Vorbild (AT)
(erstellt: April 2012)
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1. Annäherung
Ein Vorbild bietet Möglichkeiten der Identifikation und regt zur Nachahmung an. Es steht in einer indirekten Relation zu dem sich am Vorbild orientierenden „Abbild“ oder „Ebenbild“. Vorbilder sind bevorzugt Personen, können aber auch andere Lebewesen oder auch Gegenstände (Muster) sein. Diese zeichnen sich meist durch Lebensnähe, Anschaulichkeit, Konkretheit und Einprägsamkeit aus. Sie erwachsen oft aus langer Erfahrung und bieten Orientierung. Im biblischen Kontext geht es letztlich um maßgebende, gültige Orientierung über letzte Fragen, gerade auch über Fragen des Glaubens (vgl. Marböck, 9-13).
Ein Vorbild „wirkt als Ganzes durch sein gelebtes Sein und bleibt bei allem Hang zu Idealisierung mit Schwächen behaftet“ (Lachmann, 1208f). Im Unterschied dazu ist ein Ideal von unerreichbarer Vollkommenheit, ein Idol ein Trug und Zerrbild, das man nur kopieren möchte, und Leitbild ein abstrakterer Begriff (nicht personenbezogen). Ähnlich bestimmt ist der Modell-Begriff.
2. Begriffe
Zunächst ist festzustellen, dass es für das deutsche Wort „Vorbild“ kein wirkliches Pendant in der Hebräischen Bibel gibt. Die Septuaginta verwendet an vier Stellen den Begriff τύπος týpos. Die Bedeutungen reichen dabei von „Modell“ als Wiedergabe von תַּבְנִית tavnît (Ex 25,40
Die Verbformen τυπόω typóō „etwas formen / modellieren“ (Weish 13,13
Hier einzureihen sind wohl auch ὑπόδειγμα hypódeigma „Beispiel / Muster“ (Ez 42,15
Von daher ergeben sich bei „Vorbild“ der Sache nach Gemeinsamkeiten mit Begriffen wie: Abbild, Ebenbild, Nachbild / Nachbildung, Beispiel, Muster, Modell, Regel, Zeichen oder Exempel eventuell auch Nachfolge.
3. Vorbilder in erzählender Literatur
Der biblische Glaube ist kein Einzelakt, sondern ein Prozess, ein Weg, eine lebendige Geschichte mit einer Fülle und Unabsehbarkeit an Möglichkeiten zwischen den Menschen und Gott in ihrer Abgründigkeit aber auch Tröstlichkeit und Hoffnung (Marböck, 10). Dies wird besonders bei jenen Figuren der erzählenden Literatur deutlich, denen mehr beschreibender „Raum“ zugemessen wird. Sie bieten anderen Menschen konkrete Möglichkeiten, sich mit ihnen zu identifizieren und sie nachzuahmen. In der Bibel können viele Personen / Figuren als Vorbild dienen. Sie können sowohl nachahmenswert und positiv als auch abschreckend und negativ interpretiert werden. Hier könnte man eine lange Liste beginnen u.a. mit „prominenten“ wie → Abraham
Explizite Nennungen mit dem Begriff Vorbild finden sich ja erst in der Septuagintatradition. → Eleaser
Beschreibungen können die Aufmerksamkeit auf den vorbildlichen Charakter einer Figur lenken, z.B.: → Noah
Viele dieser Figuren sollen ihr Identifikationspotential gegenüber dem Volk Israel entfalten, wie z.B. auch die → Rechabiter
Doch auch Negativbeispiele fehlen nicht, wie Blicke ins Richterbuch (vgl. Ri 19,30
Meist ist die Intensität der Gottesbeziehung wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Vorbildhaftigkeit. Ihr Profil als Vorbild erhalten die Figuren besonders im Licht der Begegnung mit Gott. Er kann vielleicht als das ganz große Vorbild in der Bibel gelten (vgl. eventuell auch Heiligkeitsgesetz Lev 11,44
4. Vorbilder in Weisheit und Gebet
Die Weisheitsliteratur versucht zusammenfassend wesentliche Grundlagen für Welt, Leben und Glauben darzustellen. Sie möchte Orientierungswissen anbieten. Gerne arbeitet sie dabei mit Vergleichen, Gleichnissen, knappen aber einprägsamen Sprüchen.
