Deutsche Bibelgesellschaft

Sefarwajim

Andere Schreibweise: Sepharvaim

(erstellt: August 2022)

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Sefarwajim ist eine Stadt in Babylonien, deren Einwohner nach der assyrischen Eroberung im Gebiet von Samaria angesiedelt wurden.

1. Name

Der Ortsname Sefarwajim wird in der Hebräischen Bibel unterschiedlich geschrieben (סְפַרְוַיִם Sǝfarwajim, 2Kön 17,24; 2Kön 18,34; סְפַרְוָיִם Sǝfarwājim, 2Kön 17,31 Qere [Ketib סְפַרְיָם Sǝfarjām]; 2Kön 19,13; Jes 36,19; Jes 37,13) und ist auch als Nisbe „Sefarwiter“ bezeugt (סְפַרְוִים Sǝfarwîm, 2Kön 17,31). Die Schreibung ספריים Sfrjjm in den → Qumran-Handschriften (1QIsaa 36,19; 1QIsaa 37,13) ist offensichtlich als Schreiberfehler zu verstehen. In der → Septuaginta heißt der Ort Σεπφαρουαιν Seppharouain (2Kön 17,24.31; 2Kön 18,34; 2Kön 19,13) bzw. Σεπφαριμ Seppharim (Jes 36,19; Jes 37,13), in der Vulgata Sepharvaim.

2. Biblische Überlieferung

Nach der assyrischen Eroberung von → Samaria wurde die lokale Bevölkerung nach Ḫalaḫḫu in Zentralassyrien (→ Halach, Irak), Guzāna am Ḫābūr-Fluss (→ Tell Halaf, Nordsyrien) und → Medien (Iran) deportiert (2Kön 17,6). Andererseits ließ der König von Assyrien im Gebiet von Samaria anstelle der Israeliten Leute aus → Babylon, → Kuta, → Awa, Hamat (nicht Hamat am Orontes) und Sefarwajim ansiedeln (2Kön 17,24). Die Umsiedlung von Samaria erstreckte sich über mehrere Jahre (Radner 2019, 108) und erfolgte während der Regierungszeit Sargon II. (→ Assyrien / Assyrer), der 720 v. Chr. Samaria in das assyrische Reich eingliederte (Na’aman 2003, 205). Die Sefarwiter sollen ihre Kinder dem → Adrammelech / Anammelech, den Göttern von Sefarwajim, verbrannt haben (2Kön 17,31).

In seiner Rede vor den Mauern von Jerusalem zitiert der Rabschake den assyrischen König (Sanherib), der die Judäer warnt, sie sollen nicht auf → Hiskia hören und glauben, dass der Herr sie retten wird. Er fügt hinzu, dass die Götter der Völker, die Assyrien unterwarf, sie nicht retten konnten, und stellt die Frage, wo die Götter von Sefarwajim, → Hena und Iwwa (→ Awa / Awiter) waren, als diese Orte in assyrische Hände gefallen sind (2Kön 18,34). Im gleichen Kontext werden in Jes 36,19 nur die Götter von Sefarwajim erwähnt. Sanherib (→ Assyrien / Assyrer) wird nochmals zitiert, als er eine zweite Botschaft an Hiskia schickt. Er wiederholt, dass Widerstand zwecklos ist, und fragt, wo die Könige von → Hamat (am Orontes), → Arpad, der Stadt Sefarwajim, von Hena und Iwwa waren, als Assyrien diese Gebiete eroberte (2Kön 19,13; Jes 37,13).

3. Lage und Identifizierung

Die Lokalisierung von Sefarwajim in Nordsyrien und die Identifizierung mit Sibraim (Albright 1953, 220; Montgomery 1951, 472 u.a.) sind abzulehnen, da sie auf überholten Identifizierungen und falschen Schlussfolgerungen basieren. Man hatte vermutet, dass mit Hamat in 2Kön 17,24 Hamat am Orontes gemeint sei (wahrscheinlich ist hier jedoch von Amattu in Südbabylonien die Rede, vgl. Bagg 2020, 35f; Zadok 1976, 117), und demzufolge Awa ebenfalls in Nordsyrien lokalisiert (Abel 1938, 256; Sachau 1897, 48; gemeint ist vermutlich Amâ am Uqnû-Fluss in Elam oder Ḫauae in Südbabylonien, eine Stadt, die zusammen mit Amattu in Sanheribs Inschriften vorkommt, vgl. Bagg 2020, 33f.270). Daher wurde auch Sefarwajim in der gleichen Region lokalisiert. Wegen der Lautähnlichkeit lag es nahe, dass Sefarwajim mit Sibraim, in der Tat eine Ortschaft im Grenzgebiet zwischen → Damaskus und Hamat (Ez 47,16), zu identifizieren wäre. Diese Identifizierung schien dadurch untermauert zu sein, dass statt Sibraim in der → Peschitta von Ez 47,16 Sefarwajim (sprwjm) steht, was aber eindeutig einen Schreiberfehler darstellt. Auf die Tatsache, dass eine Deportation der Israeliten in das benachbarte nordsyrische Gebiet nicht plausibel ist, hatte bereits Driver (1958, 18*) hingewiesen. Ein weiteres Argument, dass Adrammelech als Adad-milki, eine nordsyrische Gottheit, die in neuassyrischer Zeit verehrt worden sein soll, zu deuten sei, wurde von S. Kaufman (1978) überzeugend entkräftet.

