Tell el-Fār‘a Süd
Andere Schreibweise: Tall al-Fāri‘a; Tell el-Fār‘ah; Tell el Far‘ah; Tell el-Farah; Tell el-Fāri‘; Tell Fara; Tell Far‘a; Tell Farah
(erstellt: August 2016)
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1. Name und Lage
Tell el-Fār‘a Süd lag im Schnittpunkt mehrerer Verkehrswege. Ein Weg wurde vom Wādī Ġazze selbst gebildet, das von den nördlichen Negevbergen kommend zur Küste führt; ein weiterer, parallel zur Küstenstraße verlaufender Weg querte das → Wadi
Auf dem natürlichen Hügel, der etwa 30m über dem umliegenden flachen Gelände (100-120m über dem Meeresspiegel) aufragt, haben sich Siedlungsschichten von ca. 15m Höhe akkumuliert, die von der Mittleren Bronzezeit bis in römische Zeit reichen. Angaben zur Größe des Tell variieren. Eine Fläche von etwas mehr als 6ha, wie in der Literatur mehrfach genannt, setzt voraus, dass der Hügel einst eine weitgehend runde Form besaß und auch der Graben der mittelbronzezeitlichen Befestigung am Fuße des Tell miteinbezogen wird. Innerhalb dieser Befestigung kann die tatsächlich verfügbare Siedlungsfläche bei einer ursprünglich runden Form maximal 3ha betragen haben.
2. Identifikation
Obwohl verschiedene Identifizierungsvorschläge unterbreitet worden sind, konnte der alte Name des Fundortes bisher nicht zweifelsfrei bestimmt werden.
2.1. Bet-Pelet
W.M.F. Petrie hatte den Tell mit Bet-Pelet („Haus des Entkommens“) gleichgesetzt, das in zwei Ortslisten als Stadt im Stammesgebiet von Juda genannt wird (Jos 15,27
2.2. Barsama / Birsama
A. Alt hatte zunächst vorgeschlagen, das aus klassischen und spätantiken Quellen bekannte Barsama / Birsama auf dem Tell el-Fār‘a Süd zu lokalisieren, da sich der Tell aufgrund seiner Lage und Befestigungsanlagen gut für einen Ort eignete, der in den Texten als Truppenstandort und regionales Verwaltungszentrum genannt wird. Wenig später korrigierte Alt diese Identifikation jedoch und setzte Barsama / Birsama mit dem nur wenige Kilometer südöstlich des Tell el-Fār‘a Süd gelegenen Fundort Chirbet el-Fār / Horvat Be’er Schema‘ gleich – eine Lokalisierung, die allgemeine Akzeptanz gefunden hat (s.u. 3.8.3.).
2.3. Scharuhen
Bereits bevor der erste Band der Grabungspublikation erschienen war, hatte W.F. Albright den Tell el-Fār‘a Süd zu einem geeigneten Kandidaten für den legendären Ort Scharuhen erklärt. Von der Erwähnung im Alten Testament abgesehen (Jos 19,6
J.R. Stewart und A. Kempinksi kamen später jedoch zu dem Schluss, dass Scharuhen besser auf dem Tell el-‘Aǧǧūl (→ Tell el-‘Aǧǧūl
2.4. Schur
Der Name Schur begegnet im Alten Testament als topographische Angabe in verschiedenen Formulierungen: Wüste Schur (Ex 15,22
2.5. Gerar
Der mehrfach im Alten Testament erwähnte Ort → Gerar
2.6. Yurza / Arza
Der aus ägyptischen Quellen und den sog. → Amarnabriefen
2.7. Ziklag
E.A. Knauf unterbreitete jüngst den Vorschlag, Tell el-Fār‘a Süd mit dem Ort → Ziklag
3. Geschichte
3.1. Archäologische Feldforschungen
Tell el-Fār‘a Süd war nach Tell el-Ḥesī (→ Tell el-Ḥesī
Der Tell und seine Umgebung sind mehrfach im Rahmen von Erkundungen und Surveys begangen wurden, sowohl vor als auch nach den britischen Grabungen. Im Focus standen dabei entweder die allgemeine Siedlungsgeschichte oder bestimmte Zeitabschnitte bzw. Fragestellungen. Im Mai 1976 unternahm R. Cohen (Department of Antiquities and Museums) eine einwöchige Rettungsgrabung in einem kleinen Areal im mittleren Bereich des Tell. In den Jahren 1998 bis 2003 wurde der Fundort unter der Leitung von G. Lehmann (Beerscheba), T.J. Schneider (Claremont) und H.M. Niemann (Rostock) erneut untersucht. Die Arbeiten umfassten die Kartierung (1998), einen Survey des Tell (1998) und der Umgebung (2000) sowie eine vierwöchige Grabungskampagne in drei Arealen (1999). Das Areal 1 am südwestlichen Tellhang diente der Überprüfung der Befestigungsanlagen, das Areal 2 liegt im mittleren, weitgehend unerforschten Tellbereich, während das Areal 3 im Norden des Tell unmittelbar südlich an die alte britische Grabungsfläche anschließt. Über die Grabungskampagnen, die zwischen 2001 und 2003 stattfanden, liegen noch keine Informationen vor.
