Michmas / Geba
Andere Schreibweise: Michmash (engl.); Mukhmas (engl.)
(erstellt: November 2007)
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1. Lage und Name
Geba und Michmas liegen ca. 9 bzw. 11km nordnordöstlich von Jerusalem diesseits und jenseits des tiefen Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ (Wadi es-Swenit; hebr. Nachal Michmas), das zwischen den Orten eine Furt bietet, an einer strategisch wichtigen Nord-Süd-Straße durch das östliche Bergland.
1.1. Geba
3km östlich von er-Rām ([er-Ram]; Koordinaten: 1721.1402; N 31° 51' 17'', E 35° 13' 54''
Die Identifizierung mit Chirbet et-Tell (Koordinaten: 1749.1587; N 32° 01' 16'', E 35° 15' 46''
1.2. Michmas
2km nordöstlich von Ǧeba‘ liegt auf der anderen Seite des Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ der arabische Ort Muchmās mit dem alten Zentrum im Norden des Ortes (Koordinaten: 1764.1423; N 31° 52' 16'', E 35° 16' 40''
1.3. Das Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ, die Grenze zwischen Israel und Juda
Wenige Kilometer nördlich von Jerusalem erstreckte sich seit der sog. Reichsteilung 926 v. Chr. von Osten nach Westen die Grenze zwischen Israel und Juda. Östlich der Wasserscheide verlief sie meist durch das Wādī el ‘En und dessen Fortsetzung das Wādī ‘En el-Mēsa. Dieses mündet in das Wādī el Medīne, das südwestlich von Muchmās in das tief eingeschnittene Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ übergeht (Beschreibung Dalman, 1905, 161ff; ders., 1911, 11f). Dieses Wadi erstreckt sich mit dem Wādī el Qelṭ als Fortsetzung vom Bergland bis zum Jordantal und bildet eine natürliche Grenze (Jos 16,1
1.4. Migron
In der Nähe von Michmas ist Migron („Dreschplatz“) zu suchen, doch bleibt die genaue Lage des Ortes unklar – falls es überhaupt ein solcher ist und nicht einfach eine „Tenne“ gemeint sein sollte (so Stoebe, 1965, 274ff). Nach der Abfolge der Orte in Jes 10,28
Nach 1Sam 14,2
1.5. Bozez und Senne
Nach 1Sam 14,4f
Trotz der scheinbar genauen Angaben ist eine Identifizierung der Felsen nicht möglich. Es gibt verschiedene Vorschläge: 1) Am Eingang des Wadis Chirbet el-Maqṭara an der Nord-Wand und ‘Alljet Rās el-Wādī („Oberstock des Talanfangs“) gegenüber (Dalman, 1905, 163).- 2) Weiter abwärts nach der ersten Talwindung bei el-‘Alalijāt (Abel, 1952, II, 328).- 3) Noch weiter abwärts bei der zweiten auf der Süd-Seite des Wadis einmündenden kurzen Schlucht südlich von Chirbet el-Merǧame (Dalman, 1911, 12).
1.6. Rimmon
1Sam 14,2
Die postulierte „Granatapfelhöhle“ identifiziert Arnold mit der großen Karsthöhle Maġarat el-Ǧaje, die sich weiter unten im Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ in einem nach Süden gerichteten Abschnitt am West-Hang befindet und vom Wadi aus gut zugänglich ist. In ihr stößt man auf ein Netzwerk von Tunneln, riesige Hallen und hunderte von kleinen Räumen. Der Eingangsbereich wird – vermutlich seit Jahrhunderten – als Winterquartier für Schafherden genutzt. Bei der Erforschung der Höhle 1998 fand man zwei chalkolithische Kupferaxtblätter, das Ende eines Dolches oder einer Lanze der Mittelbronzezeit I, eine Fibel der Eisenzeit I sowie eine Reihe von Münzen aus römischer, byzantinischer, aijubidischer und mamluckischer Zeit. Münzen aus der Zeit Bar Kochbas zeugen davon, dass die Höhle als Zufluchtsort benutzt wurde (Eshel / Zissu, 1999, 56f*.75f).
