Monotheismus (AT)
(erstellt: Mai 2007; letzte Änderung: Juni 2011)
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Der Begriff Monotheismus ist ein uns heute geläufiger Begriff zur Umschreibung eines zentralen Aspektes der Gottesvorstellung in den drei großen Schriftreligionen: Judentum, Christentum und Islam. So ist es nicht verwunderlich, dass er als Konzept fast selbstverständlich schon für das alte Israel vorausgesetzt wird. Die Sache ist indes nicht so einfach. Die Texte des Alten Testaments reflektieren einen Wandel, der in Stufen langsam und keineswegs gradlinig vom Polytheismus zu einem als monotheistisch zu bezeichnenden Konzept führt. Schon an der Formulierung des 1. Gebots: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ (Ex 20,3
1. Begriffsdefinition: Monotheismus – Henotheismus – Monolatrie
Während als Monotheismus der Glaube an einen einzigen universalen Gott bezeichnet wird, der den Glauben an die Existenz anderer Götter grundsätzlich ausschließt, ist Polytheismus der Glaube an eine Vielzahl von Gottheiten, die häufig in Form eines Pantheons organisiert und zueinander in ein genealogisches und kulturell determiniertes Verhältnis gesetzt sind. Da der Begriff „Monotheismus“ allein jedoch unpräzise ist, muss er, um eine für die Antike angemessene Kategorie darzustellen, näher bestimmt werden (Schmid, 2003, 18). Man unterscheidet von ihm bisweilen den Henotheismus oder Summodeismus (Smith, 2008, 168), d.h. die zeitlich begrenzte Verehrung einer Gottheit, die unter vielen ausgewählt wurde, und die Monolatrie, die langfristige Alleinverehrung eines Gottes neben anderen Gottheiten. Letztere setzt einen Stammes-, Volks-, National- oder Landesgott in Abgrenzung zu anderen Stammes- etc. Göttern voraus (Schmidt, 1994). Zudem unterscheidet die neuere Forschung exklusiven und inklusiven (Koch, 2007) bzw. universalen und partikularen Monotheismus (Keel 2007, 755f.). Während das erste Begriffspaar auf den Ausschließlichkeitsanspruch des einen Gottes abhebt, welcher entweder seine Exklusivstellung oder aber die relative Vormachtstellung unter anderen Göttern betont, stellt das zweite Paar den alles Existierende umgreifenden Anspruch des einzigen Gottes einem lediglich partikular, d.h. für eine bestimmte Gruppe gültigen Anspruch entgegen.
2. Kurzer forschungsgeschichtlicher Überblick
Der Begriff Monotheismus findet sich erstmals im 17. Jh. belegt (E. Lord Herbert of Cherbury, De religione gentilium, 1663), im Kontext eines Modells, das von einem Urmonotheimus ausgeht; dieser steht den paganen polytheistischen Religionssystemen voran, um erst nach einer Epoche der Dekadenz als Monotheismus wieder eingeführt worden zu sein. Dieser Vorstellung wurde im 18. Jh. ein animistisch-evolutionistisches Konzept entgegengesetzt, welches im Monotheismus die letzte Stufe der religionsgeschichtlichen Entwicklung sah (A. Comte, Cours de philosophie positive 5, 1869 u.a.). Für die alttestamentliche Wissenschaft haben die Schweden N. Söderblom und G. Widengren (→ Uppsala-Schule
Das vor kurzem von Jan Assmann als „Mosaische Unterscheidung“ oder auch als „sekundäre Religion“ (dazu Wagner u.a.) bezeichnete Monotheismuskonzept (→ Deuteronomismus
3. Die Entwicklung zum Monotheismus in der Religionsgeschichte Israels
B. Lang resümiert: „Der biblische M. ist ein Spätprodukt und steht nicht am Anfang, sondern am Ende der israelitisch-jüdischen Religionsgeschichte“ (1998, 161). Ebenso hat M. Weippert (1994, 1ff) herausgestellt, dass die recht heterogene Textsammlung des Alten Testaments sehr unterschiedliche und vor allem durch das polytheistische Umfeld geprägte Bilder von seinem Gott bezeugt. Wegen der monolatrischen, auf den Gott JHWH konzentrierten Grundtendenz der alttestamentlichen Texte können polytheistische Züge keinesfalls negiert werden, denn die erstere Religionsform setzt die zweite substantiell voraus. Anhand der theologisierten Begriffe und Metaphern „Ehe“ (→ Hosea
Weippert unterscheidet mit Blick auf die Entwicklung hin zum Monotheismus im Alten Testament mehrere Phasen:
3.1. Phase 1: Die Frühgeschichte
In der Anfangsphase der Geschichte Israels war die Religion Israels durchaus polytheistisch. Texte wie Dtn 32,8-9
Die Opferstätten dienten zugleich als Schlachtstätte, da jede Schlachtung ursprünglich als → Opfer
Die Inschriften, die man in der Festung Kuntillet ‘Aǧrūd (→ Kuntillet ‘Aǧrūd
Kritisch beurteilte z.B. A. Lemaire (2003, 78-80) den Befund, „seine Aschera“ wegen des Possessivums personal verstehen zu wollen. Die Mehrzahl der Kollegen äußert sich indes befürwortend. Koch (1988, 99) spricht von einer „JHWH zugeordnete Wirkgröße“, Keel / Uehlinger (2001, 263ff.) konstatieren im Blick auf die Göttin in der Eisenzeit IIB einen „ikonographischen Befund der Transparenz“ und meinen damit eine Mischform von personaler und stilisierter Darstellung. Zevit (2001, 373f.391f) liest indes kein Suffix, sondern ’Ašeratah als eine Femininendung mit archaisierendem –t. „Aschera bezeichnet, in dtr. Terminologie parallel zur Mazzebe, im AT ebenso den die Göttin repräsentierenden Kultgegenstand, so daß sicherlich im Einzelfall unklar bleiben muß, ob die Göttin oder deren Symbol, das ja diese repräsentiert, gemeint ist, zumal wenn beide Jahwe zugeordnet sind“ (Renz / Röllig, 1995, 93). Es ist anzunehmen, dass die Spuren der Göttin spätestens in der Exilzeit verschwinden, wie es aus den ikonographischen (Fehl-)Befunden dieser Zeit erschlossen werden kann (vgl. Frevel, 2003; zum ikonographischen Befund Keel / Uehlinger, 2001, 450f.).
