Deutsche Bibelgesellschaft

Salbgefäße

(erstellt: August 2015)

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Salbung

1. Einführung

Der Nahe Osten ist die Geburtsstätte unserer heutigen Kosmetik- und Parfümherstellung. Dort wurden im Wesentlichen von Frauen duftende Öle und Salben in unterschiedlichen Variationen bereitet. Aus Mesopotamien ist bekannt, dass höhergestellte Frauen in der Fertigkeit der Kosmetikherstellung und Anwendung sehr bewandert waren. In Palästina wurde die Tätigkeit der Salbenbereitung wohl vornehmlich von Frauen verrichtet ( 1Sam 8,13). In nachexilischer Zeit ist der Beruf des Salbenmischers auch für Männer belegt (Neh 3,8). Für die Herstellung und Aufbewahrung von Salben mussten Produzenten und Händler schattige Orte wählen, da Sonnenlicht und Wärme die Haltbarkeit ihrer Produkte verringerten (Theophrast, De odoribus 40). Auch achtete man sorgfältig auf die Auswahl der Salbgefäße. Plinius zufolge (Naturalis historia 13,7) füllte man kostbare Parfüms in kleine Fläschchen aus Ton, Stein oder Glas mit einer schmalen Öffnung ab und verschloss sie mit einem Pfropfen aus Holz, Wachs oder Lehm. Streichbare Spezereien wurden vornehmlich in Pyxiden, kleinen kostbaren Gefäßen, aufbewahrt. Bei der Verwendung der Salben war eine Vielzahl von Geräten notwendig, beispielsweise Schalen, Mörser und Löffel sowie Spachtel zum Rühren und Auftragen.

2. Haut und Haare

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Das profane Salben der Haut, wie es im → Danielbuch von → Susanna überliefert wird (ZusDan 1,17), findet nach der biblischen Erzählung im Anschluss an ein Bad statt. Eine vergleichbare Szene bietet eine Abbildung auf einer griechischen Kylix (Abb. 1). Die dort dargestellte Griechin ist im Begriff, ein Bad zu nehmen, und wird auf der Trinkschale mit den dafür nötigen Attributen gezeigt. Neben einem Striegel, einem Schwamm und einem Handtuch sind zwei Salbgefäße für die Pflege ihrer Haut abgebildet. Das eine davon, Plemoche genannt, hält sie in der rechten Hand, das andere, ein kugeliges Gefäß, das man Aryballos nennt, hängt hinter ihr an der Wand zusammen mit einem Striegel zum Abschaben der Haut und einem Schwamm.

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Neben der Hautpflege spielte auch die Haarpflege eine bedeutende Rolle. Außer der wohltuenden Wirkung auf der Kopfhaut (vgl. Ps 141,5) brachte das Salböl die Haare zum Glänzen und schenkte zudem einen angenehmen Wohlgeruch (vgl. Martial, Epigrammata 12,38,3). Der Ölfilm schütze die Haarstruktur vor der intensiven Sonneneinstrahlung und damit vor dem Austrocknen. Die Abbildung auf einem etruskischen Spiegel gibt die Abfolge der Haarpflege wieder (Abb. 2): In einem ersten Schritt werden die langen Haare der jungen Frau im Bild gewaschen, in einem zweiten Schritt mit Salböl gesalbt, das der junge Mann links im Bild in einem Salbgefäß bereit hält.

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Ikonographische Belege für die Ehrung von Gästen liefern Abbildungen ägyptischer Gastmahlszenen (Abb. 3). Während der feierlichen Zeremonie werden die Gäste zum einen von den Dienern des Gastgebers mit duftendem Öl aus wertvollen Salbgefäßen gesalbt, zum anderen häufen weitere Diener Salbkegel auf deren Perücken auf.

Diese Art der Ehrung kommt auch in der Königs- und Prophetensalbung zum Ausdruck (vgl. 1Sam 9,16; 1Kön 1,39; Lev 16,32). Gott ehrt und kräftigt seine Auserwählten mit heiligem Salböl. Der König wird sogar als מָשִׁיחַ māšîaḥ „Gesalbter“ tituliert (in griechischer Transliteration Μεσσίας messias, in griechischer Übersetzung χριστός christos).

Im Neuen Testament wird eine Ehrung durch einen Salbakt auch Jesus zuteil, dessen Titel Χριστός christos ihn als „Gesalbten“ Gottes bezeichnet und der von einer Frau gesalbt wird (Mk 14,3-9; Mt 26,6-16; Lk 7,36-50; Joh 12,1-11). Diese Frau, so heißt es bei Markus, Matthäus und Lukas, habe ein Alabastron mit wertvollem Salböl mitgebracht, dessen Inhalt sie über Jesu Füße bzw. Haupt ausgießt. Markus und Johannes zufolge hätte man die Spezerei für etwa 300 Denare verkaufen können.

