Deutsche Bibelgesellschaft

Gottesbezeichnungen / Gottesnamen (NT)

(erstellt: Juni 2009)

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1. Gott (theos)

Θεός ist mit 1318 Belegen nicht nur die häufigste Gottesbezeichnung, sondern auch das häufigste Substantiv überhaupt im Neuen Testament. Bereits in der Septuaginta überträgt θεός die alttestamentlichen Bezeichnungen → Elohim, ’Eloah und → El. Einige der neutestamentlichen Belege gelten jedoch nicht dem christlichen Gott (z.B. 1Kor 8,5; Gal 4,8; Apg 17,23; Apg 19,37), einige referieren auf Christus (z.B. Joh 1,1b.18; Joh 20,28). Θεός ist eine Gattungsbezeichnung, ein Prädikat, aber weder eigentlich Name noch eine Bezeichnung, die eine über die Gattungszugehörigkeit hinausgehende Qualifikation erkennen lässt. Die spezifische Qualifikation erfolgt über nominale, attributive und prädikative Ergänzungen wie sie im Folgenden beschrieben werden.

2. Vater (patēr)

Die Bezeichnung Gottes als πατήρ ist mit über 260 Belegen in fast allen neutestamentlichen Schriften die am breitesten gestreute. Diese starke Rezeption der → „Vater“-Bezeichnung basiert vermutlich auf der Anrede Gottes als אבא (’abba) „Vater“ durch den historischen Jesus, die wiederum vor dem Hintergrund der zunehmenden Verwendung der Bezeichnung Gottes als „Vater“ im zeitgenössischen Judentum zu sehen ist (Strotmann). Aber auch im römischen Reich war „Vater“ eine sowohl in der Götter- als auch in der Herrscherverehrung dominante Bezeichnung (Zimmermann, 47.63-73).

2.1. Vater allgemein

Die neutestamentlichen Schriften können entweder absolut vom „Vater“, bzw. „Gott, dem Vater“, sprechen oder sie verwenden pronominale Bestimmungen wie „mein“ , „euer“ oder „unser“ Vater, sowie attributive Näherbestimmungen wie „himmlischer“ Vater (Mt), Vater „der Barmherzigkeit“ (Lk), Vater „der Lichter“ (Jak). Die absolute Form „der Vater“ wird dabei vor allem von Joh verwendet, Paulus bevorzugt dagegen appositionelles „Gott, der Vater“.

Die vor allem in den Evangelien überlieferte Bezeichnung „mein Vater“ verweist auf die Vaterschaft Gottes gegenüber Jesus, „euer“ und „unser Vater“ auf die Vaterschaft Gottes gegenüber den Glaubenden. Liturgisch institutionalisiert wurde die Anrede über das sog. „Vaterunser“ (s.2.4.2), sowie über die Taufe „auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes“ (Mt 28,19).

Die „Vater“-Bezeichnung entstammt der Familienmetaphorik und konnotiert wie in der frühjüdischen Tradition die Treue und Liebe Gottes, wird jedoch auch mit dem Aspekt der Herrschaft verbunden. Die Verbindung der Aspekte Herrschaft und Vaterschaft findet sich zeitgleich im griechisch sprechenden Judentum sowie in der griechischen und römischen Religion als auch in der römischen Kaiserideologie (pater patriae). Auch die Vorstellung der kosmologischen Vaterschaft Gottes, die in einigen neutestamentlichen Texten anklingt (1Kor 8,6; Eph), zeigt die Nähe zu paganen Vorstellungen.

2.2. Abba

Aufgrund der in Mk 14,36 im Getsemani-Gebet Jesu in griechischer Umschrift erhaltenen aramäischen Gottesanrede ἀββᾶ (abba) „Vater“, die auch in Gal 4,6 und Röm 8,15, aber sonst nirgendwo tradiert wird, und der Beobachtung, dass die Bezeichnung in vielen als authentisch beurteilten Jesus-Worten erscheint, ist es in der neutestamentlichen Theologie des letzten Jahrhunderts selbstverständlich geworden, in der „Vater“-Anrede den Kern des Gottesglaubens Jesu selbst zu sehen.

Nach Ansicht von Jeremias war die „Abba“-Anrede Gottes durch Jesus ebenso wie die individuelle Anrede „mein Vater“ ohne Parallele in der antiken jüdischen Literatur. Daher manifestierte sich für ihn in der „Abba“-Anrede die Einzigartigkeit des Gottesverhältnisses Jesu. Die Anrede „Abba“ sei aus der Kindersprache herzuleiten und spiegle das ureigene Gottesverhältnis, die „ipsissima vox“ Jesu (Jeremias 1954.1966).

