Trug / trügen / trügerisch (AT)
(erstellt: September 2007)
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1. Die hebräischen Begriffe
Die Begriffe „Trug / trügen / trügerisch“ sind im Deutschen eng mit „täuschen / betrügen / lügen“ verwandt. Auch im Hebräischen gibt es mehrere Begriffe, die semantisch eng beieinander liegen und oft parallel verwendet werden, so dass der jeweilige Bedeutungsaspekt vom Kontext her bestimmt werden muss.
Hebräisch šqr Qal und Pi. „treulos handeln / täuschen“ (7 Belege) steht ursprünglich in Zusammenhang mit Vertragsbruch (Gen 21,23
Hebräisch kzb I Pi. „lügen / täuschen“ und kāzāv „Lüge / Trug“ begegnet in zwei Dritteln der rund 50 Belege in Zusammenhang mit Ausdrücken des Redens und Hörens (Ps 5,7
Hebräisch mirmāh „Trug / Hinterlist“ (40 Belege) begegnet als Charakteristikum der Frevler oft im Zusammenhang mit ihrer trügerischen Rede (Ps 10,7-8
Das Adjektiv šāw’ „vergeblich / unnötig / wertlos“ (58 Belege) hat gelegentlich die Konnotation „trügerisch“, so in Verbindung mit falscher Rede (Ps 24,4
Das mit nur fünf Belegen seltene Nomen tarmît „Täuschung / Betrug“ begegnet parallel zu šæqær im Kontext falscher Prophetie (Jer 8,5
Diese Übersicht über die dem deutschen „Trug / trügen / trügerisch“ entsprechenden hebräischen Wurzeln zeigt, dass die Begrifflichkeit überwiegend in rechtlichen, ethischen und religiösen Zusammenhängen begegnet, was die Häufung der Belege im Psalter, in weisheitlichen Texten, im Rahmen prophetischer Sozialkritik sowie der Auseinandersetzung um wahre und falsche Prophetie erklärt.
2. Trug im Rechtskontext
Analog der Grundbedeutung des Verbs šqr Qal und Pi. „treulos handeln“ im Sinne von Vertragsbruch wird das Nomen šæqær im rechtlichen Bereich für den falschen Zeugen (‘ed šæqær) verwendet, der das Gericht durch falsche Aussagen täuscht (Ex 20,16
Der Vers 1Sam 15,29
3. Trug in prophetischer Sozialkritik
Im Kontext prophetischer Sozialkritik bezeichnet mirmāh häufig unrechtmäßig erworbenes Gut (Jer 5,27
4. Trug als Charakteristikum der Frevler
Die Häufigkeit der genannten Begriffe im Zusammenhang mit Ausdrücken des Redens führt zum Typus des trügerischen Menschen, dessen Sprache verführerisch ist und ins Verderben führt, weil er Unzuverlässiges oder objektiv Falsches von sich gibt und anderen damit Schaden zufügt (Ps 5,7
Die Häufung der Belege für trügerische Rede in den Psalmen und der Weisheitsliteratur hängt damit zusammen, dass sie zur gängigen Charakterisierung der Feinde des Beters (Ps 109,2-4
Insofern Reden und Handeln der Frevler „trügerisch“ im Sinne von gegen allgemeine ethische Normen gerichtet und absichtlich in die Irre führend sind, wird ihr Handeln gegenüber Mitmenschen als Abkehr von bzw. Opposition gegen Gott (Ps 10,4-11
5. Trug in der Auseinandersetzung um wahre und falsche Prophetie
Im Streit um die wahre Zukunftsvorhersage entwickelt trügerische Rede ein lebensbedrohliches Machtpotential (Mi 2,11
6. Trug in der Götzenpolemik
In übertragener Bedeutung wird kāzāv „Trug / Lüge“ polemisch für fremde Gottheiten verwendet (Jes 28,15
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich 1978-1979
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
- Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden 1999
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Bühlmann, W., 1976, Vom rechten Reden und Schweigen (OBO 12), Freiburg/Schweiz
- Klopfenstein, M.A., 1964, Die Lüge nach dem Alten Testament: Ihr Begriff, ihre Bedeutung und ihre Beurteilung, Zürich
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