3.2. Zur Aussagekraft des Fundortes
Unsere Kenntnisse über den Tell el-Fār‘a Süd beruhen großenteils auf den alten Grabungen unter der Leitung Petries. Um die Stratigraphie und das Fundspektrum angemessen beurteilen zu können, muss man sich also über die Zielsetzungen und die Vorgehensweise des britischen Archäologen im Klaren sein. Petrie hatte seine Grabungstätigkeit im südlichen Palästina unter das Motto „Egypt over the border“ gestellt; sein Ziel war es, auch außerhalb der modernen ägyptischen Grenzen nach ägyptischen Hinterlassenschaften zu suchen, um problematische Abschnitte der ägyptischen Geschichte erhellen zu können. Diesem Ziel folgten die Grabungsstrategie und später auch die Publikation der Ergebnisse: Im Mittelpunkt des Interesses standen die Bronze- und Eisenzeit, während die Hinterlassenschaften der späteren Epochen eher beiläufig behandelt wurden. Für Datierungen stützte sich Petrie oft auf historische Mutmaßungen, insbesondere dann, wenn aussagekräftige Funde fehlten.
Petrie zeichnete sich dadurch aus, seine Grabungsergebnisse umgehend in Buchform vorzulegen (bzw. vorlegen zu lassen). Diese Schnelligkeit war aber nur durch Beschränkung zu erreichen; die Beschreibungen und Deutungen sind folglich sehr knapp und dezidiert gehalten, wobei nur eine Auswahl an Objekten und Keramik erwähnt und noch weniger abgebildet wurde. Spätere Bearbeiter haben wiederholt wichtige Funde vorgelegt, die in den Grabungspublikationen unberücksichtigt geblieben sind. Zu betonen ist, dass Petries stratigraphische Sequenz für die Bronze- und Eisenzeit auf zwei eher kleinen Grabungsarealen beruht und keinesfalls sicher geklärt ist. Anhand der wechselnden Ausrichtung der Mauern in den vorgelegten Plänen wird deutlich, dass die Pläne zumeist Gebäudereste aus unterschiedlichen Phasen abbilden. Die neueren Grabungen haben mehrere Schlussfolgerungen Petries zur Stratigraphie des Tell als unzutreffend erwiesen (allerdings sind bislang nur Vorberichte veröffentlicht und kaum Funde präsentiert worden). Angesichts dieser problematischen Ausgangslage sind vermutete Siedlungsunterbrechungen, etwa zu Beginn der Späten Bronzezeit, während der Eisenzeit und während der hellenistischen Zeit, wenig fundiert.
Die materielle Kultur der Bewohner des Tell el-Fār‘a Süd wird kaum durch Funde aus dem Tellbereich repräsentiert, sondern vielmehr durch das Inventar der zahlreichen Gräber in seiner Umgebung. Diese Gräber tragen somit wesentlich zur archäologischen Bedeutung des Fundortes bei. Doch auch für sie gilt, dass wichtige Informationen nicht zur Verfügung stehen, weil die Gräber in knapper Form dokumentiert und sehr ausschnitthaft publiziert wurden. Hinzu kommt, dass die Beigaben weltweit auf zahlreiche Museen und Sammlungen verteilt sind, was ihr Studium sehr erschwert.
