Rechts und links
(erstellt: Dezember 2014)
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1. Altes Testament
1.1. Begriffe
Rechts (יָמִין jāmîn) ist ein gemeinsemitisches Wort, das im Alten Testament als Nomen 139-mal belegt ist. Das davon abgeleitete Verb ימן jāman Hif. „rechts gehen“ dagegen nur 5-mal (Gen 13,9
1.2. Rechts und links als Grundkategorien der Orientierung
1.2.1. Rechte und linke Seite
Rechts und links sind im Alten Testament Grundkategorien menschlicher Orientierung (→ Himmelsrichtungen
In der Exodus-Erzählung (→ Meerwundererzählung
1.2.2. Rechts und links als Himmelsrichtungen
Durch die räumliche Orientierung des antiken Israels mit Blickrichtung nach Osten (vor der Erfindung des Kompasses war statt der Nordung die Ostung = „Orientierung“ üblich) können rechts und links als Bezeichnungen für die Himmelsrichtungen Süden (= rechts) und Norden (= links) stehen (vgl. Gen 13,9
1.2.3. Rechts und links als Hinweise zur Wegorientierung
Stehen rechts (יָמִין jāmîn) und links (שְׂמֹאל śəmo’l) entweder mit dem Verbum סור sûr „weichen / fortgehen“ (vgl. Dtn 2,27
1.2.4. Rechts und links als moralische Orientierungskategorien
Innerhalb des Gesetzes zum Zentralgericht (Dtn 17,8-13
Jon 4,11
Ein ähnliches Werturteil findet man in der alttestamentlichen → Weisheit
1.2.5. Rechts und links als Leitkriterien der Toraobservanz
Das exilisch-deuteronomistisch redigierte → Deuteronomium
Das deuteronomistische Königsgesetz (Dtn 17,14-20
Das deuteronomistisch bearbeitete → Josuabuch
In → Qumran
1.3. Rechts- und Linkshändigkeit
Rechts und links bezeichnen im Alten Testament auch häufig die rechte und linke Hand. In diesem neutralen Sinne wird die rechte oder linke Hand, gelegentlich auch beide zusammen, für einen bestimmten Zweck oder eine bestimmte Handlung genutzt.
In Ri 7,20
Der rechten Hand wird als Tat- oder Leistungshand der Vorzug gegeben, da Rechtshändigkeit in vielen Kulturen als normal angesehen wird, während → Linkshänder
JHWH ergreift zur Stärkung eines Menschen dessen rechte Hand (z.B. Ps 73,23
Der Vorzug der rechten Hand äußert sich auch in → Segenshandlungen
1.4. Glücks- und Unglücksseite
In Gen 48,13-14
Bei den Römern war ursprünglich rechts die Seite des Unheils, während links für Glück stand. Erst seit der Kaiserzeit wurde der bei den Griechen vorhandene Glaube an die linke Seite als Unglücksseite übernommen.
2. Ägypten
Im Alten Orient werden rechts und links als gemeinsemitische Grundkategorien der Orientierung verwendet. Im Alten Ägypten orientiert man sich in Richtung der Quellen des → Nils
Analog zum Alten Testament bewertet das Alte Ägypten die rechte Seite oft als positiv und die linke Seite als negativ. So ist z.B. die rechte Hand die kräftige und mächtige Hand. Das rechte Ohr ist der Eingang für den „Hauch des Lebens“, während durch das linke Ohr der „Hauch des Todes“ eindringt. Im ägyptischen Totenkult der Vorzeit wird der Leichnam meist auf der linken Seite mit dem Kopf Richtung Süden ausgerichtet. Dadurch blickt der Tote nach rechts, also nach Westen. Dies ist der angenehmere und weitere Weg der Gerechten in das Totenreich, während die Frevler den schwierigen und schmalen Weg gehen, der links, im Osten lokalisiert wird.
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Tübingen 1957-1965 (Art. Orientation, Art. Links und rechts)
- Lexikon der christlichen Ikonographie, Freiburg i.Br. 1968-1976
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2005 (Art. Orientation)
2. Weitere Literatur
- Hardmeier, C., 2000, König Joschija in der Klimax des DtrG (2Reg 22f.) und das vordtr Dokument einer Kultreform am Residenzort (23,4-15*), in: R. Lux (Hg.), Erzählte Geschichte, Beiträge zur narrativen Kultur im alten Israel (BThSt 40), Neukirchen-Vluyn, 81-145
- Hentschel, G., 2008, Das Buch Josua, in: E. Zenger u.a. (Hgg.), Einleitung in das Alte Testament (KStTh 1,1), 7. Aufl., Stuttgart, 203-212
- Höffken, P., 2005, Das Ende des Jonabuches. Eine Anmerkung zu Jona 4,11, in: P. Höffken, „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir!“ (Jesaja 41,10). Gesammelte Aufsätze zu Grundtexten des Alten Testaments (BVB 14), Münster, 209-216
- Levinson, B.M., 2001, The Reconceptualization of Kingship in Deuteronomy and the Deuteronomistic History’s Transformation of Torah, VT 51, 511-534
- Otto, E., 2000, Mose und das Gesetz. Die Mose-Figur als Gegenentwurf Politischer Theologie zur neuassyrischen Königsideologie im 7. Jh. v. Chr., in: ders. (Hg.), Mose. Ägypten und das Alte Testament (SBS 189), Stuttgart, 43-83
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