Deutsche Bibelgesellschaft

Schemaja / Schimi

Andere Schreibweise: Shemaiah; Shimei (engl.)

(erstellt: April 2009)

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1. Name

Die Namen Schemaja / Schimi sind vergleichsweise häufige Personennamen in der Hebräischen Bibel. Sie gehen zurück auf die hebräische Wurzel für „hören“ (שׁמע šm‘) und weisen eine Andeutung des Gottesnamens (ein theophores Element) auf.

Schemaja (hebräisch שְׁמַעְיָה šəma‘jāh und שְׁמַעְיָהוּ šəma‘jāhû) kann damit als „JHWH hat gehört“ gedeutet werden (vgl. Elischama „[Mein] Gott hat gehört“, Num 1,10 u.ö.; inschriftlich: ’lšm‘; 16 Belege in AHI I, 284f; → Ismael). Der hebräische Name begegnet außerhalb der Bibel in einer Handschrift aus dem Wādī Murabba‘āt, auf den Ostraka von → Lachisch und → Arad sowie auf einem Siegel (18 Belege s. AHI I, 501f; vgl. HAE II/1, 86; Althann), ferner auf einer Votivschale aus Stein aus Kuntillet ‘Aǧrūd (→ Kuntillet ‘Aǧrūd [Kuntillet Agrud], TUAT II, 563). In der hebräischen Bibel tragen etwa 28 Personen diesen Namen. Eine gewisse Unsicherheit bei der Anzahl der Namensträger rührt daher, dass bestimmte Personen gleichen Namens, die etwa zur gleichen Zeit auftreten, identisch sein könnten, ohne dass der Text dies ausdrücklich sagt.

Schimi (שִׁמְעִי šim‘î) ist die Kurzform von Schemaja (oder auch Elischama, „[Mein] Gott hat gehört“). Diese Kurzform ist für 16 Personen in der Hebräischen Bibel belegt. Mit „Schimi“ wird – z.B. in der Einheitsübersetzung – auch der in Tob 5,14 belegte griechische Name Semelias (Σεμελιας; so GII, Sinaiticus) bzw. Semaias (Σεμειας; so GI, Vaticanus und Alexandrinus) übersetzt (fehlt in Lutherbibel).

Um weitere Kurzformen (vgl. Noth, 185; Fowler, 169) – zumindest um weitere Bildungen von šm‘ „hören“ – handelt es sich möglicherweise bei den zum Teil für mehrere Personen belegten Namen Schama (שָׁמָע šāmā‘), Schammua (שַׁמּוּעַ šammûa‘), Schima (שִׁמְעָא šim‘ā’ und שִׁמְעָה šim‘āh) und Simeon (שִׁמְעוֹן šim‘ôn) sowie dem Frauennamen Schimat (שִׁמְעָת šim‘āt), aber vielleicht auch bei den ohne Ajin geschriebenen Namen Schamma (שַׁמָּה šammāh und שַׁמָּא šammā’), Schammot (שַׁמָּוֹת šammôt) und Schammai (שַׁמַּי šammaî); zu inschriftlichen Belegen dieser Namen s. Fowler, 363.

2. Schemaja

2.1. Belege in Jeremia

(1) In Jer 26,20 ist „Schemaja“ die Vaterangabe (Patronym) für den Propheten → Uria aus → Kirjat-Jearim, der in ganz ähnlicher Weise wie → Jeremia auftritt und auf Veranlassung von König → Jojakim (609-598 v. Chr.) an seinem Fluchtort in Ägypten ermordet wird.

