Deutsche Bibelgesellschaft

Sohn / Tochter (AT)

(erstellt: Mai 2009)

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1. Grundbedeutung

Die Begriffe „Sohn“ (hebräisch בֵּן ben, griechisch hyios) und „Tochter“ (hebräisch בַּת bat, griechisch thygatēr) drücken allgemein eine Generationenverschiedenheit und speziell im familiären Bereich ein Nachkommen- und Verwandtschaftsverhältnis aus. Das hebräische Lexem ben „Sohn“ ist mit annähernd 5000 Belegen eines der häufigsten Worte des Alten Testaments, wohingegen bat „Tochter“ mit knapp 600 Belegen deutlich seltener vorkommt. Die maskulinen Pluralformen (hebräisch בָּנִים bānîm, griechisch hyioi) können sowohl Söhne allein als auch Söhne und Töchter zusammen meinen.

2. Verwandtschaftsverhältnisse

2.1. Sohn / Tochter im engeren Sinn

Im engeren Sinn bezeichnen Sohn und Tochter die leiblichen Nachkommen des Vaters oder der Mutter (Gen 4,17.25f; Gen 5,4; Gen 30,21). Die Beziehung von Sohn oder Tochter zu Vater oder Mutter wird entweder durch Hinzufügung der Namen von Vater und Mutter im Genetiv („Sohn des …“ etc.; Gen 11,29; Gen 24,24; Gen 29,12; Ex 6,25) oder durch das Possessivpronomen (Gen 27,1.8; Gen 34,5) zum Ausdruck gebracht. Dadurch wird der Einzelne im Lebenszusammenhang einer → Familie oder Sippe (→ Verwandtschaft) verortet.

2.1.1. Söhne und Töchter in der Familie

Söhne und Töchter sind der Inbegriff der Lebensfülle (Ps 144,12) und Ausdruck des → Segens Gottes (Ps 127,3; Ps 128,3.6). In ihnen setzt sich das Leben fort (vgl. Gen 15,2-3). Deshalb ist Kinderlosigkeit oder der Verlust der Kinder das schmerzlichste Opfer im Leben eines Menschen.

Kinder zu haben, hat Einfluss auf die soziale Stellung einer Person. So verliert die kinderlose → Sara in den Augen ihrer Magd → Hagar, nachdem diese schwanger geworden ist, an Autorität (Gen 16,4). → Rahel, obwohl Lieblingsfrau → Jakobs, leidet angesichts der zahlreichen Kinder ihrer Schwester → Lea unter ihrer Kinderlosigkeit (vgl. Gen 30,1).

Sowohl Söhne (bezeichnend ist, dass in Gen 22,5 für → Isaak wie für die Knechte in Gen 22,3 das Lexem נַעַר na‘ar verwendet wird) als auch Töchter (nach Ex 21,7 konnten sie als Sklavinnen verkauft werden) standen in der Verfügungsgewalt des Vaters. Zu den Pflichten der Eltern den Kindern gegenüber gehören die leibliche Fürsorge und die Erziehung, sowohl die sittliche (Spr 13,24; Spr 19,18; Spr 29,17) als auch die religiöse (Ex 13,14; Dtn 11,19; Jos 4,6-7.21-22). Die Kinder hingegen sind den Eltern Ehre und Achtung schuldig (Spr 1,8; Spr 6,20; Spr 10,1) und für die Versorgung der Eltern im Alter zuständig (Ex 20,12; Dtn 5,16).

Während die Söhne auch nach der Heirat in der Herkunftsfamilie verbleiben, werden die Töchter nach der Hochzeit in die Familie ihres Mannes eingegliedert. Für die Töchter ist ein Brautpreis zu zahlen (Gen 34,12; Ex 22,15-16; Hos 3,2). Der Vater ist aufgefordert, seine Tochter gut zu verheiraten (Sir 7,25 [Lutherbibel: Sir 7,27]). Hinterließ ein Mann keine Söhne, waren auch die Töchter erbberechtigt (Num 27,1-11; Jos 17,3-4).

2.1.2. Der Erstgeborene

Isaak 3

Eine besondere Stellung kommt dem Erstgeborenen zu (בְּכוֹר bəkhôr; → Erstlinge / Erstlingsfrüchte / Erstgeburt). Jeder Erstgeborene einer Frau ist in besonderer Weise Gott übereignet, weshalb er durch eine Gabe ausgelöst werden muss (Ex 13,2.13.15; Ex 22,28; Ex 34,20; Num 3,13; Num 8,17; Num 18,15). Jeder Erstgeborene eines Mannes hat besondere Rechte. Ihm gilt der väterliche → Segen (Gen 27,4). Außerdem erbt er den doppelten Anteil (Dtn 21,15-17; → Erbrecht). Der Streit zwischen Esau und Jakob geht um das Erstgeburtsrecht (bəkhorāh; Gen 25,31-34; Gen 27,36). In → Genealogien ist der Erstgeborene häufig ausdrücklich als solcher ausgewiesen (Gen 10,15; Gen 22,21; Gen 25,13; Gen 35,23; Num 3,2; 1Chr 1,13; 1Chr 2,13 u.ö.).

