Tarsis
Andere Schreibweise: Tarschisch, Tarshish (engl.)
(erstellt: Mai 2019)
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Tarsis bezeichent im Alten Testament 1. einen Ort (14-mal), 2. besondere, nach dem Ort benannte Schiffe (10-mal), 3. einen Edelstein (7-mal) und ist 4. als Personenname (4-mal) belegt.
1. Name
Die Bezeichnung „Tarsis“ (תַּרְשִׁישׁ taršîš) hat keine semitische Etymologie und ist vermutlich iberisch bzw. „tartessisch“ (vgl. Lipinski, 781; Koch); auch eine ägyptische Herkunft des Terminus wurde vorgeschlagen (Görg).
2. Tarsis als Ort
An 12 Stellen wird mit „Tarsis“ auf einen Ort verwiesen: 2Chr 9,21
Zwei weitere archäologische Funde dokumentieren den Ort Tarsis: Der sogenannte Nora Stein („Nora stone“) mit einer phönizischen Inschrift stellt den ältesten Beleg für die Erwähnung des Ortes dar. Die Inschrift wurde 1773 auf Sardinien entdeckt und in die Zeit von der Mitte des 9. bis in die Mitte des 8. Jh.s v. Chr. datiert. Sie bezeugt Tarsis (tršš) als Ort auf Sardinien. Auch ein hebräisches Ostrakon aus der 2. Hälfte des 7. Jh.s v. Chr. belegt Tarsis (tršš) als Ort. Es ist als eine Art Spendenquittung über „silver from Tarshish for the house of YHWH“ zu verstehen (vgl. Bordreuil / Israel / Pardee). Wo sich der Ort Tarsis befindet, wird hieraus nicht ersichtlich.
In späteren Belegen aus nachexilischer Zeit (Jes 66,19
M. Görg verzichtet auf eine Ortssuche sowie Lokalisierung und leitet den Begriff Tarsis – in Weiterführung von Überlegungen C.H. Gordons – aus dem Ägyptischen her (dr „Grenze / Bereich“; šs „Wertvolles“), sodass sich die Bedeutung „fernes Land voll Kostbarkeiten“ (Görg, 81) ergibt. So versteht Görg Tarsis als einen „Symbolnamen für ein fernes und zugleich mit Kostbarkeiten bestücktes Land“ (Görg, 81f.).
Insgesamt muss man sagen, dass die Lokalisierung von Tarsis nicht mehr genau zu rekonstruieren ist und in der Forschung umstritten bleibt.
3. Tarsis-Schiffe
Mit der Hafenstadt Tarsis stehen die sog. Tarsis-Schiffe (אֳנִי תַרְשִׁישׁ ’ånî taršîš bzw. אֳנִיּוֹת תַּרְשִׁישׁ ’ånijjôt taršîš) in Verbindung, die im Alten Testament an neun Stellen erwähnt werden (1Kön 10,22
Tarsis-Schiffe gehörten zu den Reichtümern → Salomos
Schipper weist darauf hin, dass derartige Seefahrten in das westliche Mittelmeer in salomonischer Zeit nicht realisierbar waren, sondern erst ab dem 8. Jh. v. Chr. mit solchen Fahrten zu rechnen ist, als die Phönizier expandierten und den westlichen Bereich des Mittelmeers befuhren. So ist es nach Schipper denkbar, dass in 1Kön 10,21f
Auch König → Joschafat
Ezjon-Geber liegt am Roten Meer, was mit einer Lokalisierung von Tarsis im westlichen Mittelmeerraum nicht vereinbar ist. So sprechen sich J. Montenegro und A. del Castillo für eine Lokalisierung Tarsis’ „close to the Red Sea and at most on the shores of the Indian Ocean“ (Montenegro / del Castillo, 244) aus. „Tarsis-Schiff“ dürfte aber eher einen bestimmten Schiffstyp bezeichnen, den man auch für neue Handelsrouten einsetzen wollte.
In Ps 48,8
4. Tarsis als Edelstein
An sieben Stellen im Alten Testament ist mit „Tarsis“ ein → Edelstein
Als ältester Beleg ist wahrscheinlich Hhld 5,14
5. Tarsis als Personenname
Als Personenname ist Tarsis an vier Stellen im Alten Testament belegt (Gen 10,4
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973-2015
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Jerusalemer Bibellexikon, Neuhausen-Stuttgart 1998
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
- Herders Neues Bibellexikon, Freiburg 2009
2. Weitere Literatur
- Bordreuil, P. / Israel, F. / Pardee, D., 1998, King’s Command and Widow’s Plea: Two New Hebrew Ostraca of the Biblical Period, Near Eastern Archaeology 61/1, 2-13.
- Borger, R., Die Inschriften Asarhaddons Königs von Assyrien (Archiv für Orientforschung, Beiheft 9), Osnabrück 1967.
- Görg, M., Ophir, Tarschisch und Atlantis. Einige Gedanken zur symbolischen Topographie, Biblische Notizen 15 (1981), 76-86.
- Koch, M., Tarschisch und Hispanien. Historisch-geographische und namenkundliche Untersuchungen zur phönikischen Kolonisation der iberischen Halbinsel (Madrider Forschungen 14), Berlin 1984.
- Montenegro, J. / del Castillo, A., The Location of Tarshish: Critical Considerations, Revue Biblique 123 (2016), 239-268.
- Schipper, B.U., Israel und Ägypten in der Königszeit. Die kulturellen Kontakte von Salomo bis zum Fall Jerusalems (Orbis Biblicus et Orientalis 170), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1999.
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