(2) In Jer 29,24-32 tritt der Prophet Schemaja aus Nehelam im Babylonischen → Exil auf und fordert vom Jerusalemer Priester Zefanja per Brief, gegen den „verrückten“ Jeremia vorzugehen, der in seinem Brief an die in Babylon Exilierten (nach 597 v. Chr.) ein langes Exil angekündigt hat und ihnen empfohlen hat, sich niederzulassen und nicht mit einer schnellen Heimkehr zu rechnen. Als der Priester Zefanja den Inhalt dieses Briefes Jeremia vorträgt, spricht Jeremia ein Drohwort gegen Schemaja aus und bezichtigt ihn der Lüge und der Auflehnung gegen JHWH. – Die Ortslage von Nehelam ist unbekannt; möglicherweise ist es ein Symbolname, denn er ließe sich als „Träumer“ oder „verträumt“ (Wurzel חלם) deuten.

(3) In Jer 36,12 ist „Schemaja“ die Vaterangabe für Delaja, der zu den hohen Beamten des Königs Jojakim gehört und bei der Verlesung der Buchrolle Jeremias durch → Baruch anwesend ist.

2.2. Belege in Esra

(4) Der Name Schemaja begegnet in der Heimkehrerliste von Esr 8,1-14: Im Jahr 458 v. Chr. kehrt → Esra mit diesen Leuten aus dem Babylonischen Exil zurück. Schemaja gehört zu den Nachkommen Adonikams (Esr 8,13).

(5) Als Esra auf dem Weg der Heimkehr aus Babylon feststellt, dass keine → Leviten unter den Rückkehrern sind, sendet er verständige Männer aus, um Leviten aus dem Dorf Kasifja dafür zu gewinnen, nach Jerusalem mitzukommen. Unter den Gesandten Esras ist auch eine Person namens Schemaja (Esr 8,16) (möglicherweise identisch mit Schemaja Nr. 4).

(6) In Esr 10 wird davon berichtet, dass die Mischehen mit nichtisraelitischen Frauen aufgelöst werden sollen. Unter den betroffenen Priestern ist auch Schemaja, ein Nachkomme aus dem Priester-Geschlecht Harims (Esr 10,21). Zum Problem der Auflösung der Mischehen s. Hieke, 139-153.

(7) Auch ein vom selben Problem betroffener Israelit (ein Nicht-Priester / Laie) trägt den Namen Schemaja, der aus einem Laien-Geschlecht mit dem gleichen Namen Harim stammt (Esr 10,31).

Die in Nr. 6 und 7 angeführte Problematik betrifft auch Personen mit dem Namen Schimi (s.u., Schimi Nr. 5, 6 und 7).

2.3. Belege in Nehemia

(8) Unter denen, die die Stadtmauer Jerusalems unter → Nehemia wieder aufbauen, arbeitet auch eine Person namens Schemaja ben Schechanja. Schemaja ist der Wächter des Osttores (Neh 3,29). Mit dieser Aufgabe ist er vermutlich Levit, so dass es unwahrscheinlich ist, dass er mit Schemaja ben Schechanja von 1Chr 3,22 (Nr. 16), der aus der Linie Juda – David – Josia – Serubbabel stammt, identisch ist, obwohl die Anzahl der Generationen in etwa passen würde. Wenige Handschriften lesen zudem in Neh 3,29 שׁבניה šəvanjāh als Namen des Vaters von Schemaja.

(9) Nehemia berichtet, dass er das Haus eines Mannes namens Schemaja ben Delaja ben Mehetabel betritt, wobei nicht klar wird, was die Gründe dafür sind. Die Angabe von Vater und Großvater soll wohl die besondere Bedeutung dieser Person unterstreichen. Schemaja fordert Nehemia in prophetischer Rede auf, vor einem angeblichen Mordanschlag in das Innere des Tempels zu fliehen. Nehemia erkennt die Falschprophetie und durchschaut, dass seine Gegner Tobija (→ Tobiaden) und → Sanballat den Schemaja bestochen haben, um ihn in Angst zu versetzen. Wäre Nehemia als Laie in das Innere des Tempels gegangen, hätte er ein schwerwiegendes Sakrileg begangen und seinen guten Ruf verloren (Neh 6,10-13; Hieke, 179).

(10) Unter den Priestern, die mit Nehemia die Selbstverpflichtung auf die Tora unterzeichnen (Neh 10,9), ist eine Person namens Schemaja. Aufgrund der Namensgleichheit ist er möglicherweise ein Nachfahre von Nr. 11.

