Deutsche Bibelgesellschaft

Raubebald-Eilebeute

(erstellt: März 2007)

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1. Die Symboldhandlung Jesajas

Die Übersetzung der hebräischen Wendung מַהֵר שָׁלָל חָשׁ בַּז maher šālāl chāš baz mit Raubebald-Eilebeute in Jes 8,3 geht auf → Martin Luther zurück (Einheitsübersetzung: „Maher-Schalal-Hasch-Bas“). Der Prophet → Jesaja soll nach Jes 8,1-2 diesen Ausdruck in einer öffentlichen Zeichenhandlung auf eine große Tafel schreiben. Direkt anschließend wird berichtet, dass Jesaja einen Sohn bekommt, der genau so genannt werden soll (Jes 8,3). In diesem Zusammenhang wird der Name dann auch als Ankündigung der Beutezüge der Assyrer gegen Damaskus und → Samaria gedeutet (Jes 8,4; vgl. Jes 10,6). Die Wendung ist also zunächst ein politisches Motto, das erst in einem zweiten Schritt auch als Name verwendet wird (Beuken 2003, 220-221). Der Sohn Jesajas wird damit zu einem Teil der Symbolhandlung (vgl. den ähnlichen Vorgang in Jes 7,3.14).

2. Die Bedeutung des Namens

Formal lässt sich der Name nicht mit anderen altisraelitischen Personennamen vergleichen. Ganz offensichtlich ist um des bedrohlichen Klangs willen auf eine grammatikalisch eindeutige Konstruktion verzichtet worden. Es ist umstritten, wie die Konsonanten am besten zu vokalisieren sind. Folgt man dem masoretischen Text, ist šālāl das Substantiv „Beute“ und baz das Substantiv „Raubgut“. Schwieriger zu deuten sind die Verben: chāš kann Perfekt oder Partizip von חושׁ chwš „eilen“ sein, dagegen sicher kein Imperativ, worauf Luthers Deutung beruht. Der Zukunftsaspekt der Symbolhandlung favorisiert eine Deutung als Partizip „ein Eilender“. maher ist dagegen ein Imperativ von מהר mhr, also als „eile!“ zu übersetzen. Da man allerdings angesichts des massiven semantischen Parallelismus auch grammatisch eine Parallele zum zweiten Verb chāš erwartet, könnte man es als „Partizip unter Schwund des Partizipialpräfixes“ deuten (wie in Zef 1,14; so Kaiser, 174 Anm. 4), was die Übersetzung „er / man eilt“ ergäbe.

Weiter ist zu entscheiden, ob die beiden Substantive als Subjekt oder Objekt aufzufassen sind. Wären sie Subjekt, wäre zu übersetzen „Es eilt die Beute, es beeilt sich das Raubgut“. Im Kontext sinnvoller erscheint dagegen die Auffassung der Substantive als Objekte, wobei das Subjekt dann ungenannt bliebe. So ergibt sich die Übersetzung „Eile (zur) Beute! Man eilt (zum) Raub.“

Zur Deutung wird seit dem Vorschlag von Morenz, 1949, meist eine ägyptische Wendung aus der 18. Dynastie herangezogen (z.B. Wildberger, 1972, 316). Aus dieser Zeit findet sich in militärischen Urkunden mehrfach der Begriff „Schnelle Beute“. Obwohl es sich dabei grammatisch um zwei Imperative handelt, ist die Formulierung substantivisch verwendet worden. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass auch Luthers wohl eher intuitive Übersetzung Raubebald-Eilebeute ihre Berechtigung hat.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff (Artikel בזז u.a.)
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Beuken, Willem A.M., 2003, Jesaja 1-12 (HThKAT), Freiburg u.a.
  • Kaiser, O., 5. Aufl. 1981, Das Buch des Propheten Jesaja Kapitel 1-12 (ATD 17), Göttingen.
  • Morenz, Siegfried, 1949, „Eilebeute“, ThLZ 74, 697-699.
  • Wildberger, Hans, 1972, Jesaja 1-12 (BK X/1), Neukirchen-Vluyn.

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