3.3. Urgeschichtliche Perioden
3.3.1. Paläolithikum
In der Umgebung des Tell el-Fār‘a Süd sind entlang dem Wādī Ġazze / Naḥal Besor mehrere Fundstellen mit Steinwerkzeugen des Alt-, Mittel- und Jungpaläolithikums entdeckt worden, wobei das Mittelpaläolithikum am besten bezeugt ist. Auch am südlichen Hang des Tell wurden mittelpaläolithische Steingeräte aus sekundärem Kontext aufgelesen. Der dem Siedlungshügel am nächsten gelegene Fundplatz Far‘ah B (auch bekannt als Far‘ah II) befindet sich etwa 700m nordöstlich auf der anderen Seite des Wadis und diente vermutlich als mittelpaläolithische Jagd- und Schlachtstation.
3.3.2. Neolithikum
Neolithische Fundplätze sind nur sehr spärlich vertreten und liegen in etwa 400 bis 2500m Entfernung von Tell el-Fār‘a Süd nahe dem Wādī Ġazze / Naḥal Besor. Es handelt sich um kurzlebige Lager, die vor allem Steingeräte, aber nur sehr selten Keramikscherben erbrachten.
3.3.3. Chalkolithikum
Fundorte, die während des Chalkolithikums genutzt worden waren, sind in der näheren und weiteren Umgebung des Tell el-Fār‘a Süd entlang dem Wadi mehrfach belegt und wurden bereits von Petries Mitarbeiter E. Macdonald untersucht. Sie geben Zeugnis von einer recht intensiven Besiedlung des nordwestlichen Negev, die durch etwas bessere klimatische Verhältnisse begünstigt wurde.
3.4. Frühe Bronzezeit
3.4.1. Frühe Bronzezeit I (Ende 4.-Anfang 3. Jt. v. Chr.)
Nördlich des Tell el-Fār‘a Süd, in etwa 3200m Entfernung, wurde mit dem Fundort „Site H“ (Koordinaten: N 31° 18' 35'', E 34° 29' 35''
3.4.2. Frühe Bronzezeit II-III (28.-23. Jh. v. Chr.)
Siedlungen der Frühbronzezeit II-III existierten in ‘En Besor (s.o. 3.4.1., Stratum II) und in ‘Ēn el-Qamla, etwa 2400m südöstlich des Tell el-Fār‘a Süd; außerdem sind mehrere Lagerplätze bekannt.
3.5. Mittlere Bronzezeit
3.5.1. Mittlere Bronzezeit I-IIA (22.-18. Jh. v. Chr.)
Die Mittlere Bronzezeit I-IIA wird in der Umgebung des Tell el-Fār‘a Süd nur durch kleine Lagerplätze repräsentiert.
3.5.2. Mittlere Bronzezeit IIB (17.-16. Jh. v. Chr.)
Die Siedlungsgeschichte des Tell el-Fār‘a Süd begann nach bisherigen Erkenntnissen in der späten Mittleren Bronzezeit IIB. Allerdings ist über die damalige Wohnbebauung nahezu nichts bekannt, da im Grabungsareal am Nordende nur einige Mauerzüge freigelegt wurden (Strukturen ZZL-ZZX), die kein klares Bild ergeben.
In der Umgebung des Tell wurden in den Friedhöfen 500, 700 und 1000 zahlreiche Gräber der Mittleren Bronzezeit IIB freigelegt. Bezeugt sind einfache Grubengräber, Grubengräber mit Nische sowie Gräber mit Stufenschacht und einfacher, zweigeteilter oder doppelter Grabkammer (→ Grab
3.6. Späte Bronzezeit
3.6.1. Späte Bronzezeit I-IIA (15.-14. Jh. v. Chr.)
Die Ansichten der Archäologen über diese Epoche gehen sehr auseinander. Wiederholt ist vermutet worden, dass der Tell verlassen war, doch die Keramikfunde legen das Gegenteil nahe, auch wenn eine Identifizierung entsprechender Mauerreste wegen der problematischen Stratigraphie kaum möglich ist. Insbesondere bei der Frage, in welchem Umfang das Stadttor weitergenutzt oder erneuert worden sein könnte, besteht erheblicher Klärungsbedarf (s.o. 3.5.2.). Einige Gräber der Späten Bronzezeit I wurden im Friedhof 600 freigelegt.
