Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: April 2011)

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1. Name

Der alttestamentliche Name נֶגֶב nægæv (neuhebräisch Negev) wird auf eine im Aramäischen belegte Wurzel ngb „vertrocknen“ zurückgeführt und bedeutet daher „trockenes Land“. Im Alten Testament wird nægæv auch zur Bezeichnung der Himmelsrichtung „Süden“ gebraucht, etwa in der Wendung nægbāh „nach Süden“ bzw. „im Süden, südlich“ (u.a. Jos 18,19). Demzufolge verwendet die → Septuaginta für nægæv neben dem transkribierenden Ναγεβ (u.a. Jos 10,40) noch die Ausdrücke ἔρημος erēmos „Wüste“ (Gen 12,9), νότος notos „Süden“ (Num 13,29) und λιψ lips „Südwesten“ (Jos 18,19).

2. Lage

Nach heutigem Verständnis bildet der Negev ein Landdreieck, das im Norden durch Gaza und das Südende des Toten Meers abgesteckt ist und im Süden bis zum Roten Meer (Golf von ‘Aqaba) reicht. Das Alte Testament lokalisiert den Negev zwischen dem palästinischen Kulturland und Ägypten (Gen 12,9; Gen 13,1; Gen 20,1; Num 13,17.22). Verschiedene Texte nennen den Negev als Teilregion Judas neben dem Bergland und der Schefela (Dtn 1,7; Jos 10,40; Jos 11,16; Jos 12,8; Ri 1,9; Jer 17,26; Jer 32,44; Jer 33,13). In Jos 15,21-32 findet sich eine Liste der judäischen Orte im Negev. Die identifizierbaren Orte der Liste liegen im Beerscheba-Tal (Wādī es-Seba‘ / Nachal Be’er Scheva‘) oder weiter westlich am Wādī eš-Šerī‘a / Nachal Gerar, demnach am Nordrand der heute Negev genannten Region. Aus Jos 15,21 ist jedoch ersichtlich, dass die Ortsliste nur den Anteil Judas am Negev, nicht jedoch die gesamte Ausdehnung des biblischen Negev beschreibt.

Nach alttestamentlichem Verständnis liegt der gesamte Negev in Kanaan (Num 13,17). Die Südgrenze Kanaans und mithin auch die Südgrenze des Negev verläuft auf der Höhe von → Kadesch(-Barnea), d.h. im Quelloasengebiet von ‘Ēn el-Qudērāt ([En el-Quderat]; Koordinaten: 0960.0069; N 30° 38' 50", E 34° 25' 39") und ‛Ēn Qudēs ([En Qudes]; Koordinaten: 1005.9991; N 30° 35' 01'', E 34° 29' 03''; Ez 47,19; Ez 48,28). Aus der Korrelation des modernen und des biblischen Verständnisses ergeben sich vier Teilregionen: (1) der Nordwest-Negev westlich der heutigen Stadt Beerscheba (Bīr es-Seba‘ / Be’er Scheva‘; Koordinaten: 1304.0720; N 31° 14' 15'', E 34° 47' 35'') mit den Talsystemen des Wādī eš-Šerī‘a / Nachal Gerār und des Wādī Ġazze / Nachal Besor; (2) der Nordost-Negev mit dem Beerscheba-Tal; (3) der Zentralnegev bis zur Höhe von Kadesch(-Barnea); (4) der südliche Negev als schmal zulaufendes Dreieck bis zum Nordende des Golfs von ‘Aqaba.

3. Geschichte

3.1. Voraussetzungen: Klima und verkehrsgeographische Lage

Die geschichtliche Entwicklung im Negev war und ist wesentlich abhängig von zwei Faktoren: dem Klima und der verkehrsgeographischen Lage. Bis auf die äußersten nordwestlichen Teile in der Nähe der Mittelmeerküste ist der Negev geprägt von den Charakteristika des trocken-heißen Wüstenklimas mit hohen Tagestemperaturen und wenig Niederschlag. Die Niederschlagsmengen und damit auch die Voraussetzungen für sesshaftes Wohnen nehmen von Westen nach Osten und von Norden nach Süden kontinuierlich ab. Regenfeldbau ohne zusätzliche Bewässerung ist nur im Nordwest-Negev möglich.

Bereits im Beerscheba-Tal liegen die durchschnittlichen jährlichen Regenmengen unter der Marke von 300 mm, welche die Grenze zwischen Regenfeldbau und Trockengebieten markiert. Im Zentralnegev sinkt der Wert auf 150-100 mm und südlich von Kadesch(-Barnea) ist bei Werten teilweise unter 50 mm keine Siedlungstätigkeit mehr möglich. Andererseits verlaufen durch den Zentralnegev wichtige Handelswege von den Bergbaugebieten in der Araba und vom südlichen Ostjordanland bzw. von der Arabischen Halbinsel nach Gaza ans Mittelmeer. Daher wurden immer wieder Anstrengungen unternommen, den ariden Zentralnegev zu erschließen. Die Geschichte des Negev ist durch Ausgrabungen und archäologische Oberflächenuntersuchungen seit der Mitte des 20. Jh.s vergleichsweise gut erforscht. Aussagekräftige Textdokumente liegen erst für die hellenistische und die römisch-byzantinische Zeit vor.

3.2. Urgeschichtliche Perioden

Die frühesten archäologisch fassbaren Spuren menschlicher Besiedlung im Negev stammen aus dem Paläolithikum (Altsteinzeit, vor dem 10. Jt. v. Chr.) und aus dem Neolithikum (Jungsteinzeit, ca. 7.-5. Jt. v. Chr.). Siedlungsreste dieser Perioden wurden u.a. im Beerscheba-Tal, bei der Oase von Kadesch(-Barnea) und im äußersten Süden der Negev-Wüste nachgewiesen. Möglicherweise herrschte in den genannten Zeiträumen ein etwas feuchteres Klima als heute.

Im Chalkolithikum (5./4. Jt. v. Chr.) war der Bereich des Beerscheba-Tals vergleichsweise dicht besiedelt. Die Fundplätze reichen vom Nordwest-Negev (u.a. Šiqmim, ca. 18 km westlich der heutigen Stadt Beerscheba) bis weit in den nordöstlichen Negev (Tell ‘Arād / Arad; Koordinaten: 1620.0767; N 31° 16' 50", E 35° 07' 34"). Mehrere Siedlungen wurden auch bei Beerscheba selbst gefunden. Daher spricht man von der „Beerscheba-Kultur“. In einer ersten Siedlungsphase wurden Höhlen und unterirdische Gänge in die Talhänge gegraben. Diese Anlagen werden alternativ als Wohnanlagen oder als Vorratsräume gedeutet. Geologische Untersuchungen führen die unterirdische Siedlungsweise darauf zurück, dass im Chalkolitikum aufgrund etwas feuchterer Klimaverhältnisse zunächst nicht ausreichend Flächen („flood-plains“) für oberirdische Siedlungen zur Verfügung standen. In einer zweiten Siedlungsphase wurden dann neben den weiter bestehenden Höhlen oberirdisch aus Lehmziegeln vor allem rechteckige Gebäude errichtet.