Zum Leviten Schemaja in Neh 11,15 siehe Nr. 19 (1Chr 9,14).

(11) Ein Priester namens Schemaja wird auch in der Liste genannt, die die mit → Serubbabel und → Jeschua (538 v. Chr.) aus dem Babylonischen Exil heimgekehrten Priester und Leviten aufzählt (Neh 12,6) und als Rückgriff auf die erste Heimkehrerwelle im Kontext etwas fremd wirkt. Diese Liste hat die Funktion, dem Leser vor der feierlichen Einweihung der Stadtmauer 445 v. Chr. die gesamte Bevölkerung, besonders Priester und Leviten, seit der idealen Erst-Heimkehr vor Augen zu führen (Hieke, 240). Der genannte Schemaja ist Oberhaupt einer wichtigen Priesterfamilie (Neh 12,18). – Eine Identität mit dem in Neh 10,9 genannten Priester gleichen Namens (Nr. 10) ist aufgrund der zeitlichen Differenz (538 v. Chr. [Heimkehr] zu 445 v. Chr. [Nehemia]) unwahrscheinlich.

(12) Als Priester und Trompetenbläser nimmt ein Mann namens Schemaja an der feierlichen Einweihung der nach dem Exil errichteten Mauer Jerusalems teil (Neh 12,34). Möglicherweise ist dieser Priester identisch mit dem in Neh 10,9 genannten Priester Schemaja (siehe Nr. 10); der Text sagt darüber nichts.

(13) Der Name Schemaja begegnet als Name des Großvaters von Secharja, der wiederum als Musiker an der Einweihung der Stadtmauer im Festzug Esras beteiligt ist (Neh 12,35). Die lange Genealogie Secharjas führt bis auf Asaf, den Tempelsänger unter David, zurück.

(14) Schemaja heißt ein weiteres Mitglied des Festchores, wahrscheinlich auch aus dem Geschlechts Asafs; er wirkt ebenfalls bei der Mauereinweihung in Jerusalem mit (Neh 12,36).

(15) Der Levit Schemaja gehört zur unmittelbaren Begleitung Nehemias bei der Mauereinweihung (Neh 12,42).

2.4. Belege in den Genealogien von 1Chr 1-10

(16) Eine Person namens Schemaja ben Schechanja ist in der davidischen Linie (Juda-Linie) als Nachkomme König Jojachins (597 v. Chr. nach Babylon deportiert) in der fünften Folgegeneration genannt (1Chr 3,22; der Vers ist textkritisch problematisch). Siehe auch Nr. 8.

(17) Auch im Stamm Simeon gibt es einen Schemaja, der als Ur-ur-urgroßvater von Sisa genannt wird, der in der Zeit des Königs → Hiskia (Ende 8. Jh. v. Chr.) mit anderen Simeonitern das Weidegebiet vergrößerte und neues Land im Süden eroberte (1Chr 4,37).

(18) Unter den Angehörigen des Stammes Ruben wird Schemaja ben Joël genannt. Sein Enkel trägt den Kurznamen Schimi (siehe unten, Schimi Nr. 10). Vier Generationen später ist diese Linie unter den von → Tiglat-Pileser III. (745-727 v. Chr.) Verschleppten (1Chr 5,4).

(19) Unter den Jerusalemer Familien nach dem Exil wird bei den Leviten Schemaja ben Haschub als ein Nachkomme des Levisohnes Merari genannt (1Chr 9,14; s. auch Neh 11,15).

(20) In 1Chr 9,16 wird im masoretischen Text unter den Leviten auch ein weiterer Schemaja ben Galal ben Jedutun als Vater des Abda genannt. Die gleiche Genealogie findet sich auch in Neh 11,17, so dass es sich um die gleiche Person handelt. In Neh 11,17 lautet der Name aber nicht Schemaja, sondern Schammua (שַׁמּוּעַ), möglicherweise eine weitere Kurzform von Schemaja.