Im Kontext von Erziehung (Anrede „mein Sohn“) bieten die Weisheit und ihr Weg ein Modell der Orientierung im Leben (vgl. Spr 4,11
Umfangreicher als in der Spruchliteratur mit ihren eher kleinräumigen Beschreibungen werden in den Büchern → Hiob
Im → Psalter
In Sir 44-50
In Sir 38,24-39,11
5. Pläne
Die Verwendung des griechischen Begriffs τύπος týpos verwies schon auf Stellen, in denen es einen (himmlischen) Bauplan, ein Modell und Vorbild für etwas Irdisches gibt. So ist in Ex 25,9
6. Literarische Vorbilder
Ein Thema, das in diesem Rahmen nur erwähnt werden kann, ist das literarischer Vorbilder. Bereits in 2Makk 2,28
Auch literarische Gattungen wie die Parabel (Beispielerzählung) (vgl. 2Sam 12,1-4
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
- Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Tübingen 1957-1965
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Helfmeyer, F.J., 1986, Art. נִסָּה nissāh, in: ThWAT, Bd. V, Stuttgart u.a., 473-487
- Hossfeld, F.-L., 2010, David als exemplarischer Mensch. Literarische Biographie und Anthropologie am Beispiel Davids, in: C. Frevel (Hg.), Biblische Anthropologie. Neue Einsichten aus dem Alten Testament (QD 237), Freiburg (Breisgau) u.a., 243-255
- Kuhlmann, H. (Hg.), 2010, Fehlbare Vorbilder in Bibel, Christentum und Kirchen. Von Engeln, Propheten und Heiligen bis zu Päpsten und Bischöfinnen (Theologie in der Öffentlichkeit 2), Berlin u.a.
- Lachmann, R., 2005, Art. Vorbild, III. Pädagogisch, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Bd. 8, Tübingen, 1208f
- Marböck, J., 1986, Menschen der Bibel – Zeugen des Glaubens. Am Beispiel alltestamentlicher Gestalten: Abraham – Mose – David – Jeremia, Linz / Passau
- Rendtorff, R., 2005, The Psalms of David. David in the Psalms, in: P.W. Flint / P.D. Miller (Hgg.), The Books of Psalms. Composition and Reception (VT.S 99), Leiden / Boston, 53-64
- Riede, P., 2002, „Doch frage die Tiere, sie werden dich lehren“. Tiere als Vorbilder und „Lehrer“ des Menschen im Alten Testament, in: ders., Im Spiegel der Tiere. Studien zum Verhältnis von Mensch und Tier im alten Israel (OBO 187), Freiburg (Schweiz) / Göttingen, 1-28
- Ueberschaer, F., 2011, Mit gutem Glauben und vorbildlicher Weisheit. Zwei Ahnentafeln im Vergleich (Sir 44f. und Hebr 11), Protokolle zur Bibel 20, 27-50
- Urbanz, W., 2009, Die Gebetsschule des Jesus Sirach. Bemerkungen zu Inhalten, Subjekten und Methoden des Gebets im Sirachbuch, Protokolle zur Bibel 18, 31-48
- Van Oorschot, 2004, Strukturen des Gebetes, in: R. Egger-Wenzel / J. Corley (Hgg.), Prayer from Tobit to Qumran (DCLY 2004), Berlin / New York, 17-39
- Van Oorschot, 2008, König und Mensch. Biografie und Autobiografie bei Kohelet und in der alttestamentlichen Literaturgeschichte, in: A. Berlejung / R. Heckl (Hgg.), Mensch und König. Studien zur Anthropologie des Alten Testaments (FS R. Lux; HBS 53), 109-122
- Zapff, B.M., 2010, Jesus Sirach 25-51 (NEB.AT), Würzburg
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