(erstellt: August 2008)
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1. Name
Der Name Mose (hebr. מֹשֶׁה mošæh) leitet sich von dem ägyptischen Verb mś / mśj „gebären“ ab. Es handelt sich um die Kurzform einer ägyptischen Namensform wie Thutmosis „der Gott Thut hat geboren“, wobei das theophore Element, die Nennung des Gottes, weggefallen ist: „[der Gott N.N.] ist oder hat geboren“. Im Alten Testament ist die Erinnerung an die ägyptische Herkunft des Namens darin bewahrt, dass die Tochter des Pharaos das Kind benennt, wenngleich ihr eine Etymologie des Namens in den Mund gelegt wird, die den Namen von einer hebräischen Wurzel mšh „herausziehen“ ableitet: „Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen“ (Ex 2,10
2. Die „mosaische Zeit“
Eine Datierung bietet 1Kön 6,1
3. Moses biblische Biographie
Nach dem biblischen Zeugnis ist Mose die zentrale Figur der ältesten Geschichte und klassischen Heilszeit Israels. Ausgestattet mit einer im Alten Testament einzigartigen Autorität und durch eine unvergleichliche Gottesnähe privilegiert (vgl. Dtn 34,10-12
Diese Biographie setzt mit der Unterdrückung der Israeliten in Ägypten ein, genauer mit der Einführung der Fronpflicht durch den Pharao zum Bau der Vorratsstätte → Pitom
Nach seiner Entwöhnung kommt das Kind an den Hof der Tochter des Pharaos, die ihm auch seinen Namen gibt (Ex 2,1-10
Vor allem aber ist Midian der Ausgangspunkt für Moses Berufung in der Dornbuschszene (→ Dornbusch
Am Schilfmeer erreichen die Verfolger die Israeliten, diese geraten in Panik, doch Mose sagt ihnen Jhwhs Hilfe zu (→ Meerwundererzählung
Eröffnet wird die Sinaiperikope mit der durch Mose übermittelten Zusage des Gottes Jhwh, Israel werde ein Königtum von Priestern und ein heiliges Volk sein, sofern es seinen Bund halte (Ex 19,3-6
Als Mose den Lärm der um das Kalb tanzenden Menge hört, steigt er vom Berg herab und zerschlägt die Tafeln mit den Geboten des Gottes Jhwh. Größer ist nur der Zorn der Gottheit, doch gelingt es Mose in einer eindringlichen Fürbitte, Jhwh davon abzuhalten, die Geschichte mit seinem Volk aufzugeben (Ex 32,11-14
4. Der historische Mose
Die Frage nach der historischen Gestalt des Mose ist vor allem ein Problem der Quellen und ihrer historischen Auswertung. Über Mose berichten ausschließlich biblische Texte und davon abhängige Überlieferungen. Für sie ist Mose die zentrale Figur der klassischen Heilszeit Israels und untrennbar mit Exodus (→ Meerwundererzählung
Doch auch die charismatische Retter- und Führergestalt des Auszugs verschwindet im Dunkel der Geschichte. Das ist kaum verwunderlich: Die noch greifbaren Anfänge der uns überlieferten Erzählung vom Auszug unter Moses Führung stammen sehr wahrscheinlich aus dem ausgehenden 8. Jh. v. Chr. Das sind – setzt man den Pharao der Unterdrückung mit → Ramses II.
