Machir
(erstellt: Januar 2019)
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Machir ist eine Gruppe bzw. als Einzelperson die Verkörperung dieser Gruppe. Sie wird im Alten Testament für die vorstaatliche Zeit dem Stamm Manasse zugerechnet und einerseits im Westjordanland im Bereich von → Samaria
1. Name
Der Name Machir (מָכִיר mākhîr) mag von der Wurzel מכר mkr „verkaufen“ abzuleiten sein (zur Nominalbildung vgl. Bauer / Leander, 470; GesK 84bf), doch ist seine Bedeutung unklar. 1) Täubler (190f; vgl. HALAT) versteht den Namen im Sinne von „Lohnarbeiter“, speziell „Söldner“. 2) Gesenius (18. Aufl.; vgl. Noth 1928, 232) übersetzt ihn mit „Gekauft“, was dann im Sinne von „als Waisenkind gekauft“ verstanden werden kann oder als „von Gott gekauft“ wohl ausdrücken soll, dass der Namensträger zu Gott gehört. 3) Vielleicht soll der Name jedoch „Kaufpreis / Lohn“ bedeuten (vgl. מָחִיר māḥîr „Kaufpreis / Lohn“) und ein Kind dieses Namens als Lohn der Gottheit für das positive Verhalten der Eltern bezeichnen (vgl. Noth 1928, 189 Anm. 3 zu מִכְרִי mikhrî). 4) Nach Lipiński (275f.282) bedeutet der Name „Schmelzer“ und bezieht sich auf die Metallverarbeitung im Ostjordanland. Zur Namensbildung → Name
Nach Gordon ist in → Ugarit
Wenn Machir im Sinne von „Lohnarbeiter“ verstanden wird, bietet der Name Issachar (יִשָּׂשכָר jiśśākhār) ein Pendant, falls er im Sinne von „Mann des Lohnes / Lohnarbeiter / Tagelöhner“ zu verstehen ist; es gibt allerdings gute Gründe, ihn als „Mann / Diener des (Gottes) Sokar“ zu deuten (Beyerle).
2. Belege im Alten Testament
2.1. Machir, der Sohn Manasses
2.1.1. Machirs Vor- und Nachfahren
Die → Chronik
2.1.2. Machirs Gebiet
→ Gilead
Jos 13,31
Im Lied der → Debora
Historisch gesehen stellt sich die Frage, wie es zu erklären ist, dass Machir im Alten Testament einerseits im Westjordanland im Gebiet von Samaria, andererseits im Ostjordanland im Gebiet von Gilead verortet wird. Nach einer in der älteren Forschung häufig anzutreffenden Sicht ist Machir ursprünglich ein selbstständiger Stamm des Westjordanlands gewesen, der erst im Laufe der Zeit Manasse zugeschlagen wurde. Genealogisch ausgedrückt sei Machir damit zu einem Sohn Manasses geworden (vgl. Fritz, 173). Zu einer nicht mehr bestimmbaren Zeit soll sich Machir dann machtvoll (vgl. Num 32,39
1. Migration von West nach Ost. Eine derartige Wanderung Machirs wird häufig angenommen (vgl. z.B. Noth 1930, 36). Nach Zobel (112-115) hat der Stamm Manasse den Stamm Machir unterworfen, doch habe der sich, als Ephraim Manasse bedrängte, aus der Abhängigkeit lösen und ins Ostjordanland absetzen können. Auch de Vaux (538-541.589-598) hält Machir für einen alten Stamm. Manasse sei ursprünglich nur ein Clan innerhalb dieses Stammes gewesen. Erst nachdem ein Großteil von Machir vom West- ins Ostjordanland gezogen sei, habe sich Manasse im Westjordanland als Stamm etablieren können. Zu diesem sei dann auch Machir gezählt worden. Nach Mittmann (213f.224.230f) erfolgte die Kolonisation des Ostjordanlandes in Etappen vom Westjordanland her, und zwar im Süden beginnend. Zunächst seien Ephraimiter in das auf der gegenüberliegenden Jordanseite gelegene Gebiet südlich des Jabbok gezogen, hätten sich dort unter dem Namen „Gilead“ als eigener Stamm konstituiert und damit vom Mutterstamm gelöst. Erst danach sei Machir vom Samarischen Bergland aus in das nördlich an Gilead grenzende Gebiet vorgestoßen. Dort hätten sich die verschiedenen ostjordanischen Gruppen westjordanischer Herkunft zusammengeschlossen und dabei sei der Name „Gilead“ auch auf Machir übergegangen. Der ostjordanische Siedlungsraum Israels sei allerdings auf den Westrand des Gebirges beschränkt gewesen (vgl. Herrmann, 140-143).
2. Bestreitung einer Migration. McKenzie (99f) vermutet die Ursprünge Machirs im Ostjordanland. Dort habe Machir zu einer Vereinigung von Clans gehört. Erst nachdem sich Manasse im Westjordanland etabliert habe, seien diese Clans von Manasse adoptiert worden. Eine Migration habe es nicht gegeben. Auch Lemaire verortet Machir ausschließlich im Ostjordanland. Machir sei ursprünglich ein topographischer Begriff für eine relativ autonome Region gewesen, die sich auf das Mündungsgebiet des Jabboks, nämlich das Tal von Sukkot (→ Sukkot
Die neuere Forschung ist bei der Auswertung des Alten Testaments im Blick auf die Verhältnisse der vorstaatlichen Zeit sehr viel zurückhaltender geworden. Damit ist auch die Diskussion um Machir abgeebbt. Historisch wird man über Machir als eine wie auch immer geartete Größe der vorstaatlichen Zeit kaum etwas sagen können (vgl. z.B. das Fehlen des Stichworts im Register der Geschichte Israels von C. Frevel). Inwiefern sich in den Texten Verhältnisse einer späteren Zeit spiegeln, ist schwer zu sagen.
