Prophetenbuch
Andere Schreibweise: Prophetenrolle; Prophetic book (engl.)
(erstellt: September 2022)
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1. Der Begriff „Prophetenbuch“
Ein Prophetenbuch ist eine für religiöse Adressaten bestimmte Zusammenstellung von Texteinheiten, die prophetischen Gattungen folgen und die einer Person zugeschrieben werden, der zugebilligt wird, unmittelbar durch Gott inspiriert zu sein (→ Inspiration
Prophetenbücher hat in der Antike allein die israelitische Prophetie hervorgebracht (Kaiser 1993, 232; Jeremias 2003, 1709; Nissinen 2017, 150). Religionsgeschichtlich bietet allein der Koran dazu eine Analogie. Im Alten Testament lassen sich vier Prophetenbücher unterscheiden: das Jesaja-, das Jeremia-, das Ezechiel- und das Zwölfprophetenbuch. Für alle vier zusammen hat namentlich Odil Hannes Steck den Namen „corpus propheticum“ populär gemacht.
Das Buch der zwölf Propheten wurde in der Antike als ein Buch verstanden und auf eine Rolle geschrieben (siehe Schart, → Zwölfprophetenbuch
Das corpus propheticum ist Teil des zweiten Kanonteils der hebräischen Bibel, der die vier Prophetenbücher noch an die Geschichtsbücher Josua, Richter, Samuel- und Königebücher anschloss. Diesen Kanonteil nannte man „Nebiim“ nəvi’îm „Propheten“, wobei die Geschichtsbücher als die „früheren“ oder „vorderen“ nəvi’îm ri’šonîm von den Prophetenbüchern als den „späteren“ oder „hinteren Propheten“ nəvi’îm ăḥarîm unterschieden wurden. In der christlichen Tradition rechnete man auch das → Danielbuch
2. Die erste Jesajarolle aus der 1. Höhle von Qumran
Die Frage danach, wie ein Prophetenbuch zur Zeit Jesu aussah, kann mit Verweis auf die 1. Jesajarolle aus der 1. Höhle von → Qumran
Immer wieder sind in unterschiedlicher Anzahl zusätzliche Leerzeilen und Leerzeichen eingefügt. Von diesen sollten wohl insbesondere die längeren noch nachträglich mit Text gefüllt werden (Longacre 2013, 22). Andere zusätzliche Leerzeichen dienten wohl der Markierung von Sinneinheiten. Größere Einschnitte wurden dadurch optisch hervorgehoben, dass der Rest der Zeile leer blieb und der Text mit einer neuen Zeile weiterging. Neben dem Textlayout gab es auch Zeichen am Rand, z.B. einen kurzen waagerechten Strich (sog. Paragraphos), Kreuze oder einen Kreis (eine Liste der Zeichen bietet Steck 1998a, 14-16), deren Sinn nicht ganz klar ist.
3. Gemeinsamkeiten im Aufbau der Prophetenbücher
Die vier Prophetenbücher sind sich dadurch ähnlich, dass sie viele Textabschnitte enthalten, die Gattungen folgen, die zum üblichen prophetischen Inventar der jeweiligen Zeit gehörten (→ Prophetische Redeformen
3.1. Buchanfang
Die Prophetenbücher weisen einen Buchanfang auf, der mindestens folgende Elemente enthält:
a) den Namen eines Mannes, auf den der Inhalt des Buches zurückgeführt wird.
b) einen Gattungsbegriff, der den prophetischen Modus hervorhebt, in dem die Texte empfangen oder verfasst wurden: in Jes 1,1
c) eine sozial-geschichtliche Verortung des Autors, dabei werden vor allem die Könige genannt, in deren Regierungszeit er aufgetreten ist. Es können aber weitere Angaben hinzukommen.
Im Falle von Jes 1,1
Die Buchanfänge vermitteln die Vorstellung, dass ein ganz bestimmter Einzelner, der als Person für die Wahrheit des Gesagten eintritt, auf Grund göttlicher Eingebung und im Auftrag JHWHs die Texte an den eigentlichen Adressaten ausgerichtet hat. Diese Vorstellung beherrscht in der Tat die Prophetenbücher.