Wie sehr Mose im historisch Ungewissen verschwindet und dafür das Legendarische hervortritt, zeigen exemplarisch die Notiz über seinen Grabplatz und die Geburtserzählung. In der Regel sind Begräbnisplätze feste Orte der Traditionsbildung. Zum Mosegrab heißt es dagegen, dass sein Ort „bis auf diesen Tag unbekannt ist“ (Dtn 34,6
Die Geburtserzählung ist hingegen eine Adaption der Geburtslegende des 2235-2180 v. Chr. herrschenden → Sargon von Akkad
Die Mütter der späteren Helden müssen ihr Kind, um es zu retten, aussetzen; beide Mütter legen ihr Kind deshalb in ein Schilfkästchen, das sie mit Erdpech abdichten und am Flussufer ablegen; beide Kinder werden zufällig gefunden und von ihren Findern adoptiert und großgezogen. Und natürlich haben beide Kinder eine große und die Geschicke ihres Volkes bestimmende Zukunft vor sich. Diese über das rein Zufällige hinausgehenden Gemeinsamkeiten im Detail sprechen gegen die verbreitete Annahme, hier würde unabhängig voneinander auf die archetypische Motivik von Findelkindgeschichten zurückgegriffen. Eher wird man damit rechnen dürfen, dass die alttestamentlichen Autoren die in neuassyrischer Zeit stark rezipierte Sargonlegende gekannt haben. Das spricht für eine Ausgestaltung der Mosebiographie in der Zeit des massiven neuassyrischen Einflusses auf Juda und Israel im 8. Jh. v. Chr. (Otto 2000; Gertz 2002; Gerhards 2006).
So lassen sich den biblischen Überlieferungen historische Informationen über Mose nur in sehr eingeschränktem Umfang und nur auf indirekte Weise entnehmen (Smend 1995). Es sind dies Moses ägyptischer Name, seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Midian sowie ein in der Königszeit mit Mose in Verbindung gebrachter Kultgegenstand am Jerusalemer Tempel (Nehuschtan; → Eherne Schlange
Ähnlich wie der Name verstößt auch die Heirat mit der ausländischen Priestertochter gegen späteren religiösen Anstand. Hinzu kommt, dass sich die schweren Konflikte der → Midianiter
Darüber hinaus scheint es im Jerusalem der Königszeit einen Kultgegenstand in Gestalt einer Schlange gegeben zu haben, deren Installation auf Mose zurückgeführt worden ist (2Kön 18,4
Alles andere in der biblischen Mosebiographie ist in der Konkretisierung unhistorisch und allenfalls in den allgemeinen Umständen dem historisch Möglichen zuzurechnen – von der kaum noch zu klärenden Frage einmal ganz abgesehen, ob die geschichtlichen Ereignisse, die der biblischen Auszugserzählung zugrunde gelegen haben mögen, historisch überhaupt mit der Gestalt des Mose zu verbinden sind. Zum historisch Möglichen gehört die auch in ägyptischen Quellen des Neuen Reiches belegte Auf- und Indienstnahme semitischer Stämme in Ägypten (vgl. den „Brief eines ägyptischen Grenzbeamten“ aus dem frühen 12. Jh. v. Chr. in: TGI, 40f.; Herrmann 1970; Donner 1995, 97-106) und die Schilderung des halbnomadischen Milieus (Herrmann 1970; Donner 1995, 97-106), wie sie in der Erzählung von Israels Unterdrückung in Ägypten vorausgesetzt sind.
Historisch identifizierbar sind auch die Ortsnamen der beiden in Ex 1,11
Mithin wäre Ramses II. der Pharao der Bedrückung. Für den Pharao des Auszugs und Gegenspieler Moses mag man daher an Ramses II. oder → Merenptah
Eine Identifizierung des historischen Mose aufgrund ägyptischer Quellen hat zuletzt Knauf versucht. Er bringt Mose, wie vor ihm schon in ähnlicher Weise der ägyptisch-hellenistische Gelehrte → Manetho
5. Mose im Alten Testament außerhalb des Pentateuch
Obgleich Zentralgestalt des Pentateuch und der sich formierenden „Frühgeschichte“ Israels, findet Mose in den übrigen Schriften des Alten Testaments vergleichsweise selten Erwähnung. Im Vordergrund steht dabei die Tora des Mose, also seine Funktion als Übermittler des göttlichen Rechtswillens. „Das Buch der Tora des Mose“ (vgl. 2Kön 14,6
6. Mose als „Symbolfigur“
Angesichts des Quellenbefundes ist eine historische Profilierung Moses unmöglich. Doch das historisch Ungefähre hat der zentralen Rolle, welche die spätere Traditionsbildung Mose als Mittler der Tora und des exklusiven Monotheismus zugeschrieben hat, keinen Abbruch getan. Im Gegenteil: In wirkungs- und gedächtnisgeschichtlicher Hinsicht ist Mose eine äußerst profilierte und historisch exzeptionelle Gestalt. Bereits die alttestamentliche Überlieferung vereinigt in Mose ganz verschiedene Rollen. Der literarische Mose des Alten Testaments ist der Stratege, der Heer- und Volksführer beim Auszug aus Ägypten, in der Wüste und bei der Einnahme des Ostjordanlandes; er ist der von Gott befähigte Magier; er ist der erste Priester seines Gottes Jhwh, der Israel mit seinem Gott Jhwh (wieder) bekannt macht; er ist der prophetische Fürbitter; er empfängt, übermittelt und kodifiziert den göttlichen Rechtswillen.
