(erstellt: November 2010)
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→ Grenze
1. Die Bezeichnungen für Land
Die Hauptbezeichnungen für Land sind אֶרֶץ ’æræṣ und אֲדָמָה ’ǎdāmāh mit 2505 bzw. 231 Belegen in der Hebräischen Bibel. אֶרֶץ ’æræṣ kann „Erde / Erdboden“, „Grundstück“ und „Gebiet / Land“ bezeichnen, meist in politischem Sinne (HALAT 1, 87f). אֲדָמָה ’ǎdāmāh bedeutet „Erdboden“, und zwar kultivierter Ackerboden oder Grundbesitz im Unterschied zu nicht-kultiviertem Boden wie Steppe oder Wüste (HALAT 1, 14f). Doch אֶרֶץ ’æræṣ und אֲדָמָה ’ǎdāmāh werden oft synonym gebraucht. Die → Septuaginta
Häufig (ca. 500-mal) wird אֶרֶץ ’æræṣ mit einem Eigennamen wie dem eines Landes (z.B. Ägypten) oder einer Ethnie (z.B. Philister) verbunden, um ein Territorium zu benennen. Ausgerechnet die Bezeichnung אֶרֶץ יִשׂרָאֵל ’æræṣ jiśrā’ēl „das Land Israel(s)“ kommt nur 11-mal vor (s.u. 2.5). Dazu tritt die Benennung אַדְמַת יִשׂרָאֵל ’admat jiśra’ēl „(Kultur-)Land Israels“ die sich 17-mal, und zwar ausschließlich bei Ezechiel findet (Ez 7,2
Als Bezeichnungen von Land als Besitz finden sich Wörter wie נַחֲלָה naḥǎlāh „unveräußerlicher Erbbesitz“, אֲחֻזָּה ’ǎḥuzzāh „Eigentum / Habe“, גּוֹרָל gôrāl „Losanteil“ und חֵלֶק ḥēlæq „Teil / Anteil“.
2. Der Umfang des Landes Israel
Es gibt verschiedene Beschreibungen für den Umriss des Landes Israel, die jeweils mehr oder weniger historischer und mehr oder weniger theologischer Natur sind (s. Kallai, 1986; Keel / Küchler / Uehlinger, 206-288; Knauf, 10-12; Saebø). Die Grenzen und Namen des Landes Israel wechseln durch die Zeiten und abhängig von der eingenommenen Perspektive. Die Bezeichnung „Land Israel“ ist in diesem Artikel daher immer auch anachronistisch und dient lediglich als Sammelbezeichnung und Hilfskonstrukt, um „dieses Land“ beschreiben zu können. Von den vielen Namen und Grenzen des Landes Israel (dazu ausführlich Keel / Küchler / Uehlinger, ebd.) seien folgende genannt:
2.1. „Vom Fluss Ägyptens bis zum Euphrat“
Das sogenannte „euphratische Israel“ beschreibt ein Gebiet, das sich vom Fluss Ägyptens (נְהַר מִצְרַיִם auch: „Bach Ägyptens“; → Nil
2.2. Kanaan
Erstreckte sich das Gebiet des „euphratischen Israel“ auf beide Seiten des → Jordan
2.3. „Von Dan bis Beerscheba“
Siebenmal begegnet die Formel „von → Dan
2.4. Das Land der Stämme Israels
In Jos 13
2.5. „Land Israel(s)“
„Land Israel(s)“ אַדְמַת יִשׂרָאֵל ’admat jiśra’ēl bzw. אֶרֶץ יִשׂרָאֵל ’æræṣ jiśrā’ēl ist entweder eine ungenaue Bezeichnung für ein Gebiet im Land Israel (z.B. 1Sam 13,19
2.6. Das idealisierte Land Israel
Im sogenannten Verfassungsentwurf → Ezechiels
3. Das Land in der biblischen Geschichtsdarstellung
Die Geschichte des Volkes Israel ist stets mit dem Land Israel in Verbindung zu sehen. Das Land wird den → Erzeltern
3.1. Die Verheißung des Landes an die Erzeltern
Den Auftakt zur Landverheißung bildet die Itinerarnotiz Gen 11,31
Das starke Interesse am Land Israel im Pentateuch hat in der älteren Forschung zur Annahme eines das → Josuabuch
