Rizinus
(erstellt: März 2012)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/33530/
1. Botanisch
Der aus den Tropen stammende Rizinus (Rizinus communis) aus der Familie der Wolfsmilchgewächse ist ein schnell wachsender einjähriger Strauch oder auch perennierendes Kraut, das im gesamten Mittelmeerraum heimisch und in Mitteleuropa inzwischen als Zierstrauch verbreitet ist.
Funde aus ägyptischen Gräbern weisen darauf hin, dass er bereits seit 4000 v. Chr. in Ägypten heimisch war. Verbreitet ist der Rizinus in Palästina noch heute an vernachlässigten Plätzen und in einigen Wüstenwadis und im Arnondelta Jordaniens (→ Arnon
Bei geringer Verletzung stirbt der Rizinus so schnell ab, wie er aufgeschossen ist (vgl. Dalman I, 65).
2. Verwendung
Schon seit der Antike wurde durch kalte Pressung des geschälten Samens das ungiftige Rizinusöl (Ricini oleum) gewonnen, das vielfältig verwendet wurde. Für Assyrien und Ägypten ist die Verwendung als Lampenöl belegt. Doch auch als Heilmittel wurde Rizinus früh eingesetzt. Wie beispielsweise Rezepturen des medizinischen Papyrus Ebers (16. Jh. v. Chr.) zeigen, wurde das Öl bei Hautausschlag und Kopferkrankungen verwendet (vgl. pEbers 47,15-48,3) und – wie bis in heutige Zeit - als Heilmittel bei Verdauungsproblemen. So heißt es in pEbers 25 (8,12-16): „ALTERNATIVE REZEPTUR ZUM ENTLEEREN DES BAUCHES UND ENTFERNEN VON KRANKHEITSERSCHEINUNGEN IM BAUCH DES MANNES. Rizinussamen; werde gekaut und mit Bier hinuntergeschluckt, bis alles herauskommt, was in seinem Bauch ist“ (TUAT.NF 5, 233). Neben dem Rizinusöl wurden auch die frisch gepflückten Blätter bei den Ägyptern als Wundverschluss eingesetzt.
In heutiger Zeit findet Rizinusöl als Schmieröl, in der Plastikindustrie sowie der Kosmetikindustrie Verwendung.
3. Biblisch
Nicht ganz sicher ist, ob das hebräische קִיקָיוֹן qîqâjôn, das nur im → Jonabuch
Die Bibelübersetzungen gehen allerdings sehr unterschiedliche Wege: Aquila (?) und Theodotion (→ Septuaginta
Für die Identifizierung von hebr. קִיקָיוֹן qîqâjôn mit dem Rizinusstrauch spricht, dass seine schon oben genannten Eigenschaften gut zu der Jona-Geschichte passen: Als Jona, zornig über die Gnade, die Gott den bußfertigen Bewohnern von Ninive gewährt, die Stadt verlässt und sich eine Hütte baut, lässt Gott einen schnell wachsenden (Rizinus)Strauch emporschießen (allerdings zeigt der Text eine Steigerung ins Wunderhafte, denn Gott lässt ihn in einer Nacht wachsen). Er spendet Jona mit den großen gefingerten Blättern Schutz vor der Hitze (Jon 4,6f
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Dalman, G., 1928, Arbeit und Sitte in Palästina I,1, Gütersloh (Nachdruck: Hildesheim / Zürich / New York 1984)
- Fürst, A., 1994, Kürbis oder Efeu? Zur Übersetzung von Jona 4,6 in der Septuaginta und bei Hieronymus, Biblische Notizen 72, 12-19; auch in: ders., Von Origenes und Hieronymus zu Augustinus. Studien zur antiken Religionsgeschichte, Berlin / Boston 2011, 315-322
- Graichen, G. (Hg.), 2. Aufl. 2004, Heilwissen versunkener Kulturen. Im Bann der grünen Götter, Berlin
- Hepper, F.N., 1992, Pflanzen der Bibel. Eine illustrierte Enzyklopädie, Stuttgart
- Janowski, B. / Schwemer, D. (Hgg.), 2010, Texte zur Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Bd. 5: Texte zur Heilkunde, Gütersloh
- Jeremias, J., 2007, Die Propheten Joel, Obadja, Jona, Micha (ATD 24,3), Göttingen
- Neumann-Gorsolke, U. / Riede, P., 2002, Das Kleid der Erde. Pflanzen in der Lebenswelt des alten Israel, Stuttgart / Neukirchen-Vluyn
- Zohary, M., 3. Aufl. 1995, Pflanzen der Bibel, Stuttgart
Abbildungsverzeichnis
- Rizinusstrauch. Aus: Wikimedia Commons; © Rickjpelleg, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-2.5 US-amerikanisch; Zugriff 7.3.2012
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)