3.6.2. Späte Bronzezeit IIB (13. Jh. v. Chr.)
Im Süden des Tell wurden über dem Stadttor zwei Schichten unterschieden und in die 19. sowie 20. Dynastie datiert. Schicht E, die ältere von beiden, lässt einzelne Räumlichkeiten erkennen, doch eine Rekonstruktion von Gebäudegrundrissen ist nicht möglich. Unter den wenigen publizierten Kleinfunden fallen zwei Siegelamulette mit dem Namen Ramses’ II. sowie zwei hethitische Siegelringe auf – es handelt sich hierbei um die einzigen Objekte, die überhaupt einen chronologischen Anhaltspunkt für eine Datierung in die Spätbronzezeit IIB geben, denn Keramikfunde sind nicht dokumentiert.
Die Residenz bestand aus einem etwa 24 × 25m großen Kerngebäude und einem nordwestlichen Anbau von mindestens 12 × 16m. Der Grundriss des Kerngebäudes hebt sich deutlich von der levantinischen Tradition des Hofhauses ab. Er ist vielmehr der ägyptischen Hausarchitektur des Neuen Reiches verpflichtet und findet seine nächste Parallele unter den mittelgroßen Häusern von Amarna. Diese Häuser folgten einem regulierten Grundrissschema mit charakteristischen Räumen bzw. Raumgruppen, die in einer klar erkennbaren Abfolge angeordnet wurden, so dass sich der Grundriss in drei parallele Streifen gliedern lässt (s.u. Exkurs). Da die Zahl, Größe, Anordnung und Ausrichtung der Räume innerhalb gewisser Grenzen aber variabel war, gab es eine Vielzahl von Grundrisslösungen, weshalb kein Haus einem anderen genau glich. Auch die Residenz von Tell el-Fār‘a Süd lässt innerhalb des typologisch vorgegebenen Rahmens einen individuellen Plan erkennen.
Aus der südlichen Levante der Späten Bronze- und Frühen Eisenzeit sind inzwischen zahlreiche Bauwerke bekannt, die eine Mittelstellung zwischen Wohnhaus und Palast einnehmen: Sie sind größer und besser ausgestattet als die üblichen Wohnhäuser, erreichen aber nicht die Ausdehnung der Palastanlagen. Sie werden daher als Residenzen bzw. Gouverneursresidenzen bezeichnet. Obwohl sich die Forschung wiederholt mit diesen Bauwerken beschäftigt hat, bleibt ihre Bewertung problematisch. Das gilt für die typologische Einordnung, für die Herleitung aus lokalen oder fremden Traditionen sowie für die funktionale Deutung. Oft ist dabei die Rede vom sog. Amarnahaus, mit dem bislang mehr als zehn Gebäude in Verbindung gebracht wurden. Doch nur sehr wenige dieser Vergleiche halten einer kritischen Überprüfung stand. Nur das Gebäude von Tell el-Fār‘a Süd und – mit einigen Abstrichen – das Haus 1500 von → Bet-Schean
Der Friedhof 900 setzt sich nicht nur durch seine Lage von den anderen Friedhöfen ab, die im flachen Gelände in der Umgebung des Tell angelegt waren. Seine Gräber enthielten auch eine größere Zahl an Aegyptiaca in Form von Amuletten, Siegelamuletten, Siegelringen, verschiedenen Schmuckelementen, Keramik-, Stein- und Metallgefäßen. Besonders zahlreich vertreten sind Siegelamulette, wobei etliche Exemplare mit ägyptischen Königsnamen versehen sind. Dennoch ist die gelegentlich geäußerte Vermutung, der Friedhof 900 könnte als Begräbnisstätte für Ägypter gedient haben, die in Tell el-Fār‘a Süd stationiert waren, abzulehnen, denn im Inventar der Gräber dominieren Beigaben, die in einheimischer Tradition stehen. Art und Zahl der Aegyptiaca verdeutlichen vielmehr, dass es sich um Importe handelt, die aufgrund der intensiven Beziehungen zwischen Ägypten und der Levante sehr geläufig waren und die lokale materielle Kultur bereicherten.
