Wohlgefallen
(erstellt: Februar 2019)
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1. „Wohlgefallen“ in der Hebräischen Bibel
„Wohlgefallen“ übersetzt zumeist das hebräische Substantiv רָצוֹן rāṣôn oder das Verb רצה rṣh, die von ihrer Grundbedeutung her ein wie auch immer geartetes „Gefallen“, „Annehmen“ oder „Akzeptieren“ meinen. Im Buch Leviticus ist רָצוֹן rāṣôn terminus technicus für die durch den Kult hergestellte positive Beziehung zwischen Gott und Mensch. Es ist Gott, der dem Menschen sein Wohlgefallen zeigt. Das Wohlgefallen Gottes am Menschen kann auch in der Form des Genetivus objectivus („Wohlgefallen im Angesicht Gottes“) zum Ausdruck gebracht werden (Lev 1,3
Anders als die deutsche Übersetzung „Wohlgefallen“ ist רָצוֹן rāṣôn nicht immer positiv konnotiert. Wo es auf Menschen als Subjekt bezogen ist, kann רָצוֹן rāṣôn auch Willkür oder Mutwillen zum Ausdruck bringen (Dan 8,4
„Wohlgefallen“ kann auch Synonyme von רָצוֹן rāṣôn wiedergeben, wo ein analoger Sachverhalt beschrieben wird (חפץ ḥpṣ „Freude / Gefallen an etwas haben / sich erfreuen“ in 2Sam 15,26
2. „Wohlgefallen“ in der Septuaginta
In der → Septuaginta
Die im Verhältnis zu רָצוֹן rāṣôn geringere Spezifizität der griechischen Äquivalente wird daran deutlich, dass δέχομαι dechomai „annehmen“ neben רָצוֹן rāṣôn und רצה rṣh auch unspezifische Begriffe wie קבל qbl „annehmen“, לקח lqḥ „nehmen“ oder נשׂה nśh „tragen, auf sich nehmen“ übersetzt, von denen zwei (לקח lqḥ und נשׂה nśh) zu den in der Hebräischen Bibel am häufigsten verwendeten hebräischen Verben überhaupt gehören. Auch das etwas spezifischere εὐδοκέω eudokeô „wollen / Lust haben / sich freuen an“, das auch אבה ’bh „wollen“, חפץ ḥpṣ „wünschen“ oder das inhaltlich schwer zu fassende צלח ṣlḥ (in 1Chr 29,32
Unterschiedliche Übersetzer der Septuaginta zeigen bei der Übersetzung von רָצוֹן rāṣôn und רצה rṣh unterschiedliche Vorlieben. Leviticus verwendet sowohl δέχομαι dechomai und δεκτός dektos (Lev 1,3
Die ausschließlich griechisch überlieferten Bücher der Septuaginta verwenden sowohl δέχομαι dechomai als auch εὐδοκέω eudokeô, ohne dass eine inhaltliche Differenzierung erkennbar wäre. Die Psalmen Salomos schließen sich in ihrer bevorzugten Verwendung von εὐδοκέω eudokeô und εὐδοκία eudokia (PsSal 7,3: θέλημα thelēma) an den Sprachgebrauch der Psalmen an.
3. „Wohlgefallen“ im Neuen Testament
Indem es bevorzugt εὐδοκία eudokia und εὐδοκέω eudokeô verwendet, schließt auch das Neue Testament an den Sprachgebrauch der Psalmen an. Damit geht gegenüber dem Sprachgebrauch des Alten Testaments eine Verengung der Bedeutung einher. In den Evangelien wird εὐδοκέω eudokeô ausschließlich von Gott als Subjekt ausgesagt. Fünf von sechs Vorkommen handeln vom Wohlgefallen Gottes an Jesus als dem Sohn (Mt 3,17
4. Wirkungsgeschichte in modernen Übersetzungen
Mit der deutschen Übersetzung „Wohlgefallen“ geht eine Bedeutungsverengung der so übersetzten hebräischen und griechischen Begriffe einher. Nicht nur beschreibt „Wohlgefallen“ ausnahmslos eine hierarchische Beziehung, in der Regel die zwischen Gott und Mensch. Es handelt sich um eine positiv konnotierte freie Haltung Gottes zum Menschen, die der Mensch beeinflussen, aber nicht erzwingen kann. Analoges gilt, wo der Begriff ausnahmsweise eine Beziehung unter Menschen beschreibt.
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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