Andererseits bleibt das Land allerdings Land der Fremdlingschaft, zumindest für Abraham (z.B. Gen 17,8
Die Verheißung selbst erscheint des Öfteren als Schwur (שׁבע šb‘ Nif.; → Eid
Der Gedanke eines langen bzw. guten und langen Lebens im Land findet seinen Niederschlag auch im → Dekalog
3.2. Die Landgabe und Landverteilung
Nach der biblischen Darstellung erfolgte die sogenannte → Landnahme
Da es Jhwh ist, dem das Land gehört, und er es dem Volk Israel zur Nutzung gibt (s.u. 6), ist es aus theologischer Sicht stimmiger, von „Landgabe“ statt „Landnahme“ zu reden. Dazu passt auch der Charakter der ersten „Eroberungen“ im Land unter Josua. → Jericho
Nach dem Josuabuch wird das westjordanische Land in mehreren Stufen erobert und verteilt. Zunächst wird der Süden (Jos 6-10
3.3. Das nicht-eroberte Land
Obwohl öfter betont wird, dass das ganze Land erobert wurde (Jos 11,16f
Es gibt vier wissenschaftliche Modelle zur sogenannten Landnahme (s. zu den ersten drei immer noch Weippert): 1. Das Eroberungsmodell: Unter Anführung von Josua wird das Land in kurzer Zeit militärisch erobert (s. u.a. Albright, 1935 und 1939); 2. Das Infiltrationsmodell: Das Kulturland wird durch den saisonal bedingten Weidewechsel der proto-israelitischen Nomaden allmählich und hauptsächlich friedlich besiedelt (Alt; Noth); 3. Das Revolutionsmodell: Die Proto-Israeliten sind Einwohner des Landes selbst und lehnen sich gegen die Machthaber in den Städten auf. Danach besiedeln sie die nicht-kultivierten bergigen Gebiete (Mendenhall; vgl. auch Gottwald); 4. Das Evolutionsmodell: Durch die Jahrhunderte hindurch gibt es immer wieder Prozesse von Nomadisierung, Urbanisierung, Renomadisierung und Reurbanisierung. In Letzterem ist die Sesshaftwerdung der Israeliten anzusetzen (Finkelstein). Die drei letzten Theorien werden am ehesten der wahrscheinlich historisch zu betrachtenden Schilderung gerecht, dass das Land Israel von den Israeliten nie vollständig „erobert“ wurde.
3.4. Der Verlust des Landes und die Rückkehr in das Land
Das „höchste Heilsgut im Alten Testament“ (Noort, 1993, 8), das Land Israel, geht aber wieder verloren. Zunächst werden die Bewohner des Nordreichs Israel 722 v. Chr. durch die → Assyrer
Die Exilserfahrungen haben die Entstehung vieler alttestamentlicher Bücher und einer Theologie, in der die Bedeutung des Landes Israel im Verhältnis zu Jhwh und dem Volk Israel aufgearbeitet wird, maßgeblich bestimmt. Dementsprechend bekommt auch die → Rückkehr
4. Qualifikationen des Landes
Wenn das Land Israel attributiv oder prädikativ qualifiziert wird, erscheint es in den meisten Fällen positiv, was angesichts der hohen Bedeutung des Landes in der biblischen Geschichte und Theologie nicht wundern darf. Auch die weniger oft vorkommenden negativen Qualifikationen, wenn es z.B. heißt, dass das Land verunreinigt oder befleckt ist (s.u. 4.2), vermitteln umgekehrt die hohe Wertschätzung des Landes.