3. Gesicht

Das Schminken des Gesichts war im Altertum weit verbreitet. Mit der aus rotbraunem Ocker (Eisenoxid) oder auch Henna mit Fett oder pflanzlichem Öl angerührten Gesichtsschminke konnte man einerseits die Wangen hervorheben und andererseits das gesamte Gesicht als eine Art Grundierung mit roter Farbe bestreichen.

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Dass in späterer Zeit auch Bleiweiß oder Kalk als Grundierung aufgetragen wurden, zeigt ein west-anatolisches Gefäß (Abb. 4). Auf der zugrunde liegenden weißen Schminke befinden sich rote Wangen-, Kinn- und Lippenfarbe. Auch sticht die schwarze Schminke der Augen aufgrund des hellen Untergrundes stärker hervor, als das bei roter Gesichtsgrundierung der Fall gewesen wäre.

Die von Athenaios (Deipnosophistai 13,557f) geübte Kritik an übertriebenem Schminken wird angesichts des Verwischens und Herabrinnens der Schminke bei extremer Hitze begreiflich. Die Erwähnung von Maulbeersaft zeigt, dass im Laufe der Zeit weitere pflanzliche Farbstoffe in der Kosmetikproduktion Verwendung fanden (vgl. auch Xenophon, Oikonomikos 10,2).

Die Beliebtheit von Augenschminke hat sich bis in unsere Zeit hinein gehalten. In der Antike dienten Malachit, Kupfersilikate, Bleisulfid, Magnetit, Grauspießglanz und Ruß zur Herstellung von Augenschminke. Vermischt mit pflanzlichem Öl, Rinderfett, Bienenwachs oder Wasser konnte die Paste mit Hilfe eines Schminkgriffels auf die Augenlider aufgetragen werden. Auffallend ist, dass die im Zusammenhang mit Augenschminke vorkommenden Bibelstellen fast durchweg negativ konnotiert sind. Isebel, die ihre Augen schminkt ( 2Kön 9,30), wird als Verehrerin fremder Gottheiten heftig kritisiert. Das personifizierte Jerusalem, das ebenfalls geschminkte Augen vorweist, gerät in die Kritik des Propheten → Jeremia (Jer 4,30). Aber auch griechische Autoren kritisierten den übermäßigen Gebrauch von Schminke. So heißt es bei Xenophon (Oikonomikos 10,2), dass, wenn er „so eine Dame sehe, die sich dick mit Bleiweiß angestrichen hat, um weißer zu erscheinen, als sie wirklich ist, und sich mit färbender Ochsenzunge (Anchusa tinctoria, L.) angepinselt hat, um röter zu erscheinen, als sie wirklich ist, […] doch jeder Schweißtropfen, jede Träne, jeder Wassertropfen den Pinsel“ verrate.

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Einen Beleg für das Schminken der Augen bietet beispielsweise eine ägyptische Bauarbeiterszene (Abb. 5). Zum exakten Auftragen wird an dieser Stelle ein Schminkgriffel eingesetzt, mit dem sich die Paste leichter verteilen lässt. Die Verschönerung der Augen und Augenbrauen verdeutlichen unzählige Abbildungen ägyptischer Tänzerinnen, deren Augen mit schwarzer Schminke versehen sind und diesbezüglich ästhetisch stilvoll hervorstechen.

Ebenso konnten die Lippen mit Hilfe von roter Schminke betont werden. Diese für gewöhnlich aus rotem Ocker, Öl oder Honig bestehende Paste wurde mittels eines Griffels oder mit dem Finger auf die Lippen aufgetragen. Durch das Hinzufügen von Bienenwachs erhielt man Schminkstifte, die Gerätschaften zum Anbringen der roten Farbe überflüssig machten. In der Bibel lässt sich die Lippenschminke in Hi 4,3.11 und in Spr 5,1-4 nachweisen. Während sie im → Hohelied positiv belegt ist, folgt im → Sprüchebuch eine negative Wendung: Frauen mit roten Lippen wirkten erotisierend und seien demnach mit äußerster Vorsicht zu genießen.

4. Totensalbung

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Im antiken Israel hat man in Gräbern häufig direkt neben den Toten als Grabbeigabe (→ Grab; → Bestattung) auch leere Salbfläschchen gelegt (z.B. Gefäße in Gräbern in Megiddo).

Im Neuen Testament berichten Mk 16,1 und Lk 23,56; Lk 24,1, dass nach dem Tode Jesu Frauen an dessen Grab kamen, um seinen Leichnam mit kostbaren Ölen zu salben. Bei Joh 19,40 ist von einem anderen, in der Antike üblichen Brauch die Rede: Dem Leichentuch bzw. den Leichenbinden Jesu wird hier eine wertvolle Gewürzmischung aus → Myrrhe und zerstoßenem Holz des Adlerholzbaumes (Joh 19,39; → Aloe; → Pflanzennamen) beigegeben.

5. Importierte Salbgefäße

Mykenische Juglets der Späten Bronzezeit kamen sowohl bei den Grabungen in → Megiddo als auch in → Hazor zutage. Ebenso wurden in Hazor unterschiedliche Typen von Pyxiden im mykenischen Stil gefunden. Steigbügelkannen und Pyxiden eigneten sich sehr gut zum Transport von Ölen und Salben.

