Ohola / Oholiba
(erstellt: März 2007)
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1. Bedeutung der Namen
Ohola und Oholiba sind zwei nur in Ez 23 verwendete Symbolnamen für die als Frauen personifizierten Städte Samaria und Jerusalem. Der später zugesetzte Halbvers Ez 23,4b
Die hebräischen Namen Ohola (hebr. אָהֳלָה ) „ein Zelt (ist) ihr“ und Oholiba (hebr. אָהֳלִיבָה) „mein Zelt (ist) in ihr“ verweisen auf das gelegentlich als „Zelt“ (hebr. אוֹהֶל) bezeichnete Heiligtum (Ps 15,1
Vergleichbare Namen sind Oholibama, eine der Frauen Esaus (Gen 36,2
2. Ohola und Oholiba als personifizierte Städte
Ez 23 wird als Gotteswort an den Propheten → Ezechiel
Die Personifizierung von Städten als Frauengestalten im Alten Testament entstammt westsemitischer Tradition und dem Umstand, dass der Begriff für Stadt (עִיר) im Hebräischen grammatisch weiblich ist (→ Tochter Zion
3. Erläuterungen zur Metaphorik von Ez 16 und 23
Die stark sexualisierte Darstellung in Ez 16 und 23, insbesondere die „Hurerei“ der Stadt mit zeitgenössischen Großmächten sowie die Strafschilderung der öffentlichen Zurschaustellung des weiblichen nackten Körpers bis hin zur Vergewaltigung, stößt bei heutigen Leserinnen und Lesern zu Recht auf Befremden. Die Metaphorik basiert zum einen auf der damaligen Vorstellung, dass der Ehemann exklusiv über die Sexualität seiner Frau verfügen könne und jede außereheliche Beziehung der Frau den Ehemann sowie die ganze Familie öffentlich bloßstelle und sozial diskreditiere. Zum anderen hat Ezechiel seine eigene Amtsenthebung und Deportation als äußerst schmachvoll erfahren und sucht nach Gründen, weshalb JHWH als Schutzherr Jerusalems den Angriff der Chaldäer zugelassen hat. Mit der Metapher der untreuen Ehefrau versucht Ezechiel einerseits, die Bündnispolitik Jerusalems als Abkehr vom eigenen Gott zu entlarven und andererseits die militärische Bedrohung als gerechtfertigte Strafaktion JHWHs begreiflich zu machen. Ob Ezechiels eigenwillige Geschichtsdeutung unter den Deportierten Gehör fand, ist kaum nachzuweisen. Immerhin wurde seine Botschaft nach der Zerstörung Jerusalems durch die Chaldäer im Jahr 586 v. Chr. weiter überliefert.
Der soziologische und geschichtliche Hintergrund dieser sexualisierten Metaphorik macht deutlich, dass die in Ez 16 und 23 dargestellten Geschlechterbeziehungen schon damals nicht maßgeblich waren und es heute noch viel weniger sein können. Aus diesen Bibelstellen sind weder eine antike Strafpraxis bei Ehebruch noch das Recht des Ehemannes auf sexuelle Gewalt gegenüber seiner Frau abzulesen. Das aus heutiger Sicht problematische Gottesbild ist keineswegs typisch für das Alte Testament, das viele positive Aussagen über die rettende, leitende und nährende Gottheit überliefert. Die Ehemetapher kann auch positiv als intimes Gottesverhältnis verstanden werden, das auf die Innerlichkeit des staatlichen Kultvollzugs Wert legt und Gottes Liebe zu seinem Volk darstellt (vgl. Ez 16,8-14
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
- Women in Scripture. A Dictionary of Named and Unnamed Women in the Hebrew Bible, The Apocryphal / Deuterocanonical Books, and the New Testament, Boston 2000
2. Weitere Literatur
- Galambush, J., 1992, Jerusalem in the Book of Ezekiel, Atlanta.
- Greenberg, M., 1997, Ezekiel 21-37 (AB 22) Garden City.
- Zimmerli, W., 2. Aufl. 1979, Ezechiel 1-24 (BK XIII,1), Neukirchen-Vluyn.
- Maier, C., 1994, Jerusalem als Ehebrecherin in Ez 16. Zur Verwendung und Funktion einer biblischen Metapher, in: Hedwig Jahnow u.a., Feministische Hermeneutik und Erstes Testament, Stuttgart, 85-105.
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