Lea
Andere Schreibweise: Leah (engl.)
(erstellt: August 2013)
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→ Genesis
1. Name
Die Etymologie des Namens Lea (hebr. לֵאָה le’ā) ist unsicher. Unter Verweis auf akkadisch lītu, littu (< *li’tu) „Kuh“ und arabisch lu’lu’a „Wildkuh“ sowie auf andere hebräische Personennamen, die von Tiernamen abgeleitet sind (→ Debora
In Frage kommt aber auch die Ableitung von der Wurzel *L’J „stark sein“ (akkadisch le’û; vgl. AHw 547) mit theophorem Element, so im Akkadischen GN-le’i („die Gottheit xy ist stark“).
In der → Septuaginta
2. Lea im Alten Testament
Lea ist die ältere Schwester von → Rahel
2.1. Lea in den Erzelternerzählungen
Der Erzvater → Abraham
Lea nimmt in den Erzelternerzählungen verschiedene Rollen ein: Sie tritt auf als verzweifelte nicht-geliebte, aber fruchtbare Ehefrau, als ärgste Rivalin der eigenen Schwester und als ältere Tochter, über die der Vater verfügt und von dem sie sich zugunsten ihres Mannes lossagt. Dabei wird sie als eine der Stammmütter Israels gezeigt.
2.1.1. Lea als Frau Jakobs (Gen 29,16-30)
Wie der Knecht Abrahams Rebekka, der zukünftigen Frau → Isaaks
Das Adjektiv רַךְ rakh, das die Augen Leas beschreibt, wird an dieser Stelle gewöhnlich mit „matt“ übersetzt. Bei Flavius Josephus ist die ältere Tochter explizit „nicht so schön wie Rahel“ (Antiquitates I 301; Text gr. und lat. Autoren
Als Laban Jakob nach einem Lohn für seinen Dienst bei ihm fragt, wählt Jakob die jüngere Tochter Rahel, um die er sieben Jahre dient (Gen 29,20
2.1.2. Lea und ihre Söhne (Gen 29,31 – 30,24)
Zu dem Motiv der Rivalität von Erst- und Zweitgeborener, der Bevorzugung der Jüngeren vor der Älteren, in der sich die Rivalität von Jakob und Esau spiegelt (Gen 27
Gedeutet wird die auf Gott zurückgeführte Fruchtbarkeit Leas durch den Erzähler als JHWHs Reaktion darauf, dass Lea „gehasst“ ist (Gen 29,31
Doch auch Rahel, die das hat, was Lea sich so sehnlich wünscht, nämlich die Liebe ihres Mannes, empfindet ihre Situation als unerträglich: Sie möchte Kinder. Als sie den Umweg über ihre Magd Bilha wählt, die zwei Kinder zur Welt bringt, zieht Lea, die ebenfalls keine weiteren Kinder geboren hat, nach. Auch ihre Magd Silpa bringt zwei Söhne, Gad und Ascher, zur Welt.
In einer weiteren Szene (Gen 30,14-21
Völlig ohne Zusammenhang zum vorhergehenden Handel der Schwestern, die wie Jakob und Esau Rang und Status käuflich absichern wollen (vgl. Gen 25,31
In den Verhältnissen der patriarchal verfassten Gesellschaftsordnung mit polygyner Eheschließung (anders jedoch Lev 18,18
2.1.3. Lea und ihr Vater (Gen 31,4-18)
Als es zu Rivalitäten zwischen Jakob und den Söhnen Labans kommt und sich das Verhältnis von Onkel und Neffe verschlechtert, erhält Jakob den göttlichen Auftrag, in das Land seiner Väter zurückzukehren. Er beratschlagt sich mit seinen beiden Frauen Rahel und Lea und begründet seinen Wunsch, in seine Heimat zurückzukehren, mit dem betrügerischen Handeln Labans und einem Traumgesicht (Gen 31,4-13
Den Hintergrund der Szene mögen sozialrechtliche Vorgänge bilden. Lea und Rahel sprechen vom Haus ihres Vaters (hebr. בֵּית אָב bêt ’āv), einer formalen Größe, der der pater familias vorsteht. Indem sich die Töchter von ihrem Vaterhaus abwenden, wird es Jakob möglich, selbst zum pater familias zu werden (Shectman, 12). So ist auch ihre rhetorische Frage „Haben wir noch Anteil oder Erbe im Haus unseres Vaters?“ (Gen 31,14
Liest man die Erzelternerzählungen nicht als reine Familien-, sondern als Volksgeschichte, dann beschreibt diese Szene nicht das Verhältnis widerspenstiger Töchter zu ihrem Vater, sondern Auseinandersetzungen zwischen der Jakobssippe, also Israel, und dem Haus Labans, also → Aram
Die Einmütigkeit der Schwestern und ihre Gleichbehandlung sind allerdings nur von kurzer Dauer. Beim Aufeinandertreffen mit seinem Bruder → Esau