4.1. Das Land, das von Milch und Honig fließt
In mehreren Landverheißungen an die Israeliten (also nicht an die → Erzeltern
4.2. Das verunreinigte Land
Das Land kann durch Gräueltaten verunreinigt werden (Lev 18,25
4.3. Sonstige Qualifikationen des Landes Israel
Positive Bezeichnungen für das Land Israel sind außer „fließend von Milch und Honig“ „gut“, „geräumig“ (alle drei in Ex 3,8
Der Ausdruck „gutes Land“ erscheint in Num 14,7
5. Personifizierungen des Landes
Mehrmals erscheint das Land personifiziert. Dabei kann es interessanterweise als ethisches Korrektiv fungieren.
5.1. Das Menschen fressende und ausspeiende Land
In Num 13,32
Das Land kann als Strafe Gottes auch Menschen verschlingen (בלע bl‘) und sie direkt ins Totenreich befördern (→ Jenseitsvorstellungen in Israel
Als Strafe kommt aber auch das Umgekehrte vor: Das Land „speit seine Bewohner aus (קיא qj’)“, die sich mit Gräueltaten versündigt und dadurch dieses Land verunreinigt haben (Lev 18,25
5.2. Das hurende und trauernde Land
Im → Hoseabuch
6. Jhwhs Land
Das Land Israel ist alttestamentlich gesehen in erster Linie Land Jhwhs. Es gehört ihm; er ist es, der es (indirekt) verteilen oder wieder wegnehmen kann; er kann in diesem seinem Land präsent sein; seine Bewohner sind ihm im Land rituell und moralisch geweiht.
„Land“ fungiert des Öfteren als Metapher für die Begegnung zwischen Jhwh und seinem Volk (z.B. Ps 37
6.1. Das Land als Eigentum Jhwhs
Allgemein altorientalisch ist der Gedanke, dass jede Ethnie mit ihrem Gebiet einem bestimmten Gott gehört. Im Alten Testament begegnet diese Vorstellung in Dtn 32,8
Das Land Israel ist das besondere Eigentum Jhwhs. In Lev 25,23
6.2. Das Land als Gabe Jhwhs
Immer wieder wird in der Hebräischen Bibel betont, dass das Volk Israel nicht ursprünglich im Land Israel wohnte und das Land dem Volk von Jhwh gegeben wurde. Der Besitz – nicht das Eigentum, nur Jhwh ist Eigentümer (s.o. 6.1) – ist darum für die Israeliten nicht selbstverständlich. Im → Deuteronomistischen Geschichtswerk
Da Jhwh der Eigentümer des Landes ist (s.o. 6.1), kann er es den Israeliten geben. Auch für die Verteilung des Landes ist letztendlich er verantwortlich. Bei der Verteilung des Landes an die ostjordanischen Stämme führt → Mose
6.3. Das Land als Wohnstätte Jhwhs
Vor allem im Jerusalemer → Tempel
6.4. Heiliges Land
Nur in Sach 2,16
In Ex 3,5
Der Begriff eines heiligen Landes kommt aber öfter vor. Alle Stellen, wo von Jhwhs Land geredet wird (s.o. 6.1), oder davon, dass Jhwh im Land inmitten seines Volkes wohnt (s.o. 6.3), weisen auf eine enge Verbindung von Land und Jhwh hin und damit auf die Vorstellung eines heiliges Landes.
In der Septuaginta begegnet die Formulierung γῆ ἁγία gē hagía oder ἡ ἁγία γῆ hē hagía gē „heiliges Land / das heilige Land“ außer in Sach 2,16
6.5. Das Land, in dem das Gesetz zu befolgen ist
Im Land, das Jhwh gehört, ist seinem Willen entsprechend zu leben. Nach der deuteronomistischen Darstellung (→ Deuteronomismus
7. Das Land Israel im Neuen Testament
Im Neuen Testament hat das Land Israel keine so herausragende Bedeutung wie im Alten Testament. Es ist das hauptsächliche Setting des Wirkens Jesu, und Mt 10,5f
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Abbildungsverzeichnis
- Karte: Israel als Land „vom Fluss Ägyptens bis zum Euphrat“. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Karte: Das Land Kanaan. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Karte: Israel als Land „von Dan bis Beerscheba“. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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