2.1.3. Die Verheißung eines Sohnes

Während die Verheißung einer Tochter im Alten Testament nicht bezeugt ist, ist die Verheißung des Sohnes ein weit verbreitetes Motiv. Nicht selten hebt die → Geburtsankündigung des Sohnes dessen Bedeutung hervor: Mit der Geburt Isaaks (Gen 21,2-3) sind die Voraussetzungen gegeben, die Zusage, Abraham zu einem großen Volk zu machen (Gen 12,2), zu erfüllen. Mit der Geburt Simsons (Ri 13,24) und der Verheißung des Immanuels in Jes 7,13-16 ist Rettung aus einer Not verbunden. 1Chr 22,8-10 (→ Salomo) und 1Kön 13,2 (→ Josia) sagen die Geburt wichtiger Könige an. Das Neue Testament zieht diese Linie mit der Ankündigung der Geburt des Täufers Johannes (Lk 1,5-23) und Jesu (Lk 1,26-38) weiter aus.

2.2. Verwandtschaftsgrade

Die Lexeme Sohn und Tochter können darüber hinaus verwendet werden, um weitere Verwandtschaftsgrade zum Ausdruck zu bringen. Brüder werden als Söhne des Vaters oder der Mutter bezeichnet (Gen 43,29; Gen 49,8; Ri 8,19; Ps 69,9; Hhld 1,6), Schwestern als deren Töchter (Lev 18,9.11), Enkel als Söhne der Söhne (Gen 45,10; Ex 34,7; Jer 27,7), wobei auch das einfache „Sohn“ oder „Tochter“ die Bedeutung von Enkel haben kann (Gen 31,28; Gen 32,1; 2Sam 19,25 mit Bezug auf 2Sam 4,4; 2Kön 9,20 mit Bezug auf 2Kön 9,14). → Rebekka wird vom Großknecht Abrahams als „Tochter des Bruders meines Herrn“ bezeichnet (Gen 24,48), ist aber als Tochter Betuels, des Sohnes Nahors die Großnichte Abrahams. Der Neffe ist der Sohn des Bruders (Gen 12,5), die Schwiegertöchter sind die Frauen der Söhne (Gen 6,18), der Cousin der Sohn des Onkels (Jer 32,8).

3. Ausdruck von Zugehörigkeit

Die Lexeme Sohn und Tochter können darüber hinaus weitere Formen von Zugehörigkeit benennen. Durch sie erscheint der Einzelne als Teil einer Kollektivgemeinschaft.

3.1. Zugehörigkeit zu einem Volk, Stamm oder Ort

Die Angehörigen eines Volkes werden häufig als Söhne oder Töchter eines Landes bezeichnet. Entsprechend werden die Volksangehörigen Israels „Söhne Israels“ (בְּנֵי יִשְׂרָאֵל bənê jisrā’el; z.B. Ex 13,18; Ri 2,6 u.ö.) genannt. Sind ausschließlich die Frauen des Volkes gemeint, wird von den „Töchtern Israels“ gesprochen (בְּנוֹת יִשְׂרָאֵל bənôt jisrā’el; vgl. Dtn 23,18; Ri 11,40; 2Sam 1,24). Gleiches gilt für die Angehörigen anderer Völker (z.B. Söhne Edoms: Ps 137,7; Söhne Ammons: Num 21,24; Söhne Babels: Ez 23,15; Söhne Jawans: Sach 9,13; Töchter Kanaans: Gen 28,1; Töchter Moabs: Num 25,1; Töchter Hets: Gen 27,46).

Hinter dieser Ausdrucksweise steht die Vorstellung, dass die Angehörigen eines Volkes Nachkommen eines Stammvaters sind. Die Israeliten leiten sich von → Jakob, auch Israel genannt (Gen 32,29; Gen 35,10), ab, die Edomiter von dessen Bruder → Esau mit dem Beinamen → Edom (Gen 25,30; Gen 36,1.8.9.43), Stammvater der Moabiter ist → Moab (Gen 19,37). Besonders deutlich wird diese Vorstellung zu Beginn der Exoduserzählung. Sind in Ex 1,1-4 mit den Söhnen Israels eindeutig noch die zwölf Söhne Jakobs gemeint, so wird in Ex 1,7 die Fruchtbarkeit der Söhne Israels festgestellt und über sie gesagt, dass sie sich in ganz Ägypten verbreitet haben. Damit ist der Ausdruck „Söhne Israels“ zur Bezeichnung des Volkes geworden.

Der Teilung Israels in zwei Reiche wird Rechnung getragen, wenn zwischen den Söhnen Israels (Nordreich) und den Söhnen Judas (Südreich) unterschieden wird (Jer 50,4.33; Hos 2,2).

Auch die Stammeszugehörigkeit und damit die Abstammung vom jeweiligen Stammvater werden auf diese Weise ausgedrückt. So spricht Jos 4,12 von den Söhnen Rubens und Gads, Jos 19,1 von den Söhnen Simeons, Ri 4,6 von den Söhnen Naftalis und Zebulons, Jer 6,1 von den Söhnen Benjamins, Jos 17,6 von den Töchtern Manasses, und in Ex 2,1 wird die Mutter Moses als Tochter Levis vorgestellt. Die Bezeichnung „Söhne Efraims“ (1Chr 12,31; 2Chr 25,7; 2Chr 28,12; Ps 78,9 u.ö.) dürfte hingegen zumeist nicht die Zugehörigkeit zum Stamm Efraim, sondern zum Nordreich allgemein zum Ausdruck bringen. Die Männer des Volkes Israels werden auch „Söhne der Stämme der Söhne Israels“ (Num 36,3) genannt.