2.2. Machir, der Sohn Ammiels
2Sam 9,1-13
Dieser Machir wird sonst nur noch in 2Sam 17,27
3. Epigraphischer Beleg
Auf einem Siegelabdruck unbekannter Herkunft ist „Machir (Sohn des) Michajahu“ belegt (AHI 100.749; Bordreuil / Lemaire, 25).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- The Interpreter’s Dictionary of the Bible, Nashville / New York 1962
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006
- Encyclopedia of the Bible and its Reception, Berlin / New York / Boston 2009ff
2. Weitere Literatur
- Beyerle, S., Der Name Issachar, BN 62 (1992), 51-60
- Bordreuil, P. / Lemaire, A., Nouveaux sceaux hébreux et araméens, Sem 32 (1982), 21-34
- Cazelles, H., Déborah (Jud. V 14), Amaleq et Makîr, VT 24 (1974), 235-238
- Edelman, D., The Manassite Genealogy in 1 Chronicles 7:14-19: Form and Source, CBQ 53 (1991), 179-201
- Frevel, Chr., Geschichte Israels (KStTh), Stuttgart u.a. 2. Aufl. 2018
- Fritz, V., Das Buch Josua (HAT I/7), Tübingen 1994
- Gordon, C.H., Ugaritic Textbook. Texts in Transliteration (Analecta Orientalia 38), Rom 2. Aufl. 1967
- Gröndahl, F., Die Personennamen der Texte aus Ugarit (Studia Pohl 1), Rom 1967
- Herrmann, S., Geschichte Israels in alttestamentlicher Zeit, München 1973
- Kallai, Z., Historical Geography of the Bible. The Tribal Territories of Israel, Jerusalem / Leiden 1986
- Lemaire, A., Galaad et Makîr. Remarques sur la tribu de Manassé à l’est du Jourdain, VT 31 (1981), 39-61
- Lipiński, E., On the Skirts of Canaan in the Iron Age. Historical and Topographical Researches (Orientalia Lovaniensia Analecta 153), Leuven 2006
- McKenzie, J.L., The Historical Prologue of Deuteronomy, in: Proceedings of the Fourth World Congress of Jewish Studies (Papers), Vol. l, Jerusalem 1967, 95-101
- Miller, P.D., El the Warrior, HTR 60 (1967), 411-431
- Mittmann, S., Beiträge zur Siedlungs- und Territorialgeschichte des nördlichen Ostjordanlandes (ADPV), Wiesbaden 1970
- Noth, M., Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namensgebung (BWANT III.10), Stuttgart 1928 (Nachdr. Hildesheim / New York 1980)
- Noth, M., Das System der zwölf Stämme Israels, Stuttgart 1930 (Nachdr. Darmstadt 1966)
- Noth, M., Studien zu den historisch-geographischen Dokumenten des Josuabuches, ZDPV 58 (1935), 185-255
- Noth, M., Beiträge zur Geschichte des Ostjordanlandes I. Das Land Gilead als Siedlungsgebiet israelitischer Sippen, PJB 37 (1941), 50-101, auch in: ders., Aufsätze zur biblischen Landeskunde I, Neukirchen-Vluyn 1971, 347-390
- Noth, M., Das Buch Josua (HAT I/7), Tübingen 1953
- Noth, M., Das vierte Buch Mose. Numeri (ATD 7), Göttingen 1966
- Schmidt, L., Das vierte Buch Mose. Numeri 10,11-36,13 (ATD 7,2), Göttingen 2004
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- Täubler, E., Biblische Studien. Die Epoche der Richter, Tübingen 1958
- de Vaux, R., Histoire ancienne d’Israel, Bd. 1: Des origines à l'installation en Canaan, Paris 1971
- Willi, Th., Juda – Jehud – Israel. Studien zum Selbstverständnis des Judentums in persischer Zeit (FAT 12), Tübingen 1995
- Willi, Th., 1. Chronik 1-10 (BK XXIV/1), Neukirchen-Vluyn 2009
- Wüst, M., Untersuchungen zu den siedlungsgeographischen Texten des Alten Testaments, I. Ostjordanland (TAVO.B B 9), Wiesbaden 1975
- Zobel, H.-J., Stammesspruch und Geschichte. Die Angaben der Stammessprüche von Gen 49, Dtn 33 und Jdc 5 über die politischen und kultischen Zustände im damaligen „Israel“ (BZAW 95), Berlin 1965
Abbildungsverzeichnis
- Machir unter den Nachkommen Josefs nach Num 26,28-34. © Klaus Koenen, 2019
- Machir unter den Nachkommen Josefs nach Jos 17,1-3. © Klaus Koenen, 2019
- Machir unter den Nachkommen Josefs nach 1Chr 7,14-19. © Klaus Koenen, 2019
- Distrikte im Gebiet Manasses, deren Namen zum Teil mit Namen der Nachkommen Manasses übereinstimmen. Aus: J. Renz / W. Röllig, Handbuch der althebräischen Epigraphik, Bd. I/1, Darmstadt 1995, 87. Mit freundlicher Erlaubnis von © Johannes Renz
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