Diese Sicht ist heute dahingehend zu korrigieren, dass vermutlich bereits in vorchristlicher Zeit in der aramäischen Umgangssprache zumindest die Anrede אבי (’avi) „mein Vater“ verwendet wurde (Fitzmyer, 1985; Schelbert, 1981): Zwar gibt es für die aramäische Form אבא (’abba) vor der Entstehung der neutestamentlichen Schriften keine konkreten Belege, jedoch überliefern sowohl das Alte Testament als auch Texte aus Qumran die „Vater“-Anrede Gottes in dieser Form אבי (Ps 89,27; Sir 51,10; 4QapocrJosephb frg.1,16; 4Q 460 frg.5,I,5). Hier lässt sich über die bevorzugte Verwendungsweise des Alten Testaments hinaus, das die Anrede Gottes als „Vater“ vor allem als Anrede durch Israel als Kollektiv überliefert, auch die individuelle Anrede Gottes als „mein Vater“ durch einen einzelnen Beter lokalisieren (Zimmermann, 58). Auch griechische Texte des Frühjudentums belegen die individuelle Anrede Gottes als πατήρ „Vater“ im Gebet (Strotmann). Inhaltlich konnotiert die „Vater“-Bezeichnung in den frühjüdischen Texten die besondere Treue und Zuwendung Gottes zum Glaubenden.

Die Authentizität der Anrede Gottes als „Abba“ durch den historischen Jesus bleibt eine Hypothese, die Wahrscheinlichkeit dieser Anrede ist jedoch aufgrund der auch anderweitigen Belegbarkeit dieser Gebetsanrede im Frühjudentum durchaus gegeben.

2.3. Vater Jesu

2.3.1. Paulus

Ausgehend von der Erinnerung an die „Vater“-Anrede Gottes durch Jesus wird die Bezeichnung Gottes als „Vater des Herrn Jesus Christus“ bereits in den paulinischen Briefen verwendet. Paulus ist jedoch stärker an der Vaterschaft Gottes gegenüber den Glaubenden (s. 2.4.1.) interessiert als an der Vaterschaft Gottes gegenüber Jesus.

2.3.2. Evangelien

In den Gebetstexten der Evangelien ist „Vater“ die von Jesus benutzte Anrede Gottes (Ausnahme: Mk 15,34). Neben der ursprünglich aramäischen Anrede „Abba“ in Mk 14,36 ist der Lobpreis Gottes als „Vater“ durch Jesus in Mt 11,25-27/ Lk 10,21-22 ein wichtiger Ausgangspunkt für die zunehmende Tendenz, Jesus die „Vater“-Anrede in den Mund zu legen. Während Mk „Vater“ für Gott noch absolut verwendet, spricht Jesus bei Mt und Lk, die die göttliche Herkunft Jesu in den Vorgeschichten darlegen, Gott als „mein Vater“ an. In Joh ist „Vater“ die vorrangige Bezeichnung Gottes im Munde Jesu, die an Häufigkeit sogar θεός „Gott“ ablöst. Vater und Sohn sind nach johanneischem Verständnis „eins“, daher kann abgesehen vom Sohn nur derjenige die Anrede „Vater“ für Gott im Munde führen, der Jesus als den Sohn des Vaters anerkennt.

2.4. Vater der Glaubenden

2.4.1. Paulus

Bedingt durch die Vorstellung der Vaterschaft Gottes gegenüber Christus wird Gott vor allem auch als Vater aller Glaubenden verstanden. Durch den Geist Christi, der in den Glaubenden „Abba“ ruft, ist nach Gal 4,4ff und Röm 8,14ff die „Vater“-Anrede durch die Glaubenden zuallererst möglich. Christi Vater ist auch der Vater der Glaubenden. Paulus stellt in allen Briefeingängen die Bezeichnung Gottes als „Gott, unser Vater“ mit dem Gnaden- und Friedenswunsch an die Gemeinden zusammen. Die Glaubenden sind „Söhne“, bzw. „Kinder“ Gottes (Röm 8,14.16.19.21).

2.4.2. Evangelien

Dem entspricht, dass Mk und auch die Logienquelle die Bezeichnung Gottes als „euer Vater“ bereits kennen und das früheste christliche Gebet, das sogenannte „Vaterunser“, die Anrede „Vater“ (Lk 11,2), bzw. „unser Vater“ (Mt 6,9) als Anrede Gottes durch die Glaubenden im Gebet belegt. In diesem Gebet (Mt 6,9-13/ Lk 11,2-4) wird der Vater um das Kommen seines Königreiches gebeten, die „Vater“-Bezeichnung also mit dem Herrschaftsgedanken verbunden. Mt transzendiert die Bezeichnung mit der Apposition „himmlisch/in den Himmeln“ und betont damit ebenfalls die herrscherliche Macht des Vaters. Joh führt die Vaterschaft Gottes gegenüber den glaubenden „Kindern“ noch weiter aus über die Metaphorik des „Von-oben-gezeugt-Werdens“ durch den Vater (vgl. auch 1Petr 1,2f; 1Petr 2,2). Die glaubenden „Kinder“ konstituieren zusammen mit dem „Vater“ und dem „Sohn“ die von bisherigen religiösen Gemeinschaften unabhängige Familie Gottes (familia dei).