3.7. Eisenzeit
3.7.1. Eisenzeit IA (12. Jh. v. Chr.)
Die Residenz am Nordende des Tell (Abb. 8) wurde weiter genutzt; alle Kleinfunde aus dem Gebäude und seiner Umgebung, die sich genauer datieren lassen, stammen aus dem 12. Jh. v. Chr. Sehr wahrscheinlich hat es kleinere Instandhaltungsmaßnahmen und Umbauten gegeben, aber keine gänzlich neue Bauphase im Sinne von Petries „Phase Y“ (s.o. 3.6.2.). Möglicherweise ist auch die Pflasterung des Hofes eine Maßnahme des 12. Jh.s v. Chr. – vorausgesetzt, die Fundumstände der zwei hieratisch beschrifteten Ostraka sind richtig beobachtet (in einer Grube unter dem Hofpflaster) und deren paläographische Datierung in die 20. Dynastie ist zutreffend. Beide Ostraka erwähnen die Lieferung von Gerste und bezeugen somit deren Dokumentation im Rahmen ägyptischer Verwaltungsaktivitäten. Weitere Funde, die Bezüge zu Ägypten aufweisen, umfassen mehrere Scherben eines Vorratsgefäßes mit den Kartuschen Sethos’ II. (frühes 12. Jh. v. Chr.) aus dem Hofbereich sowie gesiegelte konische Lehmverschlüsse von den zerschmetterten Vorratsgefäßen in Raum YW.
Die Residenz am Nordende des Tell wurde schließlich durch einen Brand zerstört, dessen zeitliche Ansetzung allerdings schwierig ist. Die wenigen Funde von sog. Philisterkeramik im Residenzbereich scheinen dafür zu sprechen, dass die Zerstörung erst im frühen 11. Jh. v. Chr. (frühe Eisenzeit IB) erfolgte.
Schicht D am Südende des Tell wurde der 20. Dynastie zugewiesen; doch wie für die vorangehende Schicht E (s.o. 3.6.2.) gilt, dass keine Rekonstruktion von Gebäudegrundrissen möglich ist. Am Westhang des Tell wurde der Friedhof 900 einschließlich der dort angelegten Kammergräber zunächst weiter für Bestattungen genutzt, dann aber im Laufe des 12. Jh.s v. Chr. aufgegeben. Bestattungen erfolgten nun in den Friedhöfen 100, 500 und 800 in der Umgebung des Tell.
3.7.2. Eisenzeit IB-IIA (11.-10. Jh. v. Chr.)
Die folgende Schicht W-V am Nordende umfasst mehrere Phasen, wobei der von den britischen Ausgräbern gebotene Plan sehr schwer zu durchdringen ist. Der nordwestliche Abschnitt der ehemaligen Residenz scheint noch immer nicht überbaut worden zu sein. Die einzige Struktur, die sich mit einiger Sicherheit erkennen lässt, bildet ein gepflasterter Hof mit den Resten von vier Steinpfeilern (grau markiert), der vermutlich zu einem sog. Vierraumhaus gehörte.
Die Stadtmauer entlang der westlichen Tellseite (Abb. 3), die Petrie zunächst in die 20. Dynastie datiert hatte, scheint erst am Ende der Eisenzeit IB oder zu Beginn der Eisenzeit IIA errichtet worden zu sein. Bei der Nachuntersuchung dieser Mauer wurde 1999 in einer Schuttschicht ein Ostrakon mit einer sehr kurzen kanaanäischen Aufschrift („für unseren Herrn“) entdeckt, die paläographisch in das späte 10.-frühe 8. Jh. v. Chr. datiert werden kann.
Gräber der Eisenzeit IB-IIA wurden in den Friedhöfen 100, 200, 500, 600, 700 und 800 freigelegt. Im Grab 201 (in Abb. 3 hervorgehoben), einem Kistengrab von ca. 3,8 × 1,2 × 1,7m Größe, waren sukzessive mindestens 116 Erwachsene und sechs Kinder beigesetzt worden. Mehrere Gräber im Friedhof 200 bezeugen zudem die Sitte der Brandbestattung, die mit Bevölkerungsgruppen phönizischer Herkunft in Verbindung gebracht wird (→ Bestattung
In der Umgebung des Tell el-Fār‘a Süd wurden mehrere kleine, kurzlebige Siedlungen der Eisenzeit IB-IIA nachgewiesen, für die sich der Begriff hăṣērîm (חֲצֵרִים „Dörfer / Gehöfte“, vgl. Dtn 2,23
3.7.3. Eisenzeit IIB-IIC (9.-6. Jh. v. Chr.)
Die späteren Abschnitte der Eisenzeit sind schwer zu beurteilen. Da anscheinend keine Gräber aus der Zeit vom mittleren 9. bis 7. Jh. v. Chr. nachgewiesen sind, ist vermutet worden, dass der Tell während dieser Zeit verlassen gewesen sein könnte. Dagegen spricht allerdings, dass R. Cohen im mittleren Tellbereich auf eine Schicht mit Keramikscherben des 9.-8. Jh. v. Chr. gestoßen war. Es bleibt abzuwarten, welche Ergebnisse die neuen, bislang unpublizierten Grabungen erbracht haben.