Diese Art, die Zugehörigkeit zu einem Volk oder zu einem bestimmten Gebiet zum Ausdruck zu bringen, wird auch dann verwendet, wenn eine Abstammung von einem Stammvater nicht ersichtlich ist. In Gen 29,1 und Ri 6,3 beispielsweise werden die Söhne des Ostens erwähnt, in 2Kön 19,12 die Söhne Edens.

Volksgenossen können als „Söhne meines / deines / ihres / seines Volkes“ (Gen 23,11; Ri 14,16 / Lev 19,18; Ez 3,11; Ez 33,2; Ez 37,18; Dan 12,1 / Ri 14,17; Lev 20,17 / Num 22,5) bezeichnet werden, wohingegen Ausländer „Söhne der Fremde“ heißen (Gen 17,12; Ex 12,43; 2Sam 22,45.46; Ps 144,7.11; Jes 60,10; Jes 62,8 u.ö.).

Auch die Bewohner eines Ortes oder einer Stadt werden als deren Söhne oder Töchter bezeichnet, so z.B. die Söhne → Betlehems (Esr 2,21), die Söhne → Jerichos (Esr 2,34) oder die Söhne und Töchter → Jerusalems (Jes 54,13; Jes 60,4; Jer 5,7; Jo 4,6 / Hhld 1,5; Hhld 2,7; Hhld 3,5.10; Hhld 5,8.16; Hhld 8,4) bzw. Zions (Klgl 4,2; Jo 2,23; Ps 149,2 / Hhld 3,11; Jes 3,16.17; Jes 4,4). Bei dieser Ausdrucksweise spielt wohl eine Rolle, dass von Städten in bildlicher Weise als Frauen gesprochen wird (z.B. in Ez 23 Jerusalem und Samaria) und ihre Bewohner als deren Kinder angesehen werden. Jes 51,18 spricht ausdrücklich von den Söhnen (bzw. Kindern), die Jerusalem gebar und aufzog.

3.2. Zugehörigkeit zum Menschengeschlecht: Menschensohn

Im Ezechiel-Buch wird der Prophet → Ezechiel insgesamt 39-mal (z.B. Ez 2,1; Ez 3,1; Ez 4,1) als → Menschensohn (בֶּן אָדָם bæn ’ādām) bezeichnet. Damit wird seine Menschlichkeit betont, d.h. er gehört der irdischen und nicht der überirdischen Sphäre an. Er steht so im Gegensatz zu Gott. Gleichzeitig wird Ezechiel als Teil eines Kollektivs, der Menschheit, gekennzeichnet. Ezechiel ist der einzige Prophet, der so angesprochen wird. Die anderen werden zumeist mit Namen angeredet. Auf diese Weise wird Ezechiel „zwar individualisiert, aber als Individuum nicht persönlich identifiziert“ (Schöpflin, 72).

Dieses Kollektiv, die Menschenkinder, ist in einzelne Völker aufgeteilt (Dtn 32,8). Der Begriff „Menschensohn“ hat den Menschen als Einzelnen im Blick (Ps 80,18), spielt auf die Begrenzung des Menschseins an (Hi 25,6) und erinnert an die Vergänglichkeit (Ps 62,10). Ps 8,5 wundert sich, dass Gott angesichts der Größe der Schöpfung an dieses kleine Geschöpf denkt (ähnlich Ps 144,3, dort mit בֶּן אֱנוֹשׁ bæn ’änôš).

Die Bezeichnung „Menschensöhne“ bzw. „Menschenkinder“ steht in betontem Gegensatz zu Gott. So steigt Gott in Gen 11,5 herab, um den Turm zu besehen, den die Menschenkinder gebaut haben. Der Lebensraum Gottes ist somit der Himmel (Ps 11,4; Ps 14,2; Ps 33,13; Ps 53,3), dem Menschen hingegen ist die Erde als Lebensraum (Ps 115,16) unterhalb der Himmel (Pred 2,3) zugewiesen.

Eine theologische Bedeutung, wie sie „Menschensohn“ im Neuen Testament als Hoheitstitel Jesu (Mt 10,23; Mt 20,28; Mk 2,10; Lk 12,40; Joh 1,51 u.ö.) hat, kommt dieser Bezeichnung im Alten Testament nicht zu. Lediglich in Dan 7,13 wird die (dort aramäisch belegte) Bezeichnung „Menschensohn“ in einem Kontext verwendet, der an einen Hoheitstitel denken lässt. Allerdings soll der Vergleich „wie ein Menschensohn“ das Aussehen der auf den Wolken daherkommenden himmlischen Gestalt beschreiben.

Die analoge Bezeichnung „Menschentochter“ ist hingegen im Alten Testament nur in Gen 6,2.4 (und zwar im Plural בְּנוֹת הָאָדָם. bənôt hā’ādām) bezeugt. Der Text spricht davon, dass Göttersöhne mit Menschentöchtern eine Beziehung eingegangen sind.

3.3. Zugehörigkeit zu Gesellschafts- oder Berufsgruppen

בֵּן ben „Sohn“ wird auch verwendet, um die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaftsgruppe auszudrücken. So ist z.B. die Rede von den Söhnen der Verbannung (בְּנֵי הַגּוֹלָה bənê haggôlāh; Esr 4,1; Esr 6,20; Esr 8,35), dem Sohn der Edlen zur Bezeichnung eines Freigeborenen (בֶּן־חוֹרִים bæn chôrîm; Pred 10,17), den Söhnen des Volkes für das einfache Volk (בְּנֵי הָעָם bənê hā‘ām; 2Kön 23,6; Jer 26,23) und den Söhnen der Beisassen, also Menschen ohne Bürgerrechte (בְּנֵי הַתּוֹשָׁבִים bənê hāttôšāvîm; Lev 25,45). Die Mitglieder einer Räuberbande heißen in 2Chr 25,13 Söhne des Eindringens (בְּנֵי הַגְּדוּד bənê haggədûd). Abraham nennt seinen Haussklaven in Gen 15,3 „Sohn meines Hauses“ (vgl. Pred 2,7).

