Mittler
(erstellt: Juli 2015)
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1. Begriff, Klassifizierungen, theologische Relevanz
Der Begriff „Mittler“ ist die deutsche Übersetzung von griechisch μεσίτης
mesítēs; der Begriff entstammt dem Neuen Testament. So spielt Gal 3,19f
Indem Mose als „Mittler“ der Gesetzesoffenbarung (Gal) und Christus als hohepriesterlicher „Mittler“ (Hebr.) bezeichnet werden, zeigt schon der neutestamentliche Befund, dass es sich nicht „um einen präzisen, klar umrissenen Begriff“, sondern „eher um einen allg. Oberbegriff“ handelt, „der Medien recht unterschiedlicher Art und Herkunft umfassen kann“ (Hjelde 2002, 1360). Um die Phänomene zu ordnen, die unter diesen Begriff gefasst werden können, bieten sich zwei Klassifizierungsmöglichkeiten an: Die erste orientiert sich an den Mittlertypen, die zweite an den Gegenständen der Vermittlung.
Bei der ersten Klassifizierungsmöglichkeit stehen neben menschlichen Mittlertypen (im Alten Testament: Könige, Priester, Propheten) transzendente Mittlerwesen (im Alten Testament: Engel, Wesen des himmlischen Hofstaates [→
Götterrat
Bei der zweiten Möglichkeit stehen neben göttlich gewährten Lebensbedingungen (Wohlergehen / →
Segen
Die Notwendigkeit der Mittlertätigkeit ergibt sich aus dem Abstand von Mensch und Gott. Indem sich Mittler durch besondere Zugänge zur Transzendenz auszeichnen, steht der Begriff für eine „Sache“, die „uralt und weit verbreitet ist“, weil sie „im Wesen der Religion“ liegt; allerdings ist der Begriff auf Grund der Vielzahl der Phänomene, die unter ihn zu fassen sind, „verblaßt, unscharf, unkonkret“ (die letzten Zitate in: Goldammer 1960, 1063) und damit im Rahmen der Religionswissenschaft verzichtbar.
Dem entspricht der Befund in religionswissenschaftlichen Lexika und Wörterbüchern: Die von M. Eliade herausgegebene „Encyclopedia of Religion“ bietet unter dem Stichwort „Mediators“ nur Verweise auf andere Artikel (Eliade Hg. 1987, 305); das von H. Cancik herausgegebene „Handwörterbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe“ enthält nur einen Artikel „Mittlerwesen“, der sich auf Hinweise zu transzendenten Mittlern beschränkt (Lang 1998); Bertholet (1985, 399) und Lanczkowski (1987, 289) bieten nur allgemeine Bestimmungen des Mittler-Begriffs, als konkretes Beispiel verweisen sie darauf, dass Jesus Christus im Neuen Testament als „Mittler“ bezeichnet wird.
Anders verhält es sich im Rahmen christlicher Theologie. Hier hat der Begriff aus zwei Gründen Relevanz:
1. Wird Jesus Christus auch nur im →
Hebräerbrief
Zur systematisch-theologischen und theologiegeschichtlichen Bedeutung des Begriffs sei darauf verwiesen, dass sich der christliche Glaube nach E. Brunners Monographie „Der Mittler“ darin von aller „Allgemeinreligion“ unterscheidet, dass er auf Jesus Christus als Mittler zwischen Gott und Mensch bezogen ist (Brunner 1947, 11). Brunner führt in reformierter Tradition die Lehre vom dreifachen Amt fort, die das Wirken Christi gemäß den in 2.1-2.3 zu besprechenden alttestamentlichen Mittlertypen als prophetisch, königlich und priesterlich versteht (Brunner 1947, 357-565; vgl. auch →
Calvin
2. Darüber hinaus ist der Begriff auf Grund der Übertragung des Mittleramtes auf Kollektive sowie einer speziellen Funktion von Mittlerwesen in einigen alttestamentlichen Erzählungen auch für andere theologische Gebiete (Anthropologie, Ekklesiologie, Theodizeefrage) interessant.