Für die Leserschaft stellen die Buchanfänge den Rahmen bereit, in dem das folgende Buch verstanden werden soll. So ist schon die Nennung eines Autorennamens für antike Verhältnisse etwas Besonderes. Alle Texte des Buches bleiben so rückgebunden an diese Person und ihren spezifischen geschichtlichen Erfahrungshorizont. Dies schränkt den Allgemeingültigkeitsanspruch der Texte ein. Andererseits drückt sich durch die Erstellung einer Überschrift, die nicht vom Propheten selbst stammt, aus, dass spätere Generationen die in dem Buch enthaltene Botschaft als Gotteswort (→ Wort Gottes
3.2. Berufungsbericht
Eine notorische Schwierigkeit prophetischen Redens ist es, sich darauf zu berufen, dass die göttliche Stimme dem Propheten den Text eingegeben und zur Weitergabe an die Adressaten aufgetragen hat, die göttliche Stimme aber nur für den Propheten selbst hörbar ist. Dem Propheten erscheint das, was er zu sagen hat, als völlig evident und von höchster Autorität, die Adressaten hingegen haben keinen Zugang zu diesen Primärerfahrungen (Gunkel 1917, sprach deshalb von „geheimen Erfahrungen“). Sie sind auf die sachliche Überzeugungskraft des Gesagten angewiesen. Als zusätzliche Legitimation diente das aus der → Gottesbegegnung
Besonders wichtig ist die sogenannte Berufung, die initiale Ursprungserfahrung, die mit Hilfe der Gattung „Berufungsbericht“ dargestellt wird (s. Schart, → Berufung
3.3. Mischung von Gottes- und Prophetenrede
Die meisten Texte der Prophetenbücher dienen dem übergeordneten Zweck, das vernommene Gotteswort dem → Gottesvolk
Immer wieder redet der Prophet aber auch von JHWH in dritter Person, redet also aus eigener Autorität. Oft gehen Gottes- und Prophetenrede nahtlos ineinander über. Die Redaktoren hatten kein Interesse daran, Gottes- und Prophetenrede scharf zu trennen, weil die Propheten ihrer Meinung nach als ganze Person von Gott beansprucht waren. Die Autoren von Fremdberichten verwenden z.B. die Formel „es geschah das Wort JHWHs an NN“ (z.B. Jes 38,4
Wenn sich der Prophet selbst zu Wort meldet, bleibt er in aller Regel auf Gottes Seite und versteht sich als Gegenüber zum Volk. Ganz selten kommt es vor, dass der Prophet sich mit dem Volk zu einer „Wir“-Gruppe zusammenschließt (z.B. Mal 2,10
3.4. Grundlegende Gattungen und Themen
Die Prophetenbücher schreiben dem Autor des Buches den Gebrauch einer ganzen Reihe von Gattungen zu, die zugleich mit wesentlichen Themen verknüpft sind (siehe Krispenz, → Prophetische Redeformen
Die Gerichtsworte legen die Untreue der Angeredeten gegenüber JHWH dar, die sich mitunter auch in sozialen (z.B. Jes 5,8.23
Die Propheten agieren nicht nur als ein teilnahmsloses Sprachrohr, sie sind als Personen mit ihrem Körper, ihrer Psyche und mit ihrer übernatürlichen Begabung involviert. Dies wird in verschiedenen Berichten, z.B. Visionsberichten (Am 7,1-9
Die gemeinsamen formalen und thematischen Grundstrukturen sind in den vier Prophetenbüchern unterschiedlich ausgestaltet (siehe dazu die Artikel zu den einzelnen Prophetenbüchern).
3.5. Komposition
Die Prophetenbücher umfassen Texte, die ursprünglich für ganz unterschiedliche Kommunikationssituationen und Zwecke gedacht waren. Diese kleinen Einheiten waren ursprünglich selbstständig. In den Prophetenbüchern liegen sie als Bestandteile größerer Kompositionen vor. Diese Kompositionen machen für die moderne Leserschaft oft einen sehr ungeordneten Eindruck (Gunkel 1917, 114: „So sind auch die prophetischen ‚Bücher‘ außerordentlich nachlässig ‚komponiert‘.“). Lassen sich auf der Makroebene noch Strukturen erkennen, so wird es auf der Mikroebene oft schwierig. Zum Teil wurden die kleinen Einheiten wohl einfach mechanisch oder nach mnemotechnischen Gesichtspunkten aneinandergereiht. Weiterführend könnte das Verständnis der Bücher als „Trauma-Literatur“ (Poser 2012) sein (→ Trauma
3.5.1. Kompositionstechniken
In den Prophetenbüchern wurden immer wieder die gleichen redaktionellen Techniken verwendet, um Kompositionen zu erstellen. Diese unterscheiden sich nicht von solchen, die in anderen Büchern angewandt wurden:
a) Bestimmte Formeln zeigen Anfang oder Ende einer Einheit an, so z.B. der Höraufruf „Hört dieses Wort!“
b) Gleichartige Einheiten wurden aneinandergereiht, z.B. Fremdvölkersprüche, Visionszyklen, Weherufe, Disputationsworte.
