Omri
(882-871 v. Chr.)
(erstellt: März 2011)
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Im Alten Testament werden vier Personen namens Omri erwähnt: (1) ein König von Israel (1Kön 16,15-28
1. Name
Die Herleitung des Namens Omri (hebr. עָמְרִי ‛åmrî) ist unklar. In der älteren Literatur wird der Name als verkürzte Form (Hypochoristikon) von ‛åmrijāhû verstanden und eine Ableitung aus der arabischen Wurzel ‛mr „lange leben / gedeihen“ erwogen. Omri(jahu) könnte dann „langes Leben von / für Jhwh“ bedeuten. Gegen diese Herleitung wird eingewandt, dass der Name offenbar in Israel und Juda verbreitet war, weil das Alte Testament noch weitere Personen mit dem Namen Omri kennt (s.o.), und dass daher der Name nicht aus dem arabischen Kulturbereich stammen könne. Dieses Argument erscheint allerdings nicht zwingend. Wenn der Name einmal eingeführt war, kann er ohne bewusste Anspielung auf seine Herkunft verwendet worden sein. Neuerdings wird eine Ableitung von ‛mr II bzw. von aramäisch ġmr „überfluten / reichlich mit Wasser versorgt sein“ favorisiert (Gesenius, 18. Aufl.; Timm 2003).
2. Altes Testament
1Kön 16
Von Omris Königtum wird ansonsten wenig erzählt. Er regierte zwölf Jahre, davon sechs in Tirza (1Kön 16,23
Der kurze Abschnitt zu Omri (1Kön 16,15
Umstritten ist auch die literarische Beurteilung des Verses, der vom Kauf des Berges Samaria und vom Bau der Stadt redet (1Kön 16,24
Schwierig aufzulösen sind auch die chronologischen Angaben. 1Kön 16,15
Auf der literarischen Ebene sind eine Reihe von Analogien zur Geschichte von → Davids
3. Außerbiblische Belege
3.1. Mescha-Inschrift
Omri ist mehrfach in außerbiblischen Texten erwähnt, davon zwei Mal in der Inschrift auf der Stele des Königs → Mescha
3.2. Neuassyrische Königsinschriften
Auch in neuassyrischen Königsinschriften des 9. und 8. Jh.s v. Chr. wird der Name Omri genannt. Auf dem vom assyrischen König Salmanasser III. im Jahr 841 v. Chr. in Nimrud aufgestellten sog. Schwarzen Obelisken wird Jehu als „Sohn Omris“ mār ḫumrî bezeichnet (TUAT 1, 363; HTAT, 264). Nach alttestamentlicher Darstellung ist Jehu jedoch der „Sohn Nimschis“ (1Kön 19,16
Der Ausdruck bît ḫumrî (andere Schreibungen Bīt-Ḫumrija, Bīt-Ḫumria, Transliteration bīt [É]-ḫu-um-ri-ia) „Haus Omri“ als wird auch noch in neuassyrischen Inschriften des 8. Jh.s v. Chr. als Bezeichnung für das Königreich Israel verwendet (TUAT 1, 373f.385-387; Niemann 2007, 192-195; HTAT, 295.306). Die Wendung entspricht der zeitgenössischen Praxis, Kleinkönigtümer oder Stadtstaaten als „bît NN“ („Haus NN“) zu benennen. So ist etwa auch der Name „Haus David“ (bjt dwd) als Bezeichnung des Königreichs Juda in einer aramäischen Inschrift des 9. Jh.s v. Chr. von → Tel Dan
4. Archäologie
Die alttestamentliche Omri-Perikope (1Kön 16,15
4.1. Tirza
→ Tirza
4.2. Samaria
Der Stadthügel von Samaria (Koordinaten 1680.1870; N 32° 16' 33'', E 35° 11' 21''
Eine Neubearbeitung der Befunde durch Norma Franklin, die sich stärker auf archäologische Vergleiche stützt, kommt hinsichtlich der Chronologie zu differenzierteren Ergebnissen. Danach erstreckte sich Phase I über einen wesentlich längeren Zeitraum als dies die Ausgrabenden vermuteten. Zudem wurden die Anlagen zur Gewinnung von Öl und Wein, die bereits in der vorurbanen Phase 0 angelegt wurden, in Phase I weiterhin genutzt. Die Erweiterungsbauten aus Phase II wurden wahrscheinlich erst im ausgehenden 9. oder im 8. Jh. v. Chr. errichtet. Eine solche Einschätzung wird dadurch gestützt, dass die Mehrzahl der datierbaren Kleinfunde wie Elfenbeinapplikationen oder Ostraka (beschriftete Tonscherben) ebenfalls aus dem 8. Jh. v. Chr. stammen. Aus dieser Sicht ist eine ausgebaute Residenz in Samaria erst für das 8. Jh. v. Chr. archäologisch nachgewiesen. Außerdem meint Franklin, in zwei unterirdischen Anlagen im Westen des Podiums die Gräber der frühen omridischen Könige Omri und Ahab identifizieren zu können. Diese These, die sich auf eine Auswertung der nicht immer eindeutig dokumentierten Befunde in den älteren Ausgrabungsberichten stützt, lässt sich jedoch schwerlich nachvollziehen (Ussishkin 2007).
5. Geschichte
Omri ist als König von Israel durch die entsprechende Passage der Mescha-Inschrift nachgewiesen. Es besteht auch kein Grund, an der Aussage zu zweifeln, dass Omri zwölf Jahre regierte (1Kön 16,22
Nach dem Zeugnis der Mescha-Inschrift war Omri außenpolitisch erfolgreich. In seiner Zeit expandierte Israel in das zentrale Ostjordanland und kontrollierte die nördlichen Gebiete von Moab. Über die innenpolitischen Aktivitäten Omris dagegen sind wir nicht gut informiert. Die enigmatischen Angaben der alttestamentlichen Omri-Perikope zu den Wirren um seinen Thronantritt sind kaum historisch auszuwerten, da die literarische Gestaltung der gesamten Omri-Perikope den Zweck verfolgt, ihn als Dynastiebegründer auszuweisen. Inwieweit die vierjährige Doppelherrschaft mit Tibni aufgrund der Formulierung in 1Kön 16,22
Nicht ganz einfach zu bewerten ist auch die Rede vom Bau der Stadt Samaria durch Omri (1Kön 16,24
Noch Omris Sohn und Nachfolger → Ahab
6. Rezeption
Die rabbinische Tradition schätzt Omri als einen König, der mit Samaria eine neue Stadt zu Israel hinzugefügt hat. Abweichend vom alttestamentlichen Text in 1Kön 16,24
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- Eine Mauer des Palastes von Samaria. Steinquader mit Spiegelschlag sind als Läufer und Binder gesetzt (Eisenzeit II). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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