Die folgenden Ausführungen zu Mittlern im Alten Testament orientieren sich an der Klassifizierung nach Typen, die sich nicht zuletzt angesichts der christologischen Relevanz des Begriffs empfiehlt.
2. Menschliche Mittler
2.1. König
2.1.1. Theokratische Königtumskritik und der König als Mittler der Schöpfungsordnung
Der →
König
Die „Schöpfungsordnung“ umfasst Natur- und Kulturwelt. Als Teil dieser umfassenden Ordnung kann auch das soziale Wohlergehen nicht vom Menschen geplant und gestaltet werden. Aufgabe des Königs ist es, für die Umsetzung der Schöpfungsordnung in der Menschenwelt zu sorgen, was die Verteidigung gegen lebensfeindliche chaotische Mächte einschließt.
Diese sakrale Auffassung des Königtums ist nicht nur in Ägypten und Mesopotamien (Blumenthal 2002; Wilcke 2002; Sallaberger 2002; →
Königtum in Ägypten
Vor diesem Hintergrund fällt die kritische Sicht des Königtums in der kanonischen Geschichtsdarstellung des Alten Testaments auf. In der Schilderung der Einführung des Königtums (1Sam 8-12) bilden die königtumskritischen Kapitel 1Sam 8; 1Sam 12 den das Ganze dominierenden Rahmen. Danach war der Königswunsch des Volkes gegen Gott als eigentlichen König Israels gerichtet (1Sam 8,7
Nach der in dem Jahwe-Königs-Psalm
Ps 93,1-4
Nach den in den Königspsalmen erhaltenen Traditionen besteht das Mittleramt des Königs darin, dass er mit Jahwes Hilfe die Schöpfungsordnung gegen Chaosmächte im immanenten Bereich (äußere Feinde; Rechtsbrecher im Inneren) verteidigt. Die Entsprechung zwischen dem Wirken Gottes und des Königs findet sichtbaren Ausdruck darin, dass der König wie Jahwe auf dem Zion residiert (vgl. Lux 2002, 114-116).
Weil der König Mitarbeiter am ordnungsstabilisierenden Werk Jahwes ist, ist er Jahwes (!) Gesalbter (Ps 2,2
Als Verteidiger der Ordnung und Wahrer der Gerechtigkeit vermittelt der König von Gott zu den Menschen; in umgekehrter Richtung vermittelt er mit seinen kultischen Tätigkeiten: Nach
Ps 20
Zu den aus Königspsalmen und messianischen Weissagungen erhobenen Mittleraufgaben des Königs enthält die erzählende Literatur u.a. folgende Parallelen. Dass der König durch Gott in den Stand versetzt wird, gerecht zu herrschen und zu richten (vgl.
Ps 72,1
2.1.2. Umformungen der Vorstellung des Königs als Mittler nach dem Ende des Königtums in Israel und Juda
Die im Alten Orient übliche Vorstellung des Königs als Repräsentant und Garant der Schöpfungsordnung wurde durch die außergewöhnliche theokratische Königtumskritik in 1Sam 8-12 ersetzt. Der Glaube an den König als Mittler der Schöpfungsordnung, der die Idealvorstellung der Weltherrschaft einschließt (Ps 2
Theokratische Königtumskritik enthält auch die ironische Aufforderung, der König möge Israel retten (Hos 13,10
Die Vorstellung, dass soziales Wohlergehen nur im Rahmen einer göttlich gesetzten Ordnung möglich ist, für deren Durchsetzung und Aufrechterhaltung der König als Mittler zwischen Gott und Mensch zuständig ist, war im Bewusstsein der Kulturen des Alten Orients so fest verankert, dass es nicht verwundert, dass sie trotz Krise und Ende des eigenen Königtums auch in Israel lebendig blieb. Allerdings erfuhr sie eine wirkmächtige Umformung; auch wurde sie vom König als Einzelperson auf kollektive Größen übertragen.