c) Einheiten wurden nach der geschichtlichen Abfolge angeordnet. Sehr gut erkennt man das am Zwölfprophetenbuch, weil einige der Schriften datiert sind. Auch in Ezechiel, Haggai und Sacharja zeigen die Datierungen der einzelnen Sprucheinheiten, dass sie chronologisch angeordnet wurden. Freilich kommt die moderne Forschung zu anderen Datierungen als die antiken Redaktoren.
d) Weit verbreitet sind Stichwortverbindungen, die von einfacher mechanischer Gestalt sein können, aber auch bis zu raffinierten Verknüpfungsnetzwerken entwickelt wurden (Krispenz 2021). Es können auch umfangreichere Syntagmen, Sätze und Motive wiederholt werden. Im Zwölfprophetenbuch wird z.B. Joel 4,16aα in Am 1,2a wiederholt, um zu zeigen, dass Amos die Botschaft des Joel fortführt.
e) Wenn der Schlussabschnitt einer Einheit auf den Beginn zurückverweist, etwa indem er Stichworte und Motive aufgreift, bildet sich ein Rahmen um eine Einheit. Eine komplexere Form des Rahmens ist die konzentrische Ringstruktur (Schema A, B, C, Bꞌ, Aꞌ; z.B. in Am 5,1-17
f) Auch die kontrastive Gegenüberstellung gegensätzlicher Aussagen kommt vor. Ein bekanntes Beispiel ist, dass das Heilswort von der → Völkerwallfahrt
Mehrere kleine Einheiten können auch im Sinne einer Sprecherfolge in einer Szene aufeinander bezogen sein. H. Gunkel hat das „Liturgie“ genannt (Gunkel 1917, 136-138). Sein Beispiel ist die Bußliturgie Jer 3,21-4,2
In ähnlicher Weise können Spruchfolgen als Reden verschiedener Gruppen innerhalb einer Szenenfolge verstanden werden. K. Baltzer sieht z.B. Jes 40-55 als regelrechtes Drama, das öffentlich aufgeführt wurde (Baltzer 1999).
Auch der argumentative Duktus und die thematische Entfaltung spielen eine Rolle. Die Disputationsworte in der Maleachischrift (→ Maleachi / Maleachibuch
3.5.2. Die Anordnung der Gerichts-, Fremdvölker- und Heilsworte
Die umfangreichsten Cluster der Prophetenbücher bilden die Sprüche gegen das eigene Volk, die Sprüche gegen die Fremdvölker und die Heilsworte. Diese Cluster liegen im Fall von Jesaja (Jes 1-12; Jes 13-35; Jes 40-66) und Ezechiel (Ez 1-24; Ez 25-32; Ez 33-39.40-48) in der Abfolge „Gericht, Fremdvölker, Heil“ vor. Im Falle des Zwölfprophetenbuches findet sich diese Abfolge in Zefanja. Im Falle des Jeremiabuches bietet nur die griechische Fassung diese Abfolge (Schmid 2019, 155-156). Nach Kaiser ist diese Abfolge „eschatologisch“ gemeint (→ Eschatologie
3.6. Das Buchende
Ein Buch sollte nicht einfach aufhören, sondern einen befriedigenden Schluss erreichen. Im Falle der Prophetenbücher überlagern sich, als Folge der komplexen Redaktionsgeschichte, verschiedene Schlussformen. Im Zwölfprophetenbuch lässt sich besonders gut beobachten, dass einerseits die einzelnen Schriften jeweils eigene Schlüsse aufweisen, andererseits aber auch das Buch als Ganzes ein befriedigendes Ende findet (Schart 2016). Das Jesajabuch schließt mit einem Ausblick auf die universale Anerkennung JHWHs durch die Völkerwelt (Jes 66,23
4. Die Entstehung der Prophetenbücher
Zur Eigenart der Prophetenbücher gehört es, dass sie „von Geschlecht zu Geschlecht durch redaktionelle Bearbeitungen und Fortschreibungen aktualisiert worden sind, bis sie unter dem Einfluß der Theorie, daß die prophetische Inspiration zur Zeit Esras erloschen sei, als abgeschlossen galten“ (Kaiser 1993, 232).