Als Mitglieder von Berufsgruppen finden sich ein Sohn der Salbenmischer (Neh 3,8), die Söhne der Priester (Esr 2,61; Esr 10,18; Neh 12,35; 1Chr 9,30), die Söhne der Sänger (Neh 12,28) und die Söhne der Propheten (1Kön 20,35; 2Kön 2,3; 2Kön 6,1 u.ö.). Die Priester und die Sänger können dabei nach ihren Eponymen als Söhne → Aarons (Lev 1,5.11; Lev 21,1; Num 10,8; 2Chr 35,14 u.ö.), → Levis (Dtn 21,5; Esr 8,15) und → Zadoks (Ez 40,46; Ez 44,15; Ez 48,11) bzw. → Korachs (Ps 42,1; Ps 49,1; Ps 88,1 u.ö.) und → Asafs (2Chr 35,15) benannt sein.

3.4. Zugehörigkeit zu einer Altersstufe

Um das Alter einer Person deutlich zu machen, werden die Lexeme „Sohn“ und „Tochter“ häufig mit einer Zeitangabe verknüpft. Sara ist z.B. eine Tochter der neunzig Jahre (Gen 17,17), Abraham ein Sohn der neunundneunzig Jahre (Gen 17,1), als Gott ihnen die Geburt Isaaks ankündigt und seinen → Bund aufrichtet. Als sichtbares Zeichen dieses Bundes müssen die Söhne der acht Tage beschnitten werden (Gen 17,12). Als Sohn der fünfhundert Jahre zeugt Noach seine Söhne (Gen 5,32), als Sohn der sechshundert erlebt er die Sintflut (Gen 7,6). Mose war ein Sohn der achtzig Jahre und Aaron der dreiundachtzig Jahre, als sie mit dem Pharao verhandelt haben (Ex 7,7). David war ein Sohn der dreißig Jahre, als er König wurde (2Sam 5,4).

3.5. Ausdruck einer ethischen Wertung und des Unheils

Mit Hilfe von „Sohn“ und „Tochter“ werden ethische Wertungen ausgedrückt. Gelobt werden der Sohn des Mutes bzw. der Stärke (1Sam 14,52; 1Sam 18,17; Dtn 3,18, Ri 18,2 u.ö.), der Sohn des Verständnisses (Spr 28,7) und die Tochter des Adels (Hhld 7,2). Getrauert werden soll um die „Kinder deiner Lust“ (Mi 1,16), bedauert werden die Söhne der Armut (Spr 31,5). Getadelt werden die Söhne und Töchter des Nichtsnutzes (Dtn 13,14; 1Kön 21,10 u.ö. / 1Sam 1,16), die Söhne und Töchter des Eindringens (2Chr 25,13 / Mi 4,14), die Söhne der Verkehrtheit (2Sam 3,34; Ps 89,23 u.ö.), die Söhne des Lärms (Jer 48,45), die Söhne der Widerspenstigkeit (Num 17,25), die Söhne des Narren und die Söhne des verdorbenen Namens (Hi 30,8), der Sohn des Mordes (2Kön 6,32). Ob in Jer 31,22 die Tochter der Abkehr oder der Rückkehr gemeint ist, ist umstritten. Zwischen einem Sohn der Klugheit und einem Sohn der Schande wird in Spr 10,5 unterschieden (vgl. auch Spr 28,7).

Auch drohendes Unheil kann auf diese Weise ausgedrückt werden: Ein Sohn des Todes (1Sam 20,31; 1Sam 26,16; 2Sam 12,5; Ps 79,11; Ps 102,21) ist einer, der mit dem Tod bedroht ist, Geiseln sind Söhne der Bürgschaft (2Kön 14,14), ein Sohn der Schläge ist einer, der Schläge verdient (Dtn 25,2). Schläge sind auch das Schicksal des Sohnes der Tenne (Jes 21,10). Von der Unfruchtbarkeit bedroht ist der Sohn der Kinderlosigkeit (Jes 49,20).

3.6. Vertrauliche Nähe

Jemanden mit „Sohn“ oder „Tochter“ anzusprechen, ist nicht immer ein Zeichen einer verwandtschaftlichen Beziehung, sondern kann auch ein Ausdruck einer vertraulichen Nähe sein, besonders zwischen einem Meister und einem Schüler (1Sam 3,6.16; 1Sam 24,17; 1Sam 26,17.21.25; Ps 34,12; Pred 12,12; Spr 2,1; Spr 4,10 u.ö. / Ps 45,11; Rut 2,8; Rut 3,10). Entsprechend kann eine solche Anrede auch Zeichen einer gewissen Unterordnung sein (Jos 7,19; 1Sam 4,16; 2Sam 18,22; 2Kön 16,7).

4. Ausdruck der Beziehung zu Gott

Die Begriffe Sohn und Tochter können nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen verschiedenster Art ausdrücken, sondern auch das Verhältnis zu Gott.

