Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: November 2018)

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Es gibt zwei Orte namens Ribla. Der bedeutendere war ein Ort in Syrien, der Assyrern und Babyloniern als Militärbasis diente. Der Stützpunkt lag im Flachland und bildete in diesem einst die letzte Station an einer sehr wichtigen Nord-Süd-Straße, ehe diese südwärts in bergigere Gebiete ging und durch die Bekaa-Ebene nach Palästina führte.

1. Name

Die Herkunft und Bedeutung des Ortsnamens Ribla (רִבְלָה Rivlāh) sind unbekannt.

In der → Septuaginta wird der Name des syrischen Ribla meist mit Δεβλάθα Deblatha wiedergegeben (Varianten: Ἀβλαά Ablaa, Vaticanus in 2Kön 23,33; Δεβάθα Debatha, Sinaiticus in Jer 52,9; Δεβλαά Deblaa, Alexandrinus in 2Kön 23,33; Ῥεβλαθά Reblatha, Vaticanus in 2Kön 25,21), bei → Josephus mit Ἀριβαθᾶ Aribatha (Antiquitates 10,150 [10.8.5], Text gr. und lat. Autoren) und bei → Euseb mit Ῥεβλαά Reblaa bzw. Ῥεβλαθά Reblatha (Onomastikon, Edition Timm, Nr. 800 bzw. 802; Ῥεβλά Rebla in der Edition Klostermann, Onomastikon 146,22f [Onomastikon] ist nach Hieronymus konjiziert).

Der Name des palästinischen Ribla wird im Hebräischen merkwürdigerweise mit Artikel gebraucht (הָרִבְלָה Hārivlāh). Doch handelt es sich ursprünglich vielleicht gar nicht um einen Artikel, vielmehr könnte der Ortsname mit הַר har „Berg“ begonnen haben (vgl. Noth, 271). Die Septuaginta gibt ihn mit Αρβηλα Arbēla wieder, dem damaligen Namen des heutigen Irbid (Num 34,11; so auch Euseb, Onomastikon 14,18-21; 46,6 [Edition Timm, Nr. 37; Nr. 208, dort: Βηλά Bēla]).

2. Ribla in Syrien am Orontes

2.1. Lage

Ribla 01
Von dem Ort Ribla wird im Alten Testament immer wieder gesagt, dass er im Land Hamat lag (2Kön 23,33, 2Kön 25,21; Jer 39,5; Jer 52,9.27), einem aramäischen Königreich (→ Aramäer 1.3.8.), das sich von der nördlichen Hälfte der heutigen syrischen Mittelmeerküste nach Osten zum Orontes und darüber hinaus erstreckte (s. Karte → Aramäer Abb. 1). Am Ende des 8. Jh.s hat der assyrische König Sargon II. (721-705 v. Chr.; → Assyrer) dieses Gebiet jedoch erobert und seinem Reich einverleibt.

Angesichts der Lokalisierung in Hamat ist Ribla im heutigen Syrien zu suchen. Der Name Ribla scheint sich im heutigen Rable, einem Ort unweit der libanesischen Grenze, erhalten zu haben. So kommt es zu einer Identifikation mit Tell ez-Zarrā‘a / Tell Zerā‘at, einer Ortslage 1 km nordöstlich von Rable und 2 km östlich des → Orontes / Nahr al-‛Āṣī (Koordinaten: N 34° 27' 35'', E 36° 34' 21''). Kadesch (→ Schlacht von Kadesch) liegt nur 12 km nordnordwestlich. Tell ez-Zarrā‘a wird heute von der Straße nach Homs durchschnitten (vgl. Kuschke 1954, 128; 1979, 32). Der Ort weist starke Mauerreste auf und soll nach der Oberflächenkeramik von der Mittleren Bronzezeit bis zum Ende der Eisenzeit besiedelt gewesen sein (Jirku, 161).

Nach → Hieronymus (Lateinische Übersetzung von Eusebs Onomastikon 147,25f; Edition Timm, Nr. 802) wurde das syrische Ribla zu seiner Zeit Antiochia genannt (vgl. Eucherius von Lyon, der die Identifizierung von Ribla mit Antiochia voraussetzt, sie allerdings auf das Ribla östlich des Sees Genezareth bezieht, da er zwischen den beiden Ribla nicht differenziert; Text: Donner 2002, 175).