2. Geschichte
2.1. Frühe Königszeit
Nach der Erzählung 1Sam 13-14
2.2. Grenze zwischen Israel und Juda
Während der Zeit des geteilten Staates bot sich nach anfänglichen Grenzverschiebungen das östlich von Muchmās unpassierbare Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ als natürliche Grenze zwischen Israel und Juda an. Michmas und Geba lagen sich nun als Grenzorte gegenüber, und Geba wurde nach 1Kön 15,22
2.3. Assyrische Zeit
Nach der Eroberung des Nord-Reichs durch die Assyrer 722 v. Chr. wurde Michmas Grenzort der assyrischen Provinz Samaria. Geba, das traditionell dem Stamm Benjamin zugerechnet wurde (Jos 18,24
Jes 10,27b-32
Von diesen Orten ist nur Anatot sicher mit Rās el-Charrūbe identifiziert. Für die anderen Orte hat Donner (1968, 46-54) vorgeschlagen: Gallim = Chirbet Erḥa (Koordinaten: 1725.1394); Lajescha = Chirbet Rās eṭ-Ṭawīl (Koordinaten: 1735.1378), Madmena = Chirbet el-‘Adase (Koordinaten: 1726.1372) und Gebim = Chirbet Ka‘kūl (Koordinaten: 1738.1359), doch lassen sich diese Identifikationen kaum wahrscheinlich machen.
2.4. Nachexilische Zeit
Michmas und Geba waren weiterhin besiedelt. Die Liste der Heimkehrer in Esra 2 gibt für Michmas 122, für Rama und Geba zusammen 621 Männer an (Esr 2,26f
2.5. Spätere Zeiten
In makkabäischer Zeit hat → Jonatan
3. Besichtigung
Muchmās. In den Häusern von Muchmās konnte man – zumindest zu Beginn des 20. Jh.s – viele römische Steine, Kapitelle und Säulen verbaut sehen. Nördlich des Ortes hat man ein Columbarium und unterirdische Felsengräber gefunden, die früher von Rollsteinen geschützt waren. In ihnen lagen noch zu Beginn des 20. Jh.s Sarkophage, jedoch ohne Deckel (Grant, 1926, 194).
Im Norden des Ortes wurde 1931 eine dreischiffige, byzantinische Kirche entdeckt. Das Mittelschiff war 7,14m breit. Zu einem allerdings schwer beschädigten Mosaik gehörte eine Inschrift. Steine der Kirche (auch Säulen und Kapitelle) findet man weiter nördlich bei der Moschee Ǧami es-Sultan Ibrahim auf einem Grab.
Ǧeba‘. Scherben, Architekturfragmente, Zisternen, Weinpressen und Gräber zeugen von der Besiedlung in der Eisenzeit II sowie in persischer, römischer, byzantinischer, frühislamischer und ottomanischer Zeit. Beeindruckend sind die Reste eines zweistöckigen Turms der Kreuzfahrerzeit auf dem Gipfel des Hügels (37x37m; 9m hoch). Am Nord-Ost-Rand des Ortes steht bei einem Weli eine unscheinbare Moschee, die Nebi Ja‘qūb geweiht ist. Nach einer lokalen Tradition soll der Ahnvater in der Höhle darunter gesessen und gebetet haben; zu Beginn des 20.Jh.s spielte sie als Stätte von Reinigungseiden eine Rolle und man erzählte von einem Mann, der hier nach einem Meineid erblindete (Alt, 1926, 22).
Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ. Von Muchmās führt ein Weg in die Schlucht des Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ mit ihren über 100m hohen Hängen. Am Nord-Hang des Wadis befindet sich Chirbet el-‘Alalijāt. Der Name ‘Alalijāt „Obergemächer“ bezieht sich auf die vielen, zum Teil schwer zugänglichen Höhlen vor allem am Nord-Hang des Wadis, die zum Teil durch Schächte miteinander verbunden sind. In der Zeit der → Makkabäer
Östlich der Kirche findet sich bei einem 56m langen und bis zu 6m breiten Felsvorsprung eine weitere Gruppe von Höhlen, die man nur über eine Strickleiter erreichen kann. Hier hat man mehrere Zisternen in den Fels geschlagen. Ein Becken mit der syrischen Fassung von Ps 29,3
Ma‘ale Michmas. Unmittelbar nördlich der Siedlung Ma‘ale Michmas (Koordinaten: 1789.1425; N 31° 52' 40'', E 35° 18' 24''
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Karte: Das Gebiet nördlich von Jerusalem. © public domain (angefertigt von Klaus Koenen)
- Satellitenbild des Gebiets von Muchmās und Ǧeba‘. © Google Earth (Zugriff 30.10.2007); Beschriftung Klaus Koenen
- Muchmās von Ǧeba‘ aus gesehen. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
- Das Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ. Zeichnung aus: H.B. Rawnsley, The Rock of the Pomegranate, PEFQSt 11 (1879), 118-126, Abb. 1
- Eingang der Karsthöhle Maġarat el-Ğaje im Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ, die über ein Netzwerk von Tunneln, riesige Hallen und Hunderten von kleinen Räumen verfügt. Zeichnung aus: H.B. Rawnsley, The Rock of the Pomegranate, PEFQSt 11 (1879), 118-126, Abb. 2
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