Ort, der Schutz bietet. Oft werden Gott oder sein Tempel als Zufluchtsort genannt.
Das zugrunde liegende hebräische Verb »Zuflucht suchen« ist Teil der formelhaften sprachlichen Wendung »beim HERRN Zuflucht suchen«, die besonders in den Psalmen und beim Propheten Jesaja vorkommt. Oft steht sie am Anfang (Psalm 7,2; 11,1; 31,2) oder am Ende (Psalm 37,40) eines Psalms, ohne einen direkten Bezug zu seinem Inhalt zu haben. Vielmehr geht es um die Beschreibung der inneren Haltung des Beters, der vertrauensvoll bei seinem Gott Schutz sucht und dessen Zutrauen nicht enttäuscht wird: »Glücklich sind alle, die bei ihm Zuflucht suchen« (Psalm 2,12).
Dasselbe Wort kann auch für die Schutzfunktion des Tempels gebraucht werden, die dann in Kraft trat, wenn ein Verfolgter sich förmlich dem Schutz Gottes bzw. seines Heiligtums unterstellte. Dies kam vor allem dann in Frage, wenn jemand einen anderen Menschen getötet hatte (2. Mose/Exodus 21,13-14). Er fand dann im Tempel solange Asyl, bis gerichtlich geprüft war, ob ein Mord vorlag oder ein Totschlag, der ohne Vorsatz begangen worden war.
In den Psalmen wird diese Schutzfunktion des Tempels von Betern in Anspruch genommen, die zu Unrecht verfolgt oder angeklagt werden. Sie fliehen in den Tempel, wo die Kerubim, geflügelte Fabelwesen, die den Thron Gottes im Allerheiligsten schmücken, zugleich für die schützende Macht Gottes stehen. »Im Schatten deiner Flügel Schutz suchen« oder »finden« ist deshalb ebenfalls eine geprägte sprachliche Wendung in den Psalmen (Psalm 36,8; 61,5; 91,4).
Im Buch Rut ist dieses Bild auch im menschlichen Bereich verwendet: Boas segnet Rut, die Frau aus dem fremden Volk, weil sie unter Gottes Flügeln Zuflucht sucht (Rut 2,12). Zuflucht steht hier für Ruts soziale und religiöse Eingliederung in das Volk ihrer Schwiegermutter Noomi.