2.5. Belege in den Erzählungen von 1Chr

(21) Bei der Überführung der → Lade unter → David ist Schemaja ein Vorsteher von den Nachkommen Elizafans und gehört zu den Leviten (1Chr 15,8.11). Er und andere levitische Vorsteher werden von David mit der Übertragung der Lade vom Haus des Obed-Edom (1Chr 13,14) zum Zelt in Jerusalem (1Chr 16,1) beauftragt.

(22) Als David die aaronidischen Priester nach dem Zeugnis der → Chronik in Dienstklassen einteilt, hält ein levitischer Schreiber namens Schemaja ben Netanel die Neuordnung schriftlich fest (1Chr 24,6).

(23) Ein wichtiges Dienstamt der Leviten ist in 1Chr das Torwächteramt, für das es ebenfalls Dienstklassen gibt, die nach der Familienzugehörigkeit geordnet sind. Der Erstgeborene von Obed-Edom, der durch die Chronik-Genealogien zum Leviten wird und bei den Torwächtern genannt wird, heißt Schemaja, dessen Nachkommen wiederum als „tüchtige Männer“ gelten (1Chr 26,4.6.7).

2.6. Belege in den Erzählungen von 2Chr (// 1Kön)

(24) Während der Regierungszeit → Rehabeams (931-914 v. Chr.) tritt ein Prophet namens Schemaja in Jerusalem auf. Er wird als „Mann Gottes“ bezeichnet. In 1Kön 12,21-24 (// 2Chr 11,2-4) warnt dieser Prophet König Rehabeam davor, gegen das Nordreich Israel (das als „eure Brüder“ bezeichnet wird!) in den Krieg zu ziehen. Rehabeam hört auf diesen Propheten.

Die → Septuaginta bietet nach 1Kön 12,24 einen großen Zusatz mit einem Parallelbericht über die so genannte „Reichsteilung“. Darin kommt der Elamiter Samaias (Σαμαιας τὸν Ελαμι) vor; der Name ist identisch mit der griechischen Fassung von Schemaja in 1Kön 12,22. Es ist jedoch unsicher, ob damit auch die gleiche Person bezeichnet werden soll.

2Chr 12 bietet noch mehr Erzählungen über den Propheten Schemaja: Als der Pharao → Scheschonq (945?-924 v. Chr.) gegen Jerusalem zieht, erklärt Schemaja das drohende Unheil als Strafe für den Abfall von Gottes Weisung (2Chr 12,5). Als Rehabeam und seine führenden Leute das einsehen und umkehren, ergeht das Wort JHWHs erneut an Schemaja, der dann verkünden muss, dass aufgrund der Umkehr zwar Rettung kommt, aber hoher Tribut an den Pharao zu zahlen sein wird (2Chr 12,7). Die Prophetengestalt Schemaja im Kontext des Scheschonq-Feldzuges ist eine Hinzufügung der Chronik; der Ausgangstext in 1Kön 14,25-28 (par 2Chr 12,9-16) erwähnt Schemaja nicht. – Schließlich nennt 2Chr 12,15 diesen Propheten Schemaja noch als Geschichtsschreiber, der zusammen mit dem Seher Iddo die Geschichte und das Geschlechtsregister Rehabeams aufgezeichnet habe.

(25) Über König → Joschafat (871-848 v. Chr.) berichtet die Chronik viel Gutes, unter anderem, dass er seine Beamten und Leviten in die Städte Judas schickt, um das Volk über die Tora zu belehren. Als Erster der Leviten wird Schemaja genannt (2 Chr 17,8). Dass Leviten – noch dazu im Auftrag des Herrschers – das Volk unterrichten und bilden, ist für die vorexilische Zeit sonst nicht belegt; die hier ausgedrückte Konstellation dürfte nachexilische Verhältnisse widerspiegeln, die anachronistisch in die Königszeit zurückprojiziert werden (Japhet 2003, 217).