Die Rekonstruktion der Entstehung der Prophetenbücher führt zu hochkomplexen redaktionsgeschichtlichen Modellen (siehe die Artikel zu den einzelnen Prophetenbüchern). Es kann kein Zweifel daran sein, dass die Bücher über mehrere Generationen hinweg bearbeitet wurden. Der Umfang der Bearbeitungen reicht von quantitativ geringen Veränderungen im Rahmen der Erstellung von Abschriften bis hin zu umfangreichen Textergänzungen wie etwa die Einarbeitung der deuterojesajanischen Sammlung (Jes 40-55, → Deuterojesaja
4.1. Die mündliche Phase des historischen Propheten
Die Prophetenbücher vermitteln den Eindruck, dass sie auf die mündlichen Auftritte vollmächtiger Einzelgestalten zurückgehen, die ihre Adressaten aufsuchten, um sie von Angesicht zu Angesicht in der Öffentlichkeit mit dem Wort JHWHs zu konfrontieren (Kaiser 1994, 21; Schmidt 2011, 339). Die Eröffnungsformel „Hört dieses Wort!“ entstammt der mündlichen Situation und fordert für den Propheten die Aufmerksamkeit der Angeredeten ein. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts war man noch sehr zuversichtlich, die mündliche Phase der Sprüche verlässlich rekonstruieren zu können. Inzwischen ist man vorsichtiger geworden, weil sich die redaktionelle Bearbeitung oft nicht mehr sauber abheben lässt.
4.2. Verschriftung
Die mündlich vorgebrachten Sprüche wurden gesammelt und dann aufgezeichnet. Leider hat man aus diesem ersten Stadium, der Aufzeichnung von Sprüchen, in Israel keine Texte erhalten. Der einzige indirekte Hinweis auf eine Spruchsammlung findet sich in dem Brief Nr. 3, den man im Stadttor von → Lachisch
4.2.1. Erste Ansätze von Spruchsammlungen in Mari und Ninive
Erheblich besser ist das Stadium der Erstverschriftung durch Tontafelfunde in → Mari
In Ninive fand man zusätzlich auch sogenannte Sammeltafeln. Dabei handelt es sich um Tafeln, auf die die Originalaufzeichnungen prophetischer Auftritte übertragen wurden. Offensichtlich wurden die bei verschiedenen Gelegenheiten geäußerten Sprüche für den Fall zusammengestellt, dass ein Nachweis dafür notwendig würde, dass das Königtum → Asarhaddons
4.2.2. Warum hat man aufgeschrieben?
Mündliche Prophetenworte waren ursprünglich für eine bestimmte Situation gedacht. Die Verschriftung diente vor allem dazu, die räumliche Distanz zum Adressaten, in Mari und Ninive war es der König, zu überwinden. Jeremia diktierte seine Worte Baruch, damit der sie an seiner Stelle im Tempel vortragen konnte (Jer 36,4-6
Liegen die Worte aufgezeichnet vor, so können sie eine Wirksamkeit über den Zeithorizont des Propheten hinaus entfalten, auch wenn das nicht die ursprüngliche Intention der Aufzeichnung war. Die Kreise, die die Prophetenbücher erstellt und kanonisiert haben, waren jedenfalls der Meinung, für kommende Generationen wesentliche Gotteserfahrungen festzuhalten.