Diverse gleichnisartige Evangelien-Texte, die dem Vater eine zentrale Rolle geben, lassen sich ebenfalls auf das Verhältnis Gott-Vater/ Christus-Sohn, bzw. Gott-Vater/ glaubende Kinder hin auslegen (z.B. Mk 12,1-12; Mt 18,12-13; Lk 15,11-32).

3. Herr (kyrios)

Κύριος (kyrios) „Herr“ ist nach „Vater“ die häufigste Gottesbezeichnung in den neutestamentlichen Schriften. Artikelloses κύριος ist zunächst die griechische Übertragung der bereits im Alten Testament für den Gottesnamen eingetretenen Bezeichnung אדני (’ădonāj → Adonaj) „Herr“, die den zunehmend mystifizierten Jahwe-Namen ersetzte, und hat dadurch die Qualität eines Eigennamens. Zudem konnotiert κύριος aber auch immer die herrscherliche Qualität Gottes (vgl. besonders 1Tim 6,15). Weitere Herrscherbezeichnungen für Gott (παντοκράτωρ „Allmächtiger“, βασιλεύς „König“, δεσπότης „Herr“, δυνάστης „Herrscher“ etc.) sind im Vergleich dazu in den neutestamentlichen Schriften selten (ca. 20 Belege; Zimmermann 167-343). Die Apk macht die meisten Aussagen über Gott als Herrscher und verwendet zahlreiche und vielfältige Herrscherbezeichnungen.

Die Herrscherbezeichnungen für Gott sind vor dem Hintergrund der Zunahme derartiger Bezeichnungen bereits im Frühjudentum zu sehen, die vermutlich im Zusammenhang mit der Vergöttlichung weltlicher Herrscher stehen. Eine vergleichbare Zunahme von Herrscherbezeichnungen für Götter zeigt sich in hellenistischer Zeit auch in der paganen Religion. Eine deutliche Absetzung des göttlichen von weltlichen Herrschern findet sich vor allem in der Apk.

Nicht alle neutestamentlichen Belege für κύριος sind jedoch auf Gott zu beziehen. Neben der profanen unreligiösen und religiösen Verwendung des Lexems (s. 1Kor 8,5) ist vor allem Christus der κύριος in den neutestamentlichen Schriften (vgl. bes. 1Kor 8,6). Manche Belege können dabei sowohl auf Gott als auch auf Christus referieren (Fitzmyer, 1992; Schneider). Daher ist eine genaue Angabe der neutestamentlichen Belege von κύριος für Gott problematisch, ungefähr sind es jedoch 200 Stellen.

3.1. Paulus

Zwar führt Paulus mit ca. 30 Belegen die Bezeichnung κύριος für Gott neben θεός „Gott“ und πατήρ „Vater“ an nächster Stelle, jedoch ist der κύριος der paulinischen Schriften vor allem Christus. Dies zeigt sich etwa in 1Kor 8,6 und Phil 2,9-11, aber auch in allen Briefeingängen, in denen von Gott als „unserem Vater“ und dem „Herrn Jesus Christus“ die Rede ist.

Die Verwendung von κύριος für Gott konzentriert sich auf 1Kor, 2Kor und Röm (bes. Röm 9-11), und hier auf alttestamentliche Zitate und Anspielungen, woraus sich folgern lässt, dass Paulus die Bezeichnung über seine Verwendung der alttestamentlichen Schriften rezipiert. Dabei überträgt er alttestamentliche Texte, die über den Gott- κύριος sprechen, auf Christus. Insofern lässt sich der Referent (Gott bzw. Christus) nicht immer eindeutig festlegen. In der Regel wird κύριος als christologische Bezeichnung jedoch determiniert, d.h. er ist ὁ κύριος (ho kyrios) „der Herr“ (Ausnahmen: Zimmermann, 198), absolutes, undeterminiertes κύριος „Herr“ im Nominativ ist Gott vorbehalten und reflektiert den ursprünglichen Eigennamencharakter.

Für Paulus ist Gott als κύριος der Herr Israels, der sich seinem Volk wortmächtig zuwendet, gerecht und weise ist. An diesen κύριος erinnert Paulus mittels alttestamentlicher Zitate und Anspielungen, der eigentliche κύριος der paulinischen Schriften ist jedoch Christus. Diese Entwicklung setzt sich in den Deuteropaulinen fort.

3.2. Jakobus-Brief und Hebräerbrief

Jak und Hebr bestätigen die Beobachtung, dass κύριος als Gottesbezeichnung in den neutestamentlichen Schriften vor allem an den Gott der alttestamentlichen Schriften erinnert. Jak zeigt sich mit den alttestamentlichen Konnotationen von κύριος vertraut und auch Hebr überliefert die Bezeichnung vor allem in alttestamentlichen Zitaten und Anspielungen (Zimmermann, 207ff).

