Standarte
(erstellt: Dezember 2020)
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Bei einer Standarte handelt es sich um eine Stange, an deren oberem Ende ein Zeichen befestigt ist. Sie kann fest installiert sein, aber auch dazu bestimmt sein, leicht – meist von nur einem Menschen – getragen und aufgestellt zu werden. Auf jeden Fall soll sie gut sichtbar sein. In der Antike bildeten Standarten identitätsstiftende Kennzeichen von Menschengruppen, z.B. Städten und Verwaltungseinheiten (→ Verwaltung
1. Herstellung
Die ersten Standarten waren aus einer Art Holzgeflecht hergestellt, während die späteren aus → Holz
2. Ägypten
Im pharaonischen Ägypten sind Standarten seit der Zeit der Prädynastik überliefert. Ober- und Unterägypten sind seit der sog. Dynastie 0 vereint. Die frühen Bildzeugnisse (s.u. Keulenkopf des Skorpion, Narmerpalette) dieser prädynastischen Zeit scheinen schon auf ein in Ansätzen kanonisiertes Darstellungssystem von Gottheiten zurückzugreifen. Im Gegensatz zum mesopotamischen Raum hat sich dieses bis zum Ende des pharaonischen Ägypten kaum verändert, wurde allenfalls um weitere Varianten ergänzt.
2.1. Kult
Reliefdarstellungen zeigen Priester, die entweder eine Standarte, eine Stele oder eine Götterfigur halten. Die Holzstatue des Priesters Penbuy (TT 10, Museo Egizio, Turin, Kat. 3048) aus einem Grab in Theben zeigt diesen sogar mit zwei Standarten, je eine in der Hand tragend, und von weiteren Götterfiguren umgeben.
In Ägypten sind Standarten eng mit dem Gottkönigtum des Pharaos verbunden, sodass eine Trennung zwischen Göttern und König kaum möglich ist. Die aus dem Frühdynastikum Ägyptens stammende Narmerpalette (ca. 3000 v. Chr.) zeigt den Pharao Narmer, der Ober- und Unterägypten vereinte. Neben der klassischen Motivik des Erschlagens der Feinde ist auf der Vorderseite auch das sog. Horusgeleit (šms.w Ḥr.w) dargestellt. Es handelt sich dabei um eine Prozession, in welcher der König als lebender Gott Horus zusammen mit anderen als Standarten dargestellten Göttern abgebildet wird. Dabei kann es sich entweder um die sog. Viererstandarte oder die sog. offene Standarte handeln. Auf der Narmerpalette ist der Pharao mit der roten Krone von Unterägypten dargestellt, hinter ihm ist ein Beamter, der sog. Sandalenträger. Es handelt sich dabei um einen hohen Würdenträger, der die göttlichen Sandalen des Pharaos tragen durfte, die wie alle Gegenstände des Königs nur von wenigen Auserwählten berührt werden durften. Vor dem Pharao ist ein sog. Pantherfellträger mit dem Titel Tjet zu sehen. Diese Bezeichnung war vermutlich für den designierten Thronfolger bestimmt. Diesem voraus schreitend sind vier Standartenträger dargestellt, die sog. Viererstandarte. Jede einzelne Standarte symbolisiert eine göttliche Eigenschaft des Königs. Charakteristisch für die ägyptische Kultur stehen diese antithetisch ergänzend zueinander. Der Falke symbolisiert den König und dessen Eigenschaften als Himmelsgott, der erobert und den Tag repräsentiert. Die gegenteilige Nacht mit den Eigenschaften von Weisheit, Zauber und Jenseits wird durch den ibisgestaltigen Gott Thot dargestellt. Diesem folgt in Gestalt eines Schakals der Gott Upuaut, der als Kriegs- und Totengott die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits begleitet. Das sog. Chons-Symbol ziert die vierte Standarte. Der Mondgott Chons ist der Sohn des Sonnengottes Amun und der Himmelsgöttin Mut und vereint dadurch als Durchwanderer des Himmels und der Welten den Zyklus von Tag und Nacht und den des Sterbens und der Wiedergeburt. Die Viererstandarte repräsentiert daher den für die altägyptische Geisteswelt charakteristischen Gedanken des Dualismus und stellt damit den Pharao als Gottkönig und Bewahrer der göttlichen Ordnung, der → Maat
Die offene Standarte zeigt Standarten, welche den Pharao ergänzend zu seiner Funktion als lebenden Gott Horus in seinen Aufgaben als „Bezwinger der Feinde“, als „Eroberer“ und als „Herr der Welt“ zeigen. Die abgebildeten Standarten konnten variieren und wurden in unterschiedlichen Zeremonien verwendet. Zu den offenen Standarten gehörten daher ebenso die Götter → Seth
Üblicherweise zog der Pharao zur königlichen Rechtsprechung und Verteilung von Geschenken für besondere Leistungen durch sein Reich. In diesem Zusammenhang konnten ihn zusammen mit den Standarten auch die Heeresabteilungen begleiten, die dann ebenso als Horusgeleit galten. Im Zuge dieser Prozession wurden auch die jährlichen Steuerabgaben festgesetzt. Starb der König, wurde dessen Leiche in einer Totenprozession vom Horusgeleit zu seiner Grabstätte gebracht.
