Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: März 2019)

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1. Name

Der Name Secharja (זְכַרְיָה zəkharjāh) ist zusammengesetzt aus der Wurzel זכר zkr „erinnern / gedenken“ und dem theophoren Element יָהוּ jahû „JHWH“. Es handelt sich um einen sog. Verbalsatznamen (→ Name) mit der Bedeutung „JHWH hat gedacht“ (Noth, 20f). Der Name des Propheten → Sacharja schreibt sich im Hebräischen genau so wie der Name Secharja. Die in deutschen Bibelübersetzungen übliche Schreibweise Sacharja zielt darauf, den Propheten von seinen Namensvettern abzuheben. Der Name ist nämlich recht verbreitet; im Alten Testament werden 27 Träger des Namens erwähnt – mit einem Schwerpunkt in jüngeren Texten, vor allem der Chronik. Er ist zudem inschriftlich und auf hebräischen Siegeln bzw. Siegelabdrücken (Belege bei Renz, 66) und in den Texten aus Elephantine (Porten, 139) belegt.

2. Secharja, König von Israel

2.1. Darstellung der Regierung Secharjas in 2Kön 15

Secharja, der Sohn und Nachfolger → Jerobeams II. (2Kön 14,29), ist der fünfte und letzte König der Jehu-Dynastie, die mit seiner Ermordung durch → Schallum abbricht (2Kön 15,10). Nach 2Kön 15,8 regierte Secharja lediglich 6 Monate; seine Regierungszeit wird in das Jahr 747 v. Chr. datiert (Jepsen, 42; Donner, 510; Frevel, 238, abweichend z.B. Thiele, 71: 753/52 v. Chr., oder Galil, 61: 750/49 v. Chr.). Zu Secharja bietet der kurze Abschnitt in 2Kön 15,8-12 die standardisierten Angaben des Königsrahmens (→ Königsbücher): neben der Angabe zur Regierungsdauer eine synchronistische Datierung des Amtsantritts (2Kön 15,8: 38. Jahr Asarjas), eine auf seine kultischen Aktivitäten fokussierte Beurteilung (2Kön 15,9), die wie bei allen anderen Königen des Nordreichs Israel negativ ausfällt und Secharja in eine Reihe mit → Jerobeam I. stellt, und die übliche Quellennotiz mit einem Verweis auf die „Chronik der Könige von Israel“ (2Kön 15,11). Spezifisch ist die Nachricht vom Putsch Schallums, die in ihrer Formulierung einer Reihe von Putschnotizen bei den Königen Israels (1Kön 15,27f; 1Kön 16,9f; 2Kön 15,14.25.30) vergleichbar ist und keine konkreten Informationen zum Ablauf des Putschs liefert (in LXXL wird er in Jibleam lokalisiert). Der Secharja-Abschnitt schließt in 2Kön 15,12 mit einer deuteronomistischen Erfüllungsnotiz, die eine Brücke zu 2Kön 10,30 schlägt, wo die Dauer der Jehu-Dynastie auf insgesamt fünf Generationen begrenzt wird.

2.2. Chronologische Fragen

Mit den chronologischen Angaben zur Herrschaft Secharjas verbinden sich in zweifacher Hinsicht Fragen bzw. Probleme der synchronistischen Chronologie in den Königebüchern.

2.2.1. Der Neujahrstermin in Juda und Israel

Secharjas sechs Monate währende Regierung beginnt nach 2Kön 15,8 im 38. Jahr des judäischen Königs → Asarja, sein Nachfolger Schallum übernimmt die Macht im 39. Jahr Asarjas. Die Daten implizieren, dass Secharjas Regierungszeit einen Jahreswechsel im Südreich Juda einschloss, der sich auf die Zählung der Regierungsjahre Asarjas auswirkte. In Israel scheint dagegen in die Herrschaft Secharjas kein Jahreswechsel gefallen zu sein, denn dann müsste für Secharjas Regierungszeit entweder die Jahrsumme 1 (bei Nachdatierung, d.h. die ersten Monate der Regierungszeit bis zum Neujahrstermin gelten als Akzessionsjahr und werden nicht in die Jahrsumme eingerechnet) oder die Jahrsumme 2 (Vordatierung, d.h. die Monate bis zum Neujahrstermin werden bereits als volles Jahr in die Jahrsumme eingerechnet) angegeben sein (zu Vor- bzw. Nachdatierung vgl. Thiele, 16-22). Allerdings ist nicht vollständig gesichert, wie bei der Angabe der Regierungsdauer mit unterjährigen Regierungszeiten umgegangen wurde. Die chronologischen Daten für Secharja (und Schallum) können aber unter Umständen einen Hinweis dafür liefern, dass sich der Neujahrstermin in Juda und Israel zeitweise unterschied.