3.3. Evangelien und Apostelgeschichte

Die Evangelien sprechen von Gott als κύριος ebenfalls fast ausschließlich in der Rezeption alttestamentlicher Prätexte (Dtn 6,5.13.16; Jes 40,3; Jes 53,1; Ps 117,26a und Ps 109,1 LXX). Diese bilden die Basis der narrativen Verhältnisbestimmung des Gott- κύριος zum Christus- κύριος.

Daneben verweist etwa Mk ebenso wie Paulus auf die alttestamentliche Wortmacht des Gott- κύριος: sein Wort hat autoritative Gültigkeit auch für die Gegenwart.

Die Logienquelle überliefert im Lobpreis Gottes durch Jesus neben der „Vater“-Anrede auch die Anrede Gottes als „Herr des Himmels und der Erde“ (Mt 11,25 / Lk 10,21) und führt damit den Machtanspruch Gottes auf die Schöpfung zurück, der damit zugleich über jeden menschlichen Machtanspruch hinaus geht.

Bei Mt dient die κύριος -Bezeichnung für Gott als Erinnerung an die autoritative Verkündigung des alttestamentlichen Gottes, dessen Worte das Christus-Geschehen bereits verheißen haben.

Bei Lk erhält der Gott- κύριος eine herausgehobene Position in den Vorgeschichten. Hier wird ebenfalls in Anschluss an alttestamentliche Wendungen und Texte das machtvolle Handeln des Gott- κύριος Israels in der Geburt Jesu, der zugleich „gesalbter Herr“ (Lk 2,11) und „Gesalbter des Herrn“ (Lk 2,26) ist, verdeutlicht. Der alttestamentliche Gott- κύριος erweist seine Macht aufs Neue in der Geburt seines gesalbten Christus- κύριος. Im weiteren Verlauf des Evangeliums geht dann die κύριος -Bezeichnung fast ausschließlich auf Christus über.

In Apg gibt es wie bei Paulus zahlreiche Stellen, an denen nicht klar ist, ob die κύριος-Bezeichnung auf Gott oder auf Christus referiert (Schneider; Zimmermann, 222ff), was sich daraus erklärt, dass auch der Christus- κύριος nun erhöht ist. Auch in Apg wird die Macht des Gott- κύριος mit seiner Schöpfungstat begründet (Apg 17,24), die ihn zugleich auch von allen irdischen Herren abhebt (Apg 4,24-29). Im Unterschied zur „Vater“-Bezeichnung zielt κύριος auf die autoritative Funktion Gottes gegenüber den Menschen.

Für Joh ist nicht Gott, sondern ganz deutlich Christus der κύριος (Joh 20,28). Die wenigen von Joh rezipierten alttestamentlichen Prätexte mit der Gottesbezeichnung κύριος werden auf Christus hin ausgelegt.

3.4. Johannes-Apokalypse

Der Verfasser der Apk bezeichnet Gott 13mal als κύριος, davon 7mal als κύριος ὁ θεὸς ὁ παντοκράτωρ „Herr, der allmächtige Gott“, und dies bevorzugt in Lob-, Dank- und Preisliedern.

Die Bezeichnung παντοκράτωρ „Allmächtiger“ charakterisiert die Gottesrede der Apk in spezifischer Weise. Παντοκράτωρ erscheint als Gottesbezeichnung sonst nur in 2 Kor 6,18. Die Bezeichnung konnotiert bereits in den frühjüdischen Schriften als Übertragung von Schaddaj (→ Gottesbezeichnungen / Gottesnamen) die absolute Allmacht des göttlichen Herrschers und wurde möglicherweise als Kontrastbegriff zur Bezeichnung des römischen Kaisers als αὐτοκράτωρ (autokratōr, griechische Übersetzung des lateinischen imperator) konzipiert, um die Ausschließlichkeit des Machtanspruches Gottes zu betonen (Zimmermann, 238-240.265-269). Hervorgehoben wird der herrscherliche Charakter des Gottes der Apk zudem durch das partizipiale Attribut „der auf dem Thron sitzt“ (Zimmermann, 263f).

Das Syntagma κύριος ὁ θεὸς ὁ παντοκράτωρ übersetzt das hebräische יהוה אלהי צבאות aus der jüdischen Literatur hellenistischer Zeit. Durch die Apposition „Allmächtiger“ hebt der Verfasser der Apk innerhalb der neutestamentlichen Schriften den Herrschaftsanspruch Gottes, dessen endzeitlichen Machtantritt die Apk beschreibt, am deutlichsten hervor. Auch Jesus ist in der Apk zwar κύριος; er bleibt jedoch Gott, dem κύριος ὁ θεὸς ὁ παντοκράτωρ, dem „allmächtigen Herrn“, beim endgültigen Herrschaftsantritt untergeordnet.

3.5. Der 1.Timotheus-Brief

Eine vergleichbar politische Dimension erhält der Gott- κύριος in 1Tim 6,15f, wo Gott als der „Herr der als Herren Herrschenden“ angerufen wird. Hier liegt eine klare Absetzung von den irdischen Herrschern vor (Zimmermann, 205f).