2.1.2.1. Eschatologisierung: Die messianische Hoffnung. Die wirkmächtige Umformung kann als „Eschatologisierung“ (→ Eschatologie
2.1.2.2. Anthropologisierung: Der Mensch als Ebenbild Gottes (Gen 1,26). In Gen 1,26
Im „Ebenbild“ (צֶלֶם
ṣælæm) ist „das Abgebildete wirkmächtig präsent“ (Janowski 2004, 190). Als Ebenbild, also Repräsentant Gottes, wird im Alten Orient sonst der König bezeichnet (Janowski 2004, 190-193), in Gen 1,26 der Mensch überhaupt. Durch die mit רדה rdh formulierte Herrschaftsaufgabe wird „die universale Ordnungsfunktion“ beschrieben, „die der Mensch (…) als Repräsentant des Schöpfergottes in der Schöpfung wahrnimmt“ (Janowski 2004, 202). Auch hierzu bietet die altorientalische Königstheologie Parallelen (Janowski 2004, 202f.); aus dem Alten Testament ist an Ps 110,2
2.1.2.3. Israelitisierung: Der Abrahamssegen (Gen 12,1-3). Auch die Verheißung an → Abraham
Abraham ist also als königliche Gestalt gezeichnet; allerdings ist er nicht als Einzelperson von Interesse: Als erster unter den Erzvätern ist er „Urbild oder doch Vorbild des Ganzen“ (Gese 1995, 29): Der Abraham verheißene Segen soll nicht allein von ihm auf andere übergehen, sondern von Israel überhaupt.
Damit wird auf Israel ein königliches Mittleramt übertragen, bei dem es anders als in
Gen 1,26
Steigert die Herrschaft des gerechten Königs nach
Ps 72,16
2.2. Priester
Dtn 33,8-11
Nach den Vorschriften von →
Leviticus
2.3. Prophet
Das nach dem προφήτης
prophētēs der Septuaginta mit → Prophet
So wird Abraham in
Gen 20,7
Ist also das prophetische Mittleramt keineswegs auf Wortverkündigung eingeschränkt, so sind ekstatische Propheten, die kein Gotteswort vermitteln, nur in Texten über die Vorzeit und die früheste Königszeit erwähnt, während „für das spätere Israel (…) nicht schon Gottbegeistertheit, sondern erst das verständliche Gotteswort Kennzeichen des Propheten“ ist (Jeremias 1971, 307). Allerdings ist die Wortvermittlung zunächst mit der Vollmacht zur Fürbitte verbunden. Dass diese nicht mehr als typische Prophetenaufgabe gilt, ist ein Ergebnis der vorexilischen Unheilsprophetie: Die „Grundgewissheit“ des kommenden Untergangs ließ keine Fürbitte mehr zu (Jeremias 1971, v.a. 312).
Die →
Visionsschilderungen
Die Unheilspropheten sind also nur noch Mittler des ihnen vorgegebenen Gotteswortes. Im →
Jeremiabuch
Die Vereinnahmung des prophetischen Mittlers durch das Wort erscheint verstärkt in der Deuterojesajanischen Sammlung (Jes 40-55; →
Deuterojesaja
In der angedeuteten →
Berufungsszene
Auch wenn die Person Jeremias vom Gotteswort ganz vereinnahmt wird, ist im Jeremiabuch die Person des Propheten sehr präsent. In der deuterojesajanischen Sammlung hat das Leiden Jeremias ein Gegenstück in den Leiden des Gottesknechts, über den in 2.4.3. als besondere Mittlerfigur gehandelt wird. In den Rahmenstücken in Jes 40; Jes 55 ist dagegen nicht die menschliche Mittlerpersönlichkeit, sondern das eigenwirksame, in
Jes 55,10f
Diese Wort-Gottes-Theologie der deuterojesajanischen Sammlung ist nur zum Teil damit zu erklären, dass die Texte kaum auf die Verkündigung eines Einzelpropheten zurückgehen, sondern von vornherein das Werk einer anonymen Gruppe sein dürften (Baltzer 1999, 51; Michel 1981, 521; Berges 2008, 38-43). Sie bleibt theologisch beachtlich, auch wenn Jes 40-55 schließlich an →
Protojesaja
2.4. Besondere Mittlerfiguren
Neben den in 2.1.-2.3. besprochenen Mittlertypen kennen alttestamentliche Texte herausragende Einzelfiguren, in denen Aspekte verschiedener Mittlertypen, z.T. in Überbietung des Einzeltypus, vereinigt sind. Diese Figuren sind Mittler von besonderer Qualität. Ihr Wirken wird mit wichtigen Wendepunkten der Geschichte Gottes mit Israel (Exodus / Sinai; Einführung des Königtums; Rückkehr aus dem Exil) verbunden.
