Sprüche Salomos
(erstellt: Mai 2006)
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1. Titel des Buches
Der Titel des alttestamentlichen Buches wird im Hebräischen nach den Anfangsworten Spr 1,1
Das hebräische Wort māšāl (Pl. constr.: mišlê) hat in seinem biblischen Gebrauch eine weite Bedeutung. Die Wiedergabe als „Sprüche“ wird dem besser gerecht als die spezifischere Rede von „Sprichwörtern“. Maschal wird über eine mögliche Bedeutung der Verbalwurzel mšl I mit „gleichen, gleich sein“ in Verbindung gebracht und bezeichnet eine ganze Bandbreite von Formen, beginnend bei kurzen Sprüchen (1Sam 10,12
Spr 1,1
2. Aufbau des Buches
2.1. Das Überschriftensystem
Sieben Überschriften gliedern das Buch im hebräischen Text. Eine dieser Überschriften ist in den Text der Zeile eingebettet (Spr 22,17
So präsentiert sich das Buch als eine Sammlung von Sammlungen.
„Massa“ in Spr 30,1
Das alternative Verständnis des Wortes „Massa“ im Sinne einer Gattungsbezeichnung (wie in Jes 13,1
Die Siebenzahl der Überschriften könnte in Entsprechung zu der ungewöhnlichen Zahl der sieben Säulen des von der Weisheit selbst erbauten Hauses in Spr 9,1
2.2. Das Proömium: Spr 1,1-7
Im Text des vorliegenden Buches wirkt Spr 1,1-7
2.3. Annahme weiterer Unterteile des Buches
Die Annahme weiterer Unterteile über die durch die Überschriften angezeigten hinaus legt sich aus verschiedenen Gründen nahe.
Spr 1-9. Von den drei Salomo zugeschriebenen Teilen hebt sich der erste hervor. Während Spr 10,1-22,16
Spr 10-29. Innerhalb der beiden großen, Salomo zugeschriebenen Einzelspruchsammlungen lassen sich gleichfalls Abschnitte und Teile unterscheiden, doch sind die formalen Unterschiede dabei geringer. Hier hat eine Unterteilung der ersten Sammlung in Spr 10-15 (evtl. Spr 15,32
Spr 30-31. Innerhalb von Spr 31 lässt sich in v10-31 ein Gedicht erkennen, dessen Zeilenanfänge dem Alphabet folgen (alphabetisches → Akrostichon
Die Gliederung des Buches und die Zählung der Teile fällt in der Literatur recht verschieden aus. Unumstritten sind die drei größten Teile, Spr 1-9; Spr 10,1-22,16
So rechnet z.B. O. Plöger mit drei großen Sammlungen (Spr 1-9; Spr 10,1-22,16
Das Buch weist in der hebräischen Fassung Indizien einer Rahmenbildung auf, bei der insbesondere Entsprechungen zwischen den (zahlreichen) Frauengestalten in Spr 1-9 und Spr 31 ins Auge fallen. So greifen z.B. Aussagen über die „fähige Frau“ in Spr 31,10-31
Die Zusammenstellung der Einzelsprüche in den großen Sammlungen Spr 10,1-22,16
Schon Franz Delitzsch (1876) hielt die Anordnung auch der übrigen Abschnitte jedoch nicht für völlig beliebig, er postulierte eine gliedernde Funktion von Sprüchen zum Thema Erziehung (so nun auch wieder B.K. Waltke, allerdings mit anderer Spruchauswahl). In den letzten Jahrzehnten haben sich Untersuchungen zu übergreifenden Prinzipien der Spruchanordnung gehäuft (R. van Leeuwen, A. Meinhold, R. Scoralick, A. Scherer, K.M. Heim u.a.). Mit unterschiedlicher Akzentsetzung werden Verbindungen zwischen Sprüchen auf lautlicher, syntaktischer und semantischer Ebene untersucht und Phänomene der Wiederholung, Entsprechung und Entgegensetzung analysiert, teilweise verbunden mit redaktionskritischen Erwägungen. Die Ergebnisse unterscheiden sich einerseits von Sammlung zu Sammlung und divergieren andererseits auch bei gleichem Untersuchungsobjekt recht stark. Die Forschung ist auf diesem Feld noch im Fluss.
3. Vielfalt der Formen
Das Buch der Sprüche zeichnet sich unter den biblischen Weisheitsbüchern wie auch im Horizont des Alten Orients durch seine Formenvielfalt aus (→ Weisheitliche Gattungen
4. Textüberlieferung
Die knappen, komprimierten Formulierungen des hebräischen Textes haben schon früh Probleme hervorgerufen – für die antiken Übersetzer wie auch für die Textüberlieferung (s.o. die Auffassung der Masoreten zu „Massa“ in Spr 30,1
Die Septuagintafassung des Sprüchebuches dürfte aus dem Alexandrien des 2. Jh. v. Chr. stammen. Sie weicht in Umfang und Anordnung vom hebräischen Text ab. Trotz einiger Auslassungen gegenüber dem MT enthält sie 130 Stichen mehr Text (s. im Einzelnen die Angaben bei D.-M. d’Hamonville). Die Textumordnung beginnt von Spr 24,22
Freie und paraphrasierende Übersetzungen, Zufügungen von selbständigen Textteilen (das Lob der Biene in Spr 6,8
5. Entstehung
Die Entstehungsgeschichte des Buches bzw. seiner Teile umfasst nach gängiger Auffassung einen langen Zeitraum. Sie dürfte von der Königszeit (s. Spr 25,1
Die Datierung von Weisheitssprüchen ist schwierig bis unmöglich. Früher herangezogene formgeschichtliche Argumente (Entstehung von Lehrreden aus den kürzeren Mahnworten) sind aufgrund altorientalischen, besonders ägyptischen Vergleichsmaterials nicht mehr haltbar.