4. Einziger (heis/monos)

Wenngleich im Verhältnis zu „Vater“ und „Herr“ in den neutestamentlichen Schriften deutlich seltener belegt (25mal) spiegelt die Bezeichnung Gottes als „einziger“ deutlich das Fundament des frühchristlichen Gottesbildes im Judentum wider. Das in Dtn 6,4 formulierte Bekenntnis „Höre Israel, Jahwe ist unser Gott, Jahwe ist einer/einzig“ (sog. Shema) wurde im zeitgenössischen Judentum vermutlich von jedem gläubigen Juden täglich zweimal rezitiert. Die Betonung der Einzig-keit Gottes dient sowohl dem Juden- als auch dem Christentum zur Absetzung vom polytheistischen Umfeld. Dabei scheint bereits die frühjüdische Verwendung der Bezeichnung durch griechische philosophische Texte über die Einzig-keit des Weltprinzips beeinflusst (Zimmermann, 534-538.541-553).

Die neutestamentlichen Texte verwenden vor allem die prädikative Formulierung εἷς ὁ θεός (heis ho theos) „ein einziger ist Gott“ (Mk 2,7; Μk 10,18 par Lk 18,19; Röm 3,30; 1Kor 8,4; Gal 3,20; Jak 2,19). Daneben findet sich jedoch auch artikelloses εἷς θεός (heis theos) „einziger Gott“ (1Kor 8,6; Eph 4,6; 1Tim 2,5) in bekenntnisartigen Formulierungen, die den Glauben an den „einen“ Gott mit dem Glauben an den „einen“ Herrn Jesus Christus parallelisieren. Μόνος θεός (monos theos) bedeutet häufig „Gott allein“ im Sinne der traditionellen Rede von Gottes alleiniger Macht, kann aber auch synonym mit εἷς θεός sein.

4.1. Paulus und Deuteropaulinen

Für Paulus steht der „einzige“ Gott als einzig wahrer Gott den vielen sog. Göttern der griechischen Religion gegenüber (1Kor 8,4-6). Der Glaube an den „einzigen“ Gott wird theologisch sekundiert von weiteren Größen, die als „ein/einzig“ bestimmt werden („ein“ Herr 1Kor 8,6; „ein“ Geist 1Kor 6,17; 1Kor 12,13; „ein“ Brot, „ein“ Leib 1Kor 10,17; 1Kor 12,13; vgl. auch Eph 4,5f) und die Einheit der Gemeinde thematisieren. Dabei greift Paulus wiederholt auf die traditionelle Gegenüberstellung von εἷς – πάντα, πάντες (heis-panta, pantes) „einer-alles, alle“ zurück, um seine Argumentation zu stützen, dass alle Menschen durch den Glauben an den „einzigen“ Gott und seinen Sohn selbst „eins“ sind (Gal 3,26-28). Es geht ihm bei dieser Gegenüberstellung um das Verhältnis Gottes zu den Glaubenden, das durch die universale Rettung durch den „einzigen“ Gott in der Hingabe des Sohnes konstituiert wird (s. auch 1Tim 2,5f).

4.2. Evangelien

Die Evangelien problematisieren zum einen auf der Basis von Dtn 6,4 die Relation Jesu zum „einzigen“ Gott (so vor allem Mk 2,7ff; Mk 10,17ff; Mk 12,28ff), zum anderen die Unwahrhaftigkeit der Verehrung des „einzigen“ Gottes durch die Juden (Joh 5,43f; Joh 8,41f; Joh 17,3), die Jesus nicht als den Gesandten des „einzigen“ Gottes anerkennen.

5. Schöpfer

Der Glaube an die Schöpfermacht Gottes ist als Fundament des jüdischen Glaubens natürlich auch ins frühe Christentum tradiert worden. Dies zeigen zahlreiche Anspielungen auf die Schöpfungsgeschichte im Neuen Testament ebenso wie die Tatsache, dass Gott als Schöpfer in frühchristlichen Bekenntnis- und Gebetstexten erscheint (1Kor 8,6; Röm 11,36).

Die Schöpferterminologie der neutestamentlichen Schriften orientiert sich an den frühjüdischen Begrifflichkeiten: zum einen an der Partizipialformel ὁ ποιήσας τὸν οὐρανὸν καὶ τὴν γῆν / „der, der Himmel und Erde gemacht hat“ (Apg 4,24; Apg 17,24; Apk 14,7), zum anderen am ebenfalls partizipialen Attribut ὁ κτίσας/ „der, der geschaffen hat“ (Röm 1,25; Kol 3,10; Eph 3,9; Mt 19,4). Nur 1Petr verwendet nominales ὁ κτίστης (ho ktistēs) „der Schöpfer“ (1Petr 4,19). Die Art und Weise, Gott als Schöpfer zu bezeichnen, ist jedoch noch vielfältiger:

5.1. Paulus

Paulus kann ebenfalls in jüdischer Redeweise in Anlehnung an die Schöpfungserzählung in Genesis von Gott als demjenigen sprechen „der das Nicht-Seiende ins Sein ruft“ (Röm 4,17); an anderen Stellen dagegen bezeichnet er Gott als denjenigen „aus dem alles ist“ (1Kor 8,6; Röm 11,36) und nähert sich damit Formulierungsweisen der griechischen Philosophie an. Einer der Hauptkritikpunkte des Paulus an seiner paganen Umwelt ist die pervertierende Verehrung der Schöpfung statt des Schöpfers.