Sefarwajim lag höchstwahrscheinlich in Babylonien (Miano 2007, 129; Na’aman 2003, 205; Younger 2002, 307). Driver (1958, 18*f) deutete Sefarwajim als Dual und identifizierte es mit der babylonischen Stadt Sippar, die in der Tat aus zwei Städten bestand, die im 1. Jt. v. Chr. Sippar bzw. Sippar-ša-Šamaš (Tell Abū Ḥabba) und Sippar-(ša)-Anunnītu (Tell ed-Dēr) genannt wurden. Obwohl diese Identifizierung oft akzeptiert wird (Radner 2019, 106), gab es in der Forschung auch Gegenstimmen (Cogan / Tadmor 1988, 212; Fritz 1998, 101; Zadok 1976). Die Erwähnung eines Königs der Stadt Sefarwajim (2Kön 19,13; Jes 37,13) etwa widerspricht der Gleichsetzung mit Sippar. Wie Zadok (1976, 115f) überzeugend gezeigt hat, scheint es plausibler, dass Sefarwajim mit Sipir’ani, einer Stadt in der Umgebung von → Nippur, identisch ist, die im Murašû-Archiv (→ Muraschu) aus spätbabylonischer Zeit bezeugt ist (Zadok 1985, 267) und möglicherweise mit Šaparrê aus Sanheribs Inschriften gleichgesetzt werden kann (Bagg 2020, 541f). Da Sipir’ani in einem von Stämmen besiedelten Gebiet lag, könnte der genannte „König von Sefarwajim“ der Stammesführer (nāsiku) eines westsemitischen Stammes gewesen sein.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992

2. Weitere Literatur

  • Abel, F.-M., 1938, Géographie de la Palestine, Tome II, Paris
  • Albright, W.F., 1953, Archaeology and the Religion of Israel, Baltimore
  • Bagg, A.M., 2020, Die Orts- und Gewässernamen der neuassyrischen Texte, Teil 3: Babylonien, Urarṭu und die östlichen Gebiete, RGTC 7/3, Wiesbaden
  • Cogan, M. / Tadmor, H., 1988, II Kings. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 11, New Haven / London
  • Driver, G.R., 1958, Geographical Problems, Eretz Israel 5, 16*‒20*
  • Fritz, V., 1998, Das zweite Buch der Könige, Zürich
  • Kaufman, S.A., 1978, The Enigmatic Adad-Milki, JNES 37, 101-109
  • Montgomery, J.A., 1951, A Critical and Exegetical Commentary on the Book of Kings, ICC, Edinburgh
  • Miano, D., 2007, What happened in the fourteenth year of Hezekiah? A historical analysis of 2 Kings 18-20 in the light of new textual considerations, in: S. Malena / D. Miano (Hgg.), Milk and Honey, Winona Lake, 113‒132
  • Na’aman, N., 2003, Updating the messages: Hezekiah’s second prophetic story (2Kings 19.9b-35) and the community of Babylonian deportees, in: L.L. Grabbe (Hg.), „Like a Bird in a Cage“. The Invasion of Sennacherib in 701 BCE, London / New York, 201–220
  • Radner, K., 2019, The „Lost Tribes of Israel“ in the context of the resettlement programme of the Assyrian empire, in: S. Hasegawa / C. Levin / K. Radner (Hgg.), The Last Days of the Kingdom of Israel, BZAW 511, Berlin / Boston, 101–123.
  • Sachau, E., 1897, Glossen zu den historischen Inschriften assyrischer Könige, ZA 12, 42-61
  • Younger, K.L., 2002, Recent study on Sargon II, king of Assyria: Implications for Biblical studies, in: M.W. Chavalas / K.L. Younger Jr. (Hgg.), Mesopotamia and the Bible, London, 288-329
  • Zadok, R., 1976, Geographical and Onomastic Notes, JANES 8, 113-126
  • Zadok, R., 1985, Geographical Names According to New- and Late Babylonian Texts, RGTC 8, Wiesbaden

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