(26) Unter König → Hiskia (728-699 v. Chr.) werden eine Reihe von Leviten namentlich genannt, die die kultischen Reformen des Königs unterstützen. Zu ihnen gehören auch Schemaja (שְׁמַעְיָה šəma‘jāh, von den Nachkommen Jedutuns) und Schimi (von den Nachkommen Hemans, siehe unten, Schimi Nr. 15) (2Chr 29,14). Ob dieser Schemaja die gleiche Person ist wie der mit einem ganz anderen Aufgabengebiet betraute Schemaja Nr. 27 (s.u.), muss offen bleiben. Der Text legt eine Identifikation aufgrund der unterschiedlichen Schreibung eher nicht nahe.

(27) König Hiskia setzt den Leviten Kore ben Jimna ein, damit die Abgaben für das Heiligtum und die Priester in der rechten Weise herbeigebracht und gerecht verteilt werden. Kore ist für die freiwilligen Spenden für Gott zuständig. Unter Kores levitischen Helfern ist auch Schemaja (שְׁמַעְיָהוּ šəma‘jāhû, 2Chr 31,15).

(28) Als König → Josia (641-609 v. Chr.) sein großes Passafest (→ Passa) begeht, machen er und seine hohen Beamten große Spenden, um dem Volk ein Fest zu bereiten. Zu den Vorstehern der Leviten, die Kleinvieh und Rinder spenden, gehören auch Konaja und Schemaja (שְׁמַעְיָהוּ šəma‘jāhû, 2Chr 35,9). Siehe auch zu Schimi Nr. 16.

3. Schimi

3.1. Belege in der Tora

(1) In der → Genealogie von Ex 6,14-30, die noch nach dem Grundmuster der Genealogien der Genesis gestaltet ist, erscheint ein Mann namens Schimi als Zweitgeborener Gerschons und Enkel → Levis (Ex 6,17; ebenso in Num 3,18; 1Chr 6,2; 1Chr 23,7). Von dieser Linie stammen nach Ausweis von 1Chr 6 auch die Tempelsänger → Etan (1Chr 6,27-28) und → Asaf (1Chr 6,24) ab (Frankenfeld, 164.181). Die Söhne Schimis werden in 1Chr 23,10 aufgezählt; der Beleg von „Schimi“ im masoretischen Text von 1Chr 23,9 ist eine (wohl unter dem Einfluss des Folgeverses: Paralleler Versanfang) verderbte Stelle (Japhet 2002, 376). – Auf diesen Schimi ben Gerschon führen sich die Schimiter zurück, s.u. 3.9.