Gott als Schöpfer schafft auch gegenwärtig (1Kor 8,6). Für Paulus kommt die religiöse Umkehr zum Christentum einer „neuen Schöpfung“ gleich (2Kor 5,17; Gal 6,15), womit er der Schöpfermacht Gottes einen spezifisch christlichen Akzent verleiht (s. auch Kol 3,10; Hoegen-Rohls). Durch die Totenauferweckung wird sich Gott endgültig als Retter seiner Schöpfung erweisen.

5.2. Johannes-Apokalypse

Wenngleich der Verfasser der Apk keine feste Schöpfer-Bezeichnung verwendet, steht das schöpferische Wirken im Zentrum seiner Theologie: Als Schöpfer hat Gott allein den Anspruch auf die Herrschaft. Die Schöpfungstat Gottes vollendet sich mit dem endzeitlichen Herrschaftsantritt Gottes und Christi (Hahn, 1997).

6. Lebendiger (zōn)

Die neutestamentlichen Texte sprechen insgesamt 19mal von Gott mit partizipialem Attribut als ζῶν (zōn) „lebendigem“. Dabei wird vor allem das artikellose θεός ζῶν (theos zōn) „lebendiger Gott“ verwendet (13mal), seltener das determinierte ὁ θεὸς ὁ ζῶν „der lebendige Gott“ (3mal) und nur in Apk das substantivierte ὁ ζῶν „der Lebendige“ wie ein Eigenname. Die Verbindung mit θεός ist für die Bezeichnung „lebendig“ dabei so gut wie fest, nur Joh 6,57 spricht vom „lebendigen Vater“. Eine Präferenz für die Bezeichnung zeigt sich in Hebr und Apk, von den Evangelisten verwendet nur Mt die Bezeichnung.

Die neutestamentlichen Autoren rezipieren auch diese Bezeichnung aus dem Judentum, das mit dem Attribut eine Aussage über die Wirksamkeit Gottes macht, wobei vor allem das Leben schaffende und rettende Handeln Gottes angesprochen ist. Er rettet aus der Hand weltlicher Feinde und vor dem Tod. Er unterscheidet sich von den Göttern der Griechen und Ägypter, die durch „tote“ Götterbilder repräsentiert werden. Insofern begegnet das Attribut auch in Texten, die von der Umkehr von den „toten“ Götterbildern zum „lebendigen“ Gott sprechen (1Thess 1,9; Apg 14,15; Hebr 6,1; Hebr 9,14). Die neutestamentliche Verwendung der Bezeichnung geht jedoch dahingehend über die frühjüdische hinaus, dass der „lebendige“ Gott nicht nur Leben geschaffen hat und Leben rettet, sondern den an Christus Glaubenden durch den Geist „lebendig macht“. Der neutestamentliche Gedanke, dass der „lebendige“ Gott durch die Auferweckung auch zukünftig Leben geben wird, hat eine Parallele in der – allerdings schwer datierbaren – 2. Benediktion des „Achtzehn-Bitten-Gebets“, wo Jahwe als der bezeichnet wird, „der die Toten lebendig macht“.

6.1. Paulus

Die Bezeichnung „lebendiger“ Gott steht in den paulinischen Briefen zum einen in Kontexten, die vom präsentischen Wirken Gottes sprechen: Der „lebendige“ Gott wirkt durch den die Glaubenden „lebendig“ machenden Geist bereits in der Gegenwart (2Kor 3,6). Metaphorisch werden die Glaubenden deshalb auch als „mit dem Geist des lebendigen Gottes geschriebener Brief“ (2Kor 3,2f) und als „Tempel des lebendigen Gottes“ (2Kor 6,16) beschrieben. Zum anderen erscheint die Bezeichnung in engem Zusammenhang mit der Auferweckung und Parusie Christi, die die zukünftige Auferweckung und damit das ewige Leben der Glaubenden einleiten (1Thess 1,9f; 1Thess 4,15-17). Wie die 2. Benediktion des jüdischen „Achtzehn-Bitten-Gebets“ spricht Paulus zwar auch von Gott „der die Toten lebendig macht“ (Röm 4,17; Röm 8,11; vgl. auch Joh 5,21), verwendet jedoch für die zukünftige Totenauferweckung bevorzugt andere Terminologie (s. 7.1.).