2.2.2. Die Könige Israels in der Regierungszeit Asarjas von Juda

Die Datierung von Secharjas Regierungsantritt in das 38. Jahr Asarjas / Usijas ist nicht kompatibel zu den chronologischen Angaben für seinen Vorgänger Jerobeam II. bzw. den judäischen König Asarja / Usija. 2Kön 15,1 datiert den Regierungsantritt Asarjas in das 27. Jahr Jerobeams II. Für Jerobeam II. ist eine Regierungsdauer von 41 Jahren angegeben (2Kön 14,23), sein Tod kann dann nicht in das 38. Regierungsjahr Asarjas fallen. Die Diskrepanz erklärt sich wahrscheinlich nicht durch die Verarbeitung verschiedener chronographischer Quellen (so z.B. Begrich, 172f; Laato, 34-38), sondern aus der Arbeitsweise des Kompilators der synchronistischen Chronologie im Königsrahmen, der aus dem verfügbaren Datenmaterial kein durchgängiges chronologisches System für die gesamte Königszeit, sondern eine Abfolge von drei in sich stimmigen, aber in ihren Übergängen nicht vollständig kompatiblen Kombinationen erstellte (dazu Weingart, 275f).

3. Weitere Träger des Namens

1) Nach 2Kön 18,2 bzw. 2Chr 29,1 trug der Großvater mütterlicherseits des judäischen Königs → Hiskia den Namen Secharja.

2) Der Prophet → Jesaja ruft in Jes 8,2 einen Secharja, den Sohn des Jeberechja, als Zeuge für seine Prophezeiung auf. Es wird diskutiert, ob der hier genannte Secharja mit dem in 2Kön 18,2 aufgeführten Großvater Hiskias identisch ist (so wieder Beuken, 220). Da er neben dem Priester Uria genannt wird, scheint es sich um eine hochgestellte bzw. den Adressaten des Textes wohl als bekannt vorausgesetzte Persönlichkeit zu handeln. Angesichts der weiten Verbreitung des Namens bleibt der Schluss von gleichen Namen auf identische Personen jedoch sehr spekulativ.

3) Die verschiedenen Namenslisten in den → Büchern Esra und Nehemia verweisen mehrfach auf Träger des Namens Secharja: Esr 8 nennt unter den Sippenhäuptern, die aus dem babylonischen Exil zurückkehrten einen Secharja aus der Sippe Paroschs (Esr 8,3, vgl. auch Esr 8,16) und einen Secharja, den Sohn Bebais (Esr 8,11); Esr 10,26 listet einen Secharja, den Sohn des Elam, im Kontext der Mischehen; Neh 11 nennt unter den Vorfahren der Einwohner Jerusalems die Judäer Secharja, Sohn des Amarja (Neh 11,4), und Secharja, Sohn des Schela (Neh 11,5), sowie den Priester Secharja, Sohn des Paschhur (Neh 11,12); nach Neh 12,35.41 gehören zwei Priester namens Secharja zu den Musikanten, die bei der Einweihung der Mauer musizieren.

4) Die Genealogien der → Chronik erwähnen einen Secharja aus dem Stamm Ruben (1Chr 5,7). 1Chr 27,1 kennt darüber hinaus noch einen Angehörigen des Stammes Manasse mit dem Vatersnamen Secharja.

5) Unter dem in der Chronik aufgeführten Kultpersonal begegnen verschiedene Träger des Namens Secharja: ein Torwächter (1Chr 9,21; 1Chr 26,2), ein Musikant aus dem Stamm Levi, der an der Überführung der → Lade nach Jerusalem zur Zeit Davids beteiligt gewesen sein soll (1Chr 15,18.20.24) und anschließend zum Dienst an der Lade eingeteilt wird (1Chr 16,5), ein Levit beteiligt am Tempeldienst (1Chr 24,25), zwei Torwächter – Secharja, Sohn des Meschelemja (1Chr 26,2.14, vgl. 1Chr 9,21), und Secharja, Sohn des Hosa (1Chr 26,11) –, ein Levit, der an der Reinigung des Tempels zur Zeit Hiskias beteiligt ist (2Chr 29,13), ein weiterer, der die Renovierung des Tempels unter Josia beaufsichtigt (2Chr 34,12), und einer, der zu den Tempelvorstehern gehört (2Chr 35,8). Die zum chronistischen Sondergut gehörenden umfangreichen Listen von Kultpersonal an der Lade bzw. dem ersten Tempel spiegeln Verhältnisse am zweiten Tempel und dienen unter anderem der Legitimation priesterlicher bzw. levitischer Familien (Japhet 2002, 385-387).