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Da in Palästina Öl zu den Exportgütern zählte, kann man davon ausgehen, dass es sich bei den aus Griechenland bezogenen Ölen um Luxusprodukte handelte, wofür auch das geringe Fassungsvermögen der Gefäße spricht. Der mykenische Orienttransport war demnach auf die Bedürfnisse der Oberschicht zugeschnitten und erfüllte folglich die Nachfrage einer eng umgrenzten Zielgruppe. Dafür sprechen auch in ägyptischen Gräbern gefundene Wandmalereien, auf denen Gabenbringer beispielsweise Gefäße aus Gold und Silber nach Ägypten transportieren.

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Ganz anders verhält es sich mit zyprischen Importprodukten der Späten Bronzezeit. Aus Zypern strömten mehrheitlich einfache Keramikwaren in großen Mengen auf die Märkte Palästinas. Kugelförmige Kannen und Kännchen machten die Mehrzahl der Importe aus und waren aufgrund ihrer Machart für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich. Eine ganze Reihe zyprischer Gefäße wurden bei den Grabungen in Hazor und Megiddo gefunden, womit bestätigt wird, dass diese für den profanen Gebrauch innerhalb der Stadtsiedlungen Verwendung fanden. Die Handelsbeziehungen zu Zypern kamen vor dem Ausgang der Spätbronze IIA-Zeit, parallel zum allgemeinen Niedergang der spätbronzezeitlichen Kultur, zum Erliegen. Wegen der Beliebtheit sowohl der zyprischen als auch der mykenischen Gefäße wurden auch in späterer Zeit noch lokale Imitationen beider Keramikgruppen in Palästina angefertigt.

Im Laufe der Eisenzeit entwickelte sich auf Zypern und entlang der phönizischen Küste ein neuer Kannentyp, der in Palästina zum Importschlager wurde. Eine große Zahl dieser kugelförmigen, zypro-phönizischen Salbgefäße (Juglets) kam auch bei den Ausgrabungen in Megiddo und Hazor zutage. Diese wurden überwiegend im Alltag der Stadtbewohner, aber auch innerhalb des Grabkultes eingesetzt. Die allmähliche Profanisierung von Düften und Aromata brachte so einen lebhaften Aufschwung des Handels, der Landwirtschaft und des Kunstgewerbes mit sich.

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Ägypten exportierte seit der Mittelbronzezeit zahlreiche Alabastergefäße, die wohl als Salbgefäße dienten, nach Palästina. Damit kam auch in Palästina die Alabasterproduktion, v. a. in → Bet-Schean, ins Rollen. Alabastergefäße waren bis ins 8. Jh. v. Chr. sehr beliebte Transportgefäße für kostbare Spezereien. Erst die Massenproduktion von Glasgefäßen brachte die Alabasterindustrie allmählich zum Erliegen.

Literaturverzeichnis

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  • Zwickel, W., Frauenalltag im biblischen Israel, Mainz 2005.

Abbildungsverzeichnis

  • Badende mit Salbgefäßen auf einer griechischen Kylix. Aus: M. Dayagi-Mendels, Perfumes and Cosmetics in the Ancient World (Israel Museum Catalogue 305), Jerusalem 1989, 32
  • Haarpflege (etruskischer Spiegel). Aus: M. Dayagi-Mendels, Perfumes and Cosmetics in the Ancient World (Israel Museum Catalogue 305), Jerusalem 1989, 77
  • Frau mit Salbkegel auf dem Kopf (Malerei aus der Grabkammer TT181 der Bildhauer Nebamun und Ipuki; Szene: Porträt der Gattin; etwa 1350-1300 v. Chr.).
  • Gesichtsschminke (west-anatolisches Gefäß). Aus: M. Dayagi-Mendels, Perfumes and Cosmetics in the Ancient World (Israel Museum Catalogue 305), Jerusalem 1989, 43
  • Schminken der Augen; links ein Schminkgefäß (ägyptische Wandmalerei). Aus: M. Dayagi-Mendels, Perfumes and Cosmetics in the Ancient World (Israel Museum Catalogue 305), Jerusalem 1989, 97
  • Sog. stirrup-jar (Hazor). Aus: Y. Yadin, Hazor II: An Account of the Second Season of Excavations, 1956, Jerusalem 1960, F cxxxvii 11
  • Pyxis (Hazor). Aus: Y. Yadin, Hazor II: An Account of the Second Season of Excavations, 1956, Jerusalem 1960, D 11 cxxxi 10
  • Salbgefäß aus Zypern (Megiddo, Stratum XI). Aus: G. Loud, Megiddo II. Seasons of 1935-39: Text and Plates (Oriental Institute Publications 62), Chicago 1948, Plate 34, 12
  • Alabastron (Megiddo, Stratum VIII). Aus: G. Loud, Megiddo II. Seasons of 1935-39: Text and Plates (Oriental Institute Publications 62), Chicago 1948, Plate 259, 15

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