4.1. Die Beziehung zwischen JHWH und Israel

Die Beziehung JHWHs zu seinem Volk wird im Alten Testament in verschiedenen Bildern dargestellt, die sich ergänzen. Eine Weise, diese Beziehung zu illustrieren, ist das Verhältnis eines Vaters oder einer Mutter zu ihren Kindern. Immer wieder bezeichnet JHWH sein Volk als seine Söhne / Kinder (Dtn 14,1; Dtn 32,5; Jes 45,11; Jes 63,8) oder als seine Söhne und Töchter (Dtn 32,19; Jes 43,6). Entsprechend versteht er sich als Israels Vater (Dtn 32,6; Jes 64,7; Jer 3,4; Jer 31,9; Mal 2,10; → Gott als Vater) und Mutter (Num 11,12; Jes 49,15; Jes 66,13). In Jes 1,2 nennt JHWH die Israeliten Söhne / Kinder, die er groß gemacht und aufgezogen hat. In Dtn 32,18 bezeichnet sich JHWH als den Felsen, der Israel geboren / gezeugt hat, und als Gott, der Israel hervorgebracht hat. Da ילד jld Qal sowohl „gebären“ (Gen 3,16; Gen 4,1; Ex 2,2) als auch „zeugen“ (Gen 4,18; Gen 10,8; Spr 17,21; Spr 23,22) bedeuten kann, ist unklar, ob das Bild des Felsen in Dtn 32,18 eine mütterliche oder eine väterliche Konnotation hat. Versteht man die zweite Vershälfte im Sinne eines synonymen Parallelismus als Wiederholung der ersten Vershälfte mit anderen Worten, dann wird in Dtn 32,18 in beiden Fällen der mütterliche Aspekt betont (so Nielsen, 281: „den Felsen, der dich gebar“). Die gängigen Bibelübersetzungen deuten Dtn 32,18 jedoch als synthetischen Parallelismus, der einen Gedanken fortführt oder erweitert, und beziehen das Bild des Felsen auf den väterlichen Aspekt, der in der zweiten Vershälfte um den mütterlichen ergänzt wird. „Indem Israel seinen ‚Fels‘ vergißt, verleugnet es seine Herkunft: den Vater, der es ‚gezeugt‘ hat, und die Mutter, die es unter Geburtswehen (‚kreißend‘) geboren hat“ (Rose, 569).

Seine Enttäuschung über das Volk bringt Gott in den prophetischen Klagen zum Ausdruck. Die Israeliten werden als Söhne / Kinder, die von ihm abgefallen sind (Jes 1,2), bezeichnet, als „missratene Söhne“ (Jes 1,4), als „widerspenstige Söhne“ (Jes 30,1), als „verlogene Söhne“, die nicht auf ihn hören wollen (Jes 30,9), als „abtrünnige Söhne“ (Jer 3,14.22), als „törichte Söhne“ (Jer 4,22; vgl. Hos 13,13) und als Söhne, die nicht treu sind (Dtn 32,20).

Besonders dicht wird diese Beziehung, wenn JHWH Israel im Kollektiv seinen Sohn nennt. Im Rahmen der Exoduserzählung in Ex 4,22-23 bekennt sich JHWH zunächst zu Israel als seinem erstgeborenen Sohn (בְּכוֹר bəkhôr) und fordert anschließend den Pharao auf, seinen Sohn ziehen zu lassen. Andernfalls würde er dessen erstgeborenen Sohn töten. Dieser Aussage kommt in mehrfacher Hinsicht Bedeutung zu: Sie wird am Beginn der Volksgeschichte gemacht, als aus den Patriarchen ein großes Volk geworden ist. Die Aussage ist somit grundsätzlicher Natur. Indem JHWH Israel seinen Sohn nennt, zeigt er die große Nähe zwischen sich und seinem Volk. Dies wird zusätzlich dadurch betont, dass JHWH Israel als seinen Erstgeborenen bezeichnet, was noch einmal in Jer 31,9 begegnet. Israel ist somit nicht irgendein Sohn, sondern der Sohn, dem als Erstgeborener eine besondere Stellung zukommt und der der Erbe ist – in diesem Fall der Erbe, der das Land bekommt, und der Erbe, dem im Erstgeburtsrecht der väterliche Segen und damit die Verheißungen zugesagt sind. Israels → Erwählung wird auf den Punkt gebracht.

Diese besondere Beziehung JHWHs zu Israel (in Jer 31,20 nennt JHWH Israel seinen kostbaren Sohn und sein Lieblingskind) wurzelt in der Befreiung aus Ägypten. In Hos 11,1 erinnert JHWH daran, dass er Israel in jungen Jahren lieb gewonnen und seinen Sohn aus Ägypten gerufen hat.

Die Anhänger eines Gottes als Söhne und Töchter zu bezeichnen, ist nicht auf JHWH beschränkt. In Num 21,29 werden die Moabiter Söhne und Töchter des Gottes → Kemosch genannt. In Mal 2,11 klagt JHWH, dass Juda die Tochter eines fremden Gottes zur Frau genommen hat. In Jer 2,26-27 wirft JHWH den Israeliten vor, sich anderen Göttern zuzuwenden, diese Vater zu nennen und von ihnen zu behaupten, sie hätten sie geboren.