4.3. Redaktionelle Bearbeitungen
Die aufgezeichneten Prophetenworte wurden von → Redaktoren
Die Redaktoren arbeiteten oft so, dass sie ein vorliegendes Prophetenbuch als Ganzes systematisch überarbeiteten: Viele Zusätze an verschiedenen Stellen der Vorlage fügen sich zu einer formal und inhaltlich kohärenten Schicht, die eine neue Buchfassung hervorbringt. Jedes Prophetenbuch hat seine eigene Entstehungsgeschichte, aber man kann grob drei Wendepunkte hervorheben: Die vorexilischen Unheilsworte wurden von den Deuteronomisten (→ Deuteronomismus / deuteronomistisch
Weil die vorgegebenen Texte oft nicht nahtlos an die neue Buchstruktur angepasst wurden, weist der Endtext formale Spannungen und Kohärenzbrüche auf, die eine Berücksichtigung der Redaktionsgeschichte bei dessen Interpretation erfordern.
4.4. Der Abschluss der Prophetenbücher
Die ständige Überarbeitung der Prophetenbücher kam in hellenistischer Zeit zum Abschluss, zugleich erlangten diese kanonische Anerkennung (Steck 1991). Im Rahmen der Erstellung von Abschriften und vor allem der Übersetzung in das Griechische und Aramäische wurden jedoch weiterhin, zum Teil gravierende Veränderungen vorgenommen. Den Autoren des Neuen Testaments lagen die alttestamentlichen Bücher in griechischer Übersetzung vor.
5. Buchübergreifende Strukturen
Die vier Prophetenbücher Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Zwölfprophetenbuch bilden zusammen das corpus propheticum. Die Reihenfolge im Masoretischen Text ist Jes, Jer, Ez, Zwölfprophetenbuch. Für Jes, Jer und Ez ist das am leichtesten als geschichtliche Folge nach dem Jahr der Berufung zu verstehen (vgl. Kaiser 1993, 233; Schmid 2019, 153): Jesaja im Todesjahr des Usija (Jes 6,1
Die Bücher gehen im Kern auf verschiedene historische Personen zurück und die jeweiligen Redaktoren haben in der Nachfolge dieser Propheten, trotz vieler Stoff-, Gattungs- und Formulierungsüberschneidungen, verschiedenartige Bücher erstellt. Gleichwohl gibt es literarische Querverbindungen, die zeigen, dass die Bücher aufeinander bezogen wurden, wie besonders eindrücklich die nahezu identisch formulierte Passage von der Völkerwallfahrt zum Zion belegt (Jes 2,2-4
Das corpus propheticum wurde mit den Geschichtsbüchern zum Kanonteil Nebiim zusammengefügt (Steck 1991). Die letzten Verse des Zwölfprophetenbuchs (Mal 3,22-24
Insbesondere durch den Verweis auf einige der Könige Israels in den Buchanfängen der Prophetenbücher und in den Fremdberichten wird deutlich gemacht, dass die Propheten in die → Geschichte Israels
6. Theologische Relevanz des Prophetenbuches
Das Phänomen des Prophetenbuches setzt auch Akzente für die theologische Urteilsbildung. Die Prophetenbücher beinhalten viele Texte, die tatsächlich durch textinterne Signale, wie z.B. die Formel „So hat JHWH gesagt“, als unmittelbare Gottesrede ausgewiesen sind. Im Rahmen der modernen historischen Kritik kann dieser Anspruch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es menschliche Autoren sind, die nur behaupten im Namen JHWHs zu sprechen. Immerhin demonstriert die Jahrhunderte dauernde redaktionelle Bearbeitung, dass viele Generationen die Botschaft der Propheten akzeptiert, mit Hilfe ihrer eigenen Gotteserfahrung noch ausgebaut und dadurch existenziell bewahrheitet haben.
In der Prophetenauslegung hat man den kanonischen Status mehr oder weniger selbstverständlich auf die historischen Propheten bezogen. Für den nachhaltigen Wandel sorgte Brevard Childs (1979), der betonte, dass die christliche Tradition die Endgestalt der Bücher als kanonisch betrachte, nicht deren Vorstufen. Die Rückfrage nach dem historischen Propheten muss deshalb im zweiten Schritt zum Verständnis der Redaktionsgeschichte bis hin zur Kanonisierung führen. Erst auf dieser Basis können theologisch verbindliche Aussagen abgeleitet werden. Dabei gilt es zu beachten, dass die Endredaktion oft verschiedene religiöse Vorstellungen miteinander versöhnen wollte. Aus christlicher Sicht ist das neutestamentliche Verständnis der Prophetenbücher maßgeblich, das wiederum deren griechische Fassungen voraussetzt. Das Neue Testament bezieht die erwartete eschatologische Heilswende auf Jesus Christus.
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