2.2. Kriegswesen
Standarten wurden als mächtige, die Gottheit repräsentierende Symbole im Militärwesen verwendet und auf Kriegszügen mitgenommen. In Ägypten repräsentierten die Feldzeichen vermutlich überwiegend zunächst nur verschiedene Götter und deren Eigenschaften, die sich auf die spezifischen militärischen Einheiten übertragen sollten. Die Herrschaft der Hyksos in der Zweiten Zwischenzeit (etwa 13.-17. Dynastie; ca. 1648-1550 v. Chr.) brachte womöglich nicht nur die Kenntnis von Streitwagen, sondern auch den Einsatz von Standarten als taktisches Mittel zur Gliederung von militärischen Einheiten und der Übermittlung von Befehlen. Der Befehlshaber wusste dank der individuellen Feldzeichen der verschiedenen Einheiten über deren Position auf dem Schlachtfeld Bescheid und konnte in das Kampfgeschehen eingreifen. Der Titel des t3y sryt „Standartenträger“ bezeichnete demnach den Befehlshaber einer Einheit von etwa 200 Mann, der wiederum dem ḥry-pḏt „Befehlshaber der Truppen“ untergeben war. Die frühesten Abbildungen in Zusammenhang mit diesem Titel finden sich in der Prozessionsdarstellung im Tempel der Hatschepsut (ca. 1479-1458 v. Chr.) in Dēr el-Baḥri. Militärstandarten des pharaonischen Ägypten waren zumeist eine aus Holz gefertigte rechteckige Platte mit dem entsprechenden Symbol. Jede Kompanie (50 Soldaten) hatte eigene Feldzeichen, die entweder die Gottheit oder auch die Funktion oder Bewaffnung der Einheit darstellen konnten. So zeichneten sich die Standarten der Einheit des Gottes Amun unter → Ramses II.
2.3. Standarten als Symbol von Verwaltungseinheiten
Ägyptische Standarten, die Städte, Gaue oder andere Verwaltungseinheiten repräsentieren, zeigen zumeist das jeweilige Symbol zusammen mit einer ergänzenden Inschrift. Zuweilen kann es sich auch um das Zeichen einer Gottheit handeln, welche die Verwaltungseinheit repräsentiert.
Die sog. Stierpalette (ca. 3500-3100 v. Chr.) aus Ägypten zeigt mehrere Standarten, die einzeln nacheinander von einem Seil umschlungen sind und dadurch wie festgebunden wirken. Sie werden als unterworfene Verwaltungseinheiten interpretiert. Auch die Standarten auf dem Keulenkopf von König Skorpion II. (Dynastie 0, um 3100 v. Chr.) werden ähnlich gedeutet.
3. Mesopotamien
Wie in Ägypten bilden in Mesopotamien Standarten, die Götter darstellen oder mit diesen assoziiert werden, die Mehrheit. Ebenfalls wie in Ägypten können Standarten Städte oder andere Verwaltungseinheiten repräsentieren, wie beispielsweise auf der sog. Geierstele (s.u.).
3.1. Kult
3.1.1. Aufstellung und Funktion von Standarten
Götterstandarten waren zumeist im Eingangsbereich von Tempeln oder an wichtigen Toren im Bereich von Heiligtümern aufgestellt. Seit der Akkadzeit werden sie dort oft von Statuen gehalten, wie beispielsweise von Stiermenschen (kusarikku) oder von dem sog. nackten Helden (laḫmu), die vermutlich eine apotropäische Funktion hatten.
