Deutsche Bibelgesellschaft

Nathan / Nathanweissagung

Andere Schreibweise: Natan / Natanweissagung

(erstellt: April 2007)

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1. Der Name

Der Name Nathan (hebr. נָתָן nātān) ist seiner grammatischen Struktur nach ein verkürzter Verbalsatzname, bei dem das theophore Element (d.h. die Gottesbezeichnung innerhalb des Namens) weggefallen ist. Er gehört zur Gruppe der sog. Danknamen, die häufig auf das Wirken der Gottheit bei der Geburt des Kindes Bezug nehmen, und bedeutet „er (der Gott) hat gegeben / geschenkt“. Die Kurzform nātān ist im alttestamentlichen Schrifttum für verschiedene Personen belegt und auch aus den Papyri aus → Elephantine und einem Ostrakon aus Tell Ǧemme [Tell Gemme] (HAE, Ǧem [7]: 3,7) bekannt.

2. Die Nathanüberlieferung

Der prominenteste Träger dieses Namens im Alten Testament ist der Prophet Nathan, der am Hof Davids in Jerusalem wirkte und dessen Sohn Salomo bei seiner Thronbesteigung unterstützte. Die Nathanerzählungen begegnen an drei markanten Wendepunkten innerhalb der Davidüberlieferung.

2.1. Die Nathanweissagung (2Sam 7)

Nachdem David zum König über Juda und Israel eingesetzt worden ist und Jerusalem zu seiner Hauptstadt gemacht hat (2Sam 5), äußert er gegenüber dem Propheten Nathan die Absicht, einen Tempel für die → Lade Jahwes bauen zu wollen. Die Fürsorgepflicht des Königs für den Kultbetrieb an den (Staats-) Heiligtümern ist im Alten Orient weit verbreitet (vgl. Hurowitz). Nathan bestärkt den König zunächst in dessen Absicht, die aber von Jahwe in einer nächtlichen Offenbarung an Nathan zurückgewiesen wird. Daran schließt sich ein königliches → Heilsorakel an, das in Aufbau und Form neuassyrischen Königsorakeln nahe steht und in dem David eine gesicherte Herrschaft und die Bildung einer Dynastie angesagt wird. Der verheißene Thronfolger aus der Nachkommenschaft Davids erhält schließlich den Auftrag, einen → Tempel für Jahwe zu bauen.

Nachdem Nathan dem König das Gotteswort überbracht hat, folgt ein langes Gebet Davids, das ihn als frommen und gottesfürchtigen König zeigt und in dem er Jahwe für dessen vergangene und zukünftige Heilssetzungen preist.

2.2. Die Nathanparabel (2Sam 12)

Nathan Abb 2 Carolsfeld

Der zweiten Begegnung zwischen dem Propheten Nathan und David geht die Erzählung vom Ehebruch des Königs mit → Batseba und der nachfolgenden Ermordung ihres Mannes Uria, eines hethitischen Söldners in den Diensten Davids, voraus (2Sam 11), an die Nathan in der sog. Nathanparabel anknüpft. Die kurze Parabel ist kunstvoll gestaltet und handelt von einem reichen und einem armen Mann, die in derselben Stadt wohnen. Als der reiche Mann Besuch bekommt, nimmt er das einzige Schaf des armen Mannes, das dieser wie eine Tochter geliebt und aufgezogen hatte, und bereitet es seinem Gast als Mahl zu. Das harte Urteil, das David über den reichen Mann spricht („der Mann, der dies getan hat, ist ein Mann des Todes“), wendet Nathan mit den Worten „Du bist der Mann!“ auf ihn selbst. Es folgt ein prophetisches Gerichtswort gegen David und seine Dynastie. Daraufhin bekennt David seine Schuld (vgl. Ps 51) und erhält von Nathan die Zusage, dass er nicht sterben wird. Das Kind aber, das aus der ehebrecherischen Verbindung zwischen David und Batseba hervorgegangen ist, muss sterben – trotz intensiver Fürbitte Davids.

