Rama
Andere Schreibweise: Ramah (engl.)
(erstellt: November 2007)
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1. Name
Rama (רָמָה rāmāh) bedeutet „Anhöhe“ und wird bei entsprechend gelegenen Orten mit Artikel als Eigenname verwendet. Das Alte Testament kennt mehrere Orte dieses Namens.
Ramatajim (s. 2.) bedeutet, falls die Endung nicht als Ortsendung ( Rāmātām), sondern schon ursprünglich als Dual zu verstehen ist, „Doppelhöhe“.
2. Rama in Ephraim, die Stadt Samuels
2.1. Lage
Die Stadt →
Samuels
1. Die Identifizierung mit Rama in Benjamin? Man hat das Rama Samuels mit Rama in Benjamin (= er-Rām [er-Ram]; s.u.) identifiziert (Arnold), weil dieses Rama im Umfeld von → Bethel
Man hat
1Sam 1,1
1) Die → Septuaginta
2) Nach → Josephus
3) Das wichtigste Argument: Nach
1Sam 9,5ff
4) Auf seiner Heimreise von Samuel kommt Saul nach
1Sam 10,2
Damit ergibt sich: Das Rama Samuels kann nicht mit Rama in Benjamin gleichgesetzt werden, sondern lag in Ephraim. Lokalisierungen innerhalb Benjamins wie
er-Rām [er-Ram], Nebī Samwīl [Nebi Samwil] (wegen der Samueltradition) und Rāmallāh [Ramallah] (wegen des Namens; Albright 1924, 112-123) oder mit Chirbet Raddāna (→ Chirbet Raddana
2. Identifizierung mit Rentīs. Innerhalb Ephraims fällt eine genaue Lokalisierung Ramas schwer. Mit → Euseb
3. Identifizierung mit Bēt Rīma. Die topographischen Verhältnisse lassen jedoch auch an Bēt Rīma [Bet Rima], 8 km weiter östlich an einem Abstecher nördlich von Str. 465, als Ort Rama denken (Koordinaten: 1600.1600; N 32° 01' 59'', E 35° 06' 17''
2.2. Geschichte
1. Der Ort der Samuelerzählungen. In den biblischen Erzählungen wird Rama zunächst als Ort erwähnt, in dessen Nähe → Debora
2. In der Zeit der Seleukiden. Um 145 v. Chr. erhält Juda im Rahmen der Verständigung zwischen dem Hohenpriester Jonatan und dem seleukidischen König Demetrius II. die südlichen Bezirke Samarias, die nach ihren jeweiligen Hauptstädten benannt sind. Neben Ephraim und Lydda ist dies Ramatajim (Antiquitates Judaicae XIII 4,9 §127 Text gr. und lat. Autoren
3. Zur Zeit der Kreuzfahrer. In Rentīs [Rentis] haben die Kreuzritter im 12. Jh. eine Abtei errichtet und Joseph von Arimathäa gewidmet. Reste dieser Kirche sind noch sichtbar.
3. Rama in Benjamin, eine umkämpfte Grenzstadt
3.1. Lage
Das Rama Benjamins (
Jos 18,25
3.2. Geschichte
1. Grenzfestung um 900 v. Chr. Im Kontext der Kriege, die Israel und Juda um 900 v. Chr. führten, baute König → Bascha
2. Im syrisch-ephraimitischen Krieg. 734 v. Chr. wurden Rama und andere nordjudäische Orte von den Truppen Syriens und Israels (= Ephraim), die sich gegen Juda verbündet hatten und gegen Jerusalem anrückten, zunächst erobert, aufgrund des assyrischen Drucks jedoch bald wieder aufgegeben (→ Syrisch-ephraimitischer Krieg
Von diesen Orten wird Anatot meist mit Rās el-Charrūbe identifiziert. Für die anderen Orte hat Donner (1968, 46-54) vorgeschlagen: Gallim = Chirbet Erḥa (Koordinaten: 1725.1394); Lajescha = Chirbet Rās eṭ-Ṭawīl (Koordinaten: 1735.1378), Madmena = Chirbet el-‘Adase (Koordinaten: 1726.1372) und Gebim = Chirbet Ka‘kūl (Koordinaten: 1738.1359), doch lassen sich diese Identifikationen kaum wahrscheinlich machen.