2.4.1. Mose
→
Mose
Ex 2,1
Die Geburtsgeschichte (Ex 1,8-2,10
Schon die Geburtsgeschichte enthält eine kritische Sicht des (Groß-)königtums, die darin zum Ausdruck kommt, dass der Pharao Mose nach dem Leben trachtet, während die eigene Tochter des Pharao dazu beiträgt, dass er den Anschlägen ihres Vaters entgeht. Zu dieser königtumskritischen Sicht gehört auch, dass sich Mose in
Ex 2,11
Das Verhältnis der Mosefigur zum Prophetentum ist durch ein anders gelagertes Spannungsverhältnis ausgezeichnet. In
Hos 12,14
In Ex 32 bewahrt Mose Israel vor der Vernichtung, die Jahwe als Strafe für die Verehrung des →
Goldenen Kalbes
2.4.2. Samuel
→
Samuel
Samuel werden mehrere Mittlerämter zugeschrieben: In →
Silo
2.4.3. Der Gottesknecht bei Deuterojesaja
Eine besondere Mittlerfigur ist auch der in den Gottesknechtsliedern der →
deuterojesajanischen Sammlung
Im 1. Gottesknechtslied wird der Knecht wie ein König präsentiert (Jes 42,1
In
Jes 49,3
Nachdem das 3. Gottesknechtslied von einem Kontrast zwischen erfahrener Anfeindung und Demütigung und fester Zuversicht auf Gott geprägt ist (v.a.
Jes 50,6-9
Im Vergleich mit dem Jeremiabuch und dem 2. und 3. Gottesknechtslied steigert das 4. Gottesknechtslied die Identifikation der ganzen Existenz des Propheten mit seinem Auftrag: Leiden und sogar Sterben sind hier nicht mehr Folge, sondern „unmittelbarer Bestandteil des Amtes“, gehören „zu Jahwes Plan“ (Jes 53,10
Darin liegt nicht nur eine Radikalisierung des prophetischen Mittleramtes; das Mittleramt des Gottesknechtes übertrifft in dieser Hinsicht auch das des Mose: Mose bietet in
Ex 32,31f
Wenn mit dem Gottesknecht ursprünglich kein konkretes Individuum gemeint ist wie der Prophet „Deuterojesaja“ (sofern die deuterojesajanische Sammlung auf die Verkündigung eines Einzelpropheten zurückgeht; Hermisson 1998a, 198f.; 1998b, 220.223), sondern ein Kollektiv (Michel 1981, 527; Berges 2015, 38), dann ist die Rede von körperlichen Demütigungen (Jes 50,6
3. Transzendente Mittlerwesen
3.1. Boten / Engel Gottes
Das Alte Testament kennt „Boten“ (מַלְאָךּ mal’ākh) als Mittler und Agenten Gottes. Der hebräische Begriff wird im Deutschen, dem griechisch ἄγγελος ángelos folgend, mit „Engel“ übersetzt. Vielfach tritt „der Bote / Engel (מַלְאָךּ mal’ākh) Jahwes / Gottes“ als Einzelgestalt auf und übernimmt Aufgaben, die in polytheistischen Religionen untergeordneten Göttern als Götterboten zugeschrieben werden.