Später gebiert Batseba David einen zweiten Sohn, → Salomo. Dieser steht nicht mehr unter dem Todesurteil Jahwes, wie er David durch den Propheten Nathan mitteilt (v24f).

2.3. Die Thronbesteigung Salomos (1Kön 1)

In den Streitigkeiten um die Thronnachfolge Davids ergreift Nathan Partei für den Kronprinzen Salomo gegen dessen Bruder → Adonija. David ist alt geworden, seine Lebenskraft geht zu Ende und er scheint nicht mehr in der Lage, die Regierungsgeschäfte führen zu können. Als sein ältester, noch lebender Sohn Adonija ein Fest für die königliche Familie und die hohen Beamten des Hofes veranstaltet, zu dem nur Salomo, Nathan und der Priester → Zadok nicht geladen waren, ergreift Nathan die Initiative. Er schickt Batseba, die Mutter Salomos, zum König, um ihn an einen Schwur zu erinnern, den er ihr einst gegeben habe, dass ihr Sohn Salomo nach ihm auf dem Thron sitzen solle. Nachdem Nathan und Batseba David über die Vorgänge am Hof unterrichtet haben, schwört dieser die Worte, die ihm Batseba in den Mund gelegt hatte, und beauftragt Zadok, Nathan und seine Diener, Salomo am Gihon zum König über Israel zu salben. Als dies im Kreis der Gefolgsleute Adonijas bekannt wird, zerstreuen sie sich und Adonija selbst sucht Schutz an den Hörnern des Altars.

2.4. Die Nathanüberlieferung in der Chronik

Die → Chronik erwähnt den Propheten Nathan außer in ihrer aktualisierenden relecture der Nathanweissagung (1Chr 17, vgl. Pietsch; Avioz) noch an drei weiteren Stellen: In 1Chr 29,29 und 2Chr 9,29 ist jeweils von „der Geschichte des Propheten Nathan“ die Rede, womit an beiden Stellen auf Quellen des Chronisten verwiesen wird, die weitere Berichte über die Regierung der Könige David bzw. Salomo enthalten. Welchen Umfang und Charakter diese „Quellen“ besaßen, bleibt unklar (zielen die Angaben auf die Überlieferungen in den Samuel- und Königsbüchern?). Wichtiger ist, dass Geschichtsschreibung nach der Auffassung der Chronik eine prophetische Funktion ist, worin nicht nur ältere, deuteronomistische Prophetentheologie aufscheint, sondern bereits die spätere Zuschreibung kanonischer Schriften an prophetische Verfasser anklingt.

In 2Chr 29,25 schließlich wird Nathan zusammen mit dem Seher → Gad als prophetische Autorität erwähnt, durch die Jahwe David mit der Einsetzung der Tempelmusiker beauftragt hat. Darin spricht sich ein Verständnis der (Kult-)Gesetzgebung aus, das nicht auf mosaische Vermittlung beschränkt ist, sondern über die mosaische Zeit hinaus durch prophetische Vermittlung aktualisiert und ergänzt wird.

3. Der biblische und der historische Nathan

Für die Rückfrage nach dem historischen Nathan müssen die Zeugnisse der Chronik außer Betracht bleiben, da ihr Nathanbild sich der Darstellung ihrer Vorlage und der Prophetentheologie des Chronisten verdankt.