Wenn Jesaja, der in Jerusalem wirkte, Rama in Schrecken und den Vorposten Jerusalems damit genommen sieht, kündigt er seiner Stadt (ex eventu) Unheil an. Hosea, der Prophet des Nord-Reichs, bezieht sich in
Hos 5,8
3. Die babylonische Eroberung. Als Vorposten Jerusalems wurde Rama nach Jer 40,1
In Jer 31,15
4. Die persische Zeit. Nach Esr 2,26
Spätere Zeiten: In byzantinischer Zeit stand auf dem Hügel des Ortes eine Kirche, von der dort bis heute einige Spolien zeugen. Da die Kreuzfahrerbauten noch keine Wiederverwendung von Steinen dieser Kirche aufweisen, darf man vom Fortbestand der Kirche im Mittelalter ausgehen.
In der Kreuzfahrerzeit gehörte der zuweilen „Ramatha“ oder „Ramitta“ genannte Ort zu den Dörfern, die Gottfried von Bouillon 1099/1100 n. Chr. den Kanonikern des Heiligen Grabes übergeben hat. Sie siedelten hier wie in el-Bīre [el-Bire] lateinische Christen an und gründeten um 1160 n. Chr. unterhalb des Ortes eine neue Siedlung, deren genau Lage jedoch unbekannt ist. Der ältere Ort auf dem Gipfel des Hügels ist noch besichtigenswert.
Besichtigung: Von der Hauptstraße Str. 60 zweigt man 8 km nördlich von Jerusalem nach Osten auf die Straße nach Muchmas. Nach ca. 400 m biegt man nach links in eine schmale Straße, nimmt nach ca. 200 m bei einer Gabelung den rechten Weg und folgt diesem auf den Hügel. Eine Schule links liegen lassend kommt man zu der Moschee auf dem Gipfel und zu einem Weli, das unmittelbar neben den Kreuzfahrerruinen an der Straße liegt. In dem großen Ruinenfeld stehen noch viele Häuser, zum Teil mit Gewölbe und zweiter Etage. Der Verlauf der alten Straßenzüge ist noch deutlich erkennbar. Auffällig ist ein mächtiger Turm, von dem man eine hervorragende Aussicht in alle Himmelsrichtungen hat. In ihm residierte vielleicht der von der Grabeskirche eingesetzte Verwalter, dem die Einwohner des Ortes ihre Abgaben bringen mussten.
4. Weitere Orte namens Rama
1. Rama in Asser. Nach Jos 19,29
2. Rama in Naphtali. In einer Reihe befestigter Städte des Stammes Naphtali nennt Jos 19,36
3. Rama in Simeon. Ganz im Süden des Landes lag Ramat-Negev, das „Rama des Negevs“, das nach Jos 19,8
4. Rama im Ostjordanland. Nach Jos 13,26
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- The New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land, Jerusalem 1993 (Radum, Chorvat)
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Aharoni, Y., 1984, Das Land der Bibel, Neukirchen-Vluyn
- Albright, W.F., 1924, Ramah of Samuel; in: ders., Excavations and Results at Tell el-Fūl (Gibeah of Saul) (AASOR 4), New Haven, 112-123
- Arnold, P.A., 1992, Art. Ramah, in: The Anchor Bible Dictionary, New York, V, 613f
- Pringle, D., 1983, Two Medieval Villages North of Jerusalem: Archaeological Investigations in Al-Jib and Ar-Ram, Levant 15, 141-177
- Donner, H., 1968, Der Feind aus dem Norden. Topographische und archäologische Erwägungen zu Jes 10,27b-34, ZDPV 84, 46-54
- Edelman, D., 1988, Saul’s Journey through Mt. Ephraim and Samuel’s Ramah, ZDPV 104, 44-58
- Schunck, K.-D., 1963, Benjamin (BZAW 86), Berlin
- Wiener, H.M., 1927, The Ramah of Samuel, JPOS 7,109-111
Abbildungsverzeichnis
- Karte: Rama in Ephraim und Rama in Benjamin. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Samuel salbt Saul in Rama (1Sam 10; Holbein, 16. Jh.).
- Karte: Das Gebiet nördlich von Jerusalem. © public domain (angefertigt von Klaus Koenen)
- Die sog. Gräber der Söhne Israels. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
- Spolien der byzantinischen Kirche in Rama: zwei Säulen mit Kapitellen und Architrav. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
- Die Ruinen der Kreuzfahrerzeit mit Turm in Rama. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
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