Philemonbrief
(erstellt: Dezember 2008)
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1. Autor, Ort und Zeit der Abfassung
Phlm gehört zu den allgemein als authentisch anerkannten Paulusbriefen, ist der kürzeste dieser Briefe und wurde in Gefangenschaft (vgl. Phlm 1
Der Ort der Abfassung hängt unmittelbar mit der Ansiedlung der Gemeinde Philemons zusammen, die aufgrund der Zusammenhänge nicht allzuweit vom aktuellen Aufenthaltsort des Paulus entfernt gewesen sein kann (beachte πρὸς ὥραν – „eine Weile“ in Phlm 15
Eine Abfassungszeit zwischen 52 und 55 n.Chr. ist wahrscheinlich.
2. Ausgangssituation
2.1. Entflohener Sklave
Traditionell wird in Onesimus ein entflohener Sklave gesehen, der bei seiner Flucht seinem Herrn Philemon die Kasse entwendet und so großen Schaden zugefügt habe, nun aber von Paulus reumütig zurückgeschickt werde.
2.2. Gesandter
Onesimus sei von Philemon oder Archippus zu Paulus gesandt worden, und dieser bitte nun darum, Philemon möge seinen Sklaven erneut zu ihm schicken, nunmehr als Gehilfen auf Dauer (bes. Knox, Winter, Schenk).
2.3. Paulus als amicus domini
Onesimus sei kein entflohener Sklave, sondern habe Paulus als eine Art Anwalt aufgesucht, damit dieser im gestörten Verhältnis zwischen ihm und seinem Herrn Philemon vermittle (Lampe 1985; kritisch Harrill, siehe dazu aber Arzt-Grabner 2009).
2.4. Nutzloser Herumtreiber
Onesimus sei kein entflohener Sklave, sondern wiederholt länger als erlaubt fern geblieben. Nun sei er mit Paulus zusammengetroffen, der sich als Vermittler in einer gestörten Beziehung zwischen Sklavenhalter und Sklave anbiete (Arzt-Grabner 2009).
2.5. Kein Sklave
Onesimus sei gar kein Sklave, sondern der leibliche Bruder Philemons („Bruder im Fleisch“ nach Phlm 16
2.6. Beschreibung durch Paulus
Als gesichert kann gelten, dass Paulus von Onesimus im Gefängnis besucht wurde, dass Onesimus selbst aber nicht inhaftiert war (sonst hätte ihn Paulus nicht zurückschicken können; Phlm 12
Nach Phlm 18
Die Ausgangssituation selbst wird in Phlm 15
Ob auch Philemon seinen Sklaven in der aktuellen Situation als bloßen Herumtreiber gesehen hat oder doch bereits als Flüchtigen, bleibt unklar. Die Situation muss jedenfalls noch so gewesen sein, dass sie es für Paulus sinnvoll erscheinen ließ, Onesimus gegenüber seinem Herrn als Herumtreiber auszugeben.
Diesbezügliche Unsicherheiten hängen mit dem Brief selbst zusammen, der nur wenige Hinweise über die Ausgangssituation enthält, die zudem als subjektive Beschreibungen des Paulus gesehen werden müssen. Äußerungen oder Antworten Philemons sind ebenso wenig bekannt wie Nachrichten, die Paulus von Onesimus erhalten hat, als dieser mit ihm zusammentraf. Folgende fünf Deutungen werden erwogen:
3. Inhalt und Absicht
3.1. Eingangsgruß (V. 1–3)
In der für Paulus typischen Form „Gnade euch und Friede …“ adressieren Paulus und sein Mitabsender Timotheus nicht nur Philemon, sondern auch Apphia (vermutlich Philemons Ehefrau), Archippus (vielleicht deren Sohn), und schließlich die ganze Gemeinde, die sich im Hause Philemons trifft. Dieser war also als Haushaltsvorstand in der Lage, entsprechend große Räumlichkeiten für Zusammenkünfte der Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Wie viele Sklaven er sein eigen nannte, ist nicht bekannt.
3.2. Gebetsbericht, Erinnerungsmotiv, Dank (Überleitung zum Hauptteil, V. 4–7)
Ab Phlm 4
Aus dem hellenistischen Briefformular übernimmt Paulus Gebetsbericht und Erinnerungsmotiv in Phlm 4
Die Hervorhebung der positiven Seiten Philemons bereitet das Fundament für den weiteren Verlauf des Briefes und sein zentrales Anliegen.
3.3. Hauptteil des Briefcorpus (V. 8–17)
Paulus legt Fürsprache ein für sein „Kind“ (τέκνον) Onesimus, „den“ (auch im Griech. Maskulinum!) er im Gefängnis „gezeugt“ (also wohl getauft) hat. Die Termini „unbrauchbar“ und „gut brauchbar“, über die Onesimus kontrovers, von Paulus aber eindeutig positiv charakterisiert wird, sind typische Ausdrücke innerhalb einer Sklaventerminologie. Paulus würde den Sklaven gerne bei sich behalten (Phlm 13
Phlm 15-16
3.4. Abschließender Teil des Briefcorpus (V. 18–22)
Weitere Argumente untermauern das Anliegen: Sollte Onesimus seinem Herrn einen Schaden zugefügt haben, so möge Philemon dies Paulus anlasten (Phlm 18
Auf das Wortspiel in Phlm 20
3.5. Grußteil und Schlussgruß (V. 23–25)
Vor dem eigentlichen und wieder typisch paulinischen Schlussgruß (Phlm 25
4. Theologie
Obwohl er kaum theologische Aussagen enthält, die nicht auch in anderen Paulusbriefen (und dort ausführlicher) zu finden wären, hat Phlm seinen festen Platz im neutestamentlichen Kanon gefunden. Zum Charakter der Paulusbriefe als Gelegenheitsschriften gehört die Eigenart, theologische Ideen, Gedanken, Anregungen und Weisungen nicht im luftleeren Raum entstehen zu lassen, sondern auf eine konkrete Alltagssituation einer Gemeinde hin zu entwickeln, also dafür Antworten und Lösungen anzubieten. Als grundlegende Einsicht, die sich nicht nur im Phlm findet, ergibt sich: In jener „Familie“, deren Vater Gott selbst ist, gibt es kein Oben und Unten, sondern ein Neben- und noch mehr Miteinander auf der selben Stufe. Dies betrifft nicht nur den religiösen Bereich im engeren Sinn, sondern den Gesamtbereich menschlichen Lebens. Bei entsprechender Bereitschaft der Beteiligten ist dem schwächeren Partner in einer gestörten Beziehung eine überdurchschnittlich große Chance zur Bewährung einzuräumen, was auf dem Grundsatz basiert, dass mit Liebe und Vertrauen mehr zu erreichen ist als mit „gerechter“ Strafe und Furcht.
Literaturverzeichnis
1. Kommentare
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2. Weitere Literatur
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