3.1. Die literarhistorischen Probleme der Nathanüberlieferung

Jede historische (Re-)Konstruktion bedarf zunächst einer kritischen Analyse der ihr zugrunde liegenden Quellen. Die Literargeschichte der Nathanerzählungen ist unlöslich mit der Entstehungsgeschichte der Samuel- und Königsbücher sowie der Davidüberlieferung verbunden. Seit → Noth (1943) gelten die Samuel- und Königsbücher als Bestandteil des sog. → Deuteronomistischen Geschichtswerks, das in der Exilszeit entstanden ist. Bereits Noth hatte jedoch erkannt, dass vor allem die Samuelbücher umfangreiches älteres Quellenmaterial enthalten, das von den späteren Redaktoren aufgenommen und bearbeitet worden ist. So ist bis heute strittig, in welchem Umfang die Nathanerzählungen deuteronomistisch redigiert und überformt worden sind und welche Textanteile auf ältere, evtl. zeitgenössische Überlieferungen der frühen Königszeit zurückgehen. Sowohl im Blick auf die Nathanweissagung als auch für die Nathanparabel ist aufgrund ihrer Sprache und Theologie deuteronomistische Herkunft postuliert worden (Veijola 1975 und 1990). Die deuteronomistischen Anteile lassen sich jedoch in beiden Texten einfacher als redaktionelle Bearbeitungen erklären, mit deren Hilfe eine ältere Überlieferung in das deuteronomistische Erzählwerk eingefügt wurde. Die Dynastieverheißung geht in ihrem Grundbestand (2Sam 7,11-16*) wohl bis in die frühe Königszeit zurück, selbst wenn die Gesamtkomposition des Textes als ein spätes Bindeglied innerhalb der Davidüberlieferung anzusehen ist.

Die beiden anderen Nathanerzählungen werden dagegen meist zur sog. → Thronfolgegeschichte Davids gerechnet, deren genaue Abgrenzung, Thema und Tendenz in der Forschung umstritten ist. Der Streit um die Thronnachfolge Davids in 1Kön 1-2 gilt gemeinhin als Abschluss der Thronfolgegeschichte, die zeitlich in der Regel nicht allzu weit von den geschichtlichen Ereignissen selbst angesetzt wird.

Schwieriger liegen die Probleme bei der Nathanparabel (2Sam 12), deren Zugehörigkeit zur ursprünglichen Thronfolgegeschichte je nach Beurteilung ihrer Tendenz und prophetentheologischen Konzeption in der Forschung teils bestritten (Würthwein, Dietrich 1992), teils bejaht worden ist (Stoebe). Der Text ist sicher redaktionell bearbeitet worden (vgl. die schriftprophetischen Farben in v7b-12), sein Grundbestand ist jedoch eng mit der narrativen Komposition der Thronfolgegeschichte verbunden, und es erscheint fraglich, in wie weit tendenzkritische Argumente allein angesichts einer derart strittigen erzählpragmatischen Analyse der Gesamtkomposition eine literarkritische Entscheidung zu begründen vermögen.

3.2. Der historische Nathan

Das vielschichtige Bild, das die biblische Überlieferung von dem Propheten Nathan malt, kann zwar nicht in allen Einzelheiten für die historische Rekonstruktion herangezogen werden, erlaubt es aber, ein in Grundzügen verlässliches Bild des historischen Nathan zu zeichnen. Meistens wird in den Streitigkeiten um die Thronfolge Davids am ehesten ein Ansatzpunkt für die Rückfrage nach dem historischen Nathan vermutet. Er tritt hier auf als ein Beamter und Vertrauter des Königs am Hofe Davids in Jerusalem, der die Partei des Kronprinzen Salomo unterstützt. Da Nathan – wie Zadok – erst in Jerusalem am Hofe Davids begegnet (und Salomo in Jerusalem geboren ist), ist der Konflikt häufig mit dem Gegensatz zwischen kanaanäisch-jerusalemer Stadtkultur und altisraelitischer Stammeskultur in Verbindung gebracht worden (Jones). Dieser Gegensatz relativiert sich jedoch angesichts neuerer Forschungen zur Frühzeit Israels und zur → Religionsgeschichte Palästinas, die erkennen lassen, dass die Größe „Israel“ ein Konglomerat unterschiedlicher Bevölkerungselemente enthält, in dem verschiedene Traditionen miteinander verschmolzen sind. Dieser Prozess setzt nicht erst in der frühen Königszeit ein, sondern begleitet die → Geschichte Israels seit ihren Anfängen (Dietrich 1997).