3.8. Spätere Epochen
3.8.1. Persische Zeit
Die wenigen Strukturen und Funde, die von den Ausgräbern der griechischen Zeit zugewiesen wurden, sind vermutlich als perserzeitlich anzusehen. Am Nordende des Tell wurden einige Mauern erkannt, deren unterschiedliche Ausrichtung darauf hindeutet, dass sie verschiedenen Phasen angehören – Gebäudegrundrisse lassen sich nicht rekonstruieren.
In die persische Zeit werden auch mehrere aramäisch beschriftete Ostraka aus dem Tellbereich datiert: Eines war bereits während der britischen Grabungen gefunden worden, fünf weitere wurden 1974 entdeckt, nachdem sie vom Regen freigespült worden waren.
Unter den wenigen dokumentierten Gräbern aus dieser Zeit (Friedhof 600, 700, 800), die von Petrie gewöhnlich deutlich zu hoch in das 9.-8. Jh. v. Chr. datiert wurden, ragt vor allem das Grab 650 aufgrund seiner Größe und Beigaben hervor. Es enthielt einen Hocker und ein Bett, deren Formen anhand der metallenen Bestandteile rekonstruiert werden konnten (→ Möbel
3.8.2. Hellenistisch-römische Zeit
Die Schichten aus hellenistisch-römischer Zeit sind durch rezente Eingriffe in die Telloberfläche (s.u. 3.8.4.) erheblich gestört worden. Die jüngsten von den britischen Ausgräbern dokumentierten Bauwerke wurden der römischen Zeit zugewiesen; in welchem Ausmaß auch Strukturen aus hellenistischer Zeit darunter subsumiert wurden, ist wegen der problematischen Stratigraphie unklar. Dass der Tell el-Fār‘a Süd in hellenistischer Zeit besiedelt war, wurde durch Keramikfunde der britischen Grabungen nahegelegt und später durch neuere Untersuchungen bestätigt. Hinzuweisen ist auf ein Exemplar der sog. Megarischen Becher (halbkugelige Trinkschalen mit Reliefdekor auf der Außenseite, die zum hellenistischen Tafelgeschirr zählten), das von Petrie an völlig unerwarteter Stelle behandelt worden war (Petrie 1930a, 10 Taf. XXVII) und daher gewöhnlich übersehen wird. Über Gräber aus hellenistisch-römischer Zeit ist kaum etwas bekannt.
Die neuen Grabungen haben zusätzliche Hinweise für eine Siedlungstätigkeit in hellenistischer und römischer Zeit erbracht; zu den Funden gehören weitere Beispiele von Megarischen Bechern und römische Münzen. Anhand der Keramik wird deutlich, dass die Besiedlung des Tell bis in das 3./4. Jh. n. Chr. fortdauerte.