Eine Paredra ist noch für das 6./5. Jh. v. Chr. in der jüdischen Militärkolonie → Elephantine
3.2. Phase 2: Der Weg zum Nationalkult
3.2.1. Phase 2a: Die frühe Königszeit
Mit Beginn der Monarchie hat sich das religiöse System keinesfalls schlagartig geändert. Ob der Nationalgott JHWH ursprünglich ein Wettergott oder eine Gottheit des El-Typs war, ist sehr umstritten. So könnten die ständige Polemik im Alten Testament gegen den Wettergott sowie eine Reihe von Merkmalen auf eine Verwandtschaft JHWHs (→ Baal
Allerdings gibt es auch eine Reihe von Ähnlichkeiten mit → El
Der Nationalgott JHWH wurde seit Beginn der Königszeit im Rahmen eines Staatskultes verehrt, der unter königlicher Aufsicht stand und wohl spätestens seit → Salomo
3.2.2. Phase 2b: Das Nordreich im 9. Jh.
Aufgrund der politisch-kulturellen Prädominanz des Nordreichs im 9./8. Jh. ist die religionsgeschichtliche Entwicklung hier am besten zu ermitteln. JHWH contra Baal ist ein wichtiges Thema in den Richter- und Königsbüchern, das die Zweigleisigkeit des religiösen Systems illustriert. 1Kön 16-21 thematisieren die Präsenz bzw. den Vorrang des JHWH-Kults vor dem Baalkult, nachdem der Baalkult durch die Heirat des israelitischen Königs → Ahab
3.3. Phase 3: Die assyrisch-babylonische Zeit
Die Zeit der assyrischen Präsenz in Palästina seit der zweiten Hälfte des 8. Jh. ist – religionsgeschichtlich gesprochen – eine Hochzeit des Synkretismus, der bis zum babylonischen Exil fast ungebrochen anhält. Auch wenn nicht sicher ist, ob die Assyrer ihren Vasallen den eigenen Staatskult tatsächlich aufoktroyierten (Spieckermann, 1982, 369ff.), so lassen sich doch in der Ikonographie zahlreiche assyrische und später babylonische Einflüsse nachweisen. Zum einen lassen sich astrale Elemente wie die Verehrung des Sonnengottes → Schamasch
Die judäischen Könige → Hiskia
3.4. Phase 4: Die exilische und persische Zeit
Erst in der Exilszeit wird mit der Stimme des anonymen Heilspropheten → Deuterojesaja
Seit der Exilszeit „ist der Monotheismus in den Kreisen, die prägend bleiben für die kommende israelitische Religionsgeschichte, etabliert“, wobei die Neubearbeitung der vorgegebenen Traditionen unter Betonung der Exklusion anderer Gottesvorstellungen erfolgt (Stolz, 1996, 184.192).
Infrage gestellt wurde diese weit akzeptierte Anschauung zuletzt von H. Niehr (1999, 228-244). Dieser geht von nahezu ungebrochenen polytheistischen Praktiken bis in die späte Perserzeit aus.
Der Gedanke der universalen Gültigkeit des einen Gottes für alle Menschen und Völker, sowie derjenige des Ausschlusses jeglicher Existenz anderer göttlicher Wesen findet sich in Passagen wie Jes 43,10-11
Wie das seit dem 9. Jh. durchgängig belegbare „JHWH-allein“-Motiv zeigt, dürfte es sich bei der Entwicklung zum Monotheismus wohl kaum um eine kontingente Entwicklung handeln, sondern um eine sich allmählich herauskristallisierende bewusste theologische Engführung. Dank einer sich formierenden theologischen Bewegung war es gelungen, die traditionelle judäische Religion seit der Josiazeit langsam umzudefinieren und mit Erfolg zu behaupten, dass der Nationalgott JHWH schon immer Anspruch auf Einzigartigkeit erhoben hätte (Lang, 1981, 82f. vgl. ders., 2003, 110).
Solche Formen theologischer Engführung sind außerhalb des alten Israel nicht ohne Vorbild, wie der allerdings auf wenige Jahrzehnte begrenzte Henotheismus der Amarna-Religion (14. Jh.; Hornung, 1980, 90f; → Amenophis IV.
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Morgendliche Kultszene in einem Freilichtheiligtum; das Sit Schamschi „Aufgang der Sonne“ genannte Bronzemodell zeigt laut Inschrift einen von Schilhak- Inschuschinak dem Inschuschinak geweihten Tempelhain (Susa; 7. Jh.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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