Vor dem Hintergrund der übrigen Nathanüberlieferung kann das Bild Nathans als eines höfischen Beamten noch präzisiert werden: Nathan wirkte am Jerusalemer Hof als sog. Hof- oder Kultprophet, eine Einrichtung, die auch aus der Umwelt Israels bekannt ist (vgl. die Kultprophetie aus → Mari). Ihre Aufgabe besteht darin – im Auftrag des Königs – Gottesbefragungen durchzuführen (induktive Prophetie) bzw. den Willen der Gottheit dem König zu übermitteln (intuitive Prophetie). In wie weit die biblische Überlieferung noch authentische Worte des Propheten Nathan bewahrt hat, muss angesichts der literarhistorischen Probleme offen bleiben, wenigstens die Dynastieverheißung (2Sam 7) würde in ihrer ursprünglichen Form gut in das Paradigma höfischer Prophetie passen. Beachtet man, dass ein selbständiges, königskritisches Auftreten des Propheten, wie es in der Nathanparabel 2Sam 12 geschildert wird, auch in den Prophetenbriefen aus Mari belegt ist (vgl. Nissinen), erscheint selbst für einen Grundbestand dieser Überlieferung eine Rückführung auf den historischen Nathan plausibel (vgl. die sog. „vorklassische“ Prophetie der Elia- und Elisaüberlieferung).

4. Weitere Personen des gleichen Namens im Alten Testament

Neben dem Propheten Nathan werden im Alten Testament noch weitere Personen des gleichen Namens erwähnt, deren Identität bisweilen umstritten ist, so dass die Angaben, um wie viele Personen es sich handelt, schwanken.

1. Nach 2Sam 5,14 (vgl. 1Chr 14,4) trägt einer der Söhne Davids, die ihm in Jerusalem geboren wurden, den Namen Nathan (nach 1Chr 3,5 ein Sohn der Batseba). Über diesen Davidsohn verläuft nach Lk 3,31 der Stammbaum Jesu (die Genealogie im Matthäusevangelium orientiert sich während der Königszeit an den regierenden Davididen in Jerusalem).

2. In 2Sam 23,36 wird ein Mann namens Nathan als Vater des Jigal, der einer der Helden Davids ist, erwähnt. Laut der Parallele in 1Chr 11,38 war er der Bruder Joels, eines der Helden Davids, doch liegt hier kaum eine gegenüber der Vorlage eigenständige Traditionsbildung vor.

3. 1Kön 4,5 erwähnt in einer Liste von Beamten am Hofe Salomos zwei Söhne eines Nathan (Asarja, Sabud). Die Identität dieser Person mit dem Propheten Nathan ist zwar nicht beweisbar, in Anbetracht der Häufung von Namensidentitäten zwischen den Listen in 1Kön 4 und dem Personeninventar der Thronfolgegeschichte aber durchaus plausibel (vgl. Kamlah).

4. In der Stammreihe Elischamas ist in 1Chr 2,36 ein weiterer Träger des Namens Nathan belegt, der Sohn Attais.

5. Eine (oder zwei?) Person mit Namen Nathan wird im Buch → Esra erwähnt. Nach Esr 8,16 trug eines der Sippenoberhäupter, die mit Esra aus → Babylon nach Jerusalem zurückkehrten den Namen Nathan. Ob dieser mit einem der Söhne Binnuis identisch ist, der in Esr 10,39 im Zusammenhang der Mischehenproblematik erwähnt wird, ist nicht mehr aufzuklären.

6. In der Reihe der Klagenden in Sach 12,12-14 ist neben dem Haus Davids von dem „Haus Nathans“ die Rede. Damit wird entweder auf den Propheten Nathan, als Vertreter der Prophetie neben dem Königtum (David), den Priestern (Levi) und den Tempelsängern (Schimi), angespielt oder auf den Sohn Davids, als Repräsentanten der königlichen Linie neben der priesterlichen (vgl. 1Chr 6,16-17).

5. Die Rezeption der biblischen Nathangestalt

5.1. Die Nathanweissagung

Die Nathanweissagung mit ihren beiden Brennpunkten, der Ankündigung einer dauerhaften Dynastie für David und der Beauftragung zum Bau des Tempels an dessen Thronfolger (Salomo), hat eine breite Wirkungsgeschichte entfaltet, deren Grundlinien bis in die redaktionellen Bearbeitungen des Textes selbst zurückreichen und sich über das Neue Testament bis in die Kunst und Literatur der Neuzeit fortsetzen.

