Nahum / Nahumbuch
(erstellt: Oktober 2006)
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1. Name und Person
Die Prophetenschrift Nahum firmiert unter einem Namen, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit einer historischen Prophetengestalt in Verbindung zu bringen ist. Zumindest gibt es weder in dem drei Kapitel umfassenden Buch noch sonst im Alten Testament Hinweise auf eine Person dieses Namens. Einige Exegeten bringen die Bestimmung ha’ælqošî „der Elqoschiter“ (Nah 1,1
2. Aufbau, Inhalt, Konzeption
Nahum lässt sich – vor allem ab Nah 1,11
2.1. Die Überschrift (Nah 1,1)
Das Buch beginnt mit einer zweifachen Überschrift. Zunächst wird es (Nah 1,1a
2.2. Der Nahum-Psalm (Nah 1,2-8)
Umfang. Auf die Überschrift folgt eine hymnische Textpassage, die häufig als Nahum-Psalm bezeichnet wird. Ihr Umfang ist umstritten (Beispiele bei Baumann, 2005, 39-49); der Wechsel von der Rede in der dritten zur zweiten Person zwischen Nah 1,8
Gliederung. Er lässt sich in drei Teile gliedern: In der Eröffnung Nah 1,2-3a
Ob es sich beim Nahum-Psalm um ein Alphabet-Akrostichon handelt oder nicht, wird in der Forschung unterschiedlich beantwortet (ausführlicher vgl. Baumann, 2005, 52-60; → Akrostichie
2.3. Die „Brückenpassage“ (Nah 1,9-2,2)
Die Verse Nah 1,9-10
Eine Analyse aus kulturgeschichtlicher Perspektive lässt vermuten, dass in der geschlechtsspezifischen Metaphorik Nahums Männlichkeit eher zur Markierung von Stärke, Weiblichkeit dagegen zur Markierung von Unterlegenheit dient. Dies entspräche dem textlichen und bildlichen Reptertoire neuassyrischer Darstellungen, die im Alten Testament aufgenommen werden (Chapman). Weiblich sind Juda / Jerusalem (Nah 1,12
2.4. Ansage des Untergangs Assyriens (Nah 2,4-3,19)
Auf die „Brückenpassage“ Nah 1,9-2,2
Die dann folgende Ansage des Untergangs Assyriens macht den größten Teil der Nahumschrift aus (Nah 2,4-3,19
An die Wegführung der an eine Königin oder Göttin erinnernden weiblichen Figur schließt sich die Plünderung einer eroberten Stadt an (Nah 2,7-11
3. Textüberlieferung
Der masoretische Text des Nahumbuchs ist meist gut überliefert und verständlich; es gibt allerdings auch schwierige Stellen. Vor allem Nah 1,10-11
Teile des hebräischen Textes sind auch in → Qumran
Die nachbiblische Text- und Auslegungsgeschichte ist im Kommentar von Spronk gut erschlossen. In die neuere Forschung führen Spronk, Christensen und Weigl ein.
4. Entstehung und geschichtlicher Hintergrund
Nach Ansicht der Fachwissenschaft datiert zumindest der Hauptteil der Nahumschrift (Nah 2,4-3,19
Nah 3,8-10
Wann die weiteren Fortschreibungen Nahums historisch zu verorten sind, ist schwer zu bestimmen. Sie könnten mit der Entstehung des → Zwölfprophetenbuchs
5. Theologie
Durch das Nahumbuch in seiner vorliegenden Fassung zieht sich das Problem der göttlichen Vergeltung. Implizit geht es im Corpus (Nah 2,4-3,19
Unterschwellig schwingt im Nahumbuch die Frage mit, warum diese göttliche Vergeltung im Falle Assyriens erst mit erheblicher Zeitverzögerung vollzogen wird. Auf diese Frage gibt der Nahum-Psalm eine indirekte Antwort: Mit dem Rekurs auf Ex 34,7
Wird Nahum als Teil des → Zwölfprophetenbuchs
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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2. Weitere Literatur
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- Weigl, M., 2001, Current Research on the Book of Nahum: Exegetical Methodology in Turmoil? CRBS 9, 81-130
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