3.3. Frühbronzezeit (Ende 4.Jt. - 3. Jt. v. Chr.)

Negev 06

In der Frühbronzezeit I (ca. 3100-2800 v. Chr.) wurde zunächst teilweise die Kultur des ausgehenden Chalkolithikums im Beerscheba-Tal fortgesetzt. Die Siedlungen am Übergang vom 4. zum 3. Jt. könnten im Zusammenhang mit der ersten Phase des intensiven Kupferabbaus in der südlichen Araba bei Timna (Koordinaten: 1448.9107; N 29° 46' 17", E 34° 57' 05") gesehen werden. An den Siedlungsplätzen im Beerscheba-Tal gefundene Schlackenreste lassen sich möglicherweise so deuten, dass die Bergbauprodukte dort weiter verarbeitet wurden. Zumindest ist davon auszugehen, dass die Abbauprodukte über den nördlichen Negev in Richtung auf die palästinische Küstenebene transportiert wurden. Hinweise auf ägyptische Präsenz im Nordwest-Negev und in der südlichen palästinischen Küstenebene zeigen, dass die Pharaonen der frühdynastischen Zeit (1. und 2. Dynastie) nicht nur den Kupferabbau, sondern auch den entsprechenden Handel kontrollieren wollten.

Die Frühbronzezeit II (ca. 2800-2600 v. Chr.) repräsentiert die erste urbane Kultur im Beerscheba-Tal. Zentrum war die mit einer Stadtmauer und halbrunden Bastionen befestigte ca. 350 x 300 m große Stadtanlage von → Arad. Der Platz ist vor allem geostrategisch gewählt. Er liegt am südlichen Rand des judäischen Berglands und gewährt eine gute Sicht über die sich südlich erstreckende Ebene mit dem Oberlauf des Beerscheba-Tals. Bei Arad erreicht auch der gebirgige Anstieg von der Araba die Talebene des Beerscheba-Tals. Von Arad aus konnte somit eine wichtige Handelsroute kontrolliert werden. Da sich bei Arad keine Quellen finden, wurde eine zentrale Anlage zur Speicherung und optimalen Nutzung des spärlichen Regenwassers angelegt.

Charakteristisch für die städtische Architektur ist der Bautyp des „Arad-Hauses“, ein rechteckiges Gebäude mit Bänken an den Wänden und einem zentralen Steinpfeiler zur Stützung des Dachs. In der Umgebung von Arad wurden weitere offene Siedlungen der Frühbronzezeit II gefunden, ebenso in der Oase von → Kadesch(-Barnea). Sie bestehen meist aus einer Ansammlung von Steinkreisen oder Steinovalen um einen Hofbereich. Bei Kadesch(-Barnea) wurde auch ein „Arad-Haus“ ergraben. Weitere offene Siedlungen der Frühbronzezeit II liegen auf der südlichen Sinaihalbinsel. Sie könnten im Zusammenhang mit den Kupfer- und Türkisminen bei Serābīṭ el-Chādim (Koordinaten: N 29° 02' 12'', E 33° 27' 33'') stehen, die in dieser Zeit erstmals ausgebeutet wurden. Die offenen Plätze der Frühbronzezeit II werden meist als temporäre Siedlungsplätze nomadischer Gruppen interpretiert. Finkelstein (1995) meint jedoch, es handle sich um feste Niederlassungen ehemaliger Nomaden, die auf diese Weise an der Ausbeutung und am Handel von Bodenschätzen der Wüstengebiete wie Kupfer, Asphalt oder Salz partizipierten. Auf jeden Fall wird deutlich, dass der Handel mit Kupfer und anderen Produkten nicht mehr in erster Linie von den ägyptischen Pharaonen, sondern von der im Negev und im Sinai ansässigen Bevölkerung kontrolliert wurde, die in Arad an strategisch günstiger Stelle ein städtisches Zentrum zur Organisation und zur Kontrolle dieses Handels aufbaute.

In der Frühbronzezeit III (ca. 2600-2200 v. Chr.) zerfällt die städtische Kultur der Frühbronzezeit II wieder. Der gesamte zentrale Negev bleibt unbesiedelt. Im Beerscheba-Tal sind lediglich auf Chirbet el-Ġarra / Tel Ira (Koordinaten: 1487.0711; N 31° 14' 02", E 34° 59' 17") Besiedlungsspuren aus dieser Epoche nachgewiesen. Die Gründe für den Niedergang der städtischen Kultur sind wenig erforscht.

3.4. Mittelbronzezeit (ca. 2200-1500 v. Chr.)

Die geschichtliche Entwicklung des Negev in der Mittelbronzezeit verläuft, ähnlich wie in der Frühbronzezeit und wie später in der Eisenzeit, von einer nomadisch-dörflichen Gesellschaft (Mittelbronzezeit I) hin zu einer auf die Randzonen der Region begrenzten urbanen Kultur (Mittelbronzezeit II).

In der Mittelbronzezeit I (auch Frühbronzezeit IV oder „Intermediate Bronze Age“, Ende 3. Jt. v. Chr.) entstanden im ariden Zentralnegev über vierhundert neue offene Ansiedlungen. Kennzeichen sind jeweils mehrere aneinander gebaute Steinkreise, die eine Wohneinheit bilden. An größeren Siedlungsplätzen wie Be’er Resisim (Koordinaten: 1091.0205; N 30° 46' 34", E 34° 34' 28") und bei Har Jerocham (Koordinaten: 1398.0442; N 30° 59' 29'', E 34° 53' 34'') wurden bis zu zweihundert solcher Einheiten entdeckt. Viele der Steinkreise weisen Reste eines oder mehrerer Stützpfeiler für eine Dachkonstruktion auf. Die Siedlungen beschränken sich auf den Zentralnegev, im Beerscheba-Tal wurde bislang kein einziger Platz mit Resten der Mittelbronzezeit I freigelegt, im nordwestlichen Negev finden sich vereinzelte Siedlungsspuren und Grabanlagen (u.a. beim küstennahen Tell el-‘Aǧǧūl (→ Tell el-‘Aǧǧūl [Tell el-Aggul]; Koordinaten: 0934.0976; N 31° 28' 03'', E 34° 24' 15'').

Die Erklärungen für den ersten großen Sielungsschub im schwer bewohnbaren Zentralnegev sind unterschiedlich. Finkelstein (1995) geht wiederum davon aus, dass es sich um sesshaft gewordene lokale Nomaden handelte, die dort auch bereits in der Frühbronzezeit lebten, ohne archäologisch erkennbare Spuren zu hinterlassen. Diese These ist schwer nachvollziehbar, da sie auf der Prämisse beruht, dass nomadische Lebensweisen archäologisch nicht nachweisbar sind und dass daher alle archäologisch erkennbaren Siedlungsspuren von sesshaften Kulturen stammen. Eine solche Annahme ist aufgrund archäologischer und ethnoarchäologischer Untersuchungen zu vor- und frühgeschichtlichen, aber auch zu neuzeitlichen nomadischen Gesellschaften nicht haltbar. Daher ist eher anzunehmen, dass es sich bei den Siedlungen der Mittelbronzezeit I im Zentralnegev um temporär genutzte Plätze nomadischer Gruppen handelte (Cohen, Dever, Rosen). Für diese These spricht die Beobachtung, dass die klimatisch vorteilhafteren Regionen im Beerscheba-Tal gar nicht und im Nordwest-Negev nur eingeschränkt genutzt wurden. Auch Friedhöfe ohne Anbindung an feste Siedlungen, wie sie sich im Nordwest-Negev finden, werden als Hinweis auf nomadische Präsenz gedeutet.