6.2. Hebräerbrief

In Hebr ist die Bezeichnung „lebendiger“ Gott neben der Gattungsbezeichnung θεός die einzige wiederholte Bezeichnung Gottes (Hebr 3,12; Hebr 9,14; Hebr 10,31; Hebr 12,22). Sie wird durch weitere Attribute, denen „Lebendigkeit“ zugesprochen wird, sekundiert, wobei ebenfalls eine präsentische und eine zukünftige Wirksamkeit des „lebendigen“ Gottes am Glaubenden vorausgesetzt wird: Das „lebendige“ Wort Gottes (Hebr 4,12) führt den Glaubenden durch die Aufhebung der „toten“ Werke im Opfertod Christi (Hebr 9,14) auf dem „lebendigen“ Weg (Hebr 10,20) in die Stadt des „lebendigen“ Gottes (Hebr 12,22). Der „lebendige“ Gott ist Retter und Richter zugleich.

6.3. Weitere Texte

Für 1Tim ist Gott ebenfalls zugleich „lebendig“ und der Retter. Auch hier steht sein Wirken im Kontext des gegenwärtigen und zukünftigen Lebens (1Tim 4,8-10).

Mt parallelisiert den „lebendigen“ Gott mit dem Sohn (Mt 16,16; Mt 26,63). Die rettende Macht des „lebendigen“ Gottes erweist sich bei Mt in der Auferweckung des Sohnes.

Insofern kann in Apk nun auch Christus als „lebendig“ bezeichnet werden (Apk 1,17f). Doch grundsätzlich ist auch hier Gott derjenige, der „lebendig“ ist: Der Verfasser betont das durch die Beifügung von εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων / „in alle Ewigkeit“ und zeigt damit, dass das ewige Leben der Glaubenden durch das ewige Leben Gottes garantiert ist (Apk 4,9; Apk 7,2; Apk 10,6; Apk 15,7).

7. Der Jesus von den Toten auferweckt hat

Die partizipiale Bezeichnung Gottes als dem „Jesus von den Toten auferweckt habenden“/ ὁ ἐγείρας Ἰησοῦν ἐκ νεκρῶν lässt sich zwar im Verhältnis zu den anderen Gottesbezeichnungen nicht besonders häufig in den neutestamentlichen Schriften fassen, jedoch stellt sie unter allen anderen Bezeichnungen die älteste spezifisch christliche Prädikation Gottes dar. Sie fasst das in den Passionsgeschichten der Evangelien berichtete Auferstehungsgeschehen unter der Perspektive des göttlichen Handelns zusammen und wird besonders von Paulus, in den → Deuteropaulinen und in 1Petr überliefert (Gal 1,1; 2Kor 4,14; Röm 4,24; Röm 8,11; Kol 2,12; Eph 1,20; 1Petr 1,21). Die ansonsten in Form eines Aussage- bzw. Relativsatzes (s. z.B. Röm 10,9; Apg 2,24; Apg 3,15 u.a.) überlieferte, variable Aussage über das Auferweckungsgeschehen wird hier in eine feste partizipiale Bezeichnung Gottes überführt. Möglicherweise entstand diese Bezeichnung im Kontext der frühchristlichen Taufe.

Im Unterschied zur paulinischen und deuteropaulinischen Tradition formuliert der Verfasser der Apg das Auferweckungsgeschehen bevorzugt mit Aussage- und Relativsätzen; zudem bevorzugt er statt ἐγείρειν (egeirein) „aufwecken“ das synonyme Verb ἀνιστάναι (anhistanai), was sich möglicherweise damit erklären lässt, dass das Lexem ἀνιστάναι im nichtjüdischen griechisch sprechenden Bereich für die Auferweckung Toter stärker verbreitet war als ἐγείρειν. Die Aussage, dass Gott Christus von den Toten auferweckt hat, ist jedoch die einzige Gottesaussage in Apg, die stereotyp wiederholt wird. Dies zeigt, wie grundlegend die Botschaft von der Auferweckung Jesu für die frühchristliche Verkündigung war, auch wenn sie in Apg nicht den Charakter einer Gottesbezeichnung angenommen hat.

Inhaltlich steht im Hintergrund der Bezeichnung die frühjüdische Überzeugung der grundsätzlichen Macht Gottes über Leben und Tod sowie die Hoffnung, dass diejenigen, die sich Gott gegenüber als besonders fromm und gerecht erwiesen haben, auferweckt werden (Dan 12,2.13; 2Makk 7,9.14), aber auch die Hoffnung auf eine allgemeine Totenauferweckung (2. Benediktion des „Achtzehn-Bitten-Gebets“).

7.1. Paulus

Für Paulus ist der Glaube an Gott, der Jesus von den Toten auferweckt hat, grundlegend mit der Überzeugung verbunden, dass dieser Gott auch die Menschen, bzw. Glaubenden vom Tode auferwecken wird (1Thess 4,14; 1Kor 6,14; 1Kor 15,13.15.16f; 2Kor 1,9; 2Kor 4,14; Röm 6,5).

Strittig ist, ob Paulus in 1Kor 15 von einer Auferstehung nur der Christen oder aller Menschen ausgeht: Während 1Kor 15,22 von „allen“ spricht, schränkt 1Kor 15,23 auf „die Leute Christi“ ein.