2.2. Bedeutung

Ob Ribla schon im 2. Jahrtausend v. Chr. belegt ist, erscheint fraglich.

Thutmosis III. (1486-1425 v. Chr.) hat im Tempel von Karnak eine Liste der Städte angebracht, die er auf seinem ersten Feldzug in Syrien / Palästina eroberte. Zu ihnen gehört Šá-b-tu-na (Nr. 73), ein Ort, den → Ramses II. (1279-1213 v. Chr.) später im Rahmen seiner Darstellung der Schlacht von Kadesch erwähnt. Schabtuna wurde früher mit Ribla identifiziert (Helck, 132.200.201), wird inzwischen jedoch mit Tell Ma‘jān (Koordinaten: N 34° 31' 53'', E 36° 28' 00''), 5 km südwestlich von Kadesch (→ Schlacht von Kadesch), gleichgesetzt (Kuschke 1979, 32).

An der Vorderseite des 1. Pylons des Totentempels Ramses’ III. (1187-1156 v. Chr.) in Medinet-Habu befinden sich Listen unterworfener Feinde. Unter ihnen erscheint an zwei Stellen R-b-n-t (Liste XXVII, 71, Simons, 78-83.164-169, bes. 168; Liste XXIX, 9, Simons, 84.174). Damit ist nach Simons (209) → Libna gemeint. Da R-b-n-t jedoch auch auf Ribla zurückgeführt werden kann, werden die beiden Stellen zuweilen als Belege für diesen Ort angeführt (Hübner, 356).

Im 1. Jahrtausend ist Ribla in neuassyrischer Zeit als ra-ab-le-e belegt, und zwar in einem Brief aus Nimrud (ND 2766; Saggs 2001, 161-163), der aufgrund der Nennung Eni-ilis datiert werden kann, wenn es sich bei ihm um den Eni-ili handelt, der aus anderen Quellen als der König von Hamat bekannt ist, der sich dem assyrischen König Tiglat-Pileser III. (745-727 v. Chr.) unterworfen hat. In dem dann um 740 v. Chr. anzusetzenden Schreiben eines lokalen Befehlshabers geht es um die Frage, wie viele Pferde in Ribla stationiert werden sollen (Saggs 1963, 70-71.79-80). Ein in Ninive gefundener Brief der neuassyrischen Zeit erwähnt, dass ein arabischer Scheich mit seinen Herden sein Lager in der Umgebung von Ribla aufgeschlagen hat (State Archives of Assyria 1,180).

Für die neubabylonische Zeit nennt das Alte Testament zwei Ereignisse, für die Ribla von Bedeutung ist. Im Jahr 609 v. Chr. unternahm der ägyptische Pharao → Necho II. (610-595 v. Chr.) einen Feldzug nach Syrien, um den nach der Eroberung Ninives (612 v. Chr.) noch übrig gebliebenen Assyrern im Kampf um → Haran gegen die Babylonier zu helfen. Auf dem Weg nach Norden hatte er den judäischen König → Josia nach → Megiddo bestellt und dort töten lassen, weil er bei ihm vermutlich die nötige Vasallentreue vermisste. Nachfolger Josias wurde dann jedoch nicht sein ältester Sohn, sondern dessen jüngerer Bruder → Joahas – aber nur für drei Monate (609 v. Chr.). Denn nachdem Necho von Haran zurückkam, schlug er sein Hauptquartier in Ribla auf. Dorthin beorderte er nach 2Kön 23,32-34 (vgl. 2Chr 36,2LXX) Joahas, vielleicht um ihm den Treueid abzunehmen (vgl. Donner 1986, 370). Doch Necho setzte ihn ab und ließ ihn gefangen nach Ägypten bringen. Als neuen König Judas setzte Necho von Ribla aus Joahas’ älteren, bei der Thronfolge übergangen Bruder → Jojakim (609-598 v. Chr.) ein, von dem er sich vermutlich mehr Loyalität versprach.