Die Mittelbronzezeit I ist generell gekennzeichnet durch einen Niedergang städtischer Lebensweise in Palästina. Nomaden waren jedoch auf den Warenaustausch und auf vertragliche Regelungen mit Städten angewiesen. Fehlten solche Vertragspartner, mussten sich die Nomaden notgedrungen an ihren sonst nur gestreiften Weidegründen, insbesondere an den stadtfernen Winterweiden, für einen längeren Aufenthalt, der auch Landwirtschaft für den Eigenbedarf erlaubte, niederlassen. Hier hatten sie die Rechtssicherheit, dass das Land nicht in absehbarer Zeit von einer eventuell wieder erstarkten Stadt beansprucht wurde. Für eine solche Deutung spricht auch die Verwendung der sogenannten „Negev-Ware“, die erstmals in der Mittelbronzezeit I im Negev neben der herkömmlichen, auf Töpferscheiben geformten Keramik nachgewiesen ist. Bei der „Negev-Ware“ handelt es sich um handgemachte Keramik, die nach entsprechenden Analysen im Negev selbst hergestellt wurde. Fast alle Gefäße gehören zu einem Formtyp, einer ca. 20 cm hohen Schüssel mit einem Durchmesser von ca. 20-30 cm. Die Schüsseln haben eine gerade Gefäßwand und einen flachen Boden. Die in älteren Forschungsbeiträgen vorgeschlagene ethnologische Deutung der „Negev-Ware“ als spezielle Keramik von Gruppen wie den → Kenitern, → Amalekitern oder → Rechabitern, die im Alten Testament als Wüstenbewohner genannt sind, wird heute nicht mehr vertreten. Vielmehr sind sozialgeschichtliche Aspekte zu bedenken. Augenscheinlich waren die lokalen Gruppen gezwungen, Standardgefäße für den täglichen Bedarf vor Ort selbst herzustellen, da sie nicht ausreichend Möglichkeiten hatten, sich bei Keramikwerkstätten im Kulturland einzudecken.

In der Mittelbronzezeit II (ca. 2000-1500), insbesondere in der späteren Phase dieser Periode (Mittelbronzezeit IIB, 18.-16. Jh. v. Chr.) entwickelte sich die erste flächendeckende Stadtkultur in Palästina. An dieser Entwicklung hatte auch der Negev Anteil. Befestigte Stadtanlagen entstanden auf den Siedlungshügeln des Nordwest-Negev, etwa auf dem küstennahen Tell el-‘Aǧǧūl (→ Tell el-‘Aǧǧūl [Tell el-Aggul]; Koordinaten: 0934.0976; N 31° 28' 03'', E 34° 24' 15'') oder auf Tell Ǧemme ([Tell Gemme]; Koordinaten: 0971.0888; N 31° 23' 13", E 34° 26' 52"), Tell el-Fār‘a Süd / Tel Scharuhen ([Tell el-Fara]; Koordinaten: 1006.0770; N 31° 16' 56'', E 34° 28' 57''), Tell Abū Hurēra / Tel Haror (Koordinaten 11257.08795; N 31° 22' 54'', E 34° 36' 25'') und Tell eš-Šerī‘a ([Tell es-Seria]; Koordinaten: 1196.0889; N 31° 23' 26.79'', E 34° 40' 45.70''). Auch zwei Siedlungsplätze im Beerscheba-Tal, Tell el-Milḥ / Tel Malchata ([Tell el-Milh]; Koordinaten: 1525.0695; N 31° 13' 01'', E 35° 01' 33'') und Chirbet el-Mšāš / Tel Masos ([Chirbet el Msas]; Koordinaten: 1467.0691; N 31° 12' 47'', E 34° 58' 00''), waren im 17. und 16. Jh. v. Chr. durch Wallanlagen, Gräben und teilweise durch glacisartige Vorwerke befestigt. Gleichzeitig wurden die offenen Siedlungsplätze im Zentralnegev aufgegeben. Daher steht zu vermuten, dass die dort lebenden nomadischen Gruppen wieder städtische Partner fanden und daher ihre Wohnanlagen bei den Winterweiden aufgeben konnten.

Der geschichtliche Hintergrund der aufblühenden mittelbronzezeitlichen Stadtkultur des südlichen Palästina ist in Ägypten zu suchen. Dort herrschten im 17. und 16. Jh. v. Chr. die Pharaonen der sogenannten „Hyksos“-Dynastie (15. Dynastie, nach anderer Zählung 17. Dynastie), die vermutlich auf nach Ägypten eingewanderte semitische Gruppen zurückzuführen sind. Im Ägyptischen werden sie als „Herrscher der Fremdländer“ bezeichnet. Ihre Hauptstadt lag in Auaris im nordöstlichen Nildelta und eine ihrer Hauptinteressen scheint die Kontrolle der Handelswege von Ägypten nach Nordsyrien gewesen zu sein. Daher profitierten die an dieser Wegverbindung gelegenen Regionen vom internationalen Handel, so auch die neu gegründeten Städte im Nordwest-Negev und in geringerem Maße die weiter östlich gelegenen befestigten Plätze im Beerscheba-Tal.

3.5. Spätbronzezeit (15.-12. Jh. v. Chr.)

Zu Anfang der Spätbronzezeit, in der Spätbronzezeit I (15./14. Jh. v. Chr.), wurde die urbane Kultur der Mittelbronzezeit II zumindest in Teilen des Nordwest-Negev weitergeführt. Die befestigten Siedlungen im Beerscheba-Tal wurden jedoch aufgegeben. Im Laufe der Spätbronzezeit II (14.-12. Jh. v. Chr.) finden sich auf einigen Siedlungshügeln des Nordwest-Negev nur mehr einzelne größere Gebäude, die als Festungen oder Residenzen gedeutet werden. Die Siedlungsentwicklung im Negev scheint wiederum eng mit der Politik Ägyptens zusammenzuhängen. Die Pharaonen der 18.-20. Dynastie versuchten verstärkt, Palästina und Teile Syriens direkt zu kontrollieren. Dazu unternahmen sie militärische Expeditionen, etwa Thutmoses III. im 15. Jh. v. Chr. (HTAT, 95-110 Nr. 031-035) und → Merenptah im ausgehenden 13. Jh. v. Chr. (HTAT, 168-171 Nr. 066). Auch die Ramessiden der 19. und 20. Dynastie ließen Stelen an verschiedenen Orten Palästinas aufstellen, um ihren Herrschaftsanspruch zu demonstrieren (HTAT, 155-159, Nr. 063 und 064). Aus ägyptischer Sicht war Palästina Teil der Provinz „Kanaan“, die von Gaza aus verwaltet wurde. Diese Politik diente zum einen der aktiven Teilhabe an dem „globalisierten“ Handel, der sich in der Spätbronzezeit über den gesamten östlichen Mittelmeerraum und weite Teile des Vorderen und Mittleren Orients erstreckte. Zum Anderen war „Kanaan“ eine Art Bollwerk Ägyptens gegen die erstarkenden Herrscher des hetitischen Großreichs, die von ihrem Kerngebiet im anatolischen Hochland nach Osten und Südosten expandierten (→ Neues Reich). In dieser politischen Großlage veränderten sich die Städte des Nordwest-Negev allmählich zu Straßenstationen und bildeten nur mehr das befestigte Hinterland der Residenzstadt Gaza. Die weiter östlich gelegenen Regionen des Negev wie das Beerscheba-Tal und der Zentralnegev waren augenscheinlich von keinerlei Interesse für die ägyptische Politik und blieben daher unbesiedelt. Das verwundert insofern, als die Pharaonen der 19. und 20. Dynastie seit Ramses II. (ca. 1279-1213 v. Chr.) wieder intensiv den Abbau von Kupfer in den Bergbaugebieten der Araba, insbesondere in Timna betrieben. Die Situation ist mit derjenigen in der ersten Phase des intensiven Kupferabbaus in Timna am Übergang vom 4. zum 3. Jt. v. Chr. vergleichbar. Zunächst scheinen in dieser Zeit allein die ägyptischen Pharaonen den Handel mit den Bergbauprodukten kontrolliert zu haben (Frühbronzezeit I), bevor in der Frühbronzezeit II die Bewohner des Negev selbst davon profitierten.