3.8.3. Frühbyzantinische Zeit
Aus dieser Zeit stammen zwei Kalksteinstempel, die auf der Oberfläche im Nordwesten des Tell gefunden wurden (Petrie 1930a, 15 Taf. XLVIII, 575). Ob auch zeitgenössische Keramikscherben entdeckt wurden, ist unbekannt; über Gräber dieser Zeitstellung wird nichts berichtet. Der Umfang einer etwaigen Siedlungstätigkeit ist daher unklar. In der näheren und weiteren Umgebung des Tell el-Fār‘a Süd sind jedoch zahlreiche Siedlungsplätze, wasserwirtschaftliche Anlagen sowie Installationen dieser Epoche bezeugt, die verdeutlichen, dass die Region intensiv genutzt wurde. Besonders hervorzuheben sind folgende zwei Fundorte:
Etwa 3km nördlich des Tell el-Fār‘a Süd war auf einem Hügel nahe ‘Ēn eš-Šallāla / ‘En Besor ([Schellal]; Koordinaten: N 31° 18' 28'', E 34° 29' 34''
In Chirbet el-Fār / Horvat Be’er Schema‘, ca. 6,5km südöstlich des Tell el-Fār‘a Süd gelegen (Koordinaten: 1064.0737; N 31° 15' 18'', E 34° 32' 39''
3.8.4. Neuzeit
Während des Ersten Weltkrieges wurden auf dem Tell el-Fār‘a Süd lange mäandrierende Gräben sowie rechteckige und runde Vertiefungen ausgehoben (Abb. 2), da der Ort als Stützpunkt an der Sinaifront diente – zunächst für das Osmanische Reich, später für die Egyptian Expeditionary Force des British Empire, an der australische und neuseeländische Einheiten (Anzac) beteiligt waren. In der Datenbank des Australian War Memorial sowie des Auckland War Memorial Museum sind daher mehrere historische Fotografien zu finden, die den Tell und seine Umgebung zeigen.
Auch während des israelischen Unabhängigkeitskrieges erfolgten Eingriffe in die Oberfläche des Tell el-Fār‘a Süd, weil Gräben angelegt wurden.
Literaturverzeichnis
Datenbank Ortsangeben der Bibel (odb)
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Abbildungsverzeichnis
- Karte zur Lage des Tell el-Fār‘a Süd. © Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart
- Luftaufnahme des Tell (aufgenommen während oder nach der zweiten Grabungskampagne). Aus: W.M.F. Petrie, Beth-Pelet (Tell Fara) I (BSAE 48), London 1930, Taf. III
- Plan des Tell und seiner Umgebung. Aus: W.M.F. Petrie, Beth-Pelet (Tell Fara) I (BSAE 48), London 1930, Taf. LI
- Stadttor am Südende. Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LXXVII
- Blick auf die Stadtbefestigung am Südende. Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LXXVI, 2 (mit Beschriftung durch Verf.)
- Sog. Gouverneursresidenz am Nordende (nach der Kampagne von 1928/29): „Phase Z“ (links), „Phase Y“ (rechts). Aus: E. Fischer, Tell el-Far‘ah (Süd). Ägyptisch-levantinische Beziehungen im späten 2. Jahrtausend v. Chr. (OBO 247), Fribourg / Göttingen 2011 , 336 Abb. 5-6
- Sog. Gouverneursresidenz am Nordende (nach der Kampagne von 1929/30). Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LXIX
- Sog. Gouverneursresidenz am Nordende (aktualisierter Plan mit rekonstruierten Türöffnungen). Aus: E. Fischer, Tell el-Far‘ah (Süd). Ägyptisch-levantinische Beziehungen im späten 2. Jahrtausend v. Chr. (OBO 247), Fribourg / Göttingen 2011, 339 Abb. 10
- Friedhof 900 am Westhang. Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LX (Ausschnitt)
- Elfenbeinpaneele aus der Residenz: (a) Bankettszene (oben links), (b) Transport gefangener Tiere (oben rechts), (c) Vogelfang mit dem Klappnetz (unten). Aus: E. Fischer, Tell el-Far‘ah (Süd). Ägyptisch-levantinische Beziehungen im späten 2. Jahrtausend v. Chr. (OBO 247), Fribourg / Göttingen 2011, 349 Abb. 22
- Friedhof 500 mit angeblichen Philistergräbern. Aus: W.M.F. Petrie, Beth-Pelet (Tell Fara) I (BSAE 48), London 1930, Taf. LXIV (Ausschnitt)
- Schicht X am Nordende. Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LXX
- Schicht W-V am Nordende. Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LXXI (mit Markierung durch Verf.)
- Schicht S-R am Nordende. Aus: W.M.F. Petrie, Beth-Pelet (Tell Fara) I (BSAE 48), London 1930, Taf. LIX
- Schicht B am Südende. Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LXXXI
- Gebäude Q-O-N am Nordende. Aus: W.M.F. Petrie, Beth-Pelet (Tell Fara) I (BSAE 48), London 1930, Taf. LXI
- Schicht A am Südende. Aus: E. Macdonald / J.L. Starkey / L. Harding, Beth-Pelet II. Prehistoric Fara. Beth-Pelet Cemetery (BSAE 52), London 1932, Taf. LXXXII
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