Die Chronik kennt weiterhin eine Reihe von Personen mit Namen Secharja, die in Kontexten auftreten, wo es thematisch um die JHWH-Treue oder aber ihren Bruch bzw. die sich daraus ergebenden Folgen geht:

- In 2Chr 17,7 ist ein Secharja unter jenen Oberen, die König Joschafat aussendet, um die Judäer in der Tora JHWHs zu unterweisen.

- In 2Chr 20,14 heißt der Vater des levitischen Propheten Jahasiël, der den Judäern den Sieg im bevorstehenden Kampf gegen die ostjordanischen Nachbarn ansagt, ebenfalls Secharja.

- 2Chr 24,20-22 berichten von Secharja, dem Sohn Jojadas, der König Joasch wegen seines Götzendienstes kritisiert und daraufhin getötet wird.

- 2Chr 26,5 erwähnt einen Secharja, der König Usija in der „Gottesfurcht“ unterwies.

Alle diese Erwähnungen finden sich in Passagen chronistischen Sonderguts. Ob der Chronist hier (teilweise) auf eigene Quellen neben den Königebüchern zurückgriff oder die genannten Passagen selbst geschaffen hat, um die für sein Geschichtsbild grundlegende Vergeltungslehre (dazu Japhet 1989, 150-176) zu illustrieren, ist umstritten (vgl. Rudolph, 273-274, Williamson, 334, dagegen z.B. Japhet 2002, 295.329). Auf Letzteres könnte nicht zuletzt die Häufung von Personen namens Secharja hindeuten, da der Name in seiner Bedeutung geradezu sprechend für die Überzeugung des Chronisten ist, dass JHWH der Treue bzw. Untreue gedenkt und beide mit entsprechenden Konsequenzen ahndet.

Nach 2Chr 21,2 hieß der vierte der sieben Söhne → Joschafats Secharja, er wird wie seine übrigen Brüder vom Erstgeborenen → Joram getötet.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006

2. Weitere Literatur

  • Begrich, Joachim, 1929, Die Chronologie der Könige von Israel und Juda und die Quellen des Rahmens der Königsbücher (BHTh 3), Tübingen.
  • Beuken, Willem A.M., 2003, Jesaja 1-12 (HThKAT), Freiburg / Basel / Wien.
  • Donner, Herbert, 3. Aufl. 2001, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen. Teil 2: Von der Königszeit bis zu Alexander dem Großen (GAT 4,2), Göttingen.
  • Frevel, Christian, 2. Aufl. 2018, Geschichte Israels (KStTh 2), Stuttgart.
  • Galil, Gershon, 1996, The Chronology of the Kings of Israel and Judah (SHCANE 9), Leiden / New York / Köln.
  • Japhet, Sara, 1989, The Ideology of the Book of Chronicles and Its Place in Biblical Thought (BEATAJ 9), Frankfurt a.M.
  • Japhet, Sara, 2002, 1 Chronik (HThKAT), Freiburg / Basel / Wien.
  • Jepsen, Alfred, 1964, Zur Chronologie der Könige von Israel und Juda. Eine Überprüfung, in: A. Jepsen / R. Hanhart (Hgg.), Untersuchungen zur israelitisch-jüdischen Chronologie (BZAW 88), Berlin, 1-50.
  • Laato, Antti, 2015, Guide to Biblical Chronology, Sheffield.
  • Noth, Martin, 1928, Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung (BWANT 46), Stuttgart.
  • Porten, Bezalel, 1968, Archives form Elephantine. The Life of an Ancient Jewish Military Colony, Berkeley.
  • Renz, Johannes, 1995, Die althebräischen Inschriften. Teil 2: Zusammenfassende Erörterungen, Paläographie und Glossar (HAE II/1), Darmstadt.
  • Rudolph, Wilhelm, 1955, Chronikbücher (HAT I/21), Tübingen.
  • Thiele, Edwin R., 2. Aufl. 1965, The Mysterious Numbers of the Hebrew Kings. A Reconstruction of the Chronology of the Kingdoms of Israel und Judah, Exeter.
  • Weingart, Kristin, 2019, 2 Kings 15-18: a Chronological Conundrum?, in: S. Hasegawa / C. Levin / K. Radner (Hgg.), The Last Days of the Kingdom of Israel (BZAW 511), Berlin / Boston, 267-288.
  • Williamson, Hugh G.M., 1982, 1 and 2 Chronicles (NCeB), Grand Rapids / London.

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