3.6. Eisenzeit I (12.-10. Jh. v. Chr.)

Die → Eisenzeit I ist die geschichtliche Epoche, die gemeinhin als Zeit der → Landnahme Israels in Kanaan angesehen wird. Die Landnahme wird im → Josuabuch als eine militärische Aktion aller Stämme unter Führung Josuas beschrieben. Aufgrund intensiver archäologischer Forschung ist jedoch davon auszugehen, dass die Landnahme ein länger andauernder, meist friedlich verlaufender Ansiedlungsprozess bäuerlicher und nomadischer Gruppen in den Bergländern Palästinas und in den Randzonen des palästinischen Kulturlands war. Da der Negev in den Landnahmeerzählungen des Josuabuchs praktisch keine Rolle spielt und nur die kurze und schwer zu deutende Überlieferung Ri 1,16f. Aktionen im Negev vorauszusetzen scheint, muss die Problematik der Korrelation biblischer Erzählungen und archäologischer Befunde nicht weiter diskutiert werden. Die „Landnahme im Negev“ kann ausschließlich aufgrund archäologischer und anderer außerbiblischer Dokumente beschrieben werden.

Das 12. Jh. v. Chr. ist geprägt vom allmählichen Niedergang und dem Ende der ägyptischen Herrschaft über Palästina. An die Stelle der ägyptischen Pharaonen traten seit der zweiten Hälfte des 12. Jh.s v. Chr. neue Eliten, die pauschal als „Seevölker“ bezeichnet werden. In der südlichen Küstenebene Palästinas ließen sich Herrscher nieder, die das Alte Testament → „Philister“ nennt. Sie kamen vermutlich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Zumindest zeigt die Keramik, die an den fünf philistäischen Hauptorten → Gaza, → Aschkelon, → Aschdod, → Gat und → Ekron aus dem 12./11. Jh. v. Chr. gefunden wurde, Parallelen zur spätbronzezeitlichen mykenischen Ware und zu Keramikformen aus Zypern. Der Nordwest-Negev und das Beerscheba-Tal wurden somit zum Hinterland der philistäischen Städte. Den Übergang von ägyptischer zu philistäischer Dominanz im Nordwest-Negev illustrieren neuere Ausgrabungen auf Qubūr el-Walēyide (Koordinaten: 1011.0827; N 31° 20' 25'', E 34° 28' 51''), einem bisher kaum bekannten Siedlungsplatz zwischen Tell Ǧemme im Norden und Tell el-Fār‘a (Süd) im Süden. In der ältesten Siedlungsschicht aus dem 12. Jh. v. Chr. wurde ein großes Gebäude im ägyptischen Stil, möglicherweise eine lokale Residenz, freigelegt. Auf diese folgt in der nächsten Nutzungsphase eine Siedlung, die von philistäischer Kultur geprägt ist.

Dagegen setzt die Wiederbesiedlung im Beerscheba-Tal erst später in der Eisenzeit I ein. Auf Chirbet el-Mšāš / Tel Masos entstand im ausgehenden 12. oder im 11. Jh. v. Chr. eine ca. 220 x 200 m große offene Siedlung, die man als „Großdorf“ bezeichnen könnte. Die ältesten archäologischen Reste weisen darauf hin, dass der Platz im 12. Jh. v. Chr. zunächst saisonal von nomadischen Gruppen genutzt wurde, bevor sich diese am Übergang zum 11. Jh. v. Chr. sesshaft niederließen. Nach dem Zusammenbruch der mittelbronzezeitlich-spätbronzezeitlichen Stadtkultur in Palästina waren sie wiederum gezwungen, sich an Plätzen auch mit ungünstigen Lebensbedingungen sesshaft niederzulassen. Vermutlich nutzten sie den Ort vor ihrer Sesshaftwerdung lediglich während des Aufenthalts an ihren Winterweiden, ansonsten hielten sie sich im Bereich der Städte in der Küstenebene und im Hügelland der judäischen Schefela auf. Darauf deutet zumindest die Auswertung der Keramik und der Kleinfunde von Chirbet el-Mšāš / Tel Masos. Der Landnahmeprozess im Negev war demnach ein landesinterner Vorgang, der tendenziell von West nach Ost und von Nord nach Süd, also von den Regionen mit günstigeren Lebensbedingungen in die ökologisch weniger gut ausgestatteten Gebiete verlief. Am Anfang könnte die Sesshaftwerdung von Nomaden gestanden haben. Im Verlauf des Prozesses spielte jedoch das Vordringen der bereits sesshaften Gruppen nach Osten und Süden eine immer größere Rolle.

Der archäologische Befund von Chirbet el-Mšāš / Tel Masos deutet zudem darauf hin, dass dieser Ort im 11. Jh. v. Chr. eine wichtige Station auf dem Transportweg der Bergbauprodukte von der Araba zum Mittelmeer war. Offensichtlich konnte die lokale Bevölkerung diesen Handel teilweise wieder selbst kontrollieren. In der Folge, etwa in der Übergangszeit vom 11. zum 10. Jh. v. Chr. entstanden dann auch auf dem Siedlungshügel des alttestamentlichen Beerscheba / Tell es-Seba‘ und in Arad offene Siedlungen.

Der Zentralnegev wurde ebenfalls wieder flächendeckend bis auf die Höhe von → Kadesch(-Barnea) besiedelt. Die dort zu findenden Anlagen bestanden entweder aus Räumen, die zu einem meist unregelmäßigen, an das jeweilige Gelände angepassten Oval aneinandergefügt waren („enclosed settlements“), oder aus einem rechteckigen Gebäude mit Innenhof („Wachtürme“). Diese größeren Gebäude waren meist noch von Farmhäusern umgeben. Die Deutung der Anlagen ist umstritten. Die Ausgräber sprechen von „Festungen“, die in der Regierungszeit Salomos (Mitte 10. Jh. v. Chr.) die Südgrenze Judas schützen sollten (Cohen 1979). Andere deuten sie als landwirtschaftliche Anlagen ehemaliger Nomaden und gehen dabei davon aus, dass die Nomaden auch schon in der Spätbronzezeit im Zentralnegev lebten und im Zuge der Teilhabe am Handel mit Bergbauprodukten der Araba sesshaft wurden (Finkelstein 1984; 1988). Da sich die Anlagen über den gesamten Zentralnegev erstrecken und teilweise sehr eng beieinander liegen, ist eine systematische Grenzsicherung unwahrscheinlich. Das Nebeneinander von größeren Gebäuden und Farmhäusern spricht eher für die Deutung als landwirtschaftliche Ansiedlungen. Allerdings ist die Annahme problematisch, dass es sich bei den Bewohnern um ehemalige lokale Nomaden handelte, da die Prämisse der archäologischen Unsichtbarkeit nomadischer Gruppen nicht haltbar ist. Eher ist davon auszugehen, dass der Zentralnegev vom nördlichen Negev aus sukzessive erschlossen wurde, da etwa im Nordwest-Negev einige prototypische ovale Anlagen („enclosed settlements“) aus dem 11. Jh. v. Chr. belegt sind. Allerdings bestanden die Anlagen im Zentralnegev nur für relativ kurze Zeit. Die meisten wurden im Verlauf des 10. Jh.s v. Chr. wieder aufgegeben, einige möglicherweise erst im 9. Jh. v. Chr. Die Umstände, die zur Aufgabe der Siedlungen führten, sind ebenfalls umstritten. Die Verfechter der „Festungs“-These verweisen auf den Palästina-Feldzug des Pharao → Scheschonq (alttestamentlich Šîšaq, 1Kön 14,25) um 925 v. Chr., der auch in den Negev führte (HTAT, 228-238). Allerdings gibt es bei den Anlagen im Zentralnegev kaum Hinweise auf gewaltsame Zerstörungen. Meist wurde nur wenig Keramik entdeckt, was darauf hinweist, dass die Siedlungen freiwillig aufgegeben wurden. Ein Zusammenhang mit den Aktionen Scheschonqs ist daher wenig wahrscheinlich.

