Leihrecht
(erstellt: Juni 2013)
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Auskunft über das Leihrecht in Israel und dem übrigen Alten Orient geben uns Rechtstexte (→ Recht
Im Neuen Testament macht Jesus das Leihen ohne Sicherheiten zu einer Forderung, die gängiger Praxis widerspricht und Teil der Gerechtigkeit des Gottesreiches ist, sich damit jedoch auf einer anderen Ebene von Recht bewegt.
1. Begriffsbestimmung
Nach geltendem deutschen Recht kommt Leihe durch einen Vertrag oder als ein Gefälligkeitsverhältnis zustande, wodurch der Verleiher dem Entleiher den Gebrauch einer Sache unentgeltlich gestattet (ansonsten handelt es sich um Miete). Haftung entsteht vor allem für den Entleiher, der von der entliehenen Sache keinen vertragswidrigen Gebrauch machen, insbesondere sie ohne Zustimmung des Verleihers nicht weiter verleihen darf (→ Haftrecht
2. Verleih von Tieren und Alltagsgegenständen
Ex 22,13-14
Schwierig ist die Übersetzung und rechtliche Interpretation von Ex 22,14b
In der Wundererzählung 2Kön 4,1-7
In einer weiteren Wundererzählung bringt Elisa eine Axt, die einer seiner Jünger geliehen hatte, ihm jedoch in den Jordan gefallen war, zum Schwimmen (2Kön 6,1-7
Die soziale Krise im 9. Jh. wird auch durch jährliche Zinssätze bis zu 60% beleuchtet, die aus Dokumenten aus → Elephantine
3. Verleihen von Naturalien und Geld
3.1. Im Alten Orient
3.1.1. Aus dem Alten Orient sind uns Gesetze bekannt, die für den Verleih die Höhe der Zinsen und die Modalitäten der Rückgabe regeln.
Wohl um Wucher zu verhindern, verbietet § 20 des Kodex Eschnunna (Beginn des 2. Jt.s v. Chr., der Text ist schwer verständlich) Gläubigern, die Getreide verliehen haben, als Erstattung Silber zu verlangen. Das Getreide soll vielmehr in der nächsten Erntesaison mit einem Zins von einem Drittel zurückgegeben werden. Diese Bestimmung ist im Alten Orient einzigartig.
Die Absicht besteht wahrscheinlich darin, in Zeiten des Getreidemangels, in denen eine Leihe häufig vorkommt, mit hohen Preisen den Betrag zu fixieren. Der Kodex verbietet diesen „Fruchtwucher“ und verweist auf die nächste Erntesaison (eine Zeit niedriger Preise), in der der Gläubiger nur Getreide mit einem Zins von einem Drittel zurückerhält. Einen in etwa umgekehrten Fall findet man Kodex Hammurabi § 66A: wenn ein Schuldner sein Gelddarlehen nicht zurückzahlen kann, darf der Gläubiger einer Verrechnung in Naturalien (hier Datteln) nicht zustimmen; es kommt nur die Rückzahlung in Silber plus den Zinsen in Frage. § 75+eR kehrt die Dinge um, indem ein Gläubiger, der Silber oder Getreide geliehen hat, anderes Hab und Gut (bušu) des Schuldners annehmen muss, falls dieser nicht in Silber oder Getreide zurückzahlen kann.
Einer Schankwirtin, die ein pichum Bier (ca. 20 Liter) auf Kredit gibt, gesteht § 111 des Kodex Eschnunna zur Erntezeit 50 Liter Getreide als Rückerstattung zu.
3.1.2. Die Höhe der Zinsen führt leicht zur Verschuldung der Kreditnehmer und zur Verarmung von Teilen der Bevölkerung. Um dem entgegenzuwirken, haben Herrscher – etwa bei Gelegenheit ihres Regierungsantritts – einen Schuldenerlass und die Befreiung aus der Schuldknechtschaft verfügt (Entemena von Lagasch um 2400 v. Chr, Urukagina von Lagasch um 2350 v. Chr., Ur-Nammu vor 2000, Lipit Eschtar von Isin im 19. vorchristlichen Jh., Ammi-Saduqa von Babylon in der Mitte des 17. Jh.s).
Es handelt sich hier um unregelmäßige Maßnahmen der Herrscher, die nicht mit den zumindest der Theorie nach regelmäßig wiederkehrenden → Erlassjahren
3.2. Im Alten Testament
In Ex 3,22
Die Bedeutung „leihen“ für שׁאל š’l wurde für die drei genannten Stellen zuerst von M. Noth in die Diskussion eingebracht. Begründen lässt sich diese Übersetzung durch die Ahnungslosigkeit der Ägypter, die davon ausgehen konnten, ihre Leihgegenstände zurück zu erhalten, statt die Tötung der Erstgeburt und den Auszug der Israeliten erleben zu müssen. Durch dieses Nebenmotiv soll die Unnachgiebigkeit des Pharao nochmals hervorgehoben werden.
Diese merkwürdigen Notizen, die von der Beauftragung des → Mose
Stellt man noch in Rechnung, dass jedes Mal erwähnt wird, JHWH habe bewirkt, dass die Israeliten bei den Ägyptern Gunst finden und deshalb die erbetenen Wertgegenstände erhalten, dann ließe sich folgende Aussageabsicht wahrscheinlich machen: es handelt sich um redaktionelle Zusätze, die eine „sanfte“ Plünderung Ägyptens schildern und von Kriegsbeute sprechen wollen. Ermöglicht wird das allein durch JHWH, der „Krieg“ kann retrospektiv in den Plagen und prospektiv in der Vernichtung der ägyptischen Streitmacht am Schilfmeer gesehen werden; die drei Zusätze würden also diese schon fortgeschrittene Wachstumsstufe der Komposition voraussetzen. Ein anderes mögliches Motiv könnte auch darin gesehen werden, dass die entliehenen und nicht zurückgegebenen Wertgegenstände den Arbeitslohn der Israeliten darstellen, der ihnen in Ägypten vorenthalten worden war.
Möglich ist diese Erzählnotiz von der Plünderung der Ägypter nur auf der Basis eines allgemein geltenden Leihrechts, das die Rückgabe der entliehenen Sachen zwingend vorsieht.
3.3. Im Neuen Testament
Im Neuen Testament wird im Gleichnis vom bittenden Freund, der drei Brote leihen will (Lk 11,5-8
4. Metaphorischer und paränetischer Gebrauch
Beim metaphorischen und paränetischen Gebrauch von לוה lwh „leihen“ steht das Verb meistens absolut, d.h. ohne Objekt. In Ps 37,21
Dagegen spricht Spr 19,17
Dtn 28,12
1Sam 1,28
Im Neuen Testament findet sich (aus der Spruchquelle Q) im Kontext der Bergpredigt Jesu in Mt 5,42
In der lukanischen Feldrede steht in der Parallelstelle Lk 6,29-30
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