Belegt sind Standarten vor Tempeln auf Siegeln. Bei archäologischen Befunden lässt sich im Fall von Pfosten nicht zweifelsfrei klären, ob es sich um Standarten oder um architektonische Elemente handelt. So muss es beispielsweise offenbleiben, ob der Fund der Kupferverkleidung eines über 3 m hohen Pfostens vor der NW-Fassade des Ur-Nansche-Gebäudes in Girsu (Tellō) mit einem entsprechenden Banner bekrönt war. Literarisch ist eine solche Fahne für die Standarte am sog. Kalkal-Tor im Tempel von Assur belegt.
Standarten, die scheinbar im Zusammenhang einer Tempelweihung aufgestellt wurden, sind auf einer Stele des Gudea von Lagasch zu sehen (neusumerisch, um 2144-2124 v. Chr.). Sie sind mit Keulen, Löwenkopfäxten und einer Art Scheibe versehen. Vermutlich handelt es sich um die Standarten, die beim Bau des E-ninnu-Tempels errichten wurden.
Götterstandarten konnten im Kult wie → Götterbilder
Götterstandarten konnten auch in Kultprozessionen herumgetragen und öffentlich gezeigt werden. Damit sollte wohl anschaulich werden, dass der Schutz und die Hilfe der Gottheit dem ganzen Bereich von Stadt und Land galten.
3.1.2. Standarten als Symbole von Gottheiten
Im Zusammenhang mit Grenzsteinen, den sog. Kudurru, die erstmals in kassitischer Zeit (1580-1200 v. Chr.) auftraten, bildeten sich nahezu feste Attribute einzelner Götter heraus, die dann auf andere Medien, z.B. Standarten, übertragen wurden. Im Folgenden werden exemplarisch einige Götterstandarten genannt:
Ikonographisch und literarisch werden dem Gott Assur der gleichnamigen Stadt Assur die Axt (gír/patru) und das sog. gišgag(-en) / šugarriā’u / šugarriā’ēn-Symbol zugeschrieben. Die Gottheit gilt als schicksalsbestimmend und mächtig. Seine heilige keulenförmige Waffe (dKakku) ist vor allem in Eides- und Beschwörungstexten überliefert. Scheinbar wurde auch sie zusammen mit dem Gott kultisch verehrt; womöglich auch als eigene Standarte, die auf Kriegszügen mitgenommen wurde. Obwohl die Keule des Assur im Heiligtum der gleichnamigen Stadt aufbewahrt und sogar von den Göttern von → Kalchu
Von altbabylonischer bis in die persische Zeit ist für den Gott Enki (Ea) eine Standarte mit dem Kopf eines Widders belegt, z.T. in Ergänzung mit dem sog. Ziegenfisch. Enki (Ea) gilt als der Gott der Weisheit, des Schaffens, des Handwerkes und der Magie. Im → Atram-Chasis-Epos
In neuassyrischen Siegeln hält Enki (Ea) zuweilen einen Hirtenstab, der möglicherweise auf den Widder zurückzuführen ist. Die Standarte mit der Darstellung eines Stabes mit paarweise geordneten Ringen wird entweder als Attribut des Gottes Enki (Ea) oder als Lebensbaum (→ Baum des Lebens
Die sog. Schilfringbündel werden seit der frühsumerischen Zeit (um 3300/2900 v. Chr.) mit der Göttin Inanna in Verbindung gebracht. Möglicherweise ist das Symbol auf seine Bedeutung als Piktogramm zurückzuführen, da die Überlieferung mit dem Ende der frühdynastischen Zeit und der zunehmenden Verbreitung der Keilschrift verschwindet. Als eines der frühesten Zeugnisse mit Darstellungen von Schilfringbündeln gilt die frühsumerische sog. Warka-Vase aus Uruk.
Seit der Mitte des 3 Jt.s v. Chr. wird die Göttin Ischtar schließlich mit Inanna gleichgesetzt (→ Ischtar
Der Gott Marduk wird auf Kudurrus häufig als Spaten (dMar/marru) und auf anderen Bildträgern zusammen mit dem drachenartigen Mischwesen Muschuschu dargestellt. Marduk gilt als Gott der Weisheit und des Rechtes, in babylonischer Zeit steigt er zur Hauptgottheit des babylonischen Pantheons auf. Seine göttlichen Waffen werden als Muschteschir-ḫabli und Tukul-Schazu bezeichnet. Im Marduk-Tempel in Assur wurden sie im Tempel an einem besonderen Platz aufbewahrt. In seiner Funktion als Gott der Weisheit wird er oft zusammen mit dem Sonnengott Schamasch dargestellt. Zusammen bilden sie in Rechtsprozessen sog. Richterkollegien (dDI.KU5meš).