Die Angaben auf der sogenannten Scheschonq-Liste (HTAT, 233-238 Nr. 102) zeigen, dass die Aktionen neben dem Negev vor allem die Küstenebene, die Jesreelebene und das zentralpalästinische Bergland betrafen und demnach Juda und Jerusalem nicht tangierten (anders 1Kön 14,25f.). Daher ist fraglich, ob der Negev mit Juda eine territorialpolitische Einheit bildete und von Jerusalem aus kontrolliert wurde. Vielmehr ist zu vermuten, dass die Entwicklung im Negev während des 10. Jh.s v. Chr. vergleichsweise autonomen regionalen Gesichtspunkten folgte. Der geschilderte Gesamtbefund für das Beerscheba-Tal und den Zentralnegev in der Eisenzeit I wird in neueren Beiträgen meist als ein von Chirbet el-Mšāš / Tel Masos aus kontrolliertes „chiefdom“, d.h. als eine regionale, an Gesichtspunkten der Stammesorganisation orientierte Herrschaft interpretiert (→ Stamm / Stammesgesellschaft).

3.7. Eisenzeit II (10.-6. Jh. v. Chr.)

Die Entwicklung in der Eisenzeit verläuft ähnlich wie in der Mittelbronzezeit von einer landwirtschaftlich geprägten Lebensweise in offenen Siedlungen, die sich über ein weites Gebiet erstrecken, zu einer urbanen Kultur am Nordrand des Negev. Im ausgehenden 10. und im 9. Jh. v. Chr. werden die in der Eisenzeit I entstandenen Anlagen im Zentralnegev aufgegeben. Gleiches gilt für die Siedlung auf Chirbet el-Mšāš / Tel Masos, die möglicherweise als Zentralort des regionalen „chiefdom“ fungierte. Gleichzeitig werden andere Siedlungen im Beerscheba-Tal zu befestigten Anlagen ausgebaut. → Beerscheba / Tell es-Seba‘ (Koordinaten: 1343.0726; N 31° 14' 42'', E 34° 50' 26'') war seit dem 9. Jh. v. Chr. eine von einer Mauer umgebene Landstadt, Arad (Koordinaten: 1620.0767; N 31° 16' 50", E 35° 07' 34") eine ca. 50 x 50 m große rechteckige Festung. Eine Beerscheba / Tell es-Seba‘ vergleichbare befestigte Siedlung wurde auf Tell el-Milḥ / Tel Malchata errichtet. Die genannten Anlagen bestanden weitgehend unverändert bis zum Ende der Eisenzeit II.

Inwieweit der Negev in dieser Zeit zum Königtum Juda-Jerusalem gehörte, ist schwer zu sagen. Die materielle Kultur an den genannten Orten ist derjenigen auf dem judäischen Bergland südlich von Jerusalem vergleichbar. Ein solcher Befund hat jedoch für die Frage der territorialpolitischen Zugehörigkeit keine hohe Aussagekraft. Die Liste der Städte Judas in Jos 15 weist in Jos 15,21-32 einen eigenen Abschnitt zum Negev auf, in dem Orte aus dem Beerscheba-Tal und aus dem Nordwest-Negev aufgeführt werden. Die meisten Kommentatoren gehen jedoch davon aus, dass die Liste frühestens territorialgeschichtliche Verhältnisse des 8. oder 7. Jh.s v. Chr. wiedergibt. Demnach war der Negev nur zeitweise Teil des von Juda-Jerusalem beherrschten Gebiets, ansonsten dürfte die Entwicklung auch in der Eisenzeit II nach regionalen Gesichtspunkten erfolgt sein.

Eine komplexere Situation ergibt sich gegen Ende der Eisenzeit II im 7./6. Jh. v. Chr. Sie hängt zusammen mit der politischen Entwicklung im Vorderen Orient zu jener Zeit. Im 7. Jh. v. Chr. versuchten die seit dem 9. und 8. Jh. v. Chr. schrittweise von ihrem Kernland um Assur im nördlichen Zweistromland aus nach Westen und in Richtung Ägypten vordringenden neuassyrischen Großkönige, den Handel mit Duft- und Würzstoffen zu kontrollieren, der über die sogenannte „Weihrauchstraße“ vom Süden der Arabischen Halbinsel ans Mittelmeer nach Gaza führte. Zu der Zeit entstanden im Beerscheba-Tal weitere festungsartige Bauten, die offensichtlich diesen Teil des Handelwegs überwachen sollten, u.a. in Chirbet Ġazze / Chorvat ‘Uzzā ([Chorvat Uzza]; Koordinaten: 1658.0686; N 31° 12' 34'', E 35° 09' 56''). Auch der Nordwest-Negev zeigt im 7. Jh. v. Chr. einen neuen Siedlungshöhepunkt, der die politischen und kulturellen Einflüsse der Assyrer widerspiegelt. So wurde auf Tell eš-Šerī‘a ([Tell es-Seria]; Koordinaten: 1196.0889; N 31° 23' 26.79'', E 34° 40' 45.70'') Keramik der sogenannten assyrischen Palastware entdeckt. Und auf Tell Ǧemme ([Tell Gemme]; Koordinaten: 0971.0888; N 31° 23' 13", E 34° 26' 52") wurde ein Gebäude mit Kuppeldach in assyrischer Tradition freigelegt. Die Assyrer kooperierten in den südlichen Wüstengebieten wie dem Negev mit Gruppen, die sie in ihren Inschriften „Araber“ nennen. Dabei handelte es sich um nomadische Gruppen, die ihre Kerngebiete in Nordwest-Arabien und im südlichen Ostjordanland hatten. Diese Gruppen drangen ab dem 7. Jh. v. Chr. in das Beerscheba-Tal vor. Sie brachten eine relativ hochstehende materielle Kultur mit, deren Hauptkennzeichen eine mehrfarbig dekorierte Keramik ist. Da das südliche Ostjordanland, wo einige Hauptfundplätze dieser Ware liegen, im Alten Testament die Kernregion von Edom / Seïr ist (Num 20; Dtn 2; → Edom), bezeichnen ältere Studien die beschriebene Keramik als „Edomiter-Ware“. Gleichzeitig gingen erste Deutungen des Befunds davon aus, dass der Negev ab dem 7. Jh. v. Chr. von Edom bzw. von den Edomitern erobert wurde (Beit-Arieh 1998). Unterstützt wird diese Annahme dadurch, dass Inschriften, die ab dem 8./7. Jh. v. Chr. erstmals in größerer Anzahl im Negev belegt sind, mehrfach den Namen des edomitischen Hauptgottes Qôs nennen. Möglicherweise gab es auch lokale gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Judäern und „edomitischen“ Gruppen. So warnt ein Ostrakon (beschriftete Scherbe) aus Arad davor, dass „Edom dorthin [in den Negev] kommt“ (Arad-Ostrakon Nr. 24, HAE I, 389-391). Neuere Deutungsversuche distanzieren sich von einer an alttestamentlichen Texten orientierten Interpretation. Sie gehen davon aus, dass der Negev zusammen mit dem südlichen Ostjordanland in der ausgehenden Eisenzeit II ein zusammenhängendes sozioökonomisches System bildete, in dem arabisch-edomitische Gruppen, die eng mit den Assyrern zusammenarbeiteten, mit ihrer Kultur prägend wurden (Bienkowski / van der Steen). Die entsprechende mehrfarbige Keramik, die an fast allen Plätzen im Beerscheba-Tal gefunden wurde, wird nicht mehr „Edomiter-Ware“ sondern „Busayra Painted Ware“ genannt, nach dem Ort Buṣērā (Koordinaten: 2077.0170), dem alttestamentlichen → Bozra, einem der Hauptfundplätze im südlichen Ostjordanland (Bienkowski / Sedman). Zumindest ist klar, dass der Negev zu einer größeren Region gehörte, die unter der Protektion der neuassyrischen Herrscher vom Arabienhandel profitierte. Dabei spielte Beerscheba / Tell es-Seba‘ eine wichtige Funktion als Umschlag- und Handelsplatz (Singer-Avitz 1999; 2004). Arad hingegen scheint eine Art Vorposten des Königreichs Juda-Jerusalem im nördlichen Negev gewesen zu sein, das möglicherweise auf diesem Weg versuchte, sich Anteile an den Handelserträgen zu sichern.