3.2. Belege in den Erzählungen von 2Sam und 1Kön

(2) In 2Sam 16; 2Sam 19 und 1Kön 2 begegnet die Figur des Schimi ben Gera aus dem Clan Sauls, ein Benjaminiter. Dieser Schimi ist ein erbitterter Gegner Davids, wird von diesem zunächst geschont, kommt aber dann doch noch unter → Salomo zu Tode. – Als David in 2Sam 16 vor seinem Sohn → Abschalom aus Jerusalem fliehen muss, kommt er bei der Stadt Bahurim vorbei. Dort wohnt Schimi, der David für den Tod der Sauliden verantwortlich macht und ihn deshalb wüst beschimpft sowie mit Steinen und Erde bewirft. Davids Leute wollen ihn schon töten, da hält David sie mit der Bemerkung ab, wahrscheinlich habe JHWH dem Schimi geboten, ihn zu verfluchen. Die Sache bleibt zunächst in der Schwebe. Erst als David nach dem Tod Abschaloms wieder die Herrschaft fest in Händen hat (2Sam 19), kommt Schimi zu David, fällt ihm zu Füßen und bittet um Verzeihung für sein Benehmen. David, der froh ist, wieder unangefochten König zu sein, schont Schimi erneut und sichert ihm mit einem Schwur zu, dass er nicht getötet wird (2Sam 19,24). Die Sache scheint erledigt zu sein, doch David weiß, dass die Gefahr nicht vorbei ist. In seinen letzten Anordnungen an Salomo erwähnt er auch Schimi und rät Salomo, ihn auf kluge Weise zu beseitigen (1Kön 2,8-9). Nachdem Salomo König geworden ist, will er auch gleich die „Akte Schimi“ schließen: Er vergattert Schimi dazu, in Jerusalem zu wohnen und unter Todesandrohung sich nicht von dort zu entfernen. Damit hat Salomo Schimi zum einen unter ständiger Beobachtung, zum anderen hat er einen Grund ihn töten zu lassen, wenn Schimi Jerusalem verlässt. Genau dieser Fall tritt ein: Als Schimi zwei Sklaven entlaufen, holt er sie eigenhändig aus ihrem Fluchtort Gat zurück. Damit hat er gegen Salomos an sich willkürliche Anordnung verstoßen, und Salomo zögert nicht, das Urteil unter Erwähnung der bösen Tat Schimis gegen David vollstrecken zu lassen: Das Böse, das Schimi David angetan habe, falle nun auf ihn zurück (1Kön 2,36-46). Damit hat Salomo den letzten Mann aus dem Hause Sauls, der Ansprüche auf den Thron hätte anmelden können, auch noch beseitigt. Der Segenswunsch für sich und den „Thron Davids“ in 1Kön 2,45 zeigt das politische Interesse an der Beseitigung Schimis deutlich: Es geht um die Stabilisierung der Herrschaft Salomos.

Der – nicht beweisbare – historische Gehalt dieser Geschichten ist weniger wichtig als das Paradigmatische, das durch diese Erzählungen in subtiler Weise mit ausgedrückt werden soll: Die „Friedensherrschaft“ Salomos ist um den teuren Preis der Vernichtung der Gegner Salomos erkauft worden. Die Schimi-Episode ist einer der Punkte, die Salomo ins Zwielicht tauchen und erkennen lassen, dass die salomonische Regierung hinter einer strahlenden Fassade ihre Risse und Brüche hat (Werlitz, 56-57). Wie schon Davids → Batseba-Affäre wird auch diese Schattenseite der Idealkönige David und Salomo, die mit dem Namen Schimi verbunden ist, in der Nacherzählung der Chronik übergangen.

(3) Im Umfeld des Thronwechsels von David auf Salomo gibt es aber auch eine Person mit dem Namen Schimi, die sich konsequent auf die Seite Salomos stellt. Als Prinz → Adonija versucht, die Thronnachfolge für sich zu entscheiden, gewinnt er → Joab und → Abjatar für sich, aber → Zadok, → Benaja, der Prophet → Natan, Schimi, Reï und die Helden Davids folgen Adonija nicht (1Kön 1,8). Dieser Schimi wird später von Salomo zum „Statthalter“ im Gebiet Benjamin ernannt (1Kön 4,18).

3.3. Beleg in Ester

(4) Der Name Schimi taucht in der Genealogie → Mordechais, des Ziehvaters der → Ester, die später persische Königin wurde, auf: Mordechai war der Sohn Jaïrs, des Sohnes Schimis, des Sohnes des Kisch, aus dem Stamm Benjamin (Est 2,5). Die bekannten Namen Schimi und Kisch, die aus dem Umfeld des Königs Saul stammen und diesen Geschichtsbezug möglicherweise evozieren sollen, gehören zum anachronistischen Konzept des Buches Ester.

3.4. Belege in Esra

(5) In Esr 10 wird davon berichtet, dass die Mischehen mit nichtisraelitischen Frauen aufgelöst werden sollen. Unter den betroffenen Leviten ist auch ein Mann namens Schimi (Esr 10,23). Zum Problem der Auflösung der Mischehen siehe Hieke, 139-153.

(6 und 7) Auch zwei vom selben Problem betroffene Israeliten (Nicht-Priester / Laien) tragen den Namen Schimi: einer gehört zu den Nachkommen Haschums (Esr 10,33), einer zu den Nachkommen Binnuis (Esr 10,38).