In der frühen jüdisch-christlichen Rezeption des Textes lässt sich neben der königlich-dynastischen Linie, die in hasmonäischer Zeit messianisch zugespitzt wird (vgl. PsSal 17, 4Q Midrasch zur Eschatologie) und sich im Neuen Testament besonders im lukanischen Doppelwerk niedergeschlagen hat (vgl. Lk 1,26-38, Apg 2,14-41 und Apg 13,13-43), vor allem eine israeltheologische Linie beobachten, die das Volk Israel als den Träger der Verheißung herausstellt (vgl. Jes 55,1-5, Ps 89) und über die jüdisch-hellenistische Traditionsliteratur bis in die neutestamentliche Ekklesiologie hinein nachwirkt (vgl. 2Kor 6,14-7,1, Apk 21,1-8). Ein weiterer Rezeptionsstrang der Nathanverheißung folgt einer stärker am Kult orientierten Leseperspektive, die den Bau des Jerusalemer Tempels in den Mittelpunkt des Interesses rückt (vgl. 1Chr 17). Besonders eindrücklich kann dies in der griechischen Übersetzung (der sog. → Septuaginta) von 2Sam 7 beobachtet werden, die den gesamten Text unter der Leitfrage nach dem Bau des Tempels liest. Ausgehend von Davids Tempelbauvorhaben (v1-3), über das ausdrückliche Verbot an David, einen Tempel für Jahwe zu bauen (v5), bis zur Beauftragung Salomos, des Sohnes Davids, mit dem Bau des Tempels (v13) ist die Frage nach dem Bau des Tempels zum beherrschenden Thema des Textes geworden. Von der Verheißung einer ewigen Dynastie für David ist dagegen im griechischen Text keine Rede mehr. In 2Sam 7,11 heißt es statt dessen: „(…) und der Herr verkündet dir, dass er sich ein Haus bauen wird“. Die Verheißung eines Hauses (= Dynastie) für David ist hier zu einer Verheißung eines Hauses (= Tempel) für Jahwe umgedeutet worden (vgl. Pietsch).

Die Frage, warum Davids Tempelbauvorhaben zurückgewiesen wurde, beschäftigt auch die rabbinische Diskussion des Textes. Entscheidend ist für die rabbinische Exegese die Vorschrift aus Dtn 12,10-11, dass der Tempel erst gebaut werden dürfe, wenn Israel Ruhe vor seinen äußeren Feinden habe (Babylonischer Talmud, Traktat Sanhedrin 20b; Text Talmud). Die Nathanweissagung zeige jedoch, dass dies – entgegen der Formulierung in 2Sam 7,1 – zur Zeit Davids noch nicht der Fall war (vgl. v9f). Eine andere Tradition besagt, dass David den Tempel nicht habe bauen dürfen, weil seine Frömmigkeit so groß war, dass der Tempel anderenfalls unzerstörbar gewesen wäre (Pesiqta Rabbati 2). Mit Blick auf den Propheten Nathan beschäftigt die Rabbinen (wie auch die Reformatoren) vor allem das Problem, warum er dem Tempelbauvorhaben Davids zunächst zustimmt (v3). Die gängige Antwort darauf lautet, dass Nathan an dieser Stelle nicht als Prophet, sondern als Mensch geredet habe (Radak, z. St.). Nach dem Midrasch Shocher Tov hätte Nathan den Grundsatz angewandt, dass ein gerechter Mann, der sein Herz Gott anvertraut, in seinem Wollen und Denken dem Willen Gottes entspricht.

5.2. Die Nathanparabel

Nathan Abb 3 anonym

In der bildenden Kunst wird der Prophet Nathan vor allem als Bußprediger dargestellt, der den König David als den exemplarischen Büßer (vgl. Ps 51) zur Umkehr ruft (vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, III). Das Motiv begegnet vor allem als Illustration zu den Bußpsalmen (Abb. 3) sowie innerhalb des David-Batseba Zyklus, ein seit dem Mittelalter beliebtes Motiv in der christlichen Ikonographie (vgl. Schnorr von Carolsfeld, Rembrandt; Abb. 2 und 4). Der König wird häufig sitzend und in von Reue gebeugter Haltung abgebildet (vgl. Abb. 1), teils hat er seine Krone abgelegt. Der Prophet steht ihm gegenüber, meist in erhöhter Position und mit mahnender Gestik.