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Die Komplexität der im Negev während der ausgehenden Eisenzeit II agierenden Gruppen schlägt sich auch in den archäologischen Funden nieder, die auf kultische Tätigkeiten hinweisen. In Arad entdeckte man ein innerhalb der Festung gelegenes Heiligtum, das aus einem Hof mit Altar und einem Breitraum mit Kultnische besteht. Umstritten ist, in welcher Zeit das Heiligtum genutzt wurde. Einige Indizien deuten darauf hin, dass es nicht im 8./7. Jh. v. Chr., wie die Ausgräber vermuteten, sondern erst im 7./6. Jh. v. Chr. eingerichtet wurde (Ussishkin 1988; dagegen aber Herzog 2002). Sollte dies zutreffen, könnte zum Verständnis des Heiligtums ein Ostrakon herangezogen werden, das ebenfalls aus Arad stammt und in das 6. Jh. v. Chr. zu datieren ist. Die teilweise gestörte Inschrift redet in unklarem Textzusammenhang vom „Haus Jhwhs“ bjt jhwh, also von einem Jhwh-Heiligtum (Arad-Ostrakon 18, HAE I, 382-384). Meist wird die Wendung auf den Jerusalemer Tempel bezogen, der nach alttestamentlicher Überlieferung das einzig legitime Jhwh-Heiligtum in Juda im 7./6. Jh. v. Chr. war (2Kön 22f). Sollte die zeitliche Übereinstimmung zwischen dem archäologisch dokumentierten Heiligtum und der Inschrift zutreffen, könnte mit dem Jhwh-Heiligtum auch die Anlage von Arad gemeint sein. Ein weiteres Heiligtum im Bereich des Beerscheba-Tals findet sich auf Chorvat Qiṭmit ([Chorvat Qitmit]; Koordinaten: 1564.0660; N 31° 10' 56'', E 35° 03' 55''), einem isoliert stehenden Hügel südöstlich von Tell el-Milḥ / Tel Malchata. Es bestand aus drei aneinandergebauten Räumen und mehreren kultisch zu deutenden Installationen. Bemerkenswert sind über fünfhundert Figuren aus Ton, die entweder anthropomorph gestaltet sind oder verschiedene Tiere wie Vögel, Hähne, Pferde usw. darstellen. Parallele Funde sind aus dem edomitisch-arabischen Raum und aus der phönizischen Kultur belegt. Das Heiligtum diente demnach keinem bestimmten Kult, sondern stand als Wegheiligtum ohne Anbindung an eine Siedlung Durchreisenden unterschiedlicher Herkunft offen. Hier zeigt sich nochmals, wie das Leben im Negev im 7./6. Jh. v. Chr. vom Fernhandel und damit von verschiedensten kulturellen Einflüssen geprägt war.

An zahlreichen Plätzen, die teilweise bereits in der Eisenzeit I besiedelt waren, wurden Hinweise auf eine Nutzungsphase im 7./6. Jh. v. Chr. gefunden. In der Oase von Kadesch(-Barnea) wurde auf dem Tell el-Qudērāt [Tell el-Quderat]; Koordinaten: 0946.0067; N 30° 38' 26", E 34° 24' 26") ein ca. 60 x 40 m großes festungsartiges Gebäude mit acht Türmen errichtet. Die Ausgräber halten es für eine judäische Grenzfestung (Cohen 1981), da nach alttestamentlicher Überlieferung Kadesch-Barnea an der Südgrenze Judas lag (Jos 15,3). Der gesamte archäologische Befund deutet jedoch eher darauf hin, dass es sich um eine befestigte Straßenstation an einem Weg handelte, der von Arabien über das Nordende des Roten Meeres in Richtung Sinai und Ägypten führte (Jericke 1997, 87-98). Möglicherweise wurde die Anlage auf Initiative der Assyrer hin gebaut (Ussishkin 1995). Sollten die beiden zuletzt genannten Überlegungen richtig sein, wäre zu folgern, dass der gesamte bewohnbare Negev in der ausgehenden Eisenzeit II am intensiven Fernhandel partizipierte, der von den neuassyrischen Herrschern gefördert und indirekt über lokale Gruppen kontrolliert wurde.

3.8. Eisenzeit III (6.-4. Jh. v. Chr., neubabylonische und persische Zeit)

Aus archäologischer Sicht ist die Geschichte des Negev in der Eisenzeit III ein weitgehend unerschlossenes Kapitel. Das liegt z.T. daran, dass meist das Ende der Eisenzeit in Palästina generell und flächendeckend mit dem Ende der Eisenzeit II gesehen und auf 586 v. Chr. datiert wird, das Jahr der Einnahme Jerusalems durch Truppen des neubabylonischen Königs → Nebukadnezar II. Die nachfolgende Zeit wird dann zwar als neubabylonische Periode bezeichnet, ohne dass jedoch geklärt ist, inwieweit zwischen dem Ende der Eisenzeit II und der neubabylonischen Ära ein Einschnitt der materiellen Kultur festzustellen ist. Für eine Region wie den Negev, dessen geschichtliche Entwicklung teilweise nach Gesichtspunkten verlief, die von den Geschicken Judas und Jerusalems unabhängig waren, bedeuteten die Einnahme Jerusalems im Jahr 586 v. Chr. und das damit verbundene Ende des davidischen Königtums nicht notwendigerweise eine tiefgreifende Zäsur. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass viele Orte, für die ein archäologischer Befund aus der ausgehenden Eisenzeit II vorliegt, im 6. Jh. v. Chr. zur Zeit der neubabylonischen Suprematie über Palästina weiterhin bewohnt waren, ohne dass ein signifikanter Einschnitt in der materiellen Kultur erkennbar wäre. Die neubabylonischen Herrscher waren ebenso wie ihre neuassyrischen Vorgänger an der Kontrolle des Arabienhandels interessiert und brauchten dafür eine funktionierende Infrastruktur im Negev. Der letzte neubabylonische König Nabonid verlegte seine Residenz sogar für einige Jahre nach Tema / Tēmā (N 27° 38' 10'', E 38° 33' 16'') in Nordwest-Arabien, nicht zuletzt deshalb, um die dort verlaufenden Handelswege effektiver zu kontrollieren (HTAT, 431-450).