Gut 20 Jahre später hat auch der babylonische König → Nebukadnezar sein Hauptquartier in Ribla aufgeschlagen. Am Vorabend der → Eroberung Jerusalems im Sommer 587 v. Chr. konnten König → Zedekia und seine Leute nach 2Kön 25,1-7 (vgl. Jer 39,1-7; Jer 52,4-11; Ez 12,12-16) nachts aus der belagerten Stadt fliehen, doch wurden sie bei → Jericho von babylonischen Truppen ergriffen und nach Ribla zu Nebukadnezar gebracht. Dort ließ Nebukadnezar die Söhne Zedekias vor dessen Augen töten, ihn selbst dann blenden und in Ketten nach Babylon verschleppen (Jer 52,11). Nach Ribla wurden dann im Anschluss an die Eroberung Jerusalems nach 2Kön 25,18-21 (vgl. Jer 52,24-27) über 70 Männer der Jerusalemer Oberschicht verschleppt und dort hingerichtet, unter ihnen z.B. → Seraja, der letzte Oberpriester der Königszeit.

Ez 6,14 kündigt Israel nach dem masoretischen Text eine Verödung an „mehr als die Wüste Diblatas“ (דִּבְלָתָה divlātāh). Die meisten deutschen Bibelübersetzungen nehmen an, dass ein Abschreiber hier die im Hebräischen sehr ähnlichen Buchstaben Dalet und Resch verwechselt hat. Ursprünglich habe hier רִבְלָתָה rivlātāh „nach Ribla“ gestanden. Das Unheil wird angekündigt für das Gebiet „von der Wüste“, also der südlichen Grenze nach Ägypten hin, „bis nach Ribla“, der nördlichen Grenze zu den Aramäern hin. Dabei wird Ribla hier als sehr weit nördlich gelegener Grenzpunkt genannt, vielleicht um die Gedanken der Leser auf Nebukadnezar und die babylonische Eroberung zu lenken.

3. Ribla östlich des Sees Genezareth

Num 34,1-15 beschreibt die Grenzen des Landes Israel. Als Stationen der Ostgrenze werden für den Norden Israels die Orte Schefam und Ribla genannt (Num 34,11; vgl. dagegen die Beschreibung der Ostgrenze in Ez 47,17). Von Ribla aus soll die Grenze nach Westen zum See Genezareth gehen und von dort verläuft die Ostgrenze deutlich weiter westlich als zuvor durch das Jordantal nach Süden (Karte in Aharoni, 71). Eine Identifizierung und Lokalisierung der beiden Orte ist nicht möglich (vgl. Noth, 271).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Archaeological Encyclopedia of the Holy Land, New York / London 2001
  • Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006

2. Weitere Literatur

  • Aharoni, Y., Das Land der Bibel: eine historische Geographie, Neukirchen-Vluyn 1984
  • Donner, H., Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen (ATD.E 4/2), Göttingen 1986
  • Donner, H., Pilgerfahrt ins Heilige Land. Die ältesten Berichte christlicher Palästinapilger (4.-7. Jh.), Stuttgart 2. Aufl. 2002
  • Frevel, C., Geschichte Israels (Studienbücher Theologie), Stuttgart u.a. 2016
  • Helck, W., Die Beziehungen Ägyptens zu Vorderasien im 3. und 2. Jahrtausend vor Christus (ÄA 5), Wiesbaden 2. Auflage 1971
  • Hübner, U., Art. Ribla, in: Neues Bibel-Lexikon, Bd. 3, Zürich u.a. 2001, 256f
  • Jirku, A., Durch Palästina und Syrien. Bericht über eine Forschungsreise im Frühjahr 1929, ZDPV 53, 1930, 136-166
  • Kuschke, A., Beiträge zur Siedlungsgeschichte der Biḳā‘, ZDPV 70 (1954), 104-129
  • Kuschke, A., Das Terrain der Schlacht bei Qadeš und die Anmarschwege Ramses’ II., ZDPV 95, 1979, 7-35
  • Noth, M., Studien zu den historisch-geographischen Dokumenten des Josuabuches, in: ders., Aufsätze zur biblischen Landes- und Altertumskunde 1, Neukirchen-Vluyn 1971, 229-280
  • Saggs, H.W.F., The Nimrud Letters, 1952, Part IV, Iraq 25 (1963), 70-80
  • Saggs, H.W.F., Nimrud Letters 1952, London 2001
  • Simons, J., Handbook for the Study of Egyptian Topographical Lists Relating to Western Asia, Leiden 1937
  • Timm, St. (Hg.), Das Onomastikon der biblischen Ortsnamen. Kritische Neuausgabe des griechischen Textes mit der lateinischen Fassung des Hieronymus (Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte N.F. 24), Berlin u.a. 2017

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zur Lage von Ribla am Orontes. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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