In →
Mesopotamien
Wie bei menschlichen Boten gilt das Wort des Engels als das des Auftraggebers, also Jahwes (Redeeinleitungen
Ri 6,14.16.23
Die Wortmitteilung des Engels ergeht üblicherweise an Personen ohne prophetisches Charisma; in den Nachtgesichten →
Sacharjas
Anders als →
Amos
In anderen Zusammenhängen tritt der Engel Jahwes als Agent auf, durch den Gott in das irdische Geschehen eingreift.
In
Gen 24,7.40
3.2. Wesen des himmlischen Hofstaates
1Kön 22,19-23
In 1Kön 22 (zum Folgenden ausführlicher Gerhards 2015, 210-242) macht ein „gewisser Geist“ (הָרוּחַ
hārûaḥ Mask.; → Geist
3.3. Der Menschensohn in Dan 7
Nach
Dan 7,13f
4. Ausblick: Aspekte der theologischen Relevanz des Mittler-Begriffs
Der Mittler-Begriff ist nicht als religionswissenschaftlicher, sondern als theologischer Begriff relevant. Die Bezeichnung Jesu Christi als des Mittlers zwischen Gott und Menschen (1Tim 2,5
4.1. Im Bereich der Christologie
Im Anschluss an die Besprechung von alttestamentlichen Mittlertypen und Mittlerfiguren ist festzuhalten, dass Jesus Christus die Linie der unter 2.4. behandelten besonderen Mittlerfiguren fortsetzt. Auch er vereinigt Aspekte mehrerer Mittlertypen auf sich, er übertrifft aber die alttestamentlichen Figuren darin, dass er nach dem Zeugnis des Neuen Testaments und der darauf aufbauenden Christologie menschlicher
und transzendenter Mittler ist. Dementsprechend übertrifft die heilsgeschichtliche Stellung Christi die der alttestamentlichen Vorläufer: Stehen die in 2.4. besprochenen Mittlerfiguren an Wendepunkten der Geschichte Gottes mit Israel, so steht Jesus Christus an dem für die ganze Welt entscheidenden Wendepunkt des beginnenden Gottesreiches (Mk 1,15
Die Verbindung mit den in 2.4. besprochenen alttestamentlichen Mittlerfiguren ist schon im Neuen Testament selbst greifbar. Wahrscheinlich hat sich Jesus selbst mit dem Gottesknecht aus Jes 40-55 identifiziert (vgl. Stuhlmacher 1992, 120-122.128-130; zu gegensätzlichen exegetischen Positionen in dieser Frage Haag 1985, 67-78). Die besondere menschlich-transzendente Mittlerstellung Christi bringt u.a. das wichtige Wort vom Menschensohn, der gekommen ist, sein Leben als Lösegeld für viele zu geben (Mk 10,45
4.2. Im Bereich von Anthropologie und Ekklesiologie
Bestimmt man die Stellung des Menschen in der Welt auf Grund der in 2.1.2.2. behandelten Gottebenbildlichkeit und dem daraus resultierenden Herrschaftsauftrag (Gen 1,26
Nach
Gen 12,1-3
4.3. Im Blick auf die Theodizeefrage
Nach 3.2. zielt in 1Kön 22; Hi 1f. die Mittlerfunktion von Wesen des himmlischen Hofstaates auch darauf, eine sachliche Distanz zwischen Gott und problematischen Geschehnissen herzustellen. Diese Erzählungen sind im Zusammenhang dessen interessant, was im weitesten Sinn „Theodizeefrage“ genannt wird (zum Folgenden Gerhards 2015, 396f.). Dass Mittlerfiguren literarisch zwischen Gott und die prophetische Lüge (1Kön 22) bzw. das Leiden des Gerechten (Hi 1f.) geschaltet werden, ermöglicht zu zeigen, dass Gott schlimme oder böse Geschehnisse zulässt, ohne dass sein Wesen unmittelbar an diesen Geschehnissen ablesbar wäre. Die Einführung der Mittlerfiguren zielt also auf ein hintergründiges Gottesbild, in dessen Konsequenz liegt aber, dass, in Anlehnung an →
Kants
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