Nathan Abb 4 Rembrandt

Literarisch hat die Nathanparabel u.a. einen Nachklang im Koran gefunden. In Sure 38,21-25 (Text Koran) wird die Geschichte von den Streitenden überliefert, die zu David kommen und ihn bitten, in ihrem Streitfall zu richten. Einer der beiden Brüder besaß 99 Schafe und forderte von seinem Bruder, ihm dessen einziges Schaf ebenfalls zu überlassen. David verurteilt den reichen Bruder, erkennt dann aber, dass sie ihn auf die Probe gestellt hatten, und bittet um Vergebung.

5.3. Die Inthronisation Salomos

In den Bibelillustrationen des Mittelalters wird Nathan häufig gemeinsam mit Batseba im Zusammenhang der Fürsprache für Salomo vor David abgebildet (vgl. Ripollbibel, um 1000 n.Chr.), sowie bei der Salbung Salomos am Gihon (vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, III).

Der Midrasch Ecclesiastes Rabba IV,12 deutet die dreifache Schnur aus Pred 4,12 auf die Allianz Nathans, Batsebas und Davids, die Salomo auf den Thron Israels gebracht hat.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004 (Lit.!)
  • Neues Bibel-Lexikon, Düsseldorf / Zürich 1991-2001
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998ff.

2. Weitere Literatur

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  • De Pury, A. / Römer, T. (Hgg.), 2000, Die sogenannte Thronfolgegeschichte Davids. Neue Einsichten und Anfragen (OBO 176), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
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  • Dietrich, W., 1997, Die frühe Königszeit in Israel (Biblische Enzyklopädie 3), Stuttgart u.a.
  • Hurowitz, V. A., 1992, I Have Built You an Exalted House. Temple Building in the Bible in the Light of Mesopotamian and North-West Semitic Writings (JSOT.S 115), Sheffield
  • Japhet, S., 1993, I&II Chronicles (OTL), London
  • Jones, G. H., 1990, The Nathan Narratives (JSOT.S 80), Sheffield
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  • Noth, M., 1943, Überlieferungsgeschichtliche Studien I. Die sammelnden und bearbeitenden Geschichtswerke im Alten Testament (SKG.G 18), Halle/Saale
  • Pietsch, M., 2003, „Dieser ist der Spross Davids …“. Studien zur Rezeptionsgeschichte der Nathanverheißung im alttestamentlichen, zwischentestamentlichen und neutestamentlichen Schrifttum (WMANT 100), Neukirchen-Vluyn
  • Schniedewind, W. M., 1999, Society and the Promise to David. A Reception History of 2Samuel 7:1-17, New York / Oxford
  • Stoebe, H.J., 1994, Das zweite Buch Samuel (KAT VIII/2), Gütersloh
  • Stolz, F., 1981, Das erste und zweite Buch Samuel (ZBK.AT 9), Zürich
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  • Veijola, T., 1990, Salomo – der Erstgeborene Bathsebas, in: T. Veijola, David. Gesammelte Studien zu den Davidüberlieferungen des Alten Testaments (SESJ 52), Helsinki / Göttingen
  • Würthwein, E., 1974, Die Erzählung von der Thronfolge Davids – Theologische oder politische Geschichtsschreibung? (ThSt 115), Zürich

Abbildungsverzeichnis

  • Nathan und David (Jean Colombe, Illustration zu Ps 32, aus dem Stundenbuch des Duc de Berry „Très Riches Heures“; 1485-1489).
  • Nathan und David (Schnorr von Carolsfeld; 1851-1860).
  • Nathan und David (Unbekannter Meister; in: Martin Luthers Schrift „Die siben Buosz Psalmen, mit ainer kurtzen Auslegung“, Augsburg 1525).
  • Nathan ermahnt David (Rembrandt; ca. 1655).

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