Mahl / Mahlzeit (AT)
(erstellt: Juni 2010)
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1. Begriffsbestimmung
Unter einem Mahl wird ein aus → Speisen
Im biblischen Hebräisch liegt mit dem Nomen מִשְׁתֶּה mištæh ein inhaltlich vergleichbarer Ausdruck vor. מִשְׁתֶּה mištæh ist u.a. das „Gastmahl, wobei Wein getrunken wird“ (Gesenius, 474), das „Gelage / Bankett“ (vgl. Gen 19,3
2. Mahlgemeinschaft
Essen und Trinken stellen im alten Israel und im Alten Testament mehr als nur Mittel zur Befriedigung physiologischer Bedürfnisse dar. Über diese elementare Funktion hinaus sind folgende Dimensionen charakteristisch. Sie können zwar nicht voneinander getrennt, aber unterschieden werden.
2.1. Die soziale Dimension
Festliche und bisweilen recht umfangreiche Mahlzeiten fanden bei wichtigen Ereignissen im Leben eines Menschen statt. Anlässe waren z.B. die Entwöhnungsfeier (vgl. Gen 21,8
Am Totenmahl der Hinterbliebenen, das nicht nur bei einem Begräbnis stattfand, sondern auch später noch (so die Deutung von Dtn 26,14
Des Weiteren markieren Mahlzeiten die Lösung von Konflikten – sei es bei der friedlichen Einigung der Gegner (vgl. Gen 26,30
2.2. Die religiöse Dimension
Die Versorgung der anthropomorph vorgestellten Gottheiten sowie die Tischgemeinschaft mit ihnen bilden Raum und Zeit übergreifend wesentliche Aspekte des Opferkultes im gesamten Alten Orient (→ Heilige Mahlzeit
Wegen des Fließens von Blut, das als Träger des Lebens galt (vgl. Gen 9,4
Grundsätzlich galten alle Lebens- und Nahrungsmittel als Gottesgabe (vgl. Dtn 12,15f
2.3. Die psychologische Dimension
„Essen“ und „trinken“ stehen synonym für Wohlergehen und Lebensfreude (vgl. Gen 25,34
3. Speisen und Getränke
Die Mehrheit der Bevölkerung Palästinas in biblischer Zeit lebte von überwiegend vegetarischer Kost. Sir 39,26
Grundlage der meisten Speisen waren Getreide und Hülsenfrüchte. Neben den beiden häufigsten Getreidesorten Weizen (chiṭṭāh) und Gerste (śə’orāh) werden gelegentlich auch Emmer (kussæmæt, vgl. Ex 9,32
Getreide wurde in unterschiedlichen Verarbeitungszuständen verzehrt. Wichtigstes Endprodukt war nach dem Mahlen das mit oder ohne Sauerteig hergestellte Brot, das beispielsweise mit Öl oder Weinessig vermengt gegessen wurde (vgl. Ex 29,2
Erwähnungen von Gemüse sind marginal. Nur von Knoblauch (šûm, vgl. Num 11,5
Weitere wichtige Nahrungsquelle und Bestandteil vieler Mahlzeiten waren die Früchte von Feigenbaum (tə’enāh), Olivenbaum (zajit) und Weinstock (gæfæn) bzw. deren Veredelungsprodukte. Wein (jajin) und Olivenöl (šæmæn, vgl. Ex 27,20
Zur Verfeinerung von Speisen und Getränken gab es Gewürze wie Salz (mælach, vgl. Lev 2,13
Getränke waren Wasser (majim), nicht oder nur leicht gegorener Most (tîrôš), durch Gärung alkoholischer Flüssigkeiten gewonnene Essiglimonade (chomæṣ, vgl. Num 6,3
Fleisch – roh, gekocht oder gebraten (vgl. Ex 12,9
Fleischlieferanten waren vor allem die domestizierten Nutztiere → Schaf
Der Verzehr von Schweinefleisch war nach Lev 11,7
4. Art und Weise des Speisens und Trinkens
Lev 11
Üblich waren zwei Mahlzeiten am Tag: morgens und abends (vgl. Ex 16,8
Bildliche Darstellungen zum Thema Essen und Trinken sind hauptsächlich aus Ägypten, (Nord-)Syrien und Mesopotamien bekannt (vgl. Calmeyer). Doch auch die Palästinaarchäologie vermag Auskunft darüber zu geben, was und wie im alten Israel gegessen und getrunken wurde. Ausgrabungen fördern Überreste von Nahrungsmitteln, verschiedenste Gefäße aus Keramik, Stein oder Metall für die Zubereitung oder Aufbewahrung von Speisen und Getränken sowie andere Ausstattungsgegenstände altisraelitischer Haushalte oder Modelle von Möbeln zutage.
Es gab Tische (šulchān, vgl. Ps 23,5
Dass zu einem (festlichen) Mahl selbstverständlich auch Musik gehörte, davon zeugen Jes 5,11f
Literaturverzeichnis
- Borowsky, O., Daily Life in Biblical Times, Leiden u.a. 2003
- Calmeyer, P., Art. Mahlzeit. C: Archäologisch, RlA VII, 270f.
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- Stolz, F., Rausch, Religion und Realität in Israel und seiner Umwelt, VT 26 (1976), 170-186
Abbildungsverzeichnis
- Bei Mahlzeiten pflegte man, gemeinsam aus einer Schüssel zu essen. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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