Archäologische Reste der Perserzeit (5./4. Jh. v. Chr.), etwa attische Keramik und zeitgenössische aramäische Inschriften, sind an nahezu allen Orten des Beerscheba-Tals dokumentiert, die bereits im 7./6. Jh. v. Chr. besiedelt waren. Gleichzeitig zeugen befestigte Straßenstationen im Zentralnegev und perserzeitliche Siedlungsspuren auf dem Tell el-Qudērāt in der Oase von → Kadesch(-Barnea) von dem Bemühen, auch diese Gebiete zu erschließen (Cohen / Cohen-Amin). Dabei scheinen nach wie vor edomitisch-arabische Gruppen dominant gewesen zu sein. Das Nehemiabuch nennt mehrfach „Geschem, den Araber“ als einen der Widersacher Nehemias beim Wiederaufbau Jerusalems (Neh 2,19; Neh 6,1.2.6). In einer altsüdarabischen Inschrift des 5./4. Jh.s v. Chr. aus dem östlichen Nildelta wird „Geschem, der König der Kedar“ erwähnt (Jericke 2003, 83). Die persischen (achämenidischen) Großkönige bzw. ihre lokalen Verbündeten nutzten demnach, wie zuvor die Neuassyrer und Neubabylonier, den gesamten Negev zur Kontrolle des Arabienhandels und als befestigtes Hinterland für militärische Expeditionen nach Ägypten. Insofern ist eine weitgehende siedlungsgeschichtliche Kontinuität im Negev auch über die Jahrhunderte politischer Umwälzungen im Vorderen Orient vom 7. bis zum 4. Jh. v. Chr. zu vermuten.

3.9. Hellenistische Zeit (4. Jh. v. Chr. - 1. Jh. n. Chr.)

Nach dem Untergang des persischen (achämenidischen) Imperiums und der kurzfristigen Episode des Alexanderreichs gehörte der Negev im 3. Jh. v. Chr. zunächst nominell zum Herrschaftsbereich der ägyptischen Ptolemäer. In dieser Zeit scheint der nördliche Negev weiterhin als Transitland für den Fernhandel und vielleicht auch zur militärischen Kontrolle der nach Ägypten führenden Wegverbindungen gedient zu haben. Auf einigen Siedlungshügeln des Beerscheba-Tals (Tell es-Seba‘ / Beerscheba, Chirbet el-Ġarra / Tel Ira, Chirbet Ġazze / Chorvat Uza, Arad) fanden sich Hinweise auf befestigte Straßenstationen der hellenistischen Zeit, die jedoch lediglich vorläufig beschrieben und nicht näher datiert sind. Die bereits seit dem 7. Jh. v. Chr. anhaltende Dominanz edomitisch-arabischer Gruppen manifestiert sich in der Errichtung der Verwaltungseinheit (Eparchie bzw. Satrapie) Idoumaia im südlichen Palästina. Diese umfasste neben der judäischen Schefela und dem südlichen judäischen Bergland auch die nördlichen Teile des Negev. Idoumaia wird erstmals in den Zenon-Papyri des 3. Jh.s v. Chr. erwähnt. Spätere literarische Zeugnisse setzen die Einrichtung der Eparchie / Satrapie im 4. Jh. v. Chr. voraus (Jericke 2003, 81-86).

Die Einrichtung der Verwaltungseinheit Idoumaia steht möglicherweise im Zusammenhang mit dem Vordringen der aus dem Gebiet um Petra im südlichen Ostjordanland stammenden Nabatäer. Sie verdrängten allmählich die edomitisch-arabischen Gruppen sowohl in Nordwest-Arabien als auch im Zentralnegev. Diese mussten sich in den nördlichen Negev und in das südliche Palästina, eben nach Idoumaia, zurückziehen. Seit dem 3. Jh. v. Chr. gelang es den Nabatäern, den lukrativen Arabienhandel über die „Weihrauchstraße“ zu kontrollieren. Da der Nordrand des Negev jedoch nach wie vor von den edomitisch-arabischen („idumäischen“) Gruppen gehalten wurde, legten die Nabatäer einen neuen Verkehrsweg an, der von ihrem Hauptort Petra über den Zentralnegev nach Gaza führte, die „Petra-Gaza-Straße“. Im Zentralnegev wurden dazu befestigte Plätze eingerichtet, die allmählich zu städtischen Siedlungen heranwuchsen. In einer ersten Phase ab dem 3./2. Jh. v. Chr. waren dies Oboda / Chirbet ‘Abde / ‘Avdat (Koordinaten: 1282.0227; N 30° 47' 42'', E 34° 46' 26''), Elousa / el-Chalaṣa (Koordinaten: 1170.0563; N 31° 05' 49'', E 34° 39' 15'') und Nessana / ‘Auǧā’ el-Ḥafīr (Koordinaten: 0956.0319; N 30° 52' 34'', E 34° 25' 54''), in einer zweiten Phase im 1. Jh. v. Chr. Mampsis / Kurnub / Mamschit (Koordinaten: 1561.0482), Soubaita / es-Subēṭa / Schivta (Koordinaten: 1145.0324; N 30° 52' 54'', E 34° 37' 45'') und er-Ruḥebe (Koordinaten: 1085.0490; N 31° 01' 47'', E 34° 33' 56''). Die geschichtliche Entwicklung des Zentralnegev verlief seit dieser Zeit für einige Jahrhunderte somit teilweise unabhängig von den Verhältnissen im nördlichen Negev. Im 3. und 2. Jh. v. Chr. profitierten die Nabatäer davon, dass die ptolemäischen Pharaonen und die aus Nordsyrien vordringenden Seleukiden mehrere Kriege um die Herrschaft über Palästina führten und sich von daher wenig um die Verhältnisse im Negev kümmern konnten. Bei der Erschließung des Negev kam den Nabatäern außerdem entgegen, dass sie, wie ihre edomitisch-arabischen Vorgänger, an die Lebensbedingungen der Wüste gewöhnt waren. Von Haus aus waren die Nabatäer eine nomadische Gruppe. Im Laufe der Erschließung des Negev ließen sie sich an den neu eingerichteten Siedlungen sesshaft nieder, pflegten aber teilweise weiterhin eine nomadische Lebensweise. So fand sich bei der Oase von Kadesch(-Barnea) ein großer Friedhof aus nabatäischer Zeit ohne erkennbare Anbindung an eine Siedlung. Ein solcher Befund wird meist als Hinweis auf nomadische Präsenz gewertet. Der Höhepunkt der nabatäischen Siedlungstätigkeit im Negev lag in der zweiten Hälfte des 1. Jh.s v. Chr. und im 1. Jh. n. Chr. Gegen Ende dieser Zeitspanne mussten sich die Nabatäer verstärkt mit der neuen Hegemonialmacht im Vorderen Orient, mit den Römern, auseinandersetzen.