Die in Nr. 5, 6 und 7 angeführte Problematik betrifft auch Personen mit dem Namen Schemaja (s.o., Schemaja Nr. 6 und 7).

3.5. Belege in den Genealogien von 1Chr 1-10

(8) Den Namen Schimi trägt ein Enkel des Königs → Jojachin, der 597 nach Babylon deportiert worden war (1Chr 3,19). Dieser Schimi gehört damit zur Davididenlinie.

(9) Eine lange genealogische Linie führt vom Jakobssohn Simeon zu Schimi in der siebten Generation (1Chr 4,26; Frankenfeld, 160). Dieser Schimi erweist sich als äußerst fruchtbar, denn er ist Vater von 16 Söhnen und sechs Töchtern (1Chr 4,27). Seine Brüder dagegen sind nicht kinderreich gewesen.

(10) Unter den Angehörigen des Stammes Ruben wird Schimi ben Gog genannt. Sein Großvater trägt die Langfassung des Namens, Schemaja ben Joël (siehe oben, Schemaja Nr. 18). Vier Generationen später ist diese Linie unter den von → Tiglat-Pileser III. (745-727 v. Chr.) Verschleppten (1Chr 5,4).

(11) Der dritte Sohn Levis, Merari, hat nach 1Chr 6,14 einen Urenkel namens Schimi.

In 1Chr 6,27-28 ist die Reihenfolge der Namen so umzustellen, dass Schimi nicht der Sohn des Jahat ben Gerschon, sondern (wie in 1Chr 6,2 und Ex 6,17; Num 3,18) der Sohn des Gerschon ist (s. Nr. 1; Japhet 2002, 165). Die Chronik hat im Übrigen eine Vorliebe für die Namensvariante Gerschom (Japhet 2002, 168); in den Übersetzungen wird die Namensform üblicherweise an Gerschon angeglichen (→ Gerschom).

(12) Im Rahmen der Nachkommen Benjamins (1Chr 8) wird unter den Familienoberhäuptern für die Bewohner von → Ajalon ein Mann namens Schema genannt (1Chr 8,13), der unter dem Namen Schimi in 1Chr 8,21 wieder auftaucht und Vater von neun Söhnen ist (zur Komplexität der Verhältnisse s. Japhet 2002, 205-206).

3.6. Belege in den Erzählungen von 1Chr

(13) Als David die Sänger- und Musikantengruppen für den Tempeldienst in 1Chr 25 einteilt, fällt das zehnte Los auf Schimi und seine „Söhne und Brüder“, also seine Gruppe, für die er verantwortlich ist (1Chr 25,17). Da die Liste ab 1Chr 25,9 die vorher (V 1-4) genannten Söhne Asafs, Hemans und Jedutuns aufgreift und einteilt, muss in 1Chr 25,3 bei den Söhnen Jedutuns der Name „Schimi“ im masoretischen Text ergänzt werden (Japhet 2002, 401), damit auch die Summenangabe „sechs“ stimmt (in einer Handschrift ist „Schimi“ auch im Hebräischen bezeugt, ebenso im griechischen Text: Σεμεϊ). Der levitische Sänger- und Musikervorsteher Schimi zur Zeit Davids ist also ein Nachfahre Jedutuns.

(14) Ein gewisser Schimi aus Rama wird von David zum Aufseher über die Weinberge bestellt (1Chr 27,27).

3.7. Belege in den Erzählungen von 2Chr

(15) Unter König → Hiskia (728-699 v. Chr.) werden eine Reihe von Leviten namentlich genannt, die die kultischen Reformen des Königs unterstützen. Unter den Namen sind auch Schimi (von den Nachkommen Hemans) und Schemaja (von den Nachkommen Jedutuns, siehe Schemaja Nr. 26) (2Chr 29,14). Ob dieser Schimi die gleiche Person ist wie der mit einem ganz anderen Aufgabengebiet betraute Schimi Nr. 16 (s.u.), muss offen bleiben. Der Text legt eine Identifikation eher nicht nahe.