In 2Kor 4,14, Röm 4,24 und Röm 8,11 trägt die Partizipialaussage „Gott, der Jesus von den Toten auferweckt hat“ Bezeichnungscharakter: Die zentrale soteriologische Tat Gottes wird nun wie die alttestamentliche Schöpferaussage zu einem festen göttlichen Attribut.

Durch den stellvertretenden Tod Christi für die Glaubenden und seine Auferweckung ergibt sich jedoch nicht nur die zukünftige Hoffnung der Glaubenden auf die Partizipation an der Auferweckung, sondern es ergeben sich auch Konsequenzen für das präsentische „neue“ Leben der Glaubenden (s. dazu 6.).

7.2. Deuteropaulinen und 1 Petrus

Die Deuteropaulinen rezipieren die Gottesbezeichnung „Gott, der Jesus von den Toten auferweckt hat“ (Kol 2,12; Eph 1,20) mit ihrer Verbindung zur Vorstellung der allgemeinen Totenauferweckung und folgern über das paulinische Konzept hinaus, dass diese allgemeine Auferweckung der Christen bereits geschehen sei (Kol 2,12f; Eph 2,6). Die Verwendung der Bezeichnung „der Jesus von den Toten auferweckt hat“ in 1Petr 1,21 zeigt, wie diese Prädikation nun den zentralen Inhalt des christlichen Glaubens formelhaft institutionalisiert. Hier besteht zwar kein Zusammenhang zur endzeitlichen Totenauferweckung, jedoch wird in 1Petr 1,5 ebenfalls die bevorstehende Rettung angedeutet.

8. Retter (sōtēr)

Σωτήρ (sōtēr) → „Retter“ gehört mit 8 Belegen zu den selteneren Gottesbezeichnungen in den neutestamentlichen Schriften. Diese Belege verteilen sich auf Lk, 1Tim, Tit und Jud (Lk 1,47; 1Tim 1,1; 1Tim 2,3; 1Tim 4,10; Tit 1,3; Tit 2,10; Tit 3,4; Jud 25). Christus wird ebenfalls und sehr viel häufiger (17mal) als „Retter“ bezeichnet. Die σωτήρ-Bezeichnung erscheint dabei für Gott nie absolut, sondern immer als Apposition zur Bezeichnung θεός.

Auch σωτήρ geht als Bezeichnung Gottes auf den Gebrauch des Frühjudentums zurück. Die Vorstellung von Gott als „Retter“ seines Volkes Israel steht im Hintergrund der Verwendung in Lk 1,47 und Jud 25. Dagegen steht die Konzeption von Gott als „Retter“ aller Menschen in den Pastoralbriefen (s. etwa 1Tim 4,10) in deutlicher Nähe zur paganen herrscherlichen „Retter“-Vorstellung (Jung, 292.332). Gott rettet durch die Epiphanie des „Retters“ Jesus Christus (2Tim 1,9f). Ihn zeichnen die Qualitäten des milden, erziehenden und heilenden Herrscher-„Retters“ aus (Jung, 327).

9. Höchster (hypsistos)

Die Bezeichnung ὕψιστος (hypsistos) „höchster“ gehört mit 9 Belegen wie σωτήρ zu den selteneren Gottesbezeichnungen in den neutestamentlichen Schriften und wird vor allem von Lukas präferiert (Mk 5,7; Lk 1,32.35.76; Lk 6,35; Lk 8,28; Apg 7,48; Apg 16,17; Hebr 7,1). Als ὕψιστος wird Gott bereits in den griechischen Schriften des Frühjudentums bezeichnet, es übersetzt das alttestamentliche Eljon (→ Gottesbezeichnungen / Gottesnamen). Jedoch ist im 1. und 2. Jhdt. n.Chr. auch eine intensive pagane kultische Verehrung des „höchsten“ Gottes durch zahlreiche Inschriften belegt, deren Grenzen zur jüdischen und christlichen Verehrung des „höchsten“ Gottes oft fließend sind (Mitchell).

Während Hebr 7,1 auf den frühjüdischen Kontext der Bezeichnung verweist, zeigen die Heilungserzählung in Mk 5,7/ Lk 8,28 sowie Apg 16,17, dass den neutestamentlichen Autoren die Verwendung der Bezeichnung durch einen Nicht-Juden durchaus vertraut war. Drei weitere Belege in den Vorgeschichten bei Lk, die ὕψιστος als absolute, eigennamengleiche Bezeichnung Gottes verwenden (Lk 1,32.35.76), preisen Gott in frühjüdischer Tradition als „höchsten“ Gott Israels. Apg 7,48 betont mit der Aussage, dass der „Höchste“ nicht im Tempel wohne, sowohl den lokalen als auch den hierarchischen Aspekt der Bezeichnung, die den „Höchsten“ im Himmel lokalisiert und ihn als allen paganen Göttern und deifizierten Herrschern übergeordnet versteht.

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