Maleachi / Maleachibuch
Andere Schreibweise: Malachi; Malachias
(erstellt: November 2007)
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1. Name
Den in Mal 1,1
Der Ausdruck מלאכי mal’ākhî begegnet auch in Mal 3,1
Ob die Maleachi-Schrift tatsächlich auf eine Person dieses Namens zurückgeht, entzieht sich aufgrund fehlender Belege gesichertem Wissen. In Überschriften bzw. Einleitungen von Prophetenbüchern und Prophetenschriften vorkommende Angaben zu Zeit und Ort, Herkunft oder Näherbestimmung eines Propheten, z.B. der Vatername, fehlen hier. Auch unterbleibt im folgenden Text jede Ich-Rede des Propheten; nur im „wir“ von Mal 2,10
2. Stellung der Schrift im Zwölfprophetenbuch
Die Maleachi-Schrift hat im → Zwölfprophetenbuch
Schwerlich aufrecht erhalten lässt sich die wiederholt vertretene Ansicht, Maleachi sei – wie es die Doppelung der beiden Gattungsbegriffe maśśā’ „Ausspruch“ und dəvar JHWH „das Wort JHWHs“ in Mal 1,1
3. Inhalt und literarische Eigenart
Die nur 55 Verse umfassende Maleachi-Schrift stellt aufgrund ihrer formalen Gestaltung innerhalb des Alten Testaments ein einzigartig gestaltetes Stück Literatur dar. Abgesehen von der redaktionellen Überschrift Mal 1,1
Grundschicht
I: Mal 1,2-5
II: Mal 1,6-2,9
III: Mal 2,10-16
IV: Mal 2,17-3,5
V: Mal 3,6-12
Fortschreibung
VI: Mal 3,13-21
Diese sechs Diskussionsworte geben keine echten Gespräche wieder, gehen auch kaum auf solche zurück, kalkulieren aber zu jeder Aussage von vornherein Widerspruch ein. Texte in ähnlicher Auseinandersetzungsliteratur beginnen meistens mit einer Menschen zuerkannten Behauptung oder These, die gewissermaßen das Thema vorgibt und aus der sich mittels Gegenthese die beabsichtigte Argumentation entwickelt. In Maleachi hingegen weist jedes der Diskussionsworte als erstes regelmäßiges Strukturelement mindestens eine Feststellung auf, die als göttliche oder prophetische Rede das Thema aufwirft.
Die vier konstitutiven Strukturelemente sind:
I Feststellung(en),
II Einrede(n) bzw. Widerspruch/-sprüche der Adressaten,
III Entfaltung der Feststellung(en),
IV Folgerung(en).
Außerdem geht der Feststellung mehrmals ein theologischer Vorspruch voraus, der mit der Vaterschaft (Mal 1,6
4. Entstehung
Die genaue Rekonstruktion der Entstehung der Maleachi-Schrift ist mit vielen textlichen (besonders beeinträchtigt ist der Text von Mal 2,10-16
4.1. Grundschicht
Vergleichsweise am sichersten ist noch die älteste Schicht zu bestimmen, die eine Sammlung von fünf Diskussionsworten umfasste. Deren ursprüngliche Gestalt lässt sich ermitteln, wenn man davon ausgeht, dass alle Worte ursprünglich den gleichen Aufbau hatten. Demnach umfasste die Grundschicht die folgenden Worte: I: Mal 1,2-5
4.2. Fortschreibungen
Die verschiedenen Zufügungen zu einzelnen Worten sind sehr stark auf ihren jeweiligen Kontext bezogen, so dass es schwierig ist, sie bestimmten Schichten zuzuweisen. Gut erkennbar ist, dass die Zukunftserwartung der Grundschicht mit der → Tag-JHWHs
Eine ganz andere Thematik führt der einem Diskussionswort nachgebildete Abschnitt Mal 1,11-13
Die letzten Nachträge sind die beiden Nachworte zur Mose-Tora (Mal 3,22
5. Theologisches Denksystem
5.1. Der Tempel als Zentrum der Welt
Grundlegend für Maleachi ist die allgemein altorientalische Sicht einer aus mehreren Großbereichen bestehenden Welt, als deren Zentrum im Grunde der Heilige Hügel galt, in dem sich die beiden angenommenen Weltachsen, die kosmologisch-vertikale und die kosmologisch-horizontale, schnitten (Pongratz-Leisten, Abb. 5; → Weltbild
5.2. Die Liebe JHWHs
Programmatisch stellt Maleachi an erster Stelle JHWHs Liebe zu Jakob / Israel heraus (Mal 1,2
Mal 2,10
Mit dem Väter-Bund wird in Mal 2,10
5.3. Gottesfurcht als Antwort des Menschen
Dem Erweis der Liebe JHWHs ist menschlicherseits mit Hingabe an Gott in materieller (Opfer, Abgaben) und immaterieller Form (Dankerstattung, gemeinschaftsgemäßes Verhalten, Gebete, das Tun des Rechten u.ä.) zu entsprechen. Von zentraler Bedeutung ist der Begriff „Furcht“ bzw. „Gottesfurcht“ (Mal 1,6
5.4. Kosmisch-universale Bedeutung der Gottesfurcht
Die Funktionsweise des Beziehungs- und Kommunikationsgefüges als durch die Tora geregeltes wechselseitiges Beschenken veranschaulicht am klarsten Mal 3,6-12
5.5. Eschatologie
Bereits die Grundschicht rechnet mit einem nahe bevorstehenden, das Ergehen wendenden Eingreifen JHWHs (Mal 1,5
6. Historische Verortungen
6.1. Grundschicht
Die Grundschicht nennt „Israel“ auch „Jakob“ bzw. „Jakobsöhne“, was in vorchronistische Zeit führt. Mal 3,10
Die bereits am Ende des 6. Jh.s angespannte Lage (vgl. Hag 1,5-7
Der in Mal 1,4
Die Erwähnung eines Statthalters (Mal 1,8
6.2. Fortschreibungen
Trotz Unsicherheit im Einzelnen sind für die Erweiterungen bzw. Fortschreibungen Mal 3,1b-4
Da der dreiteilige Einschub Mal 3,1b
Die Fortschreibung von Mal 2,17-3,5
Mal 1,11
Die beiden Nachworte Mal 3,22
7. Zur Auslegungsgeschichte
Die breiteste Wirkung entfaltete das zugesagte Wiederkommen des Propheten Elia als Vorläufer des endzeitlichen eigenen Erscheinens Gottes (Mal 3,23a
Paulus zitiert Mal 1,2f
Bedeutsam wurde die in Mal 1,11
Der in Mal 1,12
Im Anschluss an die in Mal 3,20
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Der Prophet Maleachi (Duccio di Buoninsegna; 1308-1311).
- Auferstehung Christi (Matthias Grünewald; um 1510).
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