Wenn JHWH Israel seinen Sohn und die Israeliten seine Söhne und Töchter nennt, dann ist damit natürlich keine physische Kindschaft gemeint. Vielmehr wird die Beziehung zwischen JHWH und seinem Volk gekennzeichnet. Wie in der Redeweise vom Schöpfer und vom Geschöpf oder im Bild vom Hirten und von der Herde wird deutlich, dass dies keine Beziehung zwischen zwei Partnern auf gleicher Ebene ist. Vielmehr wird eine gewisse Unterordnung des Volkes unter JHWH sichtbar. Darauf deutet Mal 1,6 hin: Der Sohn bringt dem Vater Ehre entgegen, so wie der Knecht seinem Herrn gehorcht. Gleichzeitig aber drückt dieses Bild auch Nähe und Zusammengehörigkeit aus. Die Kinder sind den Eltern die Achtung schuldig, die Eltern den Kindern aber auch die Fürsorge. Ps 103,13 erinnert an das Erbarmen des Vaters den Kindern gegenüber. Entsprechend betont dieses Bild die Fürsorge JHWHs und die Erwählung Israels.

4.2. Der König als Sohn

An verschiedenen Stellen wird die Beziehung zwischen JHWH und dem König als das Verhältnis zwischen Vater und Sohn dargestellt. Jedoch ist in keiner Weise an eine physische Sohnschaft gedacht, die den König wie in Ägypten zum Gott erheben würde. Vielmehr wird auf diese Weise deutlich, dass ein Teil der Herrschervollmacht JHWHs über sein Volk auf den König übergeht.

4.2.1. 2Sam 7,14-15

In 2Sam 7, einem Text, der in mehreren Schritten gewachsen ist, antwortet JHWH auf die Absicht → Davids, JHWH ein Haus, d.h. einen Tempel, zu bauen, indem er dem König verheißt, diesem ein Haus, d.h. eine Dynastie, zu bauen (2Sam 7,11). Dabei wird mit der Doppeldeutigkeit von בַּיִת bajit gespielt (Haus und Vaterhaus). JHWH sagt David zu, einen seiner Söhne als Nachfolger einzusetzen (2Sam 7,12) und dem Thron Davids ewigen Bestand zu verleihen (2Sam 7,16). Dem künftigen König will JHWH zum Vater werden, und dieser soll ihm zum Sohn werden (2Sam 7,14; vgl. 1Chr 17,13; 1Chr 22,10; 1Chr 28,6). Dies wirkt sich dadurch aus, dass Gott den König erziehen wird, wie ein Vater seinen Sohn erzieht (2Sam 7,14), bedeutet aber gleichzeitig auch die Zusage, ihm nicht die Treue zu entziehen, wie JHWH es mit Saul getan hat (2Sam 7,15).

Die Formulierung „Ich will ihm zum Vater werden, und er soll mir zum Sohn werden“ ist der Bundesformel (→ Bund) nachgebildet, die das Verhältnis JHWHs zu seinem Volk umschreibt: „Ich werde für euch Gott sein, und ihr sollt mir zum Volk werden“ (vgl. z.B. Ex 6,7; Jer 7,23; Jer 31,33; Ez 36,28 u.ö.). Entsprechend ist die Zusage an David, dass seine Dynastie ewigen Bestand haben wird in 2Sam 23,5; Ps 89,4-5.29.35; Ps 132,12 als Bundesschluss verstanden worden.

4.2.2. Ps 89,27-28

Eines der zentralen Themen von Ps 89 ist der Bund JHWHs mit David bzw. sein Schwur an ihn (Ps 89,4-5). Die zentrale Gottesrede in Ps 89,20-38 „unternimmt eine schriftgelehrte Relecture von 2Sam 7 mit Fokus auf dem Leben Davids als Dynastiegründer“ (Hossfeld / Zenger, 2000, 585; Hervorhebung durch Hossfeld). Innerhalb dieser Gottesrede geht Ps 89,27-28 auf das Verhältnis zwischen JHWH und dem König ein. Angeredet ist David (vgl. Ps 89,21), doch die Aussagen gelten für den König allgemein.

Ps 89,27-28 stellt eine zweiseitige Bundeserklärung dar, wie sie der Form nach auch in Dtn 26,17-19 vorliegt. Die Erklärungen Davids (Ps 89,27) und JHWHs (Ps 89,28) werden jeweils durch betonte Pronomina am Versanfang eingeleitet. In Ps 89,27 nennt David JHWH seinen Vater, womit er sich selbst gleichzeitig als dessen Sohn versteht. Das entspricht 2Sam 7,14. Nach Ps 89,28 bezeichnet JHWH David und damit den König als seinen Erstgeborenen. Damit wird der in Ex 4,22-23 auf das Volk bezogene Gedanke auf den König übertragen. Eine Parallele findet sich in der altorientalischen Königsideologie (vgl. S. Parpola, Assyrian Prophecies [State Archives of Assyria 9], 1997, 1.6). Einerseits wird auf diese Weise die besondere Beziehung zwischen JHWH und dem König deutlich, andererseits wird, wie der im Stil eines Parallelismus Membrorum angeschlossene Halbvers zeigt, David zum Höchsten aller Erdenkönige erhoben. Diese Aussage lässt auch die anderen Könige als Söhne JHWHs erscheinen, wenn auch nicht in der Sonderstellung eines Erstgeborenen. Erneut wird in der Heraushebung Davids aus der Reihe der anderen Könige ein Gedanke vom Volk auf den König übertragen, denn diese Sonderstellung kommt Israel nach Dtn 26,19 und Dtn 28,1 gegenüber den anderen Völkern zu.