(16) König Hiskia setzt den Leviten Konaja ein, damit die Abgaben für das Heiligtum und die Priester in der rechten Weise herbeigebracht und gerecht verteilt werden. Konaja ist für die Abgabe (תְּרוּמָה tərûmāh), den Zehnten (מַעֲשֵׂר ma‘ǎśer) und die Weihegaben (הַקֳּדָשִׁים haqqådāšîm) zuständig. Unter Konajas levitischen Helfern ist auch sein Bruder Schimi (2Chr 31,12-13). Die hier geschilderten Verhältnisse, nämlich die zentrale Erfassung der Abgaben für das Heiligtum durch die Leviten und deren gewissenhafte Lagerung im Tempel, spiegelt eine Entwicklung am Zweiten Tempel wider (Neh 10,40). Dies und das bemerkenswerte Einvernehmen von König und Hohempriester ist die eigentümliche Ansicht der Chronik, die in die Königszeit zurückprojiziert wird (Japhet 2003, 411-412).

Bemerkenswert ist, dass bei der Feier des Passafestes unter König Josia (641-609 v. Chr.) in 2Chr 35,9 die gleichen Namen „Konaja“ und „Schemaja“ (s.o. Schemaja Nr. 28) in unmittelbarem Kontext begegnen wie ein Jahrhundert zuvor bei König Hiskia („Konaja“ und „Schimi“, die Kurzform von „Schemaja“, in 2Chr 31,12, die Langform „Schemaja“ in 2Chr 31,15 in der gleichen Schreibweise wie 2Chr 35,9). Der Text schafft so – ob intentional oder zufällig – auch über die oft so unbeachteten Personennamen subtile intertextuelle Verbindungen zwischen Hiskia und Josia.

3.8. Beleg in Tobit

In Tob 5,14 ist die Rede vom „großen Semelias“ (Σεμελιου τοῦ μηγάλου; GII) bzw. dem „großen Semainas“ (Σεμειου τοῦ μεγάλου; GI), dessen zwei Söhne Hananias und Nathan → Tobit kennt, weil er schon mit ihnen auf Pilgerfahrt nach Jerusalem war. Der (unerkannte) Engel → Rafael hat sich vorher als Azarias (Asarja) ben Hananias (Hananja) vorgestellt, um seine Abkunft aus gutem Hause zu behaupten. Die Einheitsübersetzung gibt den fraglichen Namen mit „Schimi“ wieder, die Gute Nachricht Bibel mit „Semelija“ (fehlt in Lutherbibel).

3.9. Die Schimiter

Die Schimiter sind ein großer Familienverbund, der seine Herkunft von Schimi, dem Sohn Gerschons und Enkel Levis (siehe Schimi Nr. 1) ableitet (Num 3,21; Sach 12,13).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Herders Neues Bibellexikon, Freiburg i.Br. / Basel / Wien 2008

2. Weitere Literatur

  • Althann, R., 1992, Art. Shemaiah, in: The Anchor Bible Dictionary, New York, V, 1199-1201
  • Fowler, J.D., 1988, Theophoric Personal Names in Ancient Hebrew. A Comparative Study (JSOT.S 49), Sheffield
  • Frankenfeld, K., 1997, Genealogie der Bibel. Ein biblischer Stammbaum, Frankfurt a.M.
  • Hieke, Th., 2005, Die Bücher Esra und Nehemia (Neuer Stuttgarter Kommentar Altes Testament 9/2), Stuttgart
  • Japhet, S., 2002, 1 Chronik (Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament), Freiburg i.Br.
  • Japhet, S., 2003, 2 Chronik (Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament), Freiburg i.Br.
  • Noth, M., 1980, Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung, 2. reprographischer Nachdruck der Ausgabe Stuttgart 1928, Hildesheim / New York
  • Werlitz, J., 2002, Die Bücher der Könige (Neuer Stuttgarter Kommentar Altes Testament 8), Stuttgart

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