Der sog. Löwengreif bzw. Anzu-Vogel repräsentiert zumeist den Gott Ningirsu bzw. Ninurta, der als Gott der Jagd, des Krieges und der Fruchtbarkeit gilt. Möglicherweise kann auch die sog. Figure aux plumes als eines der frühesten archäologischen Zeugnisse mit dem Gott in Verbindung gebracht werden. Der frühdynastisch (um 2800 v. Chr.) zu datierende Kalkstein aus Girsu (Tellō) zeigt einen Mann, der eine keulenförmige Standarte hält. Womöglich handelt es sich dabei um die literarisch überlieferte heilige Keule (giškakku) des Gottes Ninurta (Ningirsu). Für die Standarte des Ninurta ist zudem ein eigener Name erwähnt: dLugal-kur-dub „der Herr, der Berge zerschmettert“.
Die → Säge
Feldzeichen mit einem Halb- bis Dreiviertelring am oberen Drittel des Schaftes werden als sog. Bügelschäfte bezeichnet. Dem Ursprung nach handelt es sich wohl um ein Piktogramm für ÙRI „Standarte“. Die Bügelschäfte können keiner spezifischen Gottheit gesichert zugewiesen werden. Auf akkadezeitlichen Siegeln werden die Bügelschäfte jedoch oft mit den sog. Laḫama, Wasserwesen, dargestellt, welche die Bügelschäfte mit beiden Händen tragen. Die Laḫama unterstützen Enki im sumerischen Mythos „Inanna und Enki“ und sind im E-kur in Nippur, einem Tempel des Enki, und im E-ninnu in Girsu, einem Tempel des Ningirsu, als Wächterfiguren belegt.
Allgemein versinnbildlichen Bügelschäfte göttliche Standarten, deren spezifische Zuweisung hauptsächlich anhand zusätzlicher Götterattribute möglich ist. Auch der sog. Libationsbecher des Gudea (neusumerisch, um 2144-2124 v. Chr.) zeigt einen sog. Schlangendrachen, der eine Standarte in Form eines Bügelschaftes hält. Ursprünglich wurde das Symbol mit der Göttin Inanna assoziiert, die Inschrift macht jedoch deutlich, dass der Libationsbecher dem Gott Ningirsu geweiht war. Zweierlei wird dadurch ersichtlich, zum einen, dass Standarten als Kultgerät Verwendung fanden, zum anderen, dass sich die Attribute der Götter verändern konnten.
3.2. Kriegswesen
Auch für das Militärwesen in Mesopotamien kann davon ausgegangen werden, dass Truppeneinheiten verschiedenen Göttern zugehörig waren und sich dies auch in den Feldzeichen widerspiegelte. Literarisch ist beispielsweise eine Einheit der Ischtar (Inanna) erwähnt. Das Feldzeichen zeigt die kriegerische und bewaffnete Göttin mit einem Nimbus aus Sternen. Die Abbildung einer anderen Standarte stellt wohl einen Gott dar, der einen Bogen hält und zwischen zwei Flüssen steht; möglicherweise ist je ein sich von der Szenerie abwendender und nach außen schauender Stier zu ergänzen. Die Darstellung wird mit dem Sturmgott → Hadad
Die Standarten wurden nach einem Sieg präsentiert, wie es an der sog. Naram-Sin-Stele zu erkennen ist. Der deutlich an der Hörnerkrone zu erkennende vergöttlichte König Naram-Sin ist während seines Sieges über die Lullubi dargestellt. Darunter sind mindestens zwei Standartenhalter mit Götterstandarten abgebildet. Naram-Sin war der erste König Mesopotamiens, der zu Lebzeiten vergöttlich wurde.