4.2.3. Ps 2,7

Zusammen mit Ps 89 legt Ps 2 einen Rahmen um die beiden Blöcke Ps 3-41 und Ps 42-88 und bildet deren hermeneutischen Horizont (vgl. Hossfeld / Zenger, 1993, 15). Schon daher wird klar, dass Ps 2 als programmatischer Text verfasst worden ist (vgl. ebd., 51). Der Psalm besteht aus vier Abschnitten, wobei der letzte Abschnitt (Ps 2,10-12) wohl eine spätere Ergänzung ist, um Ps 2 mit dem jüngeren Ps 1 zu verknüpfen. Ps 2,1-3 schildert die Revolte der Völker und ihrer Könige gegen JHWH und seinen König, Ps 2,4-6 berichtet von der Reaktion JHWHs. Er verweist darauf, dass er selbst seinen König auf dem Zion eingesetzt hat (Ps 2,6). Im dritten Abschnitt Ps 2,7-9 kommt der König zu Wort, der auf diese Einsetzung eingeht.

Die Einführung des Abschnitts mit dem Verweis auf einen Beschluss bzw. eine Festsetzung JHWHs spielt auf das Königsprotokoll an, eine Art Amtsurkunde, die bei der Inthronisation verlesen wurde. Inhaltlich werden in Ps 2,7-9 drei Zusagen genannt: die Gottessohnschaft (Ps 2,7), die Übereignung der Erde als Herrschaftsgebiet (Ps 2,8), die Inbesitznahme des Reiches durch Unterwerfung der Völker (Ps 2,9).

In der ersten Zusage zitiert der König in Ps 2,7 JHWH: „Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt.“ Diese Aussage, die gelegentlich als Adoptionsformel bezeichnet wird, drückt keine göttliche Geburt des Königs aus. Dagegen sprechen die Situation der Amtseinsetzung sowie die Zeitangabe „heute“. Vielmehr wird der Akt der Inthronisation „als mythisch-mystische Neuzeugung bzw. Wiedergeburt verstanden, die den (messianischen) König befähigt, wie Gott selbst, aber auch in Abhängigkeit von ihm Lebens- und Heilsmittler für sein Reich zu sein“ (Hossfeld / Zenger, 1993, 54). Es handelt sich dabei also um ein „Erwählungsgeschehen“ (Kraus, 2003a, 153), in dem der König in Form einer Adoption durch die Willenserklärung JHWHs für seine Aufgabe, Repräsentant der göttlichen Herrschaft zu sein, eingesetzt wird.

4.2.4. Ps 110,3

Diskutiert wird, ob eine ähnliche Aussage auch in Ps 110,3 vorliegt. Kraus sieht „eine Parallele zur Adoptionserklärung“ (Kraus, 2003b, 934) vorliegen. Doch ist der Vers textkritisch problematisch (vgl. Hossfeld / Zenger, 2008, 199-200).

4.3. Himmlische Wesen

Hin und wieder ist im Alten Testament von → „Göttersöhnen“ die Rede: Söhne der Götter bənê ’elîm (Ps 29,1; Ps 89,7); Söhne des Höchsten bənê ‘æljôn (Ps 82,6; zu Eljon → Gottesbezeichnungen); Söhne der Götter / des Gottes bənê ’älohîm / hā’älohîm (Gen 6,2.4; Hi 1,6; Hi 2,1; Hi 38,7). Bezeichnend ist, dass dabei das Lexem „Sohn“ nie mit dem Gottesnamen JHWH verbunden ist. Folglich ist בֵּן ben in diesen Wortverbindungen nicht im Sinne einer physischen Sohnschaft zu verstehen, sondern zeigt die Zugehörigkeit zur göttlichen bzw. himmlischen Sphäre an. In älteren Texten, als noch die Vorstellung eines universalen Pantheons unter Führung eines obersten Gottes lebendig war, werden damit Götter bezeichnet (vgl. Ps 29,1; Ps 82,6; Ps 89,7). In jüngeren Texten, in denen sich das Pantheon in den Hofstaat JHWHs gewandelt hat, ist eher an → Engel gedacht (vgl. Hi 1,6; Hi 2,1; Hi 38,7 sowie die aramäische Bezeichnung in Dan 3,25).

4.4. Die einzelne Person

Dass sich die einzelne Person als Sohn oder Tochter Gottes verstehen konnte, wird nirgendwo ausgedrückt. Dennoch ist dieser Gedanke nicht völlig abwegig, wie an einigen Personennamen sichtbar wird. So bedeutet z.B. der Name → Abija (1Sam 8,2; 1Kön 14,1; Neh 10,8 u.ö.) „mein Vater ist JHWH“. Theophore Namen mit בֵּן ben sind in Israel jedoch nicht belegt.

5. Die Stadt als Tochter

Im westsemitischen Raum war es üblich, der Stadt, die sprachlich als weiblich gedacht ist, weibliche Titel und Epitheta zuzuweisen. Dieses Phänomen begegnet auch im Alten Testament. Immer wieder werden Städte als Tochter angesprochen. Dies gilt vor allem für Jerusalem und Zion (→ Tochter Zion). 26-mal wird, vor allem in prophetischen Texten, von der „Tochter Zion“ gesprochen, siebenmal von der „Tochter Jerusalem“, wobei „Tochter Jerusalem“ in den meisten Fällen (2Kön 19,21; Jes 37,22; Mi 4,8; Zef 3,14 und Sach 9,9) synonym zu „Tochter Zion“ steht. Diese Anreden finden sich sowohl in Klage- und Anklagetexten als auch in Heilszusagen. Dies ist ein Ausdruck der Vertraulichkeit und der Nähe des Sprechers.