3.10. Römische Zeit (1.-4. Jh. n. Chr.)

Den Römern gelang es zunächst, im Nordwest-Negev und im Beerscheba-Tal Grenzfestungen anzulegen. Dort wurde Idoumaia der Provinz Judaea angegliedert. Im Jahr 106 n. Chr. besiegten die Römer die Nabatäer entscheidend. Territorialpolitisch wurde dies durch die Einrichtung der Provinz Arabia Petraea dokumentiert. Die neue Provinz war weitgehend mit dem vormals von den Nabatäern kontrollierten Gebiet identisch und umfasste demnach auch den Zentralnegev. Der Nordwest-Negev und das Beerscheba-Tal verblieben vorerst bei Judaea. Seit 135 n. Chr. gehörten diese beiden Regionen zur neu eingerichteten großen Provinz Syria-Palaestina und ab 193/194 n. Chr. zur Provinz Palaestina, die durch eine Dreiteilung der Großprovinz entstanden war. Die Römer übernahmen zwar nominell die Kontrolle des Arabienhandels von den Nabatäern, de facto waren sie bei der effektiven Durchführung der Handelsgeschäfte weiterhin auf die Kooperation mit der lokal ansässigen Bevölkerung angewiesen. So finden sich Hinweise auf nabatäische Kultur in den Siedlungen des Zentralnegev bis in das 2., teilweise bis in das 3. Jh. n. Chr. Da der römische Limes jetzt weit ins Ostjordanland vorgeschoben war, erlebte der Negev in dieser Zeit eine Phase relativer Stabilität und wirtschaftlicher Prosperität. Am Ende des 3. Jh.s n. Chr., zur Zeit des Kaisers Diokletian, versuchten die Römer, ihre inzwischen instabil gewordene Herrschaft über die Länder des Vorderen Orients durch eine erneute Verwaltungsreform zu festigen. Dabei entstanden die Provinzen Palaestina I-III. Die nördlichen Teile des Negev gehörten zu Palaestina I, der Zentralnegev zusammen mit der Sinaihalbinsel zu Palaestina III Salutaris. Ab dem ausgehenden 4. Jh. kam der Negev mit ganz Syrien-Palästina unter die Kontrolle der oströmischen („byzantinischen“) Kaiser.

3.11. Byzantinische Zeit (4.-7. Jh. n. Chr.)

In byzantinischer Zeit erlebte der Negev eine vorher und auch später nie wieder erreichte Siedlungsdichte und eine damit verbundene wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Im Beerscheba-Tal wurden Kirchenbauten (Tell el-Milḥ / Tel Malchata) und ein Kloster (Chirbet el-Mšāš / Tel Masos) entdeckt. Allein im Nachal Jattir, einem Seitental des Beerscheba-Tals, wurden bei Oberflächenuntersuchungen mehr als 90 Siedlungsplätze aus byzantinischer Zeit verzeichnet. Die ehemaligen Hauptorte der Nabatäer im Zentralnegev wurden zu großen Städten mit Kirchen und Klöstern ausgebaut. Elousa war seit dem 5. Jh. n. Chr. bis in frühislamische Zeit (7./8. Jh. n. Chr.) Bischofssitz. Über den gesamten Negev hin bis zur Oase von Kadesch(-Barnea) erstreckten sich offene Siedlungen. Der Arabienhandel wurde verstärkt auf dem Seeweg abgewickelt, deshalb wurde landwirtschaftliche Produktion ein wichtiger ökonomischer Faktor. Darüber informieren u.a. Inschriften aus Nessana („Nessana-Papyri“). Auch archäologisch ist eine flächendeckende landwirtschaftliche Aktivität nachgewiesen. Bei fast allen offenen Siedlungen finden sich Terrassenmauern, die zur Gewinnung planer Flächen für den Anbau dienten.

Die lokale Bevölkerung der byzantinischen Zeit perfektionierte ein Bewässerungssystem, das auf wesentlich einfacherem Niveau bereits ab dem 4. Jt. v. Chr. im Negev und auf der Sinaihalbinsel nachgewiesen ist. Dabei wurde der Steinbelag von den Abhängen der Trockentäler geräumt und zu Steinhaufen (arab. Telēlat el-‘Anab „Weinbeerhügel“) geschichtet. Durch dieses Verfahren wurde das schnelle Versickern des in den Wintermonaten fallenden Regenwassers verhindert, weil die steinfreien Flächen bei einsetzendem Regen an der Oberfläche eine wasserundurchlässige Schicht bilden. Das darauf ablaufende Regenwasser wurde in Steinkanälen aufgefangen und zu den Terrassenfeldern geleitet. Michael Evenari konnte im 20. Jh. eine solche „run-off“-Bewässerung auf einer Versuchsfarm bei ‘Avdat nachbauen und dabei zeigen, dass sich auf diese Weise erstaunliche Erträge erzielen lassen.

3.12. Ausblick

Die byzantinische Kultur im Negev konnte sich teilweise noch bis in die frühislamische Zeit (7./8. Jh. n. Chr.) erhalten. Danach waren der Zentralnegev und die östlichen Teile des Beerscheba-Tals über Jahrhunderte Einzugsgebiet beduinischer Stämme. Die heute im Zentralnegev zu findenden Ansiedlungen dienen industriellen oder militärischen Zwecken. Der letztgenannte Aspekt hat seit dem Friedensabkommen zwischen den Staaten Israel und Ägypten im Jahr 1979 mit der Grenzziehung auf Höhe der Oase von Kadesch(-Barnea) an Bedeutung gewonnen. Die wenigen verbliebenen Beduinen beschränken sich auf die Nutzung von Quellen und Brunnen. Das Dienstleistungszentrum des Negev ist die moderne Stadt Beerscheba (Be’er Scheva‘), die an der Stelle des römisch-byzantinischen Bērosaba (Bīr es-Seba‘, Koordinaten: 1304.0720; N 31° 14' 15'', E 34° 47' 35'') westlich des alttestamentlichen Beerscheba / Tell es-Seba‘ errichtet wurde. Der Nordwest-Negev wird durch Kibbuzim und Moschavim intensiv landwirtschaftlich genutzt und zu diesem Zweck durch ein aufwendiges Leitungssystem vom See Genezareth aus bewässert. In jüngster Zeit ist auch die politische und militärische Kontrolle der seit jeher verkehrs- und handelsgeographisch wichtigen Stadt → Gaza wieder hart umkämpft.

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Abbildungsverzeichnis

  • Karte zum Negev. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Sede Boqer im Zentralnegev. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • En ‘Avdat im Zentralnegev. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Mizpe Ramon im Zentralnegev. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Die Oase Kadesch-Barnea am Südrand des Negev. © Detlef Jericke
  • Timna im südlichen Negev. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2015)
  • Das frühbronzezeitliche Arad. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Das Arad-Haus (Rekonstruktion) mit Bänken und Mittelsäule. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Beerscheba, eine Landstadt im nördlichen Negev. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Arad, eine Festung im nördlichen Negev. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Kultnische des Heiligtums in Arad mit zwei Mazzeben (Eisenzeit II). © Wolfgang Zwickel
  • Tell el-Qudērāt in der Oase von Kadesch-Barnea. © Detlef Jericke
  • Nabatäisches Lager in ‘Avdat. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • ‘Avdat im Zentralnegev. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Byzantinische Basilika in ‘Avdat. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Versuchsfarm zur Bewässerung bei ‘Avdat. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)

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