Die bereits inneralttestamentlich einsetzende Entwicklung Moses zur symbolträchtigen literarischen Gestalt hat die gesamte Rezeptionsgeschichte bis in die Gegenwart hinein geprägt. So hat gerade der unhistorische Mose historische Bedeutung erlangt, weshalb man ihn als „Symbolfigur“ der menschheitsgeschichtlichen Wende zum exklusiven → Monotheismus
Im Neuen Testament steht Mose explizit wie implizit für die Tora und die „jüdische Tradition“. Die synoptischen Evangelien betonen seine Funktion als Gesetzgeber (Mk 10,3
Nach Auskunft der Kirchenväter muss es eine reichhaltige Moseliteratur insbesondere apokalyptischen Inhalts gegeben haben, wovon uns u.a. die „Himmelfahrt Mosis“ (1. Jh. n. Chr.; JSHRZ 5, 57-84), in der Mose Josua die kommende Geschichte Israels offenbart, erhalten ist. Von dem jüdisch-hellenistischen Schriftsteller Artapanos (2. Jh. v. Chr.; JSHRZ 1, 127-136) wird Mose als Kulturbringer beschrieben. Ähnlich wie Flavius Josephus sieht der jüdisch-hellenistische Philosoph → Philo von Alexandrien
Hauptattribute Moses in der bildenden Kunst sind die Gesetzestafeln und der Stab. Bereits die Fresken der Synagoge in → Dura Europos
Die genannten und etliche weitere Szenen sind durch die gesamte Kunstgeschichte hindurch belegt, eine Zusammenschau bieten die „Begebenheiten aus dem Leben des Mose“ von Sandro Botticelli in der Sixtinischen Kapelle.
Die verbreitete Darstellung des Mose mit Hörnern auf der Stirn beruht auf einer Fehlübersetzung der Vulgata, die für Moses strahlendes (qāran) Gesicht nach dem Empfang der Gesetzestafeln cornuta facies „gehörntes Aussehen“ liest (Ex 34,29
Geistes- und theologiegeschichtlich hat vor allem das Bild von Mose als dem Stifter der ersten monotheistischen Religion gewirkt. Eine interessante Seitenlinie ist dabei die u.a. auf Apg 7,22
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Mose (Oktateuch von Watopédi; Athos; 13. Jh.).
- Die Auffindung des Mose (Raffael; 1483-1520).
- Mose tötet einen Ägypter (Jüdische Haggada aus Mähren; Tschechischer Maler; um 1740).
- Mose vor dem brennenden Dornbusch (Mosaik in San Vitale in Ravenna; 6. Jh.).
- Der Auszug aus Ägypten (Jüdische Haggada aus Mähren; Tschechischer Maler; um 1740).
- Gott gibt Mose am Gottesberg die Zehn Gebote (Mosaik in der Kirche des Katharinenklosters am Fuß des Mosebergs auf dem Sinai; 6. Jh.).
- Mose zerstört die Tafeln des Gesetzes (Rembrandt; 1659).
- Mose wird gerettet (Synagoge von Dura Europos; 3. Jh.).
- Die Jugend des Moses (Sandro Botticelli, Sixtinische Kapelle; 1482).
- Der gehörnte Mose (Abraham Bloemaert; 17. Jh.).
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