Zahn (AT)
(erstellt: April 2013)
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→ Körper
1. Körperteil des Menschen
1.1. Bezeichnung
Das hebräische Wort שֵׁן šen bezeichnet sowohl den Zahn des Menschen als auch den des Tieres. Der Dual שִׁנַּיִם šinnajim übernimmt die Funktion des Plurals, was wohl aufgrund der beiden Zahnreihen erklärbar ist. Da שֵׁן šen den Zahn des Tieres bezeichnen kann, kann es auch → „Elfenbein
Daneben existiert noch ein im Alten Testament ausschließlich im Plural verwendetes Wort für Zähne, das wohl das gesamte Gebiss bezeichnet: מְתַלְּעוֹת mətallə‘ôt. Es wird aber deutlich seltener verwendet (nur Jo 1,6
1.2. Körperaspekt
Die menschlichen Zähne dienen natürlich primär dem Zerkauen von Nahrung (z.B. Num 11,33
Essig ist aufgrund der Säure schlecht für die Zähne (Spr 10,26
Zähne werden außerdem im alttestamentlichen Recht thematisiert. Ein Teil der sog. Talionsformel („Auge um Auge …“), die sich ähnlich u.a. auch im Codex Hammurabi findet, lautet „Zahn um Zahn“ (Ex 21,24
Weiße Zähne sind ein Zeichen von Gesundheit und Wohlgenährtheit (Zähne fallen bei Unterversorgung aus) (Gen 49,12
1.3. Gesten
Wer sich über etwas ärgert, knirscht mit den Zähnen (Ps 112,10
2. Übertragene Bedeutung
2.1. Zähne als Bild für Angriffslust und Gefahr und das Ausbrechen der Zähne
Die Zähne der Raubtiere symbolisieren ihre Gefahr und ihre Angriffslust (vgl. z.B. Hi 41,6
Ein Raubtier, dessen Zähne ausgeschlagen wurden, kann aber nicht mehr effektiv angreifen und seine Beute nicht mehr verschlingen (Hi 4,10
Ebenso ist das Bild in Hi 29,17
Wenn Spr 25,19
2.2. Müßige Zähne
Das Bild der müßigen Zähne in Am 4,6
2.3. Fleisch zwischen die Zähne nehmen
In Hi 13,14
Gradl (145) erklärt die Wendung mit dem Bild des Raubtieres, dass seine Beute im Maul trägt. In diesem Moment kann sie ihm noch leicht von anderen Tieren entrissen werden. Es riskiert also, sie zu verlieren.
Die Zürcher Bibel übersetzt „Wozu soll ich meinen Leib mit meinen Zähnen verteidigen?“. Da die Zähne auch an anderen Stellen als Bild für einen Angriff oder eine Bedrohung gebraucht werden (vgl. 2.1.), ist damit wohl eine aggressive Verteidigung des Leibes gemeint, mit der Hiob sein Leben riskieren würde. Dies passt auch gut zu Hi 13,15
Da hier aber keine weitere Erklärung folgt und die Wendung nur hier belegt ist, bleibt die Herkunft unklar.
2.4. Mit der Haut der Zähne entkommen
In Hi 19,20
2.5. Die Zähne am Kies zerstoßen
Auch in der bildreichen Klage in Klgl 3
Unzweifelhaft ist aber, dass Gott als Urheber der Not dargestellt wird. Im vorherigen Vers klagt der Beter, dass Gott ihn mit Bitterkeit sättigt und mit Wermut tränkt. Daher ist es gut möglich, dass im Hintergrund der beiden Verse das Bild Gottes als „verteufelter Gastgeber“ (Kraus, 61) steht. Statt dem Müden Versorgung und ein Lager zu geben, gibt er ihm Bitteres zu trinken, Kiesel zu essen und stößt ihn in den Staub (Kraus, 61).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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2. Weitere Literatur
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