In der gegenwärtigen Forschung gehen die Meinungen über die Datierung der einzelnen Sammlungen und Teile verschiedentlich weit auseinander.
Spr 1-9. Relative Einigkeit herrscht noch bei Spr 1-9, das zumindest in seinem Kernbestand meist in die Perserzeit datiert wird (Ch. Maier). Eine Reihe von Autoren versucht den Befund zu differenzieren (R. Schäfer; A. Müller, M.V. Fox). R. Schäfer rechnet mit einem vorexilisch entstandenen, im Exil zusammengestellten Grundbestand, der in der späten Perserzeit theologisch reinterpretiert wurde. A. Müller situiert die für ihn ältesten Bestandteile von Spr 1-9 (Spr 4,10-27
Spr 10-29. Die beiden großen Einzelspruchsammlungen werden meist in vorexilischer Zeit angesetzt, die Indizien (ausser Spr 25,1
Spr 30-31. Die in Spr 30 und Spr 31 erkennbaren Teile gelten dann meist als jünger – doch werden auch hierfür immer wieder Zweifel angemeldet, da Entstehungszeit und Aufnahme in das Buch (als „Anhang“) nicht zusammenfallen müssen.
Über Horizont und Zweck der Endredaktion des Buches liegen erstaunlich wenige Überlegungen vor, die über den Gedanken einer Sammlung divergierenden Materials hinausgehen. Claudia Camp sieht ein entscheidendes Ziel der Endredaktion des Buches einerseits in der Fokussierung der divergenten Texte in der literarischen Figur der Weisheit und andererseits in der Präsentation der Gestalt der Weisheit als eines Symbols zur Verbindung von alltäglicher Erfahrung und religiöser Symbolwelt. E. Gerstenberger sieht in seinem Lexikonartikel (in: Theologische Realenzyklopädie 27, 585) die religiöse Erziehung in der frühjüdischen Gemeinde des 2. Jh. v. Chr. als Zweckhorizont der Endredaktion an. Die Ansätze lassen sich in Zukunft sicherlich noch vertiefen.
6. Geschichtlicher Hintergrund
Die Herkunft der im Sprüchebuch überlieferten Weisheit dürfte einerseits sehr wohl in so etwas wie Volksweisheit, die sich in Sprichwörtern ausdrückt, zu suchen sein. Vielleicht ist zumindest auch – wenn auch nicht ausschließlich – mit einem familiären Sitz im Leben für Lehrreden zu rechnen (E. Gerstenberger). Lehrreden verweisen jedoch auch darüber hinaus auf weitere Unterrichts- und Ausbildungssituationen.
Die Auswahl, Zusammenstellung wie auch vermutlich Ergänzung und Überarbeitung der Volksweisheit war das Werk von Gelehrten entweder bei Hofe oder im Umfeld von Schulen. In diesen Kreisen ist zudem auch ein zweiter Ursprungsort für Weisheitstexte anzunehmen. Der Streit über die Anteile von Volksweisheit gegenüber ursprünglicher ‚Gelehrtenweisheit’ ist nicht entschieden und vielleicht nicht entscheidbar. Für einen hohen Anteil von Sprichwortweisheit plädieren z.B. C. Westermann und F. Golka; mit tiefgreifender Umgestaltung und weitgehender Neugestaltung durch Hofbeamte rechnen Autoren wie A. Meinhold.
Die Lage dürfte sich je nach Text unterschiedlich gestalten. Es gehört zur Eigenart der kurzen Einzelsprüche, dass sie problemlos auf ganz verschiedene Situationen beziehbar sind – ihre ursprüngliche Herkunftssituation ist dann nicht mehr mit Sicherheit erkennbar.
Immerhin lässt sich doch auf Ergebnisse sorgfältiger Kompositionsanalysen verweisen. So hat R. van Leeuwen im Gefolge von G. Bryce in exakter Analyse Spr 25,2-27
7. Theologie
Das Buch der Sprüche soll Wegweisung und Orientierung im Lebensalltag des einzelnen Menschen mit seinen näheren Beziehungen bieten. Ziel ist dabei nicht ein möglichst umfangreiches Sachwissen, sondern das Einüben in eine an Gerechtigkeit und Weisheit orientierte Lebenshaltung, die in den Bildern von der Liebe zur Weisheit und der Teilnahme an ihrem Festmahl dargestellt wird.
Der zu großen Teilen „internationale“ Charakter dieser Weisheit ist im Buch einerseits deutlich durch die Zuschreibung einiger Teile an nicht-israelitische Verfasser (Spr 30,1
Zugleich spricht das Buch jedoch dezidiert von Gott mit dem Eigennamen des Gottes Israels, JHWH, und postuliert an zentralen Buchstellen (Spr 1,7
Die früher recht gängige Hypothese, dass die (auch im Sprüchebuch vorliegende) ältere, vorexilische Weisheit ursprünglich rein „profan“ gewesen sei und erst spätere Redaktionen und Hinzufügungen eine JHWH-sierung bewirkten (W. McKane, R. Whybray), wird in dieser einfachen Gegenüberstellung heute kaum noch vertreten. Nicht alle JHWH-Sprüche sind spätere Hinzufügungen. Ein im Lauf der Entstehungsgeschichte anwachsendes Interesse an der Explikation der theologischen Einbindung der Weisheit wird hingegen häufig angenommen. Die programmatische Voranstellung von Spr 1-9 gilt oft – zumindest auch – als theologische Prägung des Nachfolgenden. Theologisierende Redaktionsschichten werden verschiedentlich in den Einzelspruchsammlungen erhoben, ein Konsens in diesen Fragen ist aber nicht in Sicht.
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992.
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2. Kommentare
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