antiquites, Cyprus, M. Solomidou-Ieronymidou und E. Averett
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