Das Alte Testament kann auch nicht-israelitische Städte „Tochter“ rufen. In Ps 45,13 wird die „Tochter → Tyrus“ angeredet, in Ps 137,8 und in Jes 47,1 die „Tochter → Babel“ (die zudem in Jes 47,1 als Tochter der Chaldäer bezeichnet wird), in Jes 23,10 die „Tochter → Tarsis“, in Jes 23,12 die „Tochter → Sidon“, in Jer 48,18 die „Tochter → Dibon“.

Auch Länder werden auf diese Weise angesprochen. Klgl 1,15; Klgl 2,2.5 nennt die „Tochter → Juda“, Klgl 4,21.22 die „Tochter → Edom“, Jer 46,11.19.24 die „Tochter → Ägypten“.

6. Weitere Verwendungsweisen

6.1. Tiere und Pflanzen

Die Bibel verwendet die Lexeme „Sohn“ und „Tochter“ nicht nur, um die Abstammung oder Zugehörigkeit von Menschen zum Ausdruck zu bringen, sondern auch von Tieren. Es macht die Zugehörigkeit zu einigen Tierarten deutlich (Ps 114,4; Ps 147,9; Spr 30,17). Dort deuten die Parallelismen darauf hin, dass nicht an Jungtiere gedacht ist, sondern an die Zugehörigkeit zu diesen Tierarten. Die in Baschan gezüchteten Widder werden Söhne des Baschan genannt (Dtn 32,14). Ein einjähriges Lamm wird als „Sohn des Jahres“ (Ex 12,5) bzw. „Sohn seines Jahres“ (Lev 12,6; Lev 23,12; Num 6,12.14; Num 7,12ff; Ez 46,13) oder als „Tochter des Jahres“ (Lev 14,10; Num 6,14; Num 15,27) bezeichnet. In Hi 28,8; Hi 41,26 sind mit den „Söhnen des Stolzes“ Tiere gemeint.

Der Rizinusstrauch in Jona 4,10 ist der Sohn einer Nacht.

6.2. Bildhafte Ausdrücke

Gelegentlich wird in der bildhaften Sprache das Lexem „Sohn“ aufgegriffen. In Jes 5,1 wird der Weinberg als „Sohn des Öls“ gepriesen, um seine Fruchtbarkeit auszudrücken. Der König von Babel wird in Jes 14,12 mit Blick auf den Morgenstern „Sohn der Morgenröte“ genannt. Flammenfunken heißen in Hi 5,7 „Söhne der Glut“. Pfeile werden in Hi 41,20 als „Söhne des Bogens“ und in Klgl 3,13 als „Söhne des Köchers“ bezeichnet. Sach 4,14 nennt zwei „Söhne des Öls“, die lange Zeit mit dem Davididen → Serubbabel und dem Hohepriester → Jeschua (→ Josua 1.2.) identifiziert wurden, die im Vorfeld genannt sind. Gegenwärtig ist dies jedoch wieder umstritten. Alternativ wird angenommen, der Text wolle die Zweizahl betonen und deutlich machen, dass die Leitung des Volkes nicht mehr allein durch den König (Mon-archie), sondern durch den König und den Hohepriester gemeinsam ausgeübt wird (Dy-archie).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 6. Aufl., München / Zürich 2004
  • Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 2006

2. Weitere Literatur

  • Böckler, A., 2002, Gott als Vater im Alten Testament. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zur Entstehung und Entwicklung eines Gottesbildes, 2. Auflage, Gütersloh (bes. 252ff)
  • Hossfeld, F.-L., 1983, Untersuchungen zur Komposition und Theologie des Ezechielbuches (fzb 20), 2. Auflage, Würzburg
  • Hossfeld, F.L. / Zenger, E., 1993, Die Psalmen, Bd.1 Psalm 1-50 (NEB 29), Würzburg
  • Hossfeld, F.L. / Zenger, E., 2000, Psalmen 51-100 (HThKAT), Freiburg / Br.
  • Hossfeld, F.L. / Zenger, E., 2008, Psalmen 101-150 (HThKAT), Freiburg / Br.
  • Kraus, H.-J., 2003a, Psalmen 1-59 (BKAT 15/1), 7. Auflage, Neukirchen-Vluyn
  • Kraus, H.-J., 2003b, Psalmen 60-150 (BKAT 15/2), 7. Auflage, Neukirchen-Vluyn
  • Nielsen, E., 1995, Deuteronomium (HAT 6), Tübingen
  • Rose, M., 1994, 5. Mose Teilband 2: 5. Mose 1-11 und 26-34. Rahmenstück zum Gesetzeskorpus (ZBK.AT 5,2), Zürich
  • Schöpflin, K., 2002, Theologie als Biographie im Ezechielbuch: ein Beitrag zur Konzeption alttestamentlicher Prophetie (FAT 36), Tübingen
  • Stolz, F., 1981, Das erste und zweite Buch Samuel (ZBK.AT 9), Zürich

Abbildungsverzeichnis

  • Jakob segnet seine Söhne (Lübecker Bibel von 1494).
  • Isaak segnet Jakob (Govert Flinck; 1639).
  • Ein Engel verheißt Abraham und Sara einen Sohn (Jan Provost; um 1465-1529).
  • Rebekka und Abrahams Knecht am Brunnen (Wiener Genesishandschrift; 6. Jh.).

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