2.2. Lea außerhalb der Erzelternerzählungen
In der Aufzählung der Söhne Jakobs, die nach Ägypten kommen (Gen 46,8-27
Weder wird von Leas Tod berichtet noch, dass sie mit nach Ägypten reist. Erst später erschließt sich, dass sie vorher gestorben ist. Jakob trägt seinen Söhnen auf, ihn in der Höhle Machpela zu begraben. Er verweist dabei darauf: „Dort haben sie Abraham begraben und seine Frau Sara; dort haben sie Isaak begraben und seine Frau Rebekka; und dort habe ich Lea begraben.“ (Gen 49,31
Im Wunsch des Volkes und der Ältesten an Boas (→ Rut
3. Rezeption
Im frühjüdischen Jubiläenbuch (→ Jubiläenbuch
In Genesis Rabba erscheint sie als schlau und selbstbewusst, aber als betrügerisch. Am Morgen nach der erschlichenen Hochzeitsnacht dreht sie die Anschuldigung Jakobs um, der sie als Betrügerin bezeichnet, weil sie sich mit Rahel hat anreden lassen: Er selbst habe sich doch auch von seinem Vater Esau nennen lassen (GenR 70,19).
Manchen jüdischen Traditionen zufolge sei auch Dina ursprünglich ein männlicher Embryo gewesen. Da die Zahl der 12 Stämme jedoch vorherbestimmt sei, bei sieben Söhnen Leas nur ein Sohn für Rahel übrig geblieben wäre, bittet Lea, dass das Kind in ein Mädchen verwandelt werde, damit Rahel zumindest denselben Status wie die Mägde mit zwei Söhnen haben könne (Babylonischer Talmud, Traktat Berakhot 60a [Text Talmud
Weitere Leerstellen der biblischen Erzählung werden geschlossen. So gibt Flavius Josephus eine Erklärung, wie es zur Verwechslung der beiden Frauen in der Hochzeitsnacht kommen kann: Jakob ist von Weinrausch und Dunkelheit getäuscht (Antiquitates I 301). Laut Talmud haben Jakob und Rahel Erkennungszeichen ausgemacht. Diese verrät Rahel an Lea, damit sie nicht beschämt wird, so dass Jakob den Tausch der Schwestern nicht bemerkt (Traktat Megilla 13a.b).
Im Buch Zohar (Spanien, 13. Jh. n. Chr.) tritt Lea ebenfalls aus dem Schatten der Schwester heraus. Die Begegnung Jakobs mit Rahel am Brunnen wird als Mittel zum Zweck gesehen, dass Jakob schließlich Lea heiraten wird, aus der ja die zahlreichen Stämme Israels hervorgehen. Dies kann nicht das offensichtliche Ziel Labans sein, da Lea das Verborgene, Rahel jedoch das Äußere ist, für das Jakob allein Augen hat. So wird Lea gerade wegen ihrer vermeintlichen Zurücksetzung zur eigentlichen Hauptperson des Geschehens.
Bei den Kirchenvätern wird die Ehe Jakobs mit den beiden Frauen typologisch ausgedeutet: Sie wird von Justin auf die beiden Völker der Glaubenden aus Juden und den Heiden hin gelesen. Lea verkörpert das Volk der Juden und die Synagoge, Rahel die Christen und die Kirche. Die schwachen Augen Leas sind die schwachen Augen des Geistes der Juden, also für Justin ihre mangelnde Einsicht. Rahel hingegen hat die Götter des Vaters entwendet, so dass es für die Christen keine Götterbilder mehr gibt. Jakob ist mit beiden Frauen verheiratet, wie Christus beiden, der Kirche aus Juden und Heiden, dient (Dialog mit dem Juden Tryphon, 134; Bibliothek der Kirchenväter
In der christlichen Ikonographie erscheinen Rahel und Lea im Anschluss an diese Typologien als Ecclesia und Synagoge, z.B. am nördlichen Querschiff der Kathedrale von Chartres (Anfang 13. Jh.). Sie gelten als Prototypen für Maria und Martha bzw. Vita activa und contemplativa, so in der Darstellung von Michelangelo (Abb. 1).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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2. Weitere Literatur
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Abbildungsverzeichnis
- Rahel und Lea, in der Mitte Mose (Marmorstatuen; Michelangelo Buonarroti; San Pietro in Vincoli, Rom; 1545). Aus: Wikimedia Commons; © Jean-Christophe BENOIST, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-3.0
- Rahel und Lea (Raphael; 16. Jh.).
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