Als šurinnu werden Standarten in Listen in → Alalach
Das Mitführen göttlicher Feldzeichen auf Kriegszügen wurde als Voraussetzung für den positiven Ausgang der Schlacht (→ Sieg
Die Bedeutung der Standarten wird daran ersichtlich, dass deren Raub als besonderer Triumph gefeiert wurde. Literarisch ist der Raub von fremden Götterstatuen und deren Standarten aus dem gegnerischen Tempel und das Aufstellen dieser im eigenen Heiligtum belegt. Die fremden Götter wurden somit unterworfen und ihre Kraft auf die eigenen Gottheiten übertragen.
3.3. Jagdszenen
Ein beliebtes Motiv der neuassyrischen Zeit waren sog. königliche Jagdszenen (→ Jagd
Wie auch bei militärischen Feldzeichen ist davon auszugehen, dass die Standarten spezifische Götter oder deren Attribute zeigten und dem König dadurch etwas von ihrer Kraft übertragen, diesen aber auch beschützen sollten.
3.4. Rechtswesen
In Rechtsprozessen repräsentierten Standarten vermutlich die zu Gericht sitzende Gottheit. Wie im Codex → Hammurabi
Literarisch ist ein ausgeklügeltes Miet- und Verpachtungssystem von Standarten in Rechtsprozessen überliefert. War es also möglich, dass einer der Prozessbeteiligten zum Ableisten des Schwures nicht zur entsprechenden Standarte kommen konnte, wurde diese ersatzweise zu ihm gebracht (KASKAL / ḫarrānu) oder sogar vermietet (GUN girrim). Dies ist beispielsweise für die sog. Waffe des Schamasch überliefert.
In Sippar war es sogar so, dass mehrere Standarten nebeneinanderstanden. Wie anhand zahlreicher Rechtsurkunden deutlich wird, konnte der Rechtsschwur auch vor dem König oder hochrangigen Beamten ausgeführt werden. Letztere waren mit den Standarten der schon erwähnten Waffen des Gottes Assur ausgestattet.
3.5. Standarten als Symbol von Verwaltungseinheiten
In Mesopotamien sind Standarten, die Städte oder Verwaltungseinheiten darstellen, schwieriger zu deuten, da sich die Darstellungen auf ihnen in der Regel aus Symbolen, Piktogrammen oder Inschriften zusammensetzen. Oft sind zudem keine Darstellungen vorhanden. So zeigt beispielsweise ein frühdynastisches Siegel einen mit einem kurzen Schurz bekleideten Standartenträger, der diese vermutlich in den Tempel der Ischtar bringt. Diese Standarten gehörten möglicherweise zu verschiedenen Verwaltungseinheiten, welche der Ischtar Opfer dargebracht haben. In den meisten Fällen ergänzen sich dann Bildthema und Inschrift, wie auf der sumerischen sog. Geierstele aus dem 25. Jh. v. Chr., die den Friedensvertrag zwischen den Fürsten von Lagasch und Umma dokumentiert.
4. Israel und Juda (Klaus Koenen)
Für Israel und Juda lassen sich Standarten archäologisch kaum belegen. Im Alten Testament werden sie allerdings mehrfach erwähnt (nicht jedoch im Neuen).
נֵס nes (21 Belege + Ex 17,16
נֵס nes begegnet vor allem in prophetischen Texten und bezieht sich dort vielfach auf Kriegsereignisse. Standarten dienen im Krieg dazu, die Sammlung der Soldaten und ihren Angriff zu organisieren. Nach der Ankündigung → Jesajas
In gleicher Weise, jedoch sozusagen auf der anderen Seite der Front kann in Fremdvölkersprüchen zum Heil Israels der feindlichen Stadt Babel die Errichtung einer Standarte angekündigt werden, die heranziehenden Heeren den Weg weist (Jes 13,2
Die Tradition vom feindlichen Anrennen der Völker gegen Jerusalem wurde zur eschatologischen Erwartung eines friedlichen Zugs der Völker nach Jerusalem entwickelt (→ Eschatologie
In Jes 33,23
In der Erzählung von der ehernen Schlange (Num 21,4-9
Mehrfach ist von einer Standarte bildlich die Rede. In Jes 30,17
Auch der von der → Priesterschrift
5. Römisches Reich
Die römische Armee übernahm ausgehend vom Einfluss des östlichen Mittelmeerraumes und Vorderasiens ein umfangreiches System verschiedener Feldzeichen, sog. signa mit dem Schriftzeichen SPQR – Senatus Populusque Romanus „Senat und Volk von Rom“. In der römischen Republik (→ Imperium Romanum
Einzelne Legionen genossen besonderen Ruf oder hatten sich in Kämpfen Anerkennung erworben, wie beispielsweise die Legio X Fretensis mit dem Feldzeichen eines Stieres. Sie war es auch, die sich im Jüdischen Krieg bis zur Eroberung Jerusalems und der endgültigen Zerstörung des Jüdischen Tempels 70 n. Chr. besonders hervorgetan hat. Das Feldzeichen wurde im Laufe der Zeit durch weitere Symbole ergänzt, wie Schiff, Delphin, Eber oder den Gott Neptun.
Erwähnenswert ist der von römischen Geschichtsschreibern (Strabon, Geographica 7,1,4; Velleius Paterculus, Historiae Romanae 2,117-119; Sueton, De vita Caesarum, Augustus 23; Cassius Dio 56,18-25) überlieferte Raub der aquila durch die germanischen Stämme unter Arminius in der sog. Varusschlacht 9 n. Chr., die vom Feldherrn Germanicus 14-16 n. Chr. teilweise zurückerobert werden konnten. Germanicus wollte durch die Rückeroberung der Feldzeichen die Ehre Roms wiederherstellen.
Die Verwendung von Standarten hat sich insbesondere im Militärwesen bis in die Neuzeit erhalten.
Literaturverzeichnis
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(Zugriff: 28.12.2020) - Sog. Stierpalette mit der Darstellung der als Standarten abgebildeten unterworfenen Verwaltungseinheiten, die mit einem Seil festgebunden sind (ca. 3500-3100 v. Chr.). Louvre E11255. Aus: Wikimedia Commons; © Rama, Wikimedia Commons, lizenziert unter Public Domain – Wikipedia Lizenz
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(Zugriff: 28.12.2020) - Die Warka-Vase aus dem Kult der Göttin Inanna (Alabaster; frühsumerisch, ca. 3000 v. Chr.). Pergamon Museum, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz. Aus: Wikimedia Commons; © Osama Shukir Muhammed Amin, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International (Zugriff: 28.12.2020) - Schilfringbündel als Attribut der Göttin Inanna auf der Warka-Vase (Detail). Aus: Wikimedia Commons; © Osama Shukir Muhammed Amin, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International (Zugriff: 28.12.2020) - Sog. Figure aux plumes mit der Darstellung zweier keulenförmiger Standarten, die mit dem Gott Ninurta (Ningirsu) verbunden werden (frühdynastisch, ca. 2800 v. Chr.). Louvre AO 221. Aus: Wikimedia Commons; © Marie-Lan Nguyen, Wikimedia Commons, lizenziert unter Public Domain – Wikipedia Lizenz
(Zugriff: 28.12.2020) - Sog. Libationsbecher des Gudea mit der Darstellung eines sog. Schlangendrachens, der eine Standarte in Form eines Bügelschaftes hält (neusumerisch, um 2144-2124 v. Chr.). Louvre. Aus: Wikimedia Commons; © Ernest de Sarzec – Choquin de Sarzec, Ernest (1832-1901), Wikimedia Commons, lizenziert unter Public Domain – Wikipedia Lizenz
(Zugriff: 28.12.2020) - Sog. Naram-Sin Stele, die den vergöttlichten König in Siegerpose zusammen mit Standartenträgern zeigt (23. Jh. v. Chr.). Louvre AO 11955. Aus: Wikimedia Commons; © Rama, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 3.0 France (Zugriff: 28.12.2020) - Assyrische Streitwagen mit Standarte (Relief aus Nimrud, Nord-West-Palast Assurnasirpals II.; 883-859 v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Standarte mit zwei Stieren, die Stärke verkörpern (Relief aus NW-Palast in Kalchu; 9. Jh. v. Chr.). Aus: O. Keel, Das Recht der Bilder gesehen zu werden. Drei Fallstudien zur Methode der Interpretation altorientalischer Bilder (OBO 122), Freiburg/Schweiz – Göttingen 1992, 192 Abb. 172; mit Dank an © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Löwenjagdszene Assurnasirpals II. Hinter dem König ist vermutlich die königliche Standarte dargestellt (neuassyrisch, 883-859 v. Chr.). British Museum. Aus: Wikimedia Commons; © Osama Shukir